Transitbriefe zum Postvertrag Preußen-Frankreich von 1848

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    der zum 1.1.1848 gültige PV Preußen-Frankreich ist hinsichtlich der hiervon betroffenen Transitbriefe interessant und nicht einfach zu belegen.
    In dem PV waren zu allen Staaten, in denen Preußen als Transitland fungierte, detaillierte Bestimmungen festgelegt worden.
    Aufzuführen sind hier: Sachsen, Hannover, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Hamburg, Bremen und Lübeck sowie Schweden, Norwegen, Polen und Russland.
    Bald darauf wurde der DÖPV gegründet und die genannten deutschen Staaten traten sukzessive bei, so dass für diese Postvereinsländer neue Tarife festgelegt wurden. Auch mit den genannten nicht-deutschen Staaten wurden als Folge der DÖPV-Gründung bald neue Verträge ausgehandelt, so dass auch hier neue Tarife festgelegt wurden.
    Daher kann man feststellen, dass die im Original-PV von 1848 gültigen Transitbestimmungen und -tarife nach ca. 2 bis 4 Jahren keine Gültigkeit mehr hatten.
    Eine recht kurze Zeitspanne ...
    Dazu kommt noch, dass bei einzelnen Destinationen asymetrische Tarife festgelegt worden waren ...


    Beginnen möchte ich dieses Thema mit folgenden Briefen


    Ein Portobrief aus Odessa, Russland nach Bordeaux von 1851



    Neben dem russischen Inlandsporto von 10 Kopeken (= 3 1/4 Sgr. rückseitig notiert) fiel hier der im PV festgelegte Transitsatz von 8 Sgr. für Preußen an. Der französische Portoanteil wurde von der französischen Post nach dem Inlandstarif berechnet.
    In Summe zahlte hier der Empfänger 20 Décimes.


    Rückseitig ist der Leitweg schön dokumentiert:
    Rahmenstpl. von Odessa (undeutlich), Breslau-Myslowitz (R) - Berlin-Breslau (R) - Magdeburg-Halberstadt (T) - Deutz-Minden (R)


    Ein Frankobrief aus Moskau, Russland nach Bordeaux von 1848



    Vollständig vom Absender bezahlt. Das russische Inlandsfranko von 10 Kop. wurde (wie üblich) nicht mit notiert, das Weiterfranko betrug 14 Sgr.
    Bei Frankobriefen aus Russland erhielt Frankreich, unabhängig von dem Bestimmungsort, je 30 Gramm 1 F 60 C. vergütet.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    danke für das Zeigen der beiden schönen Briefe. Wann wurden die 10 Silberkopeken von Preußen statt in 3 1/4 nur noch in 3 Sgr. reduziert?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Michael,


    vielen Dank für diese Info - scheint, dass der Zarenhof zu jener Zeit etwas über seine Verhältnisse gelebt hat. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    zwei weitere Briefe zum Thema:


    Frankobrief aus Russland nach Bordeaux von 1851



    Da das Weiterfranko für diese Briefe festgelegt war - unabhängig von der Entfernung des Zielortes in Frankreich - und zwar sowohl zwischen Russland und Preußen als auch zwischen Preußen und Frankreich, findet man auch Briefe, auf denen jegliche Taxierung fehlt.
    Russland vergütete 14 Sgr. an Preußen und Preußen davon ca. 6 Sgr. an Frankreich.


    Portobrief aus Frankreich nach Russland von 1851



    Laut französisch-preußischem PV wurden Portobriefe aus Frankreich genauso behandelt wie Frankobriefe aus Russland.
    Frankreich erhielt 6 Sgr. vergütet - in diesem Fall bei Aufgabe in Strasbourg ein gutes Geschäft, bei Aufgabe in Bordeaux kam es nicht mehr so ganz hin.
    Preußen notierte 14 Sgr. Gesamtforderung, die russische Post kassierte 55 1/2 Kop. vom Empfänger:
    19 1/2 Kop. französisches Porto
    26 Kop. preußisches Porto
    10 Kop. russisches Porto


    Für die Korrespondenz von/nach Russland war im PV für das Grenzpostamt Strasbourg der Kartenschluß mit Erfurt vorgesehen, hier schön dokumentiert mit dem Streckenstempel HALLE-EISENACH.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    der 2. Brief (Datum kann ich nicht genau lesen) dürfte von Anfang Mai 1851 stammen. Zum 1.5.1851 wurde Baden Mitglied des Postvereins. Eigentlich hätte Baden dann einen Anspruch auf das Porto im Postverein bis zur russischen Grenze gehabt, aber wie ich sehe bzw. ahne, hatte Preußen mit Baden einen geschlossenen Transit vereinbart, so dass Halle als Vereinsaufgabepost fungierte und Baden wohl nur einen Kreuzer intern von Preußen vergütet bekam.


    Schön, wenn man das vom Anfang einer gemeinsamen Postvereinszeit zeigen kann. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    zur Abrundung des Themas Transit von/nach Russland kann ich noch folgenden Brief zeigen:


    Frankobrief aus Paris nach Moskau von 1851



    Das französische Inlandsporto betrug 50 Centimes, der preußische Transit und das russische Porto wurde mit 1 Franc vergütet.
    Hier haben wir auch den seltenen Fall, dass das Weiterfranko an Preußen mit 10 Dec. notiert wurde.
    Der rückseitige L2 von Berlin (und das Fehlen anderer preußischer Eingangsstempel) könnte ein Indiz für den direkten Kartenschluß Paris-Berlin sein, der ebenfalls in diesem Vertrag benannt wurde. 2 Tage für die Strecke Paris-Berlin waren damals auch nicht schlecht ...


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    ein außergewöhnlicher Brief und sehr früh dazu - entsprachen 10 Decimes ca. 8 1/2 Sgr.?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,


    nach der im Circular von 1848 genannten Reduktionsformel 12 Centimes = 1 Sgr entsprachen die 10 Déc. den von dir genannten 8 1/2 Sgr.
    Ich bin jetzt noch auf der Suche nach entsprechenden Bestimmungen, denn ursprünglich hatte Preußen Anspruch auf 8 Sgr. für seinen Transit, die hier nicht mehr angesetzt wurden. Offensichtlich hat es hier eine Vereinbarung zwischen Frankreich und Preußen gegeben, diesen bei Frankobriefen aus Frankreich zu reduzieren. Zumindest im Mai galten für Portobriefe aus Frankreich noch diese 8 Sgr., siehe den entsprechenden Beleg in #5.


    Spannende Jahre, in denen kaum ein Brief dem anderen gleicht ...


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    gerade diese spannenden Sachen sind es, die Freude machen - wenn man dann noch eine VO findet, aus der die Änderung offiziell hervor geht, ist man im PO - Himmel.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    hier ein Beispiel für einen Brief aus Hannover nach Frankreich.



    30.10.1851 von Osnabrück über Münster nach Preußen, per Kurs Minden-Deutz Richtung Frankreich.
    Der französische Eingangsstempel PRUSSE 3 VALENCIENNES weist eine kopfstehende Monatsangabe auf.
    Taxierung 20 Décimes.


    Laut PV von 1848 erhielt Hannover 3 Sgr. für einen Brief bis 1/2 Loth und Preußen 3 1/2 Sgr.
    Die 3 Sgr. hannoversche Portoforderung wurden angeschrieben.
    Hannover war am 1.6.1851 dem DÖPV beigetreten, was aber hier offensichtlich noch keine Rolle spielte.


    Das französische Porto für die Strecke Valenciennes-Bordeaux betrug 10 Déc. (oder stimmt dieser französische Tarif nicht ?)
    Bleiben 10 Déc. übrig, die ca. 8 bis 8 1/2 Sgr. entsprechen. Dies passt nicht zu den Angaben im PV - hiernach wären 6 1/2 Sgr. hannoversches/preußisches Porto zu berechnen gewesen.
    Alles noch etwas unklar ...


    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Lulu,


    Danke für die Angabe.


    Da die Taxierung auf dem Brief nicht Centimes sein können (dann fehlte das ausländische Porto), bedeutet dies, dass für nach Frankreich adressierte Portobriefe der französische Taxanteil anscheinend nicht nach dem Inlandstarif ermittelt wurde (?).


    Gibt es irgendwo französische Unterlagen zu den Tarifen für Auslandsbriefe der Jahre 1848-52?


    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Lulu,


    danke für die Tabelle, die Größe ist absolut ausreichend. :thumbup:
    Gibt es eine Tabelle mit den Tarifen nach Polen & Russland? Diese Länder fehlen leider in der Aufstellung.
    Kannst Du mir noch sagen, wielange diese Tarife gültig waren? Spätestens 1853 müsste es neue geben. Interessant wäre, ob sich zwischenzeitlich noch etwas tat ...


    Den Hannover-Brief aus #12 könnte man nun folgendermassen interpretieren:
    Für einen Brief bis zu 1/2 Loth fielen 3 Sgr. hannoversches + 3 1/2 Sgr. preußisches Porto an.
    Diese 6 1/2 Sgr. wurden in 8 Déc. reduziert.
    Dazu kamen 2 Déc. französisches Porto, macht insgesamt 10 Déc. für einen einfachen Brief.
    Wenn der o.g. Brief zwischen 1/2 und 1 Loth wog, fielen 20 Déc. Porto an.


    So weit, so schön. Was etwas stört, ist die Tatsache, dass der Brief in Hannover & Preußen als einfach taxiert wurde. Laut preußischem Circular galt auch für die deutschen Taxen bei Briefen nach Frankreich die Gewichtsprogression von je 1/2 Loth.
    Es kann natürlich ein Irrtum der deutschen Postler gewesen sein oder die französische Post hat etwas strenger gewogen ...


    Aber so passen die Taxen zumindest prinzipiell zu den veröffentlichten Tarifen.


    Viele Grüße
    Michael

  • @ Michael


    ich hatte die Tabelle so interpretiert das der einfache Brief bis 7.5 gr gesamt 8 décimes kostete. Das D steht für jusqu'à destination also bis zum Bestimmungsort. Meine 3 Quellen sagen das gleiche . Aber ich bin da keine Expertin bin - will ich mich da nicht drauf behaupten.


    In Chauvet Tabelle konnte ich Polen/Russland nicht zufinden. Ich kann dennoch die fehlenden Seiten hochladen. Und ich habe noch ein anderes Buch , mal sehen . Ich melde mich wieder

    Phila-Gruß


    Lulu