Preußen - Dänemark über Lübeck

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    diesen interessanten Brief konnte ich gestern erwerben.



    1855 ging es von Königsberg nach Kniphagen bei Neustadt (Holstein).
    Die 3 Sgr.-Ganzsache deckte das Franko bis Dänemark ab, vom Postbeamten wurde dies Teilfranko anerkannt und franco Grenze notiert.
    Also wieder ein Beispiel für ein anerkanntes Teilfranko, das im Postvertrag eigentlich nicht vorgesehen war.


    Interessant ist der vom Absender gewählte Leitweg über Lübeck.
    Laut preußisch-dänischem Postvertrag waren nur Hamburg und Büchen als Übergabepunkte vereinbart, die Unterteilung des dänischen Gebietes in zwei Entfernungsrayons basierte auf diesen beiden Orten.
    Kniphagen und Neustadt lagen gemäß dieser Rayonierung knapp im 2. dänischen Rayon und hätten daher bei einem Teilfranko- oder Portobrief 9 Sk. dänisches Porto gekostet.
    Von Lübeck aus waren es aber gerade mal 6 Meilen bis Kniphagen, so dass hier nur 4 Sk. für den 1. Rayon taxiert wurden.
    Wählte der Absender diesen ungewöhnlichen Leitweg um eben diese Portoersparnis zu erreichen?


    Rückseitig ist ein alter Stadtpoststempel von Lübeck zu sehen, der lt. Handbuch seit 1853 nur noch als Ankunftsstempel eingesetzt wurde.


    Ist mein Eindruck richtig, dass preußische Briefe nach Dänemark bzw. S-H über Lübeck ungewöhnlich sind?


    Viele Grüße
    Michael

  • Moin Michael,


    Schöne, kontrastreiche Dokumentation des Teilfrankos!


    Der Leitweg über Lübeck ist seltener, weil er nur für bestimmte Landesteile in Frage kam: die Post nach Ostholstein lief i.d.R. über Lübeck, weil es der kürzeste Weg war.
    Die Taxierung beeinflusste das nicht. Bei deinem Brief war "Neustadt" ohnehin mit 1 Sgr. namentlich im Postvertrag aufgeführt.


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Michael,


    die Taxierung (1 oder 2 Sgr.) war für - zumindest die meisten - Städte in Schleswig-Holstein in tabellarischen Übersichten zusammengefasst und nach dem Leitweg wurde nicht unterschieden.


    Die Antwort auf deine Frage ist also "ja, immer 1 Sgr für Neustadt".


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Vor kurzem habe ich diesen Brief aus Berlin nach Eutin erwerben können. Auch dieser Brief wurde im Stadt-Postamt von Lübeck gestempelt. Zusätzlich findet sich auch noch der Stempel des Königlich-Dänischen Ober-Postamtes (KDOPA) in Lübeck.


    Meine Hypothese zu diesen Briefen mit den Stempeln von Lübeck ist folgende: Es handelt sich im wesentlich um die Briefe, die über Büchen spediert wurden.


    Büchen war Bahnstation für die Berlin-Hamburger Bahnline und für die Lübeck-Büchener Eisenbahn (seit 1851). Ich habe bis jetzt noch keinen Brief gesehen, der rückseitig einen Büchen-Stempel trägt. Selbst bei einem Brief nach Lauenburg fehlt dieser Stempel.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo preussensammler,


    danke für die Tabelle.

    Zitat

    Meine Hypothese zu diesen Briefen mit den Stempeln von Lübeck ist folgende: Es handelt sich im wesentlich um die Briefe, die über Büchen spediert wurden.

    diese Hypothese hat meines Erachtens einen Haken:
    Warum sollte die dänische Post dann noch einmal die Post zurück nach Büchen leiten? Und wie sollte es von Büchen aus dann schneller Richtung Neustadt usw. gehen?
    Es gab eine durchgehende (in den 1840er Jahren neu angelegte) Chaussee Lübeck-Schwartau-Ekelsdorf-Süseler Baum-Neustadt und meines Wissens war dies ein fester Postkurs, der täglich bedient wurde.


    siehe auch:
    Koch: Wege zwischen Lübeck und Neustadt (Aus der Geschichte der Post in Lübeck, Veröffentlichung XIV)


    Aber vielleicht wissen unsere entsprechenden Spezialisten mehr ...


    Gruß
    Michael

  • Hallo Michael,


    ich habe mich vielleicht nicht ganz deutlich ausgedrückt. Ich meinte Briefe, die zunächst nach Büchen an der Berlin-Hamburger Linie transportiert und von dort über Lübeck nach Holstein, Schleswig bzw. Dänemark weitergeleitet wurden.

  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgende Briefhülle ohne Datum 1 3/4 Loth schwer aus Königsberg in Ostpreußen (Stempel von 1830 bis 1835 in Verwendung) "franko Lübeck" (insgesamt 32 1/2 Sgr Franko bezahlt) nach Schwartau (Fürstentum Lübeck, das zum Großherzogtum Oldenburg und zum Herzogtum Holstein / zu Dänemark) gehörte. Zu den Taxierungen kann ich wenig beisteuern.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    nach dem seit dem 1.1.1825 geltenden Regulativ fielen für ca. 700 km (über 90 Meilen) 12 Sgr für den einfachen Brief an. Mit 1¾ Loth ist dein Brief jedoch im 4. Gewicht, für den der 2,5-fache Satz zu zahlen war, also 30 Sgr. Die Aufschlüsselung 5 / 27½ verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Da bin ich gespannt, was Michael oder einer der Norddeutschland-Experten beitragen kann.


    beste Grüße

    Dieter

  • Hallo,

    ein sehr schöner Brief!
    Das Fürstentum Lübeck schloss sich erst 1846 dem Postwesen von Holstein bzw. Dänemark an, so dass dieser Brief postalisch noch nicht nach Dänemark lief. Es war also noch eine oldenburgische Landespost zuständig, die sicherlich Vereinbarungen mit der Stadtpost Lübeck zur Auslieferung der ins Fürstentum Lübeck gerichteten Briefe hatte.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Brief vom Mai 1865 während des Deutsch - Dänischen Krieges aus Stettin im Transit über Lübeck nach Kopenhagen/Dänemark.

    Lübeck in Schleswig - Holstein gehörte postalisch noch zu Dänemark. Die Post- und Taxordnung des Deutsch-Österreichischen Postvereins wurde von Dänemark zu diesem Zeitpunkt nicht anerkannt. So ist dieser einfache Brief mit 5 Silbergroschen taxiert. Das Porto in wesentlich weiter entfernte Länder kostete dagegen nur 3 Silbergroschen. Besonders ist auch der Stadtpoststempel von Lübeck als Transitstempel, der nicht häufig ist.

    Beste Grüße


    Peter

  • Hallo PeJa,
    der Brief gefällt mir auch sehr gut!
    Der Deutsch-Dänische Krieg war zwar bereits beendet, aber als Folge wurde die allermeiste Post nach Dänemark weiterhin über Lübeck geleitet. Dänemark hatte in der Freien Stadt Lübeck zwar ein Postamt, das hier aber nicht berührt war, da nur der Stempel des Stadtpostamts abgeschlagen ist.
    Taxiert ist der Brief nach dem Postvertrag zwischen Preußen und Dänemark von 1854.