Portobriefe

  • Hallo BK,
    Danke für die Antwort und den Hinweis auf die Literaturstelle in Helbigs Bayer.Postgeschichte.
    Demzufolge wäre der Brief von Lengfurt nach Gimmeldingen bis 1 Loth schwer (von dem Brief habe ich nur die Hülle ohne Inhalt, Gewicht kann also stimmen) und somit
    6 Kr. einfacher Brief 12-18 Meilen,
    3 Kr. Gewichtsprogression,
    1 Kr. Transitgebühren für Baden.


    Macht summa summarum die ausgewiesenen 10 Kr.
    Um beim Wachenheim Brief auf die 12 Kr. zu kommen, müsste ich beim einfachen Brief - 0,5 Loth und einer Entfernung von 24-30 Meilen = 10 Kr. 2 Kr. Transit draufschlagen.
    Warum jetzt 2 Kr.und nicht ebenfalls 1 Kr. ?(


    Da stehe ich jetzt wohl noch auf dem Schlauch
    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo Klaus,


    von Lengfurt - Gimmeldingen (für die Post war der Zielort Neustadt/Haardt, weil Gimmeldingen keine Poststelle hatte) waren es knapp 27 Meilen, also nach dem Tarif vom 1.1.1843 bis 1/2 Loth 10x postalisch. Die 3x für den Cantonsboten spielten hierbei ja keine Rolle. Bei höheren Gewichten spielte der Tarif von 1843 ja keine Rolle. Leitung über Taxis, daher keine Transitgebühren.


    Bamberg - Wachenheim waren 27 Meilen und hätten auch 10x gekostet, jedoch hat Bayern hier 2x Transitgebühren draufgeschlagen (Baden). Vermutlich hat man das pauschal gemacht (2x je Brief) und nach Gewicht an Baden abgeführt und war somit immer auf der sicheren Seite.


    Alternativ lief er auch über Taxis, was möglich war, dann hätte er auch 10x kosten sollen und Bamberg hat sich verrechnet bzw. lag damals eine falscher Entfernungseintrag vor.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,
    vielen Dank für die Erläuterungen.
    Bei der Beschäftigung mit diesen sogenannten Vorphilateliebelegen wird mir immer wieder bewußt, welch geniale Idee hinter dem System der Vorausfrankierung per Briefmarke steckt.
    und wie dadurch letztendlich eine Vereinfachung des gesamten Postwesens eingeleitet wurde. Der "Kunde" der damaligen Zeit hatte doch so gut wie keinen Einblick in das komplexe Tarifsystem und bezahlte halt, was ihm sein Gegenüber am Schalter oder als Bote abverlangte.


    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo Klaus,


    bist du in der ARGE Bayern klassisch? Wenn ja, dann habe ich genau hierzu im vorletzten Rundbrief einen längeren Artikel geschrieben ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,

    Zitat

    bist du in der ARGE Bayern klassisch?


    (Noch) nicht, habe aber schon seit längerem mit dem Gedanken gespielt.
    Also werde ich dem "Wink mit dem Zaunpfahl" nicht ausweichen und mich um eine Mitgliedschaft in dem erlauchten Kreis bewerben.


    Lässt sich das rückwirkend noch für das gesamte Jahr 2018 arrangieren (selbstverständlich inkl. Beitrag), so dass ich noch in den Genuss der beiden diesjährigen Rundbriefe
    (soweit noch vorrätig) komme ?
    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo Klaus,


    famoser Gedanke - unser Erdinger lässt da sicher mit sich reden, wenn du ihm eine PN schickst. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    alte Schlachtschiffe der Postgeschichte wie ich glauben manchmal, schon (fast) alles gesehen zu haben. Oft haben wir Recht - hier aber nicht, denn solch einen Brief kannte ich bisher noch nicht, jedenfalls nicht in dieser Schwere ...


    Geschrieben am 1.8.1843 in Englburg, ca. 25 km Fußmarsch nach Vilshofen, dort am Folgetag aufgegeben und gerichtet an:


    Seiner Excellenz dem Hochgebornen Herrn Herrn Maximilan Grafen von Seyssel d´Aix, K. Bayer. Kämmerer, Generallieutnant, Capitaine des Gardes, Inhaber mehrerer hohen Orden in München


    Die Aufgabepost setzte als innerbayerisches Porto für Briefe über 12 bis 18 Meilen sagenhafte 1 Gulden 15 Kreuzer fest. Ein einfacher, bis 1/2 Loth schwerer Brief kostete bei dieser Entfernung 6 Kreuzer, jedes weitere halbe Loth kostete folglich 3 weitere Kreuzer, so dass wir hier einen Brief der 24. Gewichtsstufe vor uns haben.


    Bei einer Entfernung von 17,6 Meilen nach München ist von Vilshofen auszugehen - der Absender hätte den Brief auch nach Grafenau oder Freyung bringen können, was nicht weiter war, als nach Vilshofen, aber dann wäre der Brief in die nächst weitere Entfernungszogen über 18 bis 24 Meilen gefallen und hätte einfach 8 Kr. und so wie hier 1 Gulden 42 Kreuzer gekostet ...


    Im Inhalt oben links sehen wir auch den Grund für das Gewicht, schrieb doch der Empfänger "Beilagen remitirt" (also zurück gegeben) und tatsächlich waren Grundstücksauszüge damals beigefügt worden, die ihn so schwer machten (11 1/2 bis 12 Loth = 66g bis 75g).


    "By the way" - oft fragen mich Sammler anderer Gebiete, ob das Porto/Franko eines Briefes von Bayern stimmen könnte, weil es ihnen so hoch erscheint, schließlich weisen diese Briefe keinerlei Gewichtsnotationen oder Vermerke wie "mit Beilage", "mit Unterbund", "mit Akten" usw. auf und ich entgegne dann immer, dass sie das nicht mussten und die bayer. Post i. d. R. nur Fahrpoststücke wog und das Wiegeergebnis vermerkte, bei der Briefpost wie hier aber einfach hoch taxierte und es damit bewenden ließ.


    Aber zurück zu unserem Brief - der Empfänger war einer der höchsten Würdenträger Bayerns und die festgesetzte Taxe wurde auf Kosten der Staatskasse gestrichen, weil dieser passiv portofrei in Bayern war, also eh nie etwas bei Portobriefen zu zahlen hatte. Daher hatte auch der Absender auf die Frankatur verzichtet, wäre er doch hier mit 1 Gulden 15 Kreuzer dabei gewesen und das Geld wäre fort gewesen.


    Oft wird der Begriff "Unikat" in Beschreibungen eingesetzt, aber nur besserer Standard gezeigt - hier dürfte dieses Wort keiner Fehleinschätzung unterliegen ...

  • Hallo Ralph,
    dein Beleg ist klasse, und die Beschreibung dazu wie immer hervorragend. Ohne diese hätte ich die Besonderheit dieses
    Beleges nicht erkannt.
    Und ich denke, der Beleg ist genau beim richtigen Sammler gelandet.
    viele Grüße von woodcraft

  • ... danke sehr - freut mich, wenn du Beleg und Beschreibung adäquat findest. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    nur im 1. Semester des Jahres 1843 führten eine Handvoll Hauptbriefpostexpeditionen die Stempel "Morgens" und "Abends", weil sie mindestens 2 Postäufe hatten, die man beim Abgang der Post unterschieden wissen wollte.


    Hier aus München vom 23.2.1842 ein Portobriefchen an den Baron von Malsen in Marzoll bei Bad Reichenhall, dunnemals für 6 Kreuzer auszulösen. Ein netter Beifang, wie ich finde.


    Demzufolge hätte der 2. aber auch so gestempelt werden sollen - aber hier mangelt der Stempel bei dem Brief aus München vom 17.1.1843.

  • Liebe Freunde,


    wenn ein Brief in Bayern geschrieben, aber an einem anderen Ort, als dem, wo er geschrieben wurde, aufgegeben wurde und dieser Zielort (deutlich) näher lag, als der Ort seines Schreibens, hatte meist einer die Finger drin, der diese Ersparnis bewirkte, ein "Gütiger", oder ein Forwarder, der einem Absender auch Geld sparte.


    Hier haben wir aber den seltenen Fall eines Absenders aus Bamberg, der einen Brief über 1/2 bis 1 Loth (also die 2. Gewichtsstufe) an jemanden in Marzoll bei Reichenhall verschickte, aber ihn nicht in Bamberg zur Post gab, sondern erst im Rahmen seiner Reise nach München und wenn wir uns die Entfernungen ansehen, wird der Grund auch sonnenklar:


    Bamberg - Reichenhallt 282 km = 7. Entfernungsstufe, aber München - Reichenhall 107 km = 3. Entfernungsstufe. Da der Brief darüber hinaus noch schwer war, kostete er von München aus nur 6 + 3 = 9 Kreuzer, die der Absender siegelseitig bezahlt hatte und nicht wie von Bamberg aus 14 + 7 = 21 Kreuzer. Eine Ersparnis von 12 Kreuzern war eine Menge Geld, wenn man nicht gerade mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden war und das war hier sicher nicht der Fall.


    Da machte es auch nichts aus, dass man den Brief in Bamberg am 21.11.1839 geschrieben, aber erst 2 Tage später in München aufgegeben hatte - 12 Kreuzer waren halt 12 Kreuzer und das waren 2 volle Mahlzeiten mit Getränken.

  • Liebe Freunde,


    wer sagt mir, ob die Taxierung des Briefes aus München vom 28.11.1840 nach Tittmoning eine 3 oder eine 4 sein soll? Ich könnte es nicht sicher lesen, aber ich kläre auf - es soll eine 4 sein! Muss man wohl dazu schreiben ...


    Die nette Besonderheit ist aber eine andere - der kleine Stempel des Absenders S. Pichler s Erben, den ich so schnuckelig noch nie gesehen habe, obwohl diese Firma uns schon einiges hinterlassen hat.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Werter Ralph!
    Zu Deinem oben gezeigten Brief habe ich einen aus München nach Tittmoning vom 14. Juni 1843 mit der rückseitig notierten 3 Kreuzer Gebühr. Also war das üblich. Francozahlung 3 Kreuzer Porto Zahlung 4 Kreuzer.
    Viele Grüße Planke

  • Lieber Planke,


    München nach Tittmoning waren es 89 km, also über 6 bis 12 Meilen. Nur bis 6 Meilen hätte es 3x gekostet, darüber 4x.


    Damals gab es keinen Unterschied zwischen porto und franko. Wenn deiner nur 3x gekostet hat, dann war er unterfrankiert (selten in der Vormarkenzeit!).


    Kannst du ihn mal hier zeigen?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Werter Herr Ralph!
    Anbei die gewünschten Brief hier im Forum. Mußte schnell meine Enkelin einspannen um die Briefe anzuhängen. Ich habe mir dies schon öfters zeigen lassen wie das geht aber mit meinen nahezu 80 Jahren ist meine Lehrfähigkeit vorbei. wenn ich es im ersten Tag begreife,im nächsten Tag ist alles wieder weg. hier ist einfach nichts mehr los.
    Entschuldige, aber es ist einmal so mit dem Alter.
    Liebe Grüße Planke

  • Lieber Planke,


    dir entschuldige ich doch alles ...


    Das ist hinten eine 4 - so, wie der Brief jetzt aussieht, kann man es lesen. Hielte man ihn verkehrt herum, wäre es eine 3, aber es ist eine 4, glaubs mir.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Hermann,


    ui - 1. Entfernungsstufe bis 6 Meilen und dann solch ein Porto. Da hing sehr viel dran, auch wenn das auf dem Brief nicht notiert wurde.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Wolfgang,


    auch ein ganz feiner Brief - die Anlagen waren wohl dergestalt, dass die den perfekten Stempelabschlag nicht gefährdeten.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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