Portobriefe

  • Jein - die Frau konnte übernehmen (wenn sie Ahnung von der Materie hatte), oder ein Verwandter (der auch Ahnung gehabt haben sollte); es kam auch vor, dass Dritte die Firma übernahmen und den Namen derselben behielten.


    Nie vergessen: Bürokratie seit der EU quadriert sich pro Jahr - damals gab es die auch, aber sie war noch überschaubarer.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    in den Firmenbriefen meiner Heimatsammlung habe ich Beispiele dafür, dass Witwen die Firmen ihrer verstorbenen Männer zunächst weiterführten. Ebenso gibt es Beipiele dafür, dass nach relativ kurzer Zeit Männer (aus der Familie oder auch Wettbewerber) dann wieder das Geschäft übernahmen.
    Ich habe noch kein Beipiel dafür gefunden, dass eine Witwe das Geschäft langfristig selber weiter geführt hat.


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    wenn ich an Franziska Leone in Dornbirn denke, die den Laden über Jahrzehnte führte (mit internatioanler Korrespondenz), dann gab es auch tüchtige Frauen. Manche brachten auch eine Firma in die Ehe mit - da brauchte sich nur der Gatte dran zu hängen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Erdinger,


    wunderbar! Vielen Dank für dieses Inserat (vor allem wusste ich nicht, dass nach 3 Jahren aus Blut - Egeln auch Brut - Egeln werden). Aber bei den Preisen konnte man sicher ganz gut leben, denn die Ware sollte ja recht anspruchslos gewesen sein.


    Ganz allgemein: Heute wird gerne, wohl aus einer Mischung aus Ahnungslosigkeit und Nostaligie, die Rolle der Frau in vergangenen Jahrhunderten als Heimchen in der Küche gesehen; das ist gänzlich falsch - eher würde man heute den Begriff "Power - Frauen" anzuwenden haben, denn die Damen entsprachen allem, nur nicht dem Abziehbildchenimage.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Ganz allgemein: Heute wird gerne, wohl aus einer Mischung aus Ahnungslosigkeit und Nostaligie, die Rolle der Frau in vergangenen Jahrhunderten als Heimchen in der Küche gesehen; das ist gänzlich falsch - eher würde man heute den Begriff "Power - Frauen" anzuwenden haben, denn die Damen entsprachen allem, nur nicht dem Abziehbildchenimage.

    Wollt ihr, liebe Freunde und Freundinnen, mir auf einige Augenblicke eure Aufmerksamkeit schenken, so soll euch dieser Beitrag eine damals schon hohe Meinung über die Geschäftsfrauen nahebringen.


    Zeitungsartikel von 1839



    Frauenwürde.


    „ Ehret die Frauen sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben.“ Schiller.



    Wer einem Dichter ganz verstehen will, der muss — meiner Meinung nach — vor Allem den Gesichtspunkt aufsuchen, von welchem aus er seine Idee auffasste, er soll sogar die Veranlassung zu seiner Arbeit kennen! Deshalb frage ich mich auch: „ist Schiller zur Bewunderung der Frauen durch das ganze Geschlecht, oder durch eines jener verschiedenen Verhältnisse, in denen sie wirken, geführt worden?"


    Die meisten Leser und Leserinnen wollen behaupten, dass gewiss das Leben einer Hausfrau ihn begeistert habe, dass er nur von den als Hausfrau wirkenden Weibern sage


    Ehret die ec. ec.


    Ich kann jedoch der allgemeinen Meinung mich hierin nicht anschließen, weil ich Gelegenheit hatte die Frau als Geschäftsfrau, in einer Sphäre zu beobachten, wo ich sie als Quintessenz der Klugheit, des Fleißes und des männlichen Sinnes erblicke!


    Wollt ihr, lieben Freunde und Freundinnen, mir auf einige Augenblicke eure Aufmerksamkeit schenken, so soll euch meine Schilderung genugsam von der Tüchtigkeit meiner Behauptung überzeugen.


    Kaum lässt sich Aurora blicken, kaum beginnen die Straßen lebhaft zu werden, so erhebt die Geschäftsfrau sich vom Lager, geweckt von den nimmer endenden Geschäftssorgen und schmücket sich zierlich. Mit feiner Berechnung wird das leichteste, kürzeste und bequemste Kleid gewählt, damit es bei der Arbeit nicht die fleißig sich rührenden Glieder beenge, beim Auf- und Absteigen auf der Ladentreppe nicht einen Sturz veranlasse! Mag es keiner einer falschen Ursache zuschreiben, wenn sie beinahe immer dasselbe Kleid, dieselbe Schürze trägt — die Vorsicht leitet ihre Schritte! Wie leicht könnte sie beim häufigen Kleiderwechsel Geschäftspapiere in dem einen zurücklassen und beim Eintritt ins Geschäftslokal vermissen, was ihr dann doch jedenfalls eine Zeitversäumnis veranlassen müsste. Die Eile erlaubt ihr nicht den ruhigen Genuss des Frühstückes, sie nimmt es zu sich, wie die Israeliten beim Auszug aus Ägypten, ihr Passajabrot verzehrten — mit gegürteten Lenden, den Stab in der Hand. Dann geht‘s auf den Flügeln der Geschäftsliebe in den Laden, wo die trägen Commis und Lehrlinge noch im süßen Schlafe schwelgen. Da rötet ein schöner Unwille ihr sonst bleiches Gesicht, sie muss mahnend in ihre Mitte treten, dem zarten Körper durch männlichen Ernst, Würde und Ausdruck leihen!
    Sie umschwebt sie stets, wie ein Engel des Lichtes und zwingt sie durch Strenge und Aufmerksamkeit zur Erfüllung ihrer Pflichten. Kein Geschäft ist ihr zu schwer, zu wichtig, sie vollbringt’s mit leichter Hand und der gute Wille muss die Fehler schwinden machen, die sich unglücklicher Weise hie und da einschleichen.

    Ist der Chef des Hausesabwesend, dann seht ihr sie mit weiser Einsicht Beschäftigung ihren Leuten aufgeben, und wie sehr gereicht es ihr zum Vergnügen, wenn diese den Trotz unterdrücken, ihren Grimm verbeißen müssen, — aber sie müssen! Ruhig muss der Sklave seinen Nacken auch unter dem Fuße des geringsten Herrschers beugen, weil er aus dem Rade der Schicksalslotterie ein unglückliches Loos zugeteilt erhielt!


    O wie oft hört ihr die Geschäftsfrau mächtig aufseufzen, und bittere Äußerungen darüber ausstoßen, dass ihr die Last des Herrschens übertragen ist, wie willig würde sie ihren Eifer verdoppeln, um jene verhassten Fremdlinge entbehren zu können; aber auch hierin weiß sie die geeigneten Mittel aufzufinden, um sie bloß zur dienenden, noch, wendigen Maschine herunterzustimmen, ihnen jede Gewalt zu entwinden. In ihre Hände legt ja der liebende, für seine Interesse besorgte Gatte das Dokument, das sie zum selbstständigen Geschäftsmitgliede stempelt, sie hat Generalprokura, und kann und darf Alles,
    was sie will!
    Und wie würdig füllt sie diese Stelle aus! „Sie herrscht weise im merkantil'schen Kreise!" sie erhält Pünktlichkeit und Ordnung und sie bildet die Federkraft des vielleicht ohne ihr erstarrenden Geschäftstriebes.


    Lässt einer ihrer Untergebenen sich Nachlässigkeit, Unpünktlichkeit oder sonstige Fehler zu Schulden kommen, dann pflegt sie zur zu Recht, Weisung nicht die gewöhnlichen Mittel, als Zank ec. ec. zu gebrauchen, sondern sie weiß durch schlechte Kost, verweigertes Zutrauen usw.
    ihm ihre Unzufriedenheit an den Tag zu legen, und ihn zu bessern! Beharrt er aber starrsinnig in seinen Fehlern, dann wird der Stab über ihn gebrochen, er wird entlassen und selbst in dieser Handlung muss er die Verachtung fühlen, die man gegen ihn hegt! So befreit sie, wie ein sorgfältiger Gärtner, die gesunden Früchte vom wuchernden Unkraute und ein üppiges Emporstreben des Geschäftes muss ihre Bemühungen belohnen.


    Welche Liebe und Anerkennung verdient eine solche Frau von ihrem Manne, welche Achtung von der ganzen Welt!
    Sie reißt ihr zartes Gemüt los von den Tändeleien der Jugend und Eitelkeit, und schmiegt es an den nimmer rastenden, schaffenden Sinn des Mannes; sie entsaget den Freuden der Flitterjahre, den bösartigen Vergnügungen älterer Frauen in den Zirkeln der Stadtfraubasen, sie lebt nur in ihrem Laden und Comptoir und ihr Geschäft ist ihr Universum!


    Was ist die Hausfrau gegen die Geschäftsfrau? Wie muss jene im Vergleiche mit dieser in ein liebliches Schattenphantom zusammenschwinden! Jene lebt nur in ihrer Hausgebackenen prosaischer Wirtschaft fort, und ist nichts geworden, sobald sie etwas geworden ist — während dem die Geschäftsfrau in Beziehungen zu der Welt tritt, und nicht mehr wie ein öomet, Name und Glanz von ihrem Manne erhält, sondern wie ein Gott dastehet, in den heiligen Geschäftshallen, wo jeder geordnet liegende Gegenstand, jede Umsicht volle Einrichtung noch nach Jahren ihren Enkeln zuruft:


    „Das ist ihr Werk!"


    Wer wird noch ferner mit mir rechten, wer die Richtigkeit meiner Behauptung bezweifeln wollen?


    Ich sehe euch unter meinem Paniere sammeln, höre euch ein rauschendes Vivat den Geschäftsfrauen bringen, und willig eingestehen, dass Schiller nur von ihnen gesagt haben kann



    Ehret die Frauen, sie flechten und weben Himmlische Rosen ins irdische leben



    L’observateur.


    Ergänzung – das komplette Gedicht


    Ehret die Frauen! Sie flechten und weben
    Himmlische Rosen ins irdische Leben,
    Flechten der Liebe beglückendes Band,
    Und in der Grazie züchtigem Schleier
    Nähren sie wachsam das ewige Feuer
    Schöner Gefühle mit heiliger Hand.


    Johann Christoph Friedrich von Schiller
    (1759 - 1805) deutscher Dichter und Dramatiker
    Quelle: "Die Würde der Frauen" 1796

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

    5 Mal editiert, zuletzt von Luitpold ()

  • Lieber Luitpold,


    dass sich Realitätsnähe und Poesie nicht ausschließen, beweist dein wunderbarer Beitrag. Vielen Dank dafür! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    zurück auf den Boden der "Normalität", was die Post angeht.


    Folgender Brief viel mir in die Hände und etwas außergewöhnlich scheint er mir allemal.


    Geschrieben wurde er am 4.6.1831 in "Burgwinsheim" (heute: Burgwindheim) in Oberfranken. Absender war aber das K. Rentamt (damaliger Name des Finanazamts) in Burgebrach (eigene Post erst seit 1851), Empfänger war die Gräflich Castellsche Gefäll - Verwaltung in Kastell (= Castell).


    Zu meiner großen Freunde und Unerklärlichkeit wurde der mit 3x für Briefe bis 6 Meilen Entfernung taxierte Brief aber in Neuses mit einem Transitstempel (gab es damals gar nicht) versehen. Da Neuses nicht auf der Route von Burgwindheim nach Castell liegt, halte ich es für möglich, dass der dortige Postexpeditor seinen Stempel nur abschlug, um zu dokumentieren, dass er versehentlich diesen Ort durchquert hatte.


    Wie sind eure Meinungen hierzu?

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Portobrief aus Nürnberg (Stempel Feuser 2547-17) nach Pegnitz an den Kaufmann Herrn Wilhelm Glenk aus dem Jahre 1838.
    Belastet war der Brief mit 4 Kr. rh. (Verwendung der für Nürnberg typischen wässrig-blauen Tinte).


    Absender: Schwarz & Co.


    Transliteration (mit freundlicher Bitte um Vervollständigung und Korrektur):


    "Herrn Wilhelm Glenk in Pegnitz
    Nürnberg den 14 April 1838.


    Für die uns mit Ihrer geehrten Zuschrift vom 12 d. gefälligst übersandten
    f 134 bar (?) und
    f 10 an 1 ____ Bank Note (?), haben wir Ihre werthe Rechnung
    f 144 in Conto unter verbindlicher Danksagung gehörig erkannt.


    Der ferner gütigen Ertheilung Ihrer schätzbaren Aufträge sehen wir mit Vergnügen entgegen und
    empfehlen uns Ihnen mit freundschaftlicher Achtung und Ergebenheit.


    _______ Schwarz & Companie
    _____ J. _______


    Wir beziehen uns übrigens noch an unser ergebens Schreiben vom 11 d. und
    hoffen dass Sie im Besitze der Ihnen damit übersandten ________ gekommen sind."



    Herr Glenk hat Geld übersandt und seine Rechnung wurde als "gehörig erkannt". Was bedeutet dies?

  • Hallo Don Stefano,


    Für die uns mit Ihrer geehrten Zuschrift vom 12 d(es) l(aufenden) gefälligst übersandten
    f 134 bar (?) und
    f 10 an 1 bayer(ische) Bank Note (?), haben wir Ihre werthe Rechnung
    f 144 à Conto unter verbindlicher Danksagung gehörig erkannt.


    Der ferneren gütigen Ertheilung Ihrer schätzbaren Aufträge sehen wir mit Vergnügen entgegen und
    empfehlen uns Ihnen mit freundschaftlicher Achtung und Ergebenheit.


    ppra Schwarz & Companie
    geezeichnet J. Weiß


    Wir beziehen uns übrigens noch an unser ergebens Schreiben vom 11 d. und
    hoffen dass Sie im Besitze der Ihnen damit übersandten Tabacke s(iehe) Z(eichen) gekommen sind."


    der gute Kaufmann Glenk hat eine Rechnung über 144 Gulden zu zahlen gehabt für Tabakwaren, die er durch bare Einzahlung und einen Schein von 10 Gulden rentrichtete. Als "gehörig erkannt" verstand man, dass die Rechnung korrekt ausgestellt worden war, es keine Reklamationen gab und es keine Abzüge in irgendwelcher Form gab.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo mikrokern,


    herzlichen Dank für die schnelle Antwort.


    Daraus ergibt sich für mich eine weitere Frage:
    Laut Luftlinie ist die entfernung der beiden Orte 6,5 Meilen.
    Nach dem Vertrag von 1810 waren ab 6 Meilen jedoch 4x erforderlich.
    War das normal oder hatte der Postler falsch gerechnet?


    Gruß Helmut

  • Hallo heku,


    kann das sein, dass das auch eine 4 ist, die da auf dem Beleg vorne steht ? Ich habe mich da auch schon ziemlich oft getäuscht bzw. tue mich nach wie vor schwer mit diesen locker aus dem Handgelenk geschüttelten Taxierungen.


    + Gruß!


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,


    für mich steht da eine 4 als Porto notiert auf dem Brief.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Ich danke euch Beiden,


    ich habe gerade im Vorphilabuch von J. Helbig mir nochmal die Zahlen angeschaut.
    Ihr habt Recht mit der 4. Vielen Dank nochmals für den wertvollen Hinweis.


    Gruß Helmut

  • Lieber Helmut,


    du wärst der Erste, der nicht hin und wieder Probleme bei der Wiedererkennung bayerischer Taxzahlen hätte ... ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo kreuzer,


    sehr schön gestempelt und auch die 4x vorne sind nicht mal so übel gemalt ... :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.