• ... und diese Gemeinsamkeiten bei weit auseinander liegenden Orten legen doch irgendwie nahe, dass es ein Schlupfloch in den Vorschriften gegeben haben muss. Wenn es auf dem Brief »Auslage« heißt, muss das Ganze doch in der Briefkarte vorgetragen worden sein, denn der eingehobene Betrag sollte ja an die Aufgabepost rückvergütet werden, oder?

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,

    nein, eine Ausnahme davon gab es nicht - die den Vorschriften zuwider handelnden Absender bzw. Aufgabeposten taten so, als hätten sie "Auslagen", also fremde Kosten und addierten zu diesen ihr "eigenes" Porto dazu.

    Damit war optisch und haushalterisch alles abgesegnet und im Falle, dass der Empfänger (war ja auch eine Behörde) nicht die kompletten Kosten tragen wollte, hätte man die Absenderbehörde eben am Wickel gehabt, die ja genau diese illegale Versendung wollte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    weil ich auch eine Mini - Sammlung mit dem Titel "Besonderheiten bei Dienstbriefen" besitze, habe ich mir den zugelegt, der den Preis einer Rindscurrywurst mit Pommes und Tunke nur gering überschritt:

    Portochargébrief aus Würzburg vom 20.2.1835 an das freyherrlich von Würtzburgsche Rentamt zu Mitwitz. Die Recogebühr von 4 Kreuzern zahlte man in Würzburg, das Porto von 9 Kreuzern aber überließ man dem Rentamt, heute würden wir Finanzamt dazu sagen.

    Bei 105 km Entfernung = 14 Meilen hätte ein einfacher Brief bis 1/2 Loth 6 Kreuzer gekostet, so dass dieser hier über 1/2 bis 1 Münchener Loth schwer gewesen sein musste.

    Es ist davon auszugehen, dass selbst bei ungünstiger Verbindung (Schnee, Winter, Gegenwind, Kutsche hat einen Schlag weg usw.) ein Brief wie dieser maximal 2 Tage unterwegs gewesen wäre, also am 22.2.1835 zugestellt worden wäre. Aber was lesen wir unten?

    "9 xr porto vom Rentamte zurück erhalten am 4.3.(18)35 Walther" (die Unterschrift ist auf der Rückseite zu erkennen).

    Die Frage ist nun: Wieso wurde ein Portobrief am 22.2.1835 (oder vlt. einen Tag früher oder später) ausgeliefert, für dessen Porto erst am 4.3.1835 quittiert wurde?

    Mitwitz gehörte zum Lokalbezirk der Postexpedition Kronach und erhielt erst am 1.7.1861 eine Postablage und am 1.10.1862 eine eigene Postexpedition, von daher mag es vorgekommen sein, dass der Transport von Kronach ins 10 km entfernte Mitwitz noch ein bisserl gedauert hatte, aber so lange?

    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Rentamt über ein Postfach verfügte, dann aber die Briefe (und unter Chargé waren alle Briefe wichtig) fast 2 Wochen lang liegen ließ, um dann endlich den Brief auszulösen ...

    Wer eine plausible Erklärung für den modus operandi hat, darf sie gerne hier vortragen.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    die umfangreiche Beschreibung des

    Belegs ist schon herausfordernd genug, da musst du uns nicht noch mit neuen Rindswurstfremdwährungen belasten.;)

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • ... 1 BP$ = 2 Rindscurrywürste mit Pommes, eine ganz leichter Reduktion für den geneigten Postgeschichtler hier. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Diese Reduktion kann ich leider nicht in meinem „De Pariteit van Munten in de Postgeschiedenis „ von Janssen finden. Und ich dachte, das wäre ein umfängliches Nachschlagewerk.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo preussen_fan,

    diesbezüglich kann Dir geholfen werden:

    1BP$ = Bernatz'scher Pizzadollar = € 8,90 .

    Viele Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Liebe Freunde,

    auch gute Bücher müssen zu gegebener Zeit mal nachgeschrieben werden ... :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ein Brief für den sog. 2. Blick, als kein eye-catcher, oder etwas dergleichen, aber dennoch sehr nett, wenn man ihn zu interpretieren versteht.

    Geschrieben wurde der Inhalt in Bruck bei Nürnberg und in Nürnberg selbst am 30.4.1847 und gerichtet war er an die Firma Johann Caspar Göhl seelige Erben in Hindelang.

    Die Postaufgabe erfolgte aber in Erlangen am 1.5.1847 (Bruck liegt zwischen Nürnberg und Erlangen) und die Aufgabepost taxierte den Portobrief mit 10 Kreuzern in schwarzer Tinte. Luftlinie Erlangen - Hindelang 237 km = 31,6 Meilen = 12 Kreuzer über 30 bis 36 Meilen.

    (Bad) Hindelang erhielt erst 1853 eine eigenen Postexpedition (PE), daher war die Entfernung in direkter Linie zwischen der Aufgabepost in Erlangen und der Abgabepost in Sonthofen (hinten Ankunftsstempel vom 4.5.) zu berechnen, die 236 km betrug, also praktisch gleich der nach Hindelang selbst war.

    Wer auch immer die falschen 10 Kreuzer strich (für Briefe über 24 bis 30 Meilen), weiß ich nicht - evtl. war es Sonthofen selbst, denn wie es aussieht, strich dieselbe Hand die falschen 10 durch und notierte richtig 12 Kreuzer (ein sog. Portodefekt war selten damals) und übergab ihn dann einem konzessionierten Boten, der ihn für einen Kreuzer Botenlohn nach Hindelang trug (Entfernung Sonthofen - Hindelang = 8 km Laufstrecke, 6 km direkte Linie), weshalb letztlich J. C. Göhl 13 Kreuzer berappen durfte.

    Geschrieben 1. Teil in Nürnberg, 2. Teil in Bruck, Aufgabe in Erlangen, falsch taxiert dort, korrigiert in Sonthofen und mit 1x Botenlohn nach Hindelang - das dürfte es auch damals nicht jeden Tag gegeben haben.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu folgender Brief:

    Portobrief von Bamberg nach Eltmann vom 14. August 1823. Der Brief lief bis Stettfeld und wurde von da mit einen Postboten nach Eltmann befördert. Links Vermerk des Postboten, der 1 Kreuzer Botenlohn kassierte (mit dem Porto von 6 Kreuzer, kassierte er zusammen 7 Kreuzer beim Empfänger).

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Liebe Freunde,

    eine 17. Gewichtsstufe recommandirt und mit Verzögerungsstempel "Nach Abgang der Post" für Recobriefe, die innerhalb von einer halben Stunde vor dem regulären Postenlauf aufgeliefert wurde, findet man nicht jeden Tag. Der Absender zahlte hierfür 36 Kreuzer für Briefe über 6 - 12 Meilen (einfach 4x) und 4 Kreuzer Reco, so dass er ihn schon 40 Kreuzer kostete (Briefgröße 31 auf 12,5 cm).

    Aber von Würzburg aus konnte man den Zielort Lützendorf (Lüzendorf) nicht direkt mit der Post erreichen, so dass er 70,5 km lang per Post nach Ebern transportiert wurde, ehe er von dort mit einem konzessionierten Boten, der auch recommandirte Briefe annehmen und transportieren durfte, für 9 Kreuzer Botenlohn bis zum Empfänger nach Lüzendorf verbracht wurde. Daher erfolgte auf den Brief unten links die Quittierung: "9 X Postbothenlohn (Friedrich Hoffmann) bezalt 28. Jan 41 Klagsache 7a Gottfried Appel".

    Da die Siegel hinten ausgeschnitten wurden, kann ich den Absender nicht ermitteln, aber es ist auch so schon ein wie ich finde beeindruckender Brief.

  • Lieber Ralph,

    gnadenlos schöne rote Stempel. Das ist es, was mir als Laie auffällt und gefällt. Aber woran Du die 17. Gewichtsstufe erkennen kannst, wird ,mir ein Rätsel bleiben.

    Liebe Grüße aus Frankfurt

    Heribert

    Trotz Vorhersage ohne Schnee

  • ... aus der Frankotaxe hinten - leider macht mein Multifunktionsgerät bei der Einstellung A3 ab und zu Faxen (hier auch schneefrei, gut so).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    ein nettes Briefepaar kann ich heute zeigen, welches im Januar/Februar 1834 von München aus nach Schwarzenberg bei Langenfeld (Mittelfranken) lief.

    Der 1. Brief an die Schwarzenbergische Domänen Kanzley wurde mit dem Zusatz "bey Langenfeld" versehen, denn es gab mehrere Schwarzenbergs in Bayern und ganz Deutschland, so dass diese Präzisierung vom Absender nötig war.

    München taxierte den Brief zuerst mit 12x, strich dann diese durch, unterstrich "bey Langenfeld" und notierte oben 20 Kreuzer. Die Entfernung von Aufgabe- zur Abgabepost betrug einen Tick über 24 Meilen, so dass der einfache Brief 10 Kreuzer gekostet hätte, aber über 1/2 Loth 15 Kreuzer und, wie dieser hier über 1 bis 1,5 Loth, satte 20 Kreuzer. Wie der Brief dann in das ca. 9 km von Langenfeld entfernte Schwarzenberg kam, weiß ich nicht - evtl. gab es einen Boten, oder man hatte auf der Post ein Postfach einrichten lassen, was ich für wahrscheinlicher halte.

    Der 2. Brief datiert vom Februar 1834 und wurde sogleich richtig mit 10 Kreuzer als einfacher Brief erkannt und taxiert. In beiden Fällen hatte der Absender "Von München" vermerkt, wohl weil Briefe zuvor falsch geleitet und zurückgeschickt wurden, was nicht im Interesse des Absenders lag.

  • Guten Abend,

    gab es im Tarifzeitraum - 01.07.1849 ermäßigte Gebühren für Briefe der 1. Gewichtsstufe im Nah- bzw. Ortszustellbezirk ?????

    Der Tarif vom 01.12.1810 sah für Briefe - 1/2 Loth und - 6 Meilen ein Porto von 3 Kr. vor (keine Veränderung ab 01.01.1843).

    Ich habe hier einen Portobrief vom Bankhaus Grohe-Henrich aus Neustadt / Haardt vom 1.11.1842 an den Tuchfabrikanten Louis Marx im 5 km entfernten Lambrecht (Postexpedition ab 1849) taxiert mit 2 Kr.

    Ein weiterer stammt vom Bankier L. Dacque aus Neustadt an den Weingutbesitzer Lingenfelder ins benachbarte Gimmeldingen (3 km) vom 30.3.1843 ebenfalls zu 2 Kr., wobei Gimmeldingen zumindestens in der Markenzeit bis zur Eröffnung der Postexpedition Mussbach (1861) zum Ortsbereich Neustadt zählte.

    Auf beiden Briefen ist auf der Rückseite ein Bestellgeld ("Botenlohn") von 2 Kr. zum Gesamtporto von 4 Kr. notiert.


    Einen 2 Kr. Tarif für die Gewichts- und Entfernungsstufe 1 habe ich nirgends gefunden ???

    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Lieber Klaus,

    die bayer. Post interessierte sich nur für Fernbriefe - was innerhalb eines Bestellbezirks geschah, war ihr unbekannt bzw. egal.

    Hier nahm der Expeditor 2x für Briefe in seinen Lokalbezirk und der Ruralbote 2 weitere Kreuzer. In der Pfalz gab es auch die Kombinationen 2 plus 3 und (ganz selten) 2 plus 1.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.