Frankreich - Bayern Postvertrag 1.7.1858

  • Hallo Christoph,

    2 schöne Briefe - Gewicht bis 10g, 7,2x für Frankreich, 4,8x für Bayern und manchmal sind Muster in den Briefen drin, wenn man Glück hat ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    was machte eine Elsässer Firma aus Strasbourg nicht alles, um die Regelungen des Postvertrages zwischen Bayern und Frankreich zu umgehen? Richtig - sie gab ihre nach Bayern (vor allem der Pfalz) gerichtete Post über der Rheinbrücke im nahen Kehl auf uns sparte sich Geld. Doch wie viel genau?

    Am 9.4.1863 schrieb die Firma Jerome Kob & Himly einen Brief an Isaac Feith in Ingenheim / Rheinpfalz, dem ein "Anhängend Muster ohne Werth" beigeschlossen worden war.

    Durch die Postaufgabe in Baden am Folgetag ergab sich ein Postvereinsbrief, für den Baden 3 Kreuzer, sonst aber niemand etwas kassierte. Die Entfernung Luftlinie Kehl nach Ingenheim betrug 66 km und lag somit noch unterhalb von 10 Meilen. War der Brief unter 1 Loth leicht (16,66g) und er mit dem Muster bis 2 Loth schwer, kam der verbilligte Frankosatz von 3 Kreuzern zur Anwendung, so wie hier (wobei generell 3 Kreuzerbriefe mit anhängenden Mustern ohne Wert selten sind!).

    Die Frage stellt sich nun, was der Brief bei einer Postaufgabe in Strasbourg gekostet hätte? Nun, der PV Bayern - Frankreich vom 1.7.1858 hilft weiter. Im § 6 wurde vermerkt, dass Muster, wenn ihnen Briefe folgten wie hier, keine Ermäßigung zu geniessen hatten, somit für je 10g Gewicht 40 Centimes = 12 Kreuzer zu bezahlen waren.

    Da hier kleine Metallmuster verschickt wurden, wäre es theoretisch möglich, mit den Mustern und dem Brief auf 10g zu kommen, so dass sich folgende Gebührenliste erstellen lässt:

    PV Bayern - Frankreich bis 10g = 12 Kreuzer, bis 20g = 24 Kreuzer, bis 30g 36 Kreuzer und bis 40g 48 Kreuzer (je 60% für Frankreich und 40% für Bayern aufzuteilen).

    DÖPV ab 1.1.1861 bis 16,66g = 3 Kreuzer, bis 33,32g = 3 Kreuzer; darüber hinaus brauchen wir nicht zu rechnen, da es in Relation immer günstiger für den DÖPV wurde.

    Selbst, was eher unwahrscheinlich war, wenn Brief und Muster nur bis 10g inklusive wogen, hätte der Brief von Strasbourg aus das Vierfache dessen gekostet, was er von Kehl aus kostete.

    Wahrscheinlicher ist ein Gewicht von über 10 - 20g, so dass die Ersparnis schon bei 21 Kreuzer (dem Siebenfachen des Frankos) gelegen haben dürfte.

    Bei über 20 - 30g hätte die Ersparnis astronomische 33 Kreuzer (das Elffache des Frankos) und im Extremfall bei über 30 bis 33,32g bei 45 Kreuzer (dem 15fachen des Frankos) gelegen.

    Auch wenn der Brief alles andere, als schön ist, passt er perfekt in meine Bayern - Frankreich - Sammlung, in meine Postbetrugssammlung und in meine Muster-ohne-Wert(h) - Sammlung und darf in Bälde noch 2 mal kopiert werden.

  • Hallo Sammlerfreunde,

    der Beleg anbei "eiert etwas aus der Spur", denn hier wurde in Geschäftsangelegenheiten nicht wie üblich an einen Kunden adressiert, sondern an eine GÜTEREREXPEDITION, hier die selbige in Neustadt a.d.Haardt und zwar an den dortigen Betriebsleiter. Vorliegend scheint es für den Buchverlag Wm. Dean & Fils mit Vertretungen in Mulhouse, Londres, Boulgne-sur-mer und Antwerpen zu einem Problem gekommen zu sein mit der Ordre von 10 Fässern Baumwolle. Diese scheinen für den Bahnhof von Strepenich an der belgisch-luxemburgischen Grenze bestimmt gewesen zu sein (?)

    Ich kann mir aus dem Inhalt leider keinen verlässlichen Reim machen, und lasse das folglich besser mal mit (m)einer Übersetzung. Aber angesichts derartiger Vorgänge wird jedenfalls schon mal deutlich, wie wichtig es war, dass Briefpost als Informations- und Koordinationsträger zwischen Geschäftswelt und Logistik schnell abgewickelt wurde, was vorliegend zwischen Mulhouse und Neustadt a.d.Haardt innerhalb von zwei Tagen geschah. Auch hier taucht wieder einmal der Durchgangsstempel von Strasbourg auf, wo sehr wahrscheinlich auf einen anderen Zug Richtung Grenze / Wissembourg umspediert worden ist.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    interessanter Brief - vor allem bei DEM Adressaten.

    Dass die franz. Post ihre Sendungen in die Pfalz vom Süden her via Strasbourg - Kehl austauschte, war Standard, weil sie nur aus der engeren Gegend um Wissembourg über Wissembourg geleitet hätten (quasi ein lokaler Paketschluß), nicht aber von weiters her.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Ralph,

    mit einem saftigen Empfangsabschlag eines bayerischen Güterexpeditionsstempels wäre ich zwar noch glücklicher über dieses Stück gewesen, aber man kann ja nun auch nicht immer alles haben ;) Was mich nur wundert: Solche Korrespondenzen müsste es eigentlich häufiger, auch innerbayerisch gegeben haben. Sehen tut man derartiges heutzutage allerdings so gut wie nicht. Möglichweise musste das irgendwann von den Güterexpeditionen vernichtet werden, oder ?

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (26. Oktober 2020 um 21:08)

  • Hallo Tim,

    ich kenne gar keine postalischen Briefe an pfälzer KGE überhaupt. Das wäre schon in der Pfennigzeit selten.

    Wenn man hier die offizielle Antwort für eine Problemlieferung benötigte, gehe ich davon aus, dass der Brief mit Inhalt wieder nach FR zurück lief, um dort weitere Aktivitäten folgen zu lassen. Daher blieb er wohl auch erhalten - danke, ihr Franzosen!

    99% der Archive der Pfalz gab es ab 1948 nicht mehr, weil sie, so überhaupt noch vorhanden, abgefackelt wurden (auch die Nachkriegsjahre waren Krisenjahre), oder die Besatzer zogen alles raus, was sie in den Archiven der Ämter fanden und lösten traditionell die Marken ab.

    Noch lange nach dem Krieg waren praktisch alle Archivare in der Pfalz aus dem rechtsrheinischen Bayern und ließen sich traditionell die Jahre 1849ff vorlegen, damit sie da mal "drüberschauen" konnten. Was das bedeutete, war sonnenklar ...

    In Speyer liegen noch Tonnen davon, aber zu 99,99% ist alles geplündert worden, bzw. hat es der Krieg (Bomben) genommen. Wie gerne hätte ich auch ein paar Kilo von Briefen wie deinem ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Ralph,

    das hatte ich nicht bedacht, da müssen tolle Sachen verbockt/verbombt worden sein. Von daher wandert das Stück umso ehrfurchtsvoller in die Sammlung...in der Hoffnung, dass sich dann doch nochmal irgendwann was vergleichbares finden lässt. Zur Pfennigzeit, da hast Du völlig Recht, kann ich auch nicht sagen sowas jemals zuvor gesehen zu haben, geschweige denn damit aufwarten ?(

    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hello Rob

    yes it is. The old markings looked like this one, but later (I do not know when exactly) they used more modern markings with the route and the date with year, what helps us nowadays a lot, because letters with no content and no year are very difficult to classify, even for real experts.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch (11. November 2020 um 21:36)

  • Danke Ralph,

    I looked at more posts to find other examples and that helped me figure this out as well. I presume even numbered courses were north bound and odd number south bound?

    Best,

    Rob

  • Hello Rob

    I will make some scans and show them here - but not today, that will help you a lot.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Danke Ralph,

    There are many things that I assume incorrectly because of my life experience. I have lived in the United States my entire life and have only left to visit Canada. The state I live in is almost five times bigger than Baden and Wurttemberg combined. Our current population density is 21.7 people per square km and Baden/Wurttemberg is at 310 people per square km. I will guess that, while the populations were smaller in the 1850s and 1860s, the ratio is probably similar.

    I have read these facts before - but only recently have they meant something to me when it comes to understanding transportation in Europe. Once I fully realized these differences, it allowed me to see better why things worked the way they do.

    As always, I appreciate the help.

    Rob

  • Hello Rob

    Europe is overcrowded, that´s clear. Be happy to have so much space around you.

    Here come 3 pages of the Bade travelling post office. Northbound showing the north-star, southbound showing a dot.

    Last page for you to understand and learn the different currencies for the first 70 years of the 19th century from one of my own collections (so this stuff is correct, as there are many things wrong in the internet).

  • Ralph,

    Wonderful information! Thank you.

    And, yes, I am very grateful to have space around me, even if much of that space is tilled up for row crops. I would love to see more savannas, prairies and woods.

    As always, if you or others are looking for help in areas I have knowledge, let me know.

    Rob

  • What is the source for the first three so I can attribute it correctly if I were to put it in a blog post in the future?

    The last page is your summary, so I would attribute it to you.

    Rob

  • Hello Rob

    no problem.

    The first 3 pages have the following source:

    Bundesarbeitsgemeinschaft Bahnpost e. V. im BDPh e. V.

    Schriftenreihe Bahnpost, Heft 4

    Bahnpostwesen in Baden.

    Unfortunately I have only copies, not the original, as the original is very rare.

    You can ask me, if you have any questions about the Bahnpost in Baden; I know little, but the book knows it all. :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerdfreunde,

    sauberer Aufgabeabschlag, sehr sauberer Entwerter, hier die No. 400 von Bischwiller (Département Bas-Rhin) und ein vorzüglicher Markenschnitt auf nettem kleinen Kuvertbriefchen...na, da kann man wohl nicht meckern.

    Viele Grüße

    vom Pälzer