Preußen - Baden

  • Hallo zusammen,


    Zum Glück hat mich ein guter Freund auf dieses Briefchen aufmerksam gemacht, das ich heute zeigen möchte. Im August 1846 lief es aus Swinemünde nach Heidelberg. Außer einem umfangreichen eng und (für mich) kaum leserlich geschriebenen privaten Inhalt ergeben sich - wieder einmal - einige Fragen, zu denen ich um euere Hilfe bitte:


    Was bedeutet das vorderseitige Kürzel links oben - eine andere Schrift; es sieht für mich "amtlich" aus.
    Offensichtlich wird der Taxvermerk "12" zunächst mit dem gleichen Rötelstift gestrichen, dann mit dunkelroter Tinte nochmals doppelt gestrichen (oder die Streichung gestrichen ?) und eine Paraphe (?) daneben notiert. War es dann eigentlich ein Frankobrief oder musste die Frau Geheime Kirchenräthin Ullmann das Porto bezahlen?
    Zuletzt der "Heidelberger" O.P.-Stempel, den ich bisher nur als Durchgangsstempel bei Poststücken kannte, die in Heidelberg umkartiert und weiterbefördert wurden. War das ein Versehen?


    Siegelseitig der Heidelberger Ankunftstempel vom 18.8.46 in roter Farbe, wie es bis 1848 noch üblich war.


    Viele Grüße
    Alfred (balf_de)


    redaktionell verschoben aus "Baden Inlandsbriefe"

  • Lieber Alfred,


    ein meiner Meinung nach sehr attraktiver Brief - in mehrfacher Beziehung.


    Links neben "frei" steht das Gesamtfranko von 12 Silbergroschen = 42 Kreuzern. Das war nicht eben wenig, aber der Grund dieser Höhe steht oben links: "7/8 Lth" für 7/8 preussisches Loth, also ein Brief des 2. Gewichts.


    8 Groschen x 1,5 = 12 Groschen.


    Neben den 12 Sgr. lese ich "PA", welches man/ich/wir immer als "Post - Auslage" gedeutet haben. So macht es hier aber wenig Sinn, denn eine Auslage war ja immer ein zu fordernder Betrag und nicht, wie hier eindeutig dargestellt, ein kassierter Betrag. Aber vlt. hieß es hier auch etwas anderes. Hast du Briefe bis in die 1850er Jahre mit diesem "PA" - Vermerk? Auf Grund der Tinte müsste er preussisch sein, weswegen die Frage auch an unsere lieben Preussen geht.


    Der O.P. - Stempel, da hast du ganz Recht, ist bekannt auf Transitbriefen von Preussen über Baden nach der Schweiz, Italien usw.. HIer sehe ich ihn zum ersten Mal (lasse mich aber gerne korrigieren) auf einem Brief nach Heidelberg und nicht über Heidelberg.


    Ich hatte dir den Brief auch u. a. deshalb empfohlen, weil Swinemünde eine Seeverbindung mit Schweden hatte und wenn du mir/uns den Inhalt (mit Ort) zeigst, wäre es natürlich der Oberhammer, wenn er tatsächlich in Schweden, oder auf einem Schiff von Schweden nach Preussen geschrieben worden wäre.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Magdeburger,


    ja, da hast du dankenswerterweise recht! Hatte ich schon vergessen. Es kann auch sein, dass Briefe zum Kartenschlußpostamt (egal welches in Baden, die wechselten ja ab) eigentlich nicht O.P. (W.P.) gestempelt werden sollten, weil das kaum sinnvoll war, öffnete doch der Expeditor das Paket aus Preussen und wusste daher, woher die Briefe kamen und wie sie zu taxieren waren.


    Aber die Routine - erst einmal auf jeden Brief den Stempel setzen - wird wohl der Grund hierfür gewesen sein.


    Danke fürs verlinken und erinnern an diese tollen Briefe. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,
    vielen Dank für Deine bewährte Hilfe! 12 Groschen, nicht 12 Kreuzer – klar, es ist ja ein Frankobrief ...
    Danke auch für die Platzierung im richtigen Unterforum.

    Hast du Briefe bis in die 1850er Jahre mit diesem "PA" - Vermerk?

    Nach P.A.-Vermerken (die ich jetzt wahrscheinlich besser identifizieren kann) werde ich suchen. Falls ich etwas finde, werde ich es zeigen!

    Ich hatte dir den Brief auch u. a. deshalb empfohlen, weil Swinemünde eine Seeverbindung mit Schweden hatte und wenn du mir/uns den Inhalt (mit Ort) zeigst, wäre es natürlich der Oberhammer, wenn er tatsächlich in Schweden, oder auf einem Schiff von Schweden nach Preussen geschrieben worden wäre.

    Gerne zeige ich den Text des Briefs, aber ich befürchte, dass der wichtigste Teil, nämlich die erste Seite fehlt. Vielleicht bestand er in Anbetracht des Gewichts sogar aus mehr als zwei Seiten. Jedenfalls habe ich mit meinen bescheidenen Lesefähigkeiten außer vielen Grüßen und Glückwünschen nichts relevantes gefunden.


    Bei der Gelegenheit fällt mir die Situation bei unserem
    Treffen in Sindelfingen ein: Du saßest an einem Verkaufsstand und studiertest
    in aller Ruhe den Text eines Altbriefs. Wenn ich das mit meiner Technik der
    Belegsuche vergleiche – ein Blick auf die Marke, einer auf die Stempel -,
    mindestens 20 Belege pro Minute – dann wird mir schon klar, dass ich so selten
    etwas finde ...


    Viele Grüße
    Alfred

  • Lieber Alfred,


    danke für den Inhalt - ja, da fehlt leider einiges, er sollte ja ca. 13g gewogen haben und die hat er jetzt sicher nicht mehr. Leider ist kein Ort zu erkennen - ich könnte mir gut vorstellen, dass er nicht nur mit Swinemünde in Verbindung zu bringen wäre, aber "hätte, hätte Fahradkette" heißt es auf Neusprech so schön.


    Dank langjähriger Routine durch die Besuche bei zahlreichen Messen und Tauschtagen geht die Beschau des Materials bei mir recht schnell - von daher hast du Recht. Jeden Brief in Sifi zu analysieren ist aber eine Kunst, die keiner kann. Man braucht dazu schon einen Riecher und den hat man, oder man hat und bekommt ihn nicht. Es gibt da so einige Orte, da ist die Chance auf etwas zu stoßen, was sich einem von außen verschließt, durchaus vorhanden - Swinemünde wäre so etwas ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    hier ein Beleg aus Elberfeld nach Weinheim in Baden. Der genannte Direktor Bender ist vermutlich einer der beiden Brüder, die die örtliche Erziehungsanstalt für Knaben leiteten. Der Stempel und die Daten der Brüder Bender lassen keine genauere Datierung als die 1840er Jahre zu. Der Name Alexander Reinhold ergab nur Treffer in unserer Zeit.

    Der Verkäufer des Beleges, der gerne kocht, hat sich anscheinend den Inhalt nicht angesehen. Darin wird ein Rezept zur Herstellung von Apfelkraut mitgeteilt. Leider ohne Angabe eines Datums.

    Aus der Taxierung werde ich nicht schlau. Links hat der Absender mit eigener Handschrift frei vermerkt. Vermerkt wurde das Porto mit 4 Sgr., die mit 5 Sgr. überschrieben wurden. Diese wiederum ist mit Rötel durchgestrichen. Links neben dem frei wurde dann mit roter Tinte 7x angeschrieben. Diese wurden wieder mit schwarzer Tinte gestrichen.

    Nach dem Erlaß vom 18.8.1844 reichten ab 1.10.1844 nur 4 Sgr für eine Strecke von 30 - 50 Meilen. Das paßt hier. Aber warum die anderen Taxen? 7x entsprachen weiteren 2 Sgr.

    Kann mir das jemand erklären?


    Dieter

  • Lieber Dieter,


    ich vermute, dass man erst 4 Sgr. berechnet hatte, dann auf 5 Sgr. upgradete, wovon 2 Sgr. = 7x für Baden waren und 3 Sgr. für Preussen blieben.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Dieter ,


    ..... ich nutze Apfelkraut nur zum Verfeinern von Soßen ....:D


    Schöne Grüße

    Volker

    Nimm dir im Leben ruhig die Zeit zum Sammeln und genieße einen guten Wein, denn die gesammelte Zeit nimmt dir irgendwann das Leben und dann wird man um dich weinen. (V.R.)


    Bayernfarbenvielfaltverrückt - warum nicht?

  • Lieber Ralph,


    3 und 2 Sgr könnte richtig sein. Aber warum dann noch 7x? So etwas wurde doch normalerweise bei Franko-Briefen ohne erneutes anschreiben zwischen den Postverwaltungen verrechnet.

    Ich habe etwas vergessen: Was bedeutet das rote WD? Oder ist es ein verstempeltes VB?


    beste Grüße


    Dieter

  • Lieber Dieter,

    der badische Stempel WP steht für westliches Preussen und wurde wohl nur auf Portobriefen abgeschlagen.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,


    das wußte ich nicht. WP kann man aber nur mit viel Phantasie lesen. Den Stempel kannte aber vermutlich jeder Postler in Baden. Laut Vermerk sollte der Brief aber frei sein. Vermutlich wurde das WP zusammen mit dem gestrichenen 7x-Vermerk angebracht.


    liebe Grüße


    Dieter

  • Lieber Dieter,


    es gab auch Stempel O.P. = Östliches Preussen. Durch andere Instradierungen von Rheinpreussen und dem O.P. kam es zu anderen Porti, Transitvergütungen usw.. Der Stempel hatte schon seine Berechtigung, weil Preussen sehr groß war und die wenigsten Baden aus dem Aufgabestempel ersehen konnten, woher genau der Brief kam.


    Die 7x hat sicher Baden vorgenommen, wohl in der Absicht zu sehen, welche preussische Briefe wie frankiert nach Baden gelaufen waren und welche Forderung man später nach Quartalsabschluss man an Preussen hatte.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Ich habe auch einen Brief aus Elberfeld nach Baden. Ich hatte ihn ursprünglich gekauft, weil ich den W.P. Stempel mit dem W.II. von Stockach verwechselt habe.


    Das Gesamtporto ist mir klar: 24 Kreuzer. Preußen hatte 3Sgr angeschrieben und die wurden in Baden zu 11 Kreuzern umgerechnet. Baden verlangte noch 13 Kreuzer und so ergaben sich die 24 Kreuzer Porto. Was mich nun irritiert ist, dass Preußen nicht mit Tinte taxiert hat, was eigentlich üblich ist. Kann mir jemand weiterhelfen?

  • Guten Tag zusammen,


    auch wenn es auf den ersten Blick hier gar nicht passt, keine Sorge, der Beleg anbei ist im richtigen thread eingestellt. Verfasst wurde sein Inhalt nämlich in Hagen / Westphalen. Ein "hilfreiches Unternehmen" im linksrheinisch-bayerischen Ludwigshafen a.Rh. hatte sich seiner "erbarmt" und ihn vier Tage später über die Rheinbrücke nach Mannheim verbracht, um dort endlich eine Francomarke zu empfangen.


    Habe ja wie man weiss - ausnahmsweise mal - eine andere Meinung als Ralph zu Briefen, die von einem Absender mit eigenem Inhalt und in eigener Sache selbst über Postgebietsgrenzen hinweg geschleppt und dann entsprechend portovergünstigt aufgegeben worden sind. Derartiges kann m.E. kein "Schmuggelbrief" sein, da jeder selbst sein Bote, aber keine anderen als die Post dafür beauftragen oder sie durch Unterschleifbeförderung missbrauchen darf.


    Im vorliegenden Fall ist es aber reichlich eindeutig, dass die Post mit beiden vorgenannten Delikten um ihr Monopol und die ihr zustehenden Gebühren gebracht worden ist. So ist zum einen mit an Sicherheit grenzender Wahrschenlichkeit davon auszugehen, dass der Rechnungsbrief zunächst illegal Unterschleif von Hagen nach Ludwigshafen a.Rh. zu jenem Unternehmen mit Firmenstempel oben rechts befördert wurde, mit dem er dann zur Post gegeben wurde.


    Um dem Unternehmen in Hagen gleich nochmal einen Groschen zu ersparen, hat man ihn dann natürlich vorher noch über den Rhein nach Baden geschleppt und sich damit - ebenfalls reichlich eindeutig - an dem Delikt beteiligt. Ob man in Ludwigshafen evtl. sogar noch selbst davon profitiert hat, kann man natürlich nicht sagen. Es ist aber davon auszugehen, dass man sich in Hagen über das "Gesamtsparpotenzial" von 2 Groschen durchaus bewußt war.


    Schönen Gruß

    vom Pälzer