Was für eine Frage! Es sei Dir verziehen.
Post-Contraventionen
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Liebe Freunde,
ein Brief von 1859 oder etwas später mit Inliegend ein Wechsel auf 100 Rth. franco und als Einschreiben von Schrimm nach Posen (knappe 5 Meilen Entfernung).
Rückseitig korrekt gesiegelt, vorderseitig Gewicht und Reco-Nummer notiert und gestempelt.Taxberechnung: 1 Sgr. Briefporto + 2 Sgr. Reco-Gebühr + 1 Sgr. Versicherung (bis 100 Th. / bis 10 Meilen) = 4 Sgr.
Der auf dem Brief befindliche 2 Sgr.-Wertstempel + 1 Sgr.-Freimarke = 3 Sgr.
Viele Grüße
Michael -
Lieber Michael,
diese Anschrift ist der Hammer - praktisch eine Einladung für jeden krummen Hund zuzulangen. So blöd muss man als Absender erst mal sein ...
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Lieber Ralph,
der Wertbrief war ja versichert und die preußische Post hat mit der erfolgreichen Zustellung gezeigt, dass krumme Hunde nicht so einfach zulangen konnten.
Der Grund, den Brief hier einzustellen, war allerdings die nicht reklamierte / vermeintliche Unterfrankatur.
Viele Grüße
Michael -
Lieber Michael,
aber im Verlustfalle wäre - entgegen der Vorschriften für die Fahrpost - nur der Ersatz für einen verloren gegangenen Recobrief dem Inhaber des Postscheins vergütet worden ... und das war ja ein bisserl weniger, als die nominierte Summe.
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Lieber Ralph,
welcher Bestimmung entnimmst Du dies?
Viele Grüße
Michael -
Wurde der angegebene Betrag nicht auf dem Einlieferungsschein vermerkt?
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Liebe Freunde,
mein Statement basiert auf der Annahme, dass der Brief mit der Briefpost und nicht mit der Fahrpost befördert wurde und nur bei der Fahrpost war der Wertinhalt versichert und entsprechend wurde es auf dem Postschein vermerkt, oder war das ein Fahrpostbrief? Dann wäre es natürlich anders.
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Lieber Ralph, liebe Freunde,
danke für den Anstoß, das Thema noch mal gründlicher anzugehen.
Bereits seit 1848 gab es eine Verordnung No. 127 Gestattung der Recommandation bei Postsendungen jeder Art
In dieser Verordnung wurden keinerlei Einschränkungen genannt, allerdings lag der Fokus auf der hiermit gegebenen Möglichkeit, sich von der richtigen Auflieferung und Beförderung ihrer Sendungen Überzeugung zu verschaffen. Einschränkungen hinsichtlich einer evtl. Garantieleistung wurden nicht erwähnt.
Nun hat mich die Diskussion veranlasst, noch einmal weiter zu suchen und im Postgesetz von 1852 bin ich auf diesen Paragraphen gestossen:
Hier wird nun, im Widerspruch zur o.g. Verordnung die Einschränkung gemacht, dass Wertdeklarationen bei recommandierten Sendungen nicht zulässig sind! Die Erstattung bei Verlust war auf 14 Taler begrenzt, so dass der Absender hier tatsächlich grob fahrlässig gehandelt hat. Der Postbeamte hat den Brief korrekt taxiert, da eine Versicherungsgebühr in diesem Fall nicht anfiel.
Viele Grüße
Michael -
Lieber Michael,
vielen Dank fürs Wühlen.
Demnach hatte ich wohl Recht: Briefpostsendung, nur versichert für Recobriefe, also keine Wertbriefe, demnach im Verlustfall nur 14 Thaler Ersatz, statt der nominierten 100 Thaler (und das war ja schon ein großer Unterschied). Wie hoch wären denn die Kosten alternativ zu einem Wertbrief gewesen?
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Lieber Ralph,
das ist es ja:
Recommandierter Brief 3 Sgr., Ersatzleistung im Verlustfall 14 Taler.Wertbrief über 100 Taler 2 Sgr., Ersatzleistung im Verlustfall 100 Taler. (Es sei denn, die Post könne beweisen, dass der tatsächliche Wert niedriger war)
Es ist bis jetzt auch der einzige recommandierte Wertbrief, der mir unter die Augen gekommen ist ...
Viele Grüße
Michael
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Lieber Michael,
demnach wären in Preussen ja Wertbriefe (das waren ja damals, als es sie noch gab, die sog. "rohen Eier" der Post gewesen) günstiger für die Kunden, aber schlechter für die Postverwaltung gewesen. Für mich stellt sich die Frage, warum man so eine Struktur eingeführt hat, da doch im 19. Jahrhundert die Postverwaltungen "ärarisch" waren und dachten und nicht populistisch oder sozial.
Oder andersherum gesagt: War denn jeder dumm, der mit 3 Sgr. ein Einschreiben abließ, das für 33% weniger viel mehr bot? Da in den 1860er Jahren Brief- und Fahrpost prinzipiell gleich schnell befördert wurden, im Vergleich zu vorherigen Jahrzehnten und Jahrhunderten, gab es für die Post doch gar keinen Vorteil, solche Bonifikationen zu verteilen, noch dazu Preussen ein sehr sparsam adjustierter Staat war, dessen Herrscher nicht an Verschwendungssucht litten.
Auf der anderen Seite mag das auch der Grund dafür sein, dass außer diesem noch kein Anderer aufgetaucht ist, weil das ja im Prinzip eine Eselei des Absenders war und Esel waren die Schreiber dieser Zeit eher nicht (weitaus geringere Debilquote als heute).
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Lieber Ralph,
oben habe ich die Taxen für diesen konkreten Brief (1. Entfernungsstufe und "nur" 100 Taler) genannt. In diesem Fall wäre ein Wertbrief tatsächlich günstiger als ein Einschreiben gewesen.
Die Versicherungsgebühr war aber abhängig von declariertem Wert UND der Entfernung, so dass sich die Verhältnisse Wertbrief vs. Reco meistens umdrehen würden. Aber grundsätzlich war die Wertsendung eine günstige Versendungsform. Dies wurde auch von der Preußischen Post so gesehen und bewußt so gestaltet. Preußen war zwar sparsam, aber Mitte des 19. Jahrhunderts war die Bedeutung guter (=schneller und günstiger) postalischer Leistungen für die wirtschaftliche Entwicklung allen Verantwortlichen klar und wurde auch dementsprechend politisch forciert.
Viele Grüße
Michael
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lieber Michael,
dann ist es aber keine Post-Kontravention mehr, oder?
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Lieber Erwin,
doch, in dem Sinne, dass eine Wertdeklaration bei Einschreiben nicht zulässig war. Also Fehler beim Absender, von der Post alles richtig gemacht.
Viele Grüße
Michael
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Lieber Michael,
danke für die Klärung - kannte ich so bisher noch nicht; wieder etwas dazu gelernt.
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Hallo zusammen,
lieber Ralph,
ich verbeuge mich in Ehrfurcht vor Deinem Bekenntnis, etwas nicht zu wissen. Schapo, wie der Frankfurter sagt.
Alle Achtung und Grüße aus Frankfurt
Heribert
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Hallo zusammen,
auch wenn wir bei "Preußen" sind, schön ist er mein "mit 18 1/2 Kreuzer baar" Brief.
Grüße aus Frankfurt
Heribert
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Lieber Heribert,
gerade erst gesehen, das ist ja ein einmaliges und sehr schönes Stück
Schon ohne den Inhalt wäre die 4I eine Schau, aber so....Chapeau...
Beste Grüße nach Frankfurt
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Liebe Freunde,
frisch eingetroffen aus dem Online-Shop in Lenggries:
Ein Brief aus Berlin nach Erfurt vermutlich von 1854 oder später. Im Briefkasten am Anhalter Bahnhof eingeworfen, mit einem frei-Vermerk des Absenders, aber ohne Freimarke. Dementsprechend wurde über diesen Vermerk Aus dem Briefkasten mit Unterschrift (in solchen Fällen vorgeschrieben) notiert und 3 Sgr. Porto taxiert.
Viele Grüße
Michael