Nachgebühr - Nachporto im Kaiserreich

  • naja ich denke je später je einfacher ist es derartige belege zu finden,... bei meinen preussen wirds auch übersichtlich.

    „Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“


    – Ernest Shackleton

  • Hallo Sammlerfreunde,


    Belege mit Nachgebühr sind ja nicht gar so häufig, aber solche, bei denen die Nachgebühr wieder zurückgenommen worden ist noch seltener. Anbei haben wir wohl so einen Fall. Aus welchem Grund man hier ziemlich demonstrativ in blauem Wachsstift 5 Pf angeschrieben hat ist unklar, der Brief ist für eine 2. Gewichtsstufe mit 20 Pf vollkommen korrekt freigemacht. Also gab es für die Portokontrollstelle in Speyer keinerlei Anlass das zu bestätigen, so dass die 5 Pf ausgestrichen wurden und der Empfänger von einer Nachgebühr verschont blieb.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Dieter,


    ja, das ist der einer der bekanntesten bayerischen Portokontrollstempel, in größeren Städten des Landes gab es auch einen P.2. Zur Überprüfung von Nachportoforderungen anderer Postdienststellen gab es eine entsprechende Portokontrollstelle, die nach Erfüllung ihrer Aufgabe mit einem solchen Gerät zeichnete.


    Viele Grüße


    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo,

    obiger Privatganzsachenumschlag wurde nur in Württemberg zur Annahme der Königswürde vor 100 Jahren am 1.1.1906 herausgegeben. Ist es möglich, das in Speyer kurzfristig gedacht wurde, das er nicht mehr Portogültig war. Wie lange konnte man den Umschlag verwenden, doch nicht bis zum 30.9.1923.

    Ich finde zur Verwendungszeit leider keine Angaben.

    Beste Grüße Bernd

  • Hallo BaD,


    ich kann mir nicht vorstellen, dass die Portoforderung von der Abgabepost in Speyer, sondern von der Aufgabepost in Baden-Baden aufgestellt worden ist. Die wusste wohl auch eher über eine evtl. Verfristung der Privatganzsache Bescheid als Speyer. Insofern meinte ich bereits w.o., dass die Portokontrollstelle in Speyer eine ihr wohl nicht verständliche Portoforderung wieder zurückgenommen hat. Ob nun gerechtfertigt oder nicht, weiss man erst, wenn man das mit der Frankaturgültigkeit sicher hat. Ich habe dazu leider auch nichts vorliegen. Aber die Fragestellung ist schon recht interessant.


    Anbei noch ein weiterer Privatganzsachen-Beleg, ebenfalls vom Mai 1907 von Baden-Baden nach Speyer, diesmal mit dem 10 Pf Wertstempel. Wenn Baden-Baden auch hier den Wertstempel wegen Verfristung nicht anerkannt hätte, dann hätte er - auch hier - eigentlich ausgebläut werden müssen. Aber auch hier hat Baden-Baden entwertet.


    Jetzt kann natürlich auch sein, dass dieser Brief wegen Gewicht unter 20 gr. eh nur 10 Pf gekostet hat, das mit dem Wertstempel insofern egal war und damit auch dessen "Entwertung". Ab das lässt sich wegen fehlendem Inhalt leider nicht mehr nachvollziehen. Sollten die Wertstempel in der Tat schon nicht mehr im Jahr 1907 frankaturgültig gewesen sein, dann wäre das ja sogar noch besser, dann hätten wir hier beim Beleg anbei eine kleine Contravention und bei dem zuerst in post22 gezeigten eine satte Doppel-Contravention.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

    einen Neuzugang in meiner Grenzrayonsammlung kann ich hier beisteuern. ich hoffe, dass meine Beschreibung passt, allerdings ist mir nicht klar, warum neben dem Tax Stempel als fehlend 25 vermerkt sind. es sollten 20 sein.

    mfG remstal

  • Hallo remstal,


    entschuldige zunächst, dass ich den Beitrag zuvor erst jetzt entdeckt habe. Ich kann es im Moment auch leider nicht anhand einer VO schwarz-auf-weiss nachweisen. Aber so wie das an meinen Nachportobelegen stark tendenziell ausschaut, erfolgte im internationalen Verkehr bereits bei der Feststellung des Fehlbetrages (hier 20 Pfennige) eine Umrechung in die im UPU-Vertrag verwendete Währung, d.h. in französischen Centimes. Das waren vorliegend deren 25. Sie kamen vom Wechselkurs her 25 Rappen gleich, die dann im Empfangsland zu den verklebten 50 Rappen Nachporto verdoppelt wurden. Sehr schöner Beleg !


    Jetzt komme ich aber mit einem 25er-Problem daher. :S


    Aufgegeben am 24.05.1918 im elsässischen Colmar erfolgte die gewünschte Eilbestellung des Belegs anbei nicht in einen Orts-Bestellbezirk, sondern in den Land-Bestellbezirk. Der Zielort Ernstweiler bei Zweibrücken wurde erst im Jahre 1926 nach Zweibrücken eingemeindet. Es fielen also bereits 60 Pfennige für die Eilbestellung an. In der Gebührenperiode 01.08.1916 - 01.10.1918 waren für den Fernbrief der erste Stufe bis 20 gr 15 Pf zu entrichten. Das gibt zusammen 75 Pf und abzüglich der verklebten 40 Pf ein Fehlbetrag von 35 Pf. Warum wurden jedoch nur 25 Pf Nachporto austaxiert ?


    Soweit - angenommen - Ernstweiler nicht zum Land-Bestellbezirk von Zweibrücken gehört haben sollte, wären es 25 Pf für die Eilbestellung und 15 Pf für den Brief gewesen. Dann würde die verklebten 40 Pf aber reichen. Sollte die in Bleistift unten links angebrachte 68 etwa auf eine 2. Gewichtsstufe von 20 - 100 gr hinweisen, dann wären es 25 Pf für den Brief und 25 Pf für die Eilbestellung = 50 Pf gewesen. Der sich somit wiederum ergebende Fehlbetrag wäre 10 Pf, so dass man auch damit nicht auf 25 Pf Nachporto kommt. Wer kann helfen ?


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • hallo Pälzer,

    vielen Dank für die Rückmeldung. Deine Erklärung leuchtet ein, wieder was gelernt !

    Zu Deinem Problem kann ich leider nichts beitragen, über Porti und Nachporto im innerdeutschen Verkehr weiss ich praktisch gar nichts.

    mfG remstal

  • Lieber Tim,


    die vorauszuzahlende Gebühr bei Eilbestellung im Landbestellbezirk war 60 Pfennig. Wenn jemand diese Gebühr nicht - oder nicht vollständig vorausbezahlte, wurde die tatsächliche Gebühr, die der Eilbote bekam berechnet. In diesen Fall 50 Pfennig, daher fielen nur 25 Pfennig Nachgebühr an. Ging der Brief z.B. auf eine Berghütte oder waren die Wetterverhältnisse sehr schlimm, mußte erst ein Eilbote gesucht werden und dann konnte die Eilbotengebühr sprunghaft ansteigen. Wie gesagt, nur wenn die 60 Pfennig nicht oder nur unvollständig bezahlt wurden. Ich hatte mal eine unvollständig bezahlte Eilbotengebühr auf einen württ. Dienstganzsachenbeleg von 1918, bei dem mußten 3 Mark und 50 Pfennig für den Eilboten bezahlt werden.


    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Hallo Pälzer,

    der Brief aus Colmar ist schwierig zu deuten.

    Der Brief ging vom Postamt zur Zensur. Das Nachporto ist über den Stempel geschrieben, somit ist

    " über 20 gramm Gewicht" raus. Nur Colmar hätte das Nachporto für schwerere Briefe notieren können, Eschweiler wie alle Auslieferungspostämter hat nicht nachgewogen, das war nicht seine Aufgabe sondern die Zustellung.

    Kaplaneihof ohne Strasse und Nummer deutet auf eine Eilbotenlandzustellung hin.

    Bei unfrankierten oder unterfrankierten Briefen war der tatsächliche Aufwand des Boten ( angestellt oder frei) vom Empfänger zu bezahlen. Der Bote bekam die frankierten 25 Pf. Ortsbestellgebühr vom Postamt ausgezahlt. Die Restforderung sollte mit dieser Auszahlung nicht über den Betrag liegen, der als Vorauszahlung nötig gewesen wäre. Siehe unten von 1921, galt auch 1918.

    Die möglichgewesenen 35 Pf. Nachgebühr wurden bei deinem Brief vom Boten oder dem Postamt nicht verlangt.

    Es war keine Pflicht, ob großzügig oder dem Aufwand geschuldet wissen wir nicht.

    Beste Grüße Bernd

  • Liebe Freunde,


    ich freue mich wirklich sehr, dass es zu den beiden o.g. Themen so schnell zum Punkt gekommen ist. Bei dem letzteren hätte ich nie an "tatsächliche Eilbestellgebühren" gedacht. Deswegen habe ich auch erst gar nicht in der einschlägigen Postordnung, nämlich noch jener aus dem Jahre 1900 nachgeschaut (die Ergänzung vom Juli 1917 bringt zur Eilbestellung keine Änderungen).


    Dort ist die einschlägige Regelung unter § 22 Abs. V getroffen, also jenem Paragraphen, welcher in der von Bernd - ganz vorzüglich herausgearbeiteten - Kommentierung erwähnt wird (siehe Anhang). Dieser regelt für den Fall einer Bezahlung der Eilbestellgebühr durch den Empfänger den Vollzug der tatsächlich anfallenden Gebühren, aber mindestens 25 Pf.


    Wir sind uns einig darüber, dass vom Absender eigentlich 60 Pf zu frankieren waren und der Brief nicht über 20 gr wog. Also wären korrekt 75 Pf zu frankieren gewesen. Es waren nun aber nur 40 Pf.


    Ergo trat der Effekt ein, dass beim Empfänger noch Gebühren für die Eilbestellung einzuziehen waren. Deren waren es mindestens 25 Pf, die so wie Hermann schon schreibt, zusammen mit den für die Eilbestellung frankierten 25 Pf also insgesamt 50 Pf in die Tasche des Eilboten in Zweibrücken geflossen sind.


    Denn diese Nachgebühr von 25 Pf liegt lt. der o.g. Kommentierung A) unterhalb des bei einer (korrekten) Vorauszahlung zu entrichtenden Satzes von 60 Pf, B) stand ihr zu Folge dem Boten der volle Betrag (= 50 Pf) zu, so dass er sich C) im Fall der wie hier unzureichenden Vorfrankierung den noch ausstehenden Betrag (= 25 Pf) für sich beim Empfänger einziehen durfte.


    Ich denke, damit ist mit Eurer Unterstützung alles geklärt !


    LG

    Tim :thumbup:

  • Guten Morgen Sammlerfreunde,


    so ein Taxstempel wie der auf dem Weg von Rybno (preuss. Rübenau) bei Löbau / Westpreussen abgeschlagen macht ja schon was her. Hier wurde also schon der beim Empfänger in der CH zu erhebende Gesamtbetrag = Fehlbetrag und Nachgebühr austaxiert. Am Empfangsort wurde dann auf 15 Rappen aufgerundet.


    Grüße

  • Hallo in die Runde,

    heute zeige ich eine Postkarte aus Freiburg nach München, die mit einer Bayrischen Briefmarke freigemacht wurde, die aber aufgegeben außerhalb von Bayern keine Frankaturkraft besaß und deshalb mit violettem Stift mehrfach durchstrichen wurde. Ein kleiner K1 PORTO wurde abgeschlagen und 5 Pfennig Nachporto notiert.

    Was mich irritiert, ist die durchgestriche Marke, normalerweise wurde eine ungültige Frankatur nur farblich umrandet. Allerdings ist hier auch nur das einfache Porto als Nachporto notiert und nicht das übliche doppelte Porto als Nachporto. Vielleicht hängt ja beides zusammen und die ungültige Marke wurde entwertet da nur das einfache Porto nachverlangt wurde. Gab es solche Sonderregelungen mit Bayern, da die karte ja nach Bayern lief?

    In der Hoffnung auf Hilfe

    grüßt Christian

  • Stempelfreund

    Wäre die Postkarte ins Reichspostgebiet oder nach Württemberg gelaufen, dann hätte sie 10 Pfennig Nachporto gekostet. Sie lief aber nach Bayern und dort wurden die frankierten 5 Pfennig auf das Nachporto angerechnet. Wenn man alle 9 Varianten zusammen hat, dann ergibt das fast schon einen kleinen Vortrag.

  • Hallo Stempelfreund, das Umhängen hat funktioniert, mein Beitrag hat man "freundlicherweise" gelöscht. Sei`s drum. Um das nicht alles nochmal zu tippen, hänge ich das schon zuvor schonmal beschriebene Procedere einfach nochmal als Auszug an, aus: Der Postbedienstete, Berlin 1908, S.12.


    Viele Grüße