• Liebe Freunde,

    der Titel gibt schon einen Tipp auf das, was kommt. Hier sollen alle - nicht nur die bayerischen - reclamirten Briefe eingestellt werden.

    Was war überhaupt ein reclamirter Brief?

    Hier das Beispiel Bayerns zu einem Brief nach Österreich vom 19.5.1841. In Regensburg wurde er als Teilfrankobrief unter Recommandation nach Steyr aufgegeben. Der Absender zahlte 6 Kr. bis zur Grenze an Franko und 4 Kr. Chargégebühr. Das an sich wäre nichts besonderes, aber in der Zwischenzeit muss er Neuigkeiten erfahren haben, die ihn dazu bewogen, den Brief zurück zu fordern. Geschwind eilte man zur Hauptbriefpostexpedition und forderte seinen Brief unter Vorlage des Postscheins mit der Nr. 616 zurück.

    Die Post zog den Schein ein, annullierte ihn, korrigierte das Recommandationsmanual, strich den Aufgabestempel vom 19.5. und vermerkte darunter "zurückgenommen" und gab ihm seine 10 Kr. wieder, weil ja keine Postleistung erbracht worden war. Er nahm in mit, öffnete ihn und fügte ihm weitere Unterlagen bei.

    Am 20.5.1841 verschloss er ihn wieder und ging damit zur Post. Weil er nun wesentlich schwerer geworden war, zahlte er das Franko bis zur Grenze mit 12 Kr. (!) und die Chargégebühr von weiteren 4 Kr., die ja gewichtsunabhängig war, allerdings unter Vorlage des alten Scheines, denn die Rekonummer 616 blieb die gleiche!

    Die Post spedierte ihn ab und ab der Grenze wurden 20 Kr. CM bis Steyr fällig (Doppelbrief über 9 - 12 Poststationen nach dem österreichischen Hofkammerdekret vom 1.6.1817 bis 14.3.1842 gültig).
    Auch vergab Österreich eine neue Rekonummer, hier die 172, die in der gleichen Sepiatinte notiert wurden, wie das österreichische Porto.

    Reclamirte Briefe Bayerns, noch dazu ins Ausland und unter Recommandation, sind mir keine Handvoll begegnet. Ich hoffe, unsere Mitglieder hier können weitere interessante Stücke zeigen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch

    Besten Dank fürs Zeigen dieser Seltenheit. :P :P
    Wie ich weiss habe ich solche Briefe noch nie gesehen. Und hoffe dass es noch einige hier gezeigt wird.

    Mit deiner Beschreibung hier lässt sich auch ähnliche Briefen sich verständlich machen, was sonst sehr schwer wäre, auf jeden Fall für mich. ;)

    Viele Grüsse
    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Liebe Freunde,

    weil seit längerem hier nichts mehr gezeigt wurde, was mich zu glauben veranlasst, dass es wenige reclamirte Briefe gab und gibt, hier mein 2. und letzter.

    In Marktheidenfeld gab der Kaufmann Orth am 30.10.1867 einen simplen 3 Kr. Brief auf. Er sollte an den Oberschreiber Aulmich beim Landgericht in Lohr gesandt werden. Von Lohr gibt es jedoch keinen Ankunftsstempel, denn man wollte den Brief nach der Absendung sofort zurück holen. Vermutlich telegraphierte man den Wunsch an die Expedition, was nicht eben günstig war.

    Dort fing man den Brief ab und notierte "retour an Herrn Kaufmann Orth" und "dringend". Dieser Postvermerk war eher der Besonderheit der Rücksendung geschuldet, als der postalischen Wahrheit, denn sonst hätten wir, was möglich gewesen wäre, eine blaue 9 auf der Frontseite des Briefes. Aber ich bin auch so schon zufrieden, ihn in einer besseren Krabbelkiste Sindelfingens gefischt zu haben.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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    Liebe Grüsse vom Ralph

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