Kamphausen-Korrespondenz

  • Ich sehe nur Themen zu speziellen Bereichen wie "Express" oder "Wertbriefe".
    Wahrscheinlich sind normale Portobriefe vielen zu einfach gestrickt, als dass sie hier extra gezeigt werden?
    Nun denn, ich besitze einige dieser Briefe und starte mal diesen Thread dazu.


    Anbei ein von Eduard Speck aus Aachen versandter Brief an Herrn H. Kamphausen vom 24.07.1862
    Unten links der Stempel vom Absender zu sehen. Es handelt sich um einen Geschäftsbrief bzgl. der Ankunft und Verzollung von Waren.
    Portobrief - 1 Sgr.
    Vorderseitig der Aufgabestempel vom 24. Juli 1862 aus Aachen mit dem Vermerk " 8 12 NACHTS".
    Wurde der Brief demnach nachts bearbeitet? Was bedeuten die beiden Zahlen 8 und 12?


    Rückseitig der Ausgabestempel vom 25. Juli 1862, wahrscheinlich mit Nr. 1


    Was steht auf der VS ganz oben? Das unterstrichene Wort.


    Joa, kein besonders seltener oder bemerkenswerter Beleg, aber ich beginne ja auch erst mit dem Sammeln.


    Anmerkungen, Verbesserungen, etc. natürlich erwünscht.


  • Portobrief - 1 Sgr.
    Vorderseitig der Aufgabestempel vom 24. Juli 1862 aus Aachen mit dem Vermerk " 8 12 NACHTS".
    Wurde der Brief demnach nachts bearbeitet? Was bedeuten die beiden Zahlen 8 und 12?


    Hallo,


    zum Stempel Aachen 8-12 NACHTS: In der Zeit von 20 - 24 Uhr wurde der Brief am 24.Juli 1862 in einen Briefkasten geworfen und nach der Leerung nach Mitternacht dann bearbeitet. Ich habe zwar bis jetzt noch keinen Brief mit 0 - 8 NACHTS gesehen, aber auch diese soll es geben.

  • Woher weißt du, dass der Brief nicht persönlich am Schalter aufgegeben wurde? Wegen der späten Uhrzeit? Oder weil Portobriefe i.d.R. immer in einen Briefkasten geworfen wurden?

    Beste Grüße,
    Stefan

  • Hallo Stefan


    meines Erachtens, wenn ich alles mit Magdeburg vergleiche, wurde der Brief zwischen 20 bis 24 bearbeitet. Es ist auch von einem Briefkasten-Beleg auszugehen.
    Allgemein war das Postamt in den Nachtstunden für das Publikum geschlossen. (In Magdeburg war es 20 Uhr.) Allerdings war das Postamt weiterhin sicherlich besetzt - Stickwort Nachtwachen.
    Meist war auch ein Briefkasten am Postamt angebracht. So wird u.U. die Nachtwache diesen auch geleert und entsprechend den Brief bearbeitet haben.
    Portobriefe konnten auch so aufgegeben werden! Es bestand zu dieser Zeit keine Verpflichtung Briefe zu frankieren. (Ausnahmen möge es bei der Auslandspost gegeben haben, allerdings bin ich kein Briefpost-Experte.)


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Mir erscheint eine Bearbeitung des Briefes zwischen 20.00 und 24.00 Uhr ebenfalls plausibler als die Aufgabe zu dieser Uhrzeit, aber das ist reines Bauchgefühl, da lasse ich natürlich lieber die Experten entscheiden.

    Beste Grüße,
    Stefan

  • Hallo Stefan


    also der Einwurf eines für den Briefkasten zugelassen Poststückes ist auch in der Nachtzeit immer möglich gewesen.
    Ich bin selbst noch auf der Suche zum entsprechenden Nachtstempel für Magdeburg (12 - 7M).


    N.B. Aachen war auch Grenzpostamt und dort mußte auch in der Nacht eine Menge Post bearbeitet werden.

    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Stefan


    also der Einwurf eines für den Briefkasten zugelassen Poststückes ist auch in der Nachtzeit immer möglich gewesen.

    Ich meinte mit meiner Bemerkung eher, dass ich mir vorstellen kann, dass der Brief zwischen 20 und 24 Uhr bearbeitet wurde und den Stempel bekam.
    Vielleicht wurde er ja schon um 19 Uhr eingeworfen, das kann das Postamt ja nicht wissen.
    Es sei denn dass eine Leerung um 24 Uhr stattfand und alle enthaltenen Briefe dann den "8 12"er Stempel bekamen. Dann hätte aber auch eine Leerung kurz vor 20 Uhr stattfinden müssen, um zu wissen, dass der Brief exakt zwischen 20 und 24 Uhr eingeworfen wurde.

    Beste Grüße,
    Stefan

  • Hallo Stefan


    ich habe in meinen Unterlagen etwas gesucht und zum Stempel folgendes gefunden:


    Erarbeitet wurde dies von Prof. Wigand Bruns / Herrn Heinz Kaußen.


    Der Stempel existiert mit folgenden Uhrzeitangaben:
    10-12 NACHTS (1854 - 1856)
    8-12 NACHTS (weiter und enger Abstand) (weit 1856 - 1872; eng 1858 - 1860)
    1-7 NACHTS (Sommer) (1860 - 1867)
    1-8 NACHTS (Winter) (1857)


    Es fehlt die Zeit zwischen 24 bis 1 Uhr!
    Während der Zeit Deines Briefes waren also die Uhrzeiten 8 - 12 und 1 - 7 verwendet worden. Ob nun tatsächlichh die Bearbeitungs- oder Einwurfzeit angezeigt wird, ist nicht klar.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    Zitat

    Wahrscheinlich sind normale Portobriefe vielen zu einfach gestrickt, als dass sie hier extra gezeigt werden?


    keineswegs - und wie man am aktuellen Beispiel sieht, kann man selbst bei scheinbar trivialen Briefen noch interessante Details diskutieren.
    Nebenher: Du scheinst ja irgendwo ein kilo dieser Briefe gefunden zu haben, aber zumindest rechtsrheinisch sind solche Nahbereichsbriefe keine Massenware.


    Zitat

    Was steht auf der VS ganz oben? Das unterstrichene Wort.


    Ich meine dort "Aois" zu lesen, was aber keinen Sinn ergibt. Kannst Du die Buchstaben mit dem Inhalt abgleichen?


    Zu den Öffnungszeiten der Postämter:
    Auf die schnelle habe ich nur die Öffnungszeiten der Berliner Briefsammlungen gefunden. Diese waren
    ... sind verpflichtet, täglich von des Morgens 7 Uhr bis des Abends 8 Uhr (an Sonn- und Festtagen bis des Nachmittags 2 Uhr) ... anzunehmen
    (Quelle: Berliner Post-Handbuch von 1837)
    Bei einer Stundenangabe 8-12 Nachts ist meiner Meinung nach davon auszugehen, dass der Briefkasten um/nach Mitternacht geleert und die Briefe gestempelt wurden.
    Hier noch ein Beispiel für Städte mit anderen nächtlichen Bearbeitungszeiten aus Hamburg:

    Und noch ein Beispiel für Städte mit sehr hohem Postaufkommen und entsprechend genauen Zeitangaben (tagsüber) aus Königsberg:


    Viele Grüße
    Michael

  • Stimmt. Das finde ich an der Vorphilatelie auch so interessant. Das reine Sammeln von Briefmarken nach Michel-Nummern reizt mich nicht sonderbar,
    wohin gegen die Vielfalt und Einzigartigkeit der Belege der Vorphilatelie, bzw. der Briefe im Allgemeinen, m.M.n. sehr spannend sind.


    Ich habe eine Sammlungsauflösung erworben, hierunter fallen beispielsweise auch die Briefe aus der Korrespondenz mit Herrn Kamphausen.
    Weitere interessante Belege hieraus folgen, erstmal möchte ich euch die Kamphausen-Briefe zeigen.


    Auch nach dem Abgleichen mit dem Inhalt des Briefes kann ich das angesprochene Wort nicht lesen.
    Naja, so schlimm ist das jetzt auch nicht, dachte nur, dass es vielleicht ein bekanntes & oft verwendetes Wort auf Briefen sei.

    Beste Grüße,
    Stefan

  • Michael hat mich auf den wahrscheinlich richtigen Gedanken gebracht. Das Wort heißt "Avis" (s. wikipedia).
    Diese Angabe hat für die postalischen Beförderung keine Bedeutung, war aber für den Empfänger als Hinweis auf den Inhalt wichtig (vielleicht auch um die Ablehnung der Briefzustellung durch den Empfänger zu verhindern).


    Bezüglich des Stempels: Ich glaube mich erinnern zu können, dass es zu diesem Thema eine oder mehrere Verfügung in den Amtsblättern gibt, nach der es (zumindestens in den 1850er Jahren) größeren Postämtern vorgeschrieben war, Aufgabe-Stempel mit Uhrzeitintervallen von 8 - 12 (NACHTS oder A.) zu benutzen für Briefe, die in dieser Zeit in Briefkästen eingeworfen wurden. Ich bin nur momentan zeitlich nicht in der Lage, diese Verfügungen herauszusuchen.


    Auf die Schnelle kann ich nur auf das Reglement zum Postgesetz verweisen, nach dem im Paragraph 15 die Dienststunden auf die Zeit von 7 Uhr bis 20 Uhr beschränkt waren.

  • Danke preussensammler für die Anmerkung. "Avis" ist eindeutig korrekt, da im Brief von Waren, die an H. Kamphausen versendet werden, die Rede ist.


    Es folgt ein weiterer Beleg aus der Korrespondenz von Herrn H. Kamphausen.


    ______________________


    1858


    Von: Gebrüder Rostimpfel (Johann David und Gottlieb Ferdinand) aus Köln; Leinenhandel
    An: Herr Heinr. Kamphausen aus Königshoven


    Rechnung vom 11.06.1858 über bestellte Ware.


    Aufgabestempel vom 12.06.1858 aus Köln auf der VS
    Ausgabestempel vom 13.06.1858 auf der RS

    Portobrief - 1 Sgr. (ich sehe zwar zwei Striche auf der Vorderseite, denke jedoch dass nur der längere gebührenmäßig relevant ist, oder?)

    Zu meiner Verwunderung sind auf der RS weitere Gebühren i.H.v. 1,5 Sgr. vorzufinden. Von einem Frankovermerk ist jedoch nichts zu sehen?
    Wie erklärt sich dies?

  • Hallo Stefan


    also ein einfach schwerer Brief kostet 1 Sgr Porto oder Franco innerhalb Preussens.
    Ein Gewichtsvermerk fehlt, so dass auch davon ausgegangen werden kann.


    Zwar scheint die Portonotierung für zwei zu sprechen, aber die Größenunterschiede sind deutlich. Normalerweise wurde der Francobetrag in rot und in kleiner Schrift neben dem "franco" vermerk gesetzt. Portobeträge sind immer in deutlich größere blauer Schrift und meist in der Mitte des Beleges zu finden.


    Siegelseitig sind 1 1/2 Sgr notiert worden. Diese sind das Porto von 1 Sgr + 1/2 Sgr Bestellgeld. Dieser Brief ist so nachweislich von einem Briefträger zugestellt worden. Im Gegensatz dazu konnte der Empfänger diesen 1/2 sgr sparen, wenn er den Brief selbst abholte. Auch bestand die Möglichkeit, eine berechtigte Person dies erledigen zu lassen.
    Allerdings mußte das Postamt Kenntnis davon haben.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Wird das Bestellgeld (bzw. die Gesamtgebühr) immer rückseitig notiert? Ich dachte, dass rückseitig ausschließlich Frankogebühren vorzufinden sind.


    Woher wusste allgemein der Empfänger, dass ein Brief am Postamt abzuholen ist?


    Und was sagen die Zahlen unten auf Foto Nr. 3 aus? Solche sehe ich öfters.

    Beste Grüße,
    Stefan

  • Hallo Stefan


    vor den Zahlen steht wahrscheinlich Fackura und dann dürften es Rechnungsnummer, Postscheinnummer oder dergleichen sein.


    Etwas allgemeines:


    In Preussen wurden Franko-Beträge meist vorderseitig notiert, im DÖPV war es allgemein so. Meinst Franco in rot - Porto in blau.
    Während der Vormarkenzeit ist in Preussen meist alles in Rot notiert worden. Franco steht dann auch auf dem Brief und daneben in kleinen Lettern die Taxierung - deutlich größer, wie auch zu DÖPV-Zeiten, steht das Porto.


    Geschäftsleute ließen mit hoher Wahrscheinlichkeit jeden Tag "ihre" Boten zum Postamt laufen und dort entsprechende nachfragen. Aus frühen Zeit ist bekannt, das Listen mit Empfänger angefertig worden und diese auch im Posthaus aushangen. Ob zu Zeiten deines Briefes noch so verfahren wurde ist sicherlich möglich, aber bei großen Postämtern eher unwahrscheinlich.


    Bestellgeldvermerke sind garnicht so häufig und waren auch siegelseitig anzubringen. Das eine Summe aus Porto + Bestellgeld notiert worden ist, ist auch nicht ungewöhnlich. So wußte der Briefträger sofort, was er vom Empfänger zu erhalten hatte.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Stefan,


    Zitat

    Wird das Bestellgeld (bzw. die Gesamtgebühr) immer rückseitig notiert? Ich dachte, dass rückseitig ausschließlich Frankogebühren vorzufinden sind.


    Das ist halt der Unterschied zwischen der (guten) Theorie (der Helbig-Bücher) und der Praxis. ;)
    Schreibt Helbig ja auch selber ...


    Interessant wäre mal ein Blick auf alle Rückseiten deiner Kamphausen-Briefe. Ich würde mal vermuten, dass er als Kaufmann die Briefe selber von der Post abholte / abholen liess, wie von Ulf beschrieben. Dann wäre dieser Brief hier eine kleine Ausnahme in deiner Korrespondenz-Sammlung.


    Noch was: Königshoven erhielt lt. Münzberg erst am 30.7.1865 eine Post-Expedition II.Klasse. Jetzt müsste man mal schauen, von welchem Postamt aus Königshoven denn bedient wurde.


    Viele Grüße
    Michael


  • Stimmt, Helbig erwähnt dies. Wäre sicher auch zu langweilig wenn alles immer den Regeln entspricht.. :D
    Aber dass ich bei meinen ersten Briefen gleich solche Sonderfälle (ich erwähne hier nur mal den an anderer Stelle intensiv diskutierten "Franko-Beleg") auftreten, hätte ich nicht gedacht. ^^


    Richtig vermutet! Bisher ist dies der erste Brief innerhalb der Kamphausen-Korrespondenz mit Addition von einem Bestellgeld.


    Mit dem Münzberg habe ich mich bisher noch nicht sonderlich intensiv auseinandergesetzt, erst einmal möchte ich Band 1 und 2 von Helbig durchlesen, um die Grundlagen vermittelt zu bekommen.


    Ich werde mich im Laufe des Tages dem 7. und somit letzten Brief der kleinen Korrespondenz widmen. Dieser ist postalisch einfach gestrickt, jedoch wie ich finde von tollem Inhalt in Form einer sehr schönen Kurrent-Schrift. Hier sollte ich mit der Transkription dank sehr sauberer Handschrift keine Probleme haben.

    Beste Grüße,
    Stefan

  • 1853


    Von: Müllenbach - Commissions- und Speditionsgeschäft aus Köln
    An: Herr Heinr. Kamphausen aus Königshoven


    Geschäftsbrief in schöner Kurrentschrift (1 S.) vom 31.05.1853 über Waren sowie
    „Café-Geschäfte“ und „Honig-Geschäfte“ –

    […] „Angehend das Honig-Geschäft so hat man hier am Platzte jetzt eine Sorte
    Havanna-Honig, die unter aller Würde, ganz dünn und schmutzig ist und mit der
    man daher sehr billig am Markte ist und wovon auch Herr Dacken versuchsweise
    etwas genommen hat.“ […]


    Portobrief – 1 Silbergroschen
    Aufgabestempel aus Köln vom 31.05.1853 auf der VS
    Rückseitig ein Ausgabestempel vom 01.06.1853


    Hat die untere Stempelinschrift "7,5 - 8 A." wieder etwas mit der Uhrzeit der Aufgabe/Bearbeitung des Briefes zu tun? Eher nicht meine ich.


    Es handelt sich nicht um Stempel 596-17 (S. 231 Feuser/Münzberg), oder? Laut dem Buch sind lediglich vorphilatelistische Stempel aufgeführt und
    für Preußen endet die vorphilatelistische Zeit laut Feuser/Münzberg schon zum 14.11.1850
    Ansonsten sehen sich die Stempel sehr ähnlich...

  • Hallo Stefan


    zu Cöln gibt es vom "Verein für Kölner Postgeschichte e.V." eine Dokumentation zu diesen Stempeln.


    Im Kapitel 03 sind 2 Stempel mit dieser Uhrzeit gelistet.


    Einer hat einen Aussendurchmesser von 22,5 mm (1842 bis 1854) und der andere von 23,5 mm (1850 bis 1852). Letztere ist auch ohne die 1/2 - Stundenangabe (1856 bis 1864) aptiert verwendet worden.


    Meines Wissens wird nicht mehr weiter an dieser Dokumentation gearbeitet, was sehr schade ist.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf