von Lübeck über/nach Dänemark

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Sammlerfreunde,


    Lübeck hatte mit Preußen vertraglich vereinbart, alle Korrespondenz nach Russland über Preußen laufen zu lassen, sei es per Schiff oder über die Landstrecke. 1863 spielte die Schiffsverbindung von Lübeck nach Russland nur noch eine marginale Rolle, da die durchgehende Eisenbahnverbindung nach St. Petersburg deutlich schneller war.
    Unter diesen Voraussetzungen finde ich den anhängenden Brief ungewöhnlich:
    Er wurde am 29.10.1863 beim dänischen Postamt in Lübeck aufgegeben, lief über Stockholm (6.11.) und Malmö (offensichtlich falsches Datum 18.11.) nach Abo in Finnland.
    Vom Empfänger verlangte man am 11.November (innwendig notiert vom Adressaten) 27 Kopeken.
    Die Laufzeit ist für diese Zeit sehr hoch und da die Portokosten auch nicht niedriger sind, frage ich mich, warum jemand diese Route gewählt hat. Denkbar ist natürlich, dass der Brief parallel mit einer Warenlieferung ankommen sollte.


    Kennt jemand die dänisch/schwedische Taxe für diesen Brief?
    Sind ähnliche Briefe über diesen Leitweg bekannt?


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    ich fürchte, ich kann zur Lösung nichts beitragen, aber die Leitung über Stockholm und dann über Malmö beruht auf einer Fehlleitung der schwedischen Post, die dann eine längere Beförderungszeit nach sich zog.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    aber die Leitung über Stockholm und dann über Malmö beruht auf einer Fehlleitung der schwedischen Post,

    Hallo Michael und bk


    Eine Fehlleitung der schwedischen Post war es nicht. 1. November in Malmö und 6. November in Stockholm. Der Malmö Stempel ist typischer schwedischer Stempeltyp wo Datum über Monat steht.


    Der Laufweg, meine ich, ist nicht sehr selten. Habe Briefe in der umgekehrte Richtung gesehen.
    Aber hier kann vielleicht solid611 oder neu angemeldete DKKW etwas sagen.


    Viele Grüsse
    Nils

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Michael


    Ich bin hier auf dünnen Eis. Aber ich denke dass Orte wie Åbo/Turku ab und zu den Weg über Grisslehamn dann Richtung Deutschland gelaufen war. Weil ich kein Briefe selbst habe, ist es nur von Erinnerung geholt. (Daher sehr unsicher ;))


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Michael,


    leider kann ich hier nicht viel beitragen. Zur Postgeschichte Lübecks habe ich nur den Doerth (Postbeziehungen Lübeck-Dänemark) zur Hand, der hilft hier nicht weiter. Vielleicht handelt es sich um einen Versuch, denn die "Västra stambanen" (Göteborg-Stockholm) war bereits 1862 in Betrieb gegangen und die "Södra stambanen" (Malmö-Falköping) stand kurz vor der Fertigstellung (1864 in Betrieb). Damit wäre fast durchgängig Bahntransport möglich gewesen.


    Für einen Transport über die Ostsee war Dein Brief schon reichlich spät dran, im Gegensatz zum aktuellen Winter waren die klimatischen Bedingungen damals viel härter und üblicherweise ruhte von November bis März der Fährverkehr. Man wich dann auf kleine Eisboote aus.


    Viele Grüße


    DKKW

  • Hallo Michael,


    ich habe nochmals meinen Bücherbestand durchgesehen und vielleicht eine "heisse Spur" gefunden. Gordon Hughmark und Don Halpern schreiben in ihrem Buch "Stampless mail to and from Scandinavia to 1868" nicht so viel über Post nach Finnland, aber in den Literaturhinweisen wird Bezug auf das Buch von Børge Lundh "Europaen letters to Finland 1819 to 1873" genommen. Das Buch ist im Bestand der Philabibliothek München, ich werde es mir mal ausleihen, du hörst von mir.


    Viele Grüße


    DKKW

  • Hallo Michael,



    ich glaube die Vereinbarung zwischen Lübeck und Preußen bezog sich nur auf die russischen und polnischen Korrespondenzen. Für die nach Finnland (wie auch für die nach Norwegen und Schweden) war das dänische Postamt zuständig. Die dänisch-schwedischen Verträge legen zumindest immer auch für Briefe aus Lübeck Transitgebühren fest.


    Für deinen Brief vón 1863 galt der Vertrag von 1852. Danach erhielten Dänemark und Schweden je 3 1/3 Lübbische Schilling, somit waren 6 2/3 LSK ausländisches Porto zu vergüten, was 45 Schwedischen Öre entspricht, die notiert wurden.


    Viele Grüße solid611

    • Offizieller Beitrag

    Hallo miteinander,


    da sieht man doch, dass die Nordfraktion hier schon gut vertreten ist. Vielen Dank für eure Antworten. :thumbup:


    DKKW
    Ein interessantes Buch, dessen Titel ich mir vorsichtshalber auch schon mal notiert habe. Warte aber auch gerne auf deine Rückmeldung.
    Der Brieftransport über die Ostsee war 1863 schon die Ausnahme geworden. Da in Schweden die Bahnlinien nocht nicht durchgängig waren, erklärt sich die lange Laufzeit.


    solid611
    Danke für die Aufschlüsselung der Taxen.
    In den preussischen Verträgen mit Lübeck resp. Russland war immer nur von russischer Post die Rede. Da das finnische Postwesen vollständig in das russische integriert war - anders als die polnische Post, die zeitweilig separat organisiert war - taucht zumindest von russischer Seite der Begriff Finnland nie auf.
    Das schließt eine von dir angesprochene alternative Leitung der Briefe für Finnland über Schweden nicht aus, aber es scheint mir nicht der Standardweg gewesen zu sein.
    Anbei ein weiterer Brief von Lübeck nach Finnland von 1847, der über die preussische Landstrecke gelaufen ist. Rückseitig befindet sich ein Durchgangsstempel von Berlin. Bekannt sind vermutlich auch die (realtiv häufigen) Briefe aus Hamburg nach Abo. Diese liefen in der Regel über Preussen.


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,


    der Børge Lundh liegt vor mir. Das Buch ist für alle, die sich für frühe incoming mail nach Finnland interessieren, ganz informativ und nützlich.


    Die Postwege von Lübeck nach Finnland wechselten im Lauf der Zeit. Zunächst über Greifswald/Stralsund bis ca. 1834. Dann über Dänemark(Helsingør) - Schweden (Helsingborg-Grisslehamn) nach Finnland (Eckerö), aber manchmal doch wieder über Greifswald/Stralsund und seltener über St. Petersburg. Ab 1845 fast nur noch über Russland (St. Petersburg).
    Einen Brief über Schweden aus der Zeit um 1863 zeigt Lundh in seinem Buch nicht, aber einen Brief nach Tavastehus aus Hamburg aus dem Jahr 1860. Die 45 zeigt (wie von solid611 bereits beschrieben) den dänischen und schwedischen Portoanteil in schwedischen Öre. Die mittig notierten 27 Kop(eken) sollten in Eckerö auf den Brief gekommen sein. Die schwarze 9 rechts ist wohl die finnische Kartennummer.


    Viele Grüße
    DKKW

    • Offizieller Beitrag

    Hallo DKKW,


    vielen Dank für deine Recherche! :thumbup:
    Interessante Variationen - das lockt ja, die verschiedenen Leitwege auch auf den Belegen wiederzufinden ...


    Auch wenn der Grund für diese Leitung im Jahr 1863 nicht mehr feststellbar ist, handelt es sich wohl doch um die vermutete Ausnahme.


    Viele Grüße
    Michael