Briefe der Markenzeit

  • Liebe Freunde,


    Dienstbriefe zwischen diesen beiden Postgebieten waren entweder portofrei, portopflichtig (wie hier) oder teilfrankierbar (denkbar selten).


    Eine Parteisache, hier aus Nürnberg vom 21.10.1852 nach Strasbourg, wurde mit 36 Kr. frankiert, weil man in Nürnberg etwas von der Hauptstadtbehörde im Elsaß wollte und ihn daher nicht mit Porto belastet absenden konnte. Ein Brief in reinen Staatsdienstangelegenheiten war es auch nicht, so dass man um die Frankatur nicht herum kam.


    Nach diesem PV bekam Bayern für Briefe rechts des Rheins 9 Kr. je halbes Loth im Frankofall und Frankreich für die Departements Bas-Rhin und Moselle 3 Kr., so dass die verklebten 36 Kr. einen Brief der 3. Gewichtsstufe darstellten.


    Er wurde über Kehl ausgetauscht (geschlossener Transit durch Baden). In Strasbourg erhielt er die Stempel "Baviere - Strasbourg" und "11 A.E.D." als Zeichen der völligen Frankatur. Der schwarze PD - Stempel stammte von Nürnberg.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    Briefe von Privaten waren von Bayern nach Frankreich bis 8,75g mit 18 Kr. zu frankieren, wobei jede Postanstalt 9 Kr. hiervor behielt.
    Umgekehrt kosteten Briefe aus Frankreich nach Bayern nicht 6 Decimes, sondern nur deren 5! Das einfache Gewicht wurde aber mit 7,5g festgesetzt, also einer viertel Unze. Daher war dieser Vertrag nicht reziprok, sondern beinhaltete ein paar Besonderheiten, auf die ich noch später zurück kommen werde.


    Als Beispiel für einen gewöhnlichen Brief von Bayern nach Frankreich dient dieser aus Nürnberg vom 27.5.1857. Bei frankierten Briefen verlangte der Vertrag, dass Bayern den P.D. - Stempel zu setzen hatte, wenn die Frankatur bis zum Bestimmungsort ausreichte, was hier der Fall war.


    Frankreich stempelte beim Posteingang über Baden (Kehl - Strasbourg) oder Preußen (Saarbrücken - Forbach) mit "Bavière Strasbourg" bzw. "Bavière Forbach".
    Das AMB A in dem franz. Stempel stand für Ambulant A = Bahnpost Tour oder AMB B für Bahnpost Retour.


    Zwei Ausnahmen gab es aber doch, denn für die Pfalz gab es auch 2 lokale Paketschlüsse über Wissembourg und Sarregurmines, auf die später noch zurück zu kommen sein wird.


    Zurück zu dem Brief: hinter das Geheimnis der "42" bin ich noch nicht gekommen - eine Zählnummer des Absenders oder Empfängers halte ich für sehr unwahrscheinlich, weil beider Tinten anders aussehen. Ich bin daher für jede Idee offen.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

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  • Liebe Freunde,


    entgegen meiner Angewohnheit, nur eigenes Material zu zeigen, möchte ich hiermit kurz brechen und einen Brief zeigen, der bei Delcampe eingestellt wurde, wenngleich ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass ihn dort jemand kauft (besten Dank an den lieben kibitz, der mir diesen optischen Tipp gegeben hat). ^^


    Ein Franzose weilte am 4.8.1852 wohl zur Kur im schönen Bad Kissingen und gab dort einen Brief in die Heimat auf. Was er dann tat und die Kissinger Postexpedition dann abnickte, war einmalig - er frankierte 9x mit einer Bayernmarke und 25 Centimes mit einer Frankreichmarke.


    In Kissingen, dem damals wohl internationalsten Ort Bayerns, sah man das locker und stempelte beide Marken mit seinem Mühlradstempel 159 ab, erkannte somit diese Mischfrankatur an und gab ihn folglich ohne Nachtaxe oder irgendwelche anderen Postvermerke über Würzburg nach Forbach.


    Auch dort war man offensichtlich zufrieden, jedenfalls sind auch keine französischen Taxen oder Vermerke ersichtlich, so dass der Empfänger ihn problemlos entgegen nehmen konnte.


    Wenn wir das Vertragsgrundwerk lesen, sehen wir, dass Bayern für seine Strecke 9x und Frankreich für seine Strecke 9x zu bekommen hatte. Umgekehrt kostete ein Brief von Frankreich nach Bayern 50 Centimes. Der Absender dachte wohl, er klebte die bayer. Hälfte mit 9x und die franz. Hälfte mit 25 Centimes auf den Brief, womit solcher ausreichend frankiert war.


    Wenn wir uns jedoch den § 13 des PV ansehen, ahnen wir zumindest, dass hier etwas nicht stimmen konnte:


    "a) Demnach sind bei der Versendung aus Bayern nach Frankreich - ...
    2) bei den frankirten Briefen ... die dafür erhobenen bayerisch - französischen Gesammttaxen nach dem in § 11 angezogenen Tarife in Weiterfranco für Frankreich und internes Franco für Bayern ausgeschieden sowohl auf der Siegelseite des Briefes etc. anzusetzen, als auch hiemit übereinstimmend in den Karten und Rechnungen in Vortrag zu bringen".


    Mit der Barfrankatur war es aber ab dem 1.10.1851 vorbei. Mit der VO Nr. 13.784 vom 6.9.1851 wurde bestimmt, dass mit dem 1.10.1851 die Frankatur der Korrespondenzen aus Bayern nach Frankreich ausschließlich mittels Marken stattzufinden hatte und der § 13 diesbezüglich zu ändern wäre. Demnach gab es ab diesem Datum keine Ausscheidung mehr von internem Franco für Bayern und Weiterfranco für Frankreich. Diese VO regelte nicht, dass fremde Marken bzw. französische Marken bei Briefen nach Frankreich ungültig waren, auch wenn man immer wieder bei anderen Anlässen betonte, dass in Bayern ausschließlich bayer. Marken zur Anwendung zu kommen hätten.


    Nur der Info halber: Der Anbieter möchte gerne 150.000 Euro für diesen Brief haben, was ich hier unkommentiert lasse, gerne aber die Kommentare der anderen läse.

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    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    Diese VO regelte nicht, dass fremde Marken bzw. französische Marken bei Briefen nach Frankreich ungültig waren, auch wenn man immer wieder bei anderen Anlässen betonte, dass in Bayern ausschließlich bayer. Marken zur Anwendung zu kommen hätten.


    ...dann weiss ich angesichts vorgeschriebenen Freimachung nur mit Marken - ehrlich gesagt - nicht, wie man ahnen soll, dass hier etwas nicht stimmt. Obwohl das da auf den ersten Blick schon sehr merkwürdig daherkommt. Aber Subjektivität tut hier ja nichts zu Sache und ich stehe sehr wahrscheinlich wieder mal auf dem Schlauch. ^^


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Lieber bk,


    Gesetzt den Fall, der Brief wäre ok, wovon ich jetzt mal ausgehe, auch wenn das Mühlrad auf der französischen Marke deutlich fetter ist als das auf der bayerischen, dann könnte ich mir vorstellen, dass der Brief durchaus einen Käufer finden könnte, wenn man beim Preis hinten eine Null wegstreicht. Dann wäre er wohl sogar ausgesprochen günstig. Nur meine unmaßgebliche Meinung!


    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo Tim,


    grundsätzlich waren in einem Postgebiet die Gebühren immer mit heimischen Freimarken zu entrichten. Das galt für innerbayerische, postvereinsmäßige und auslandsgerichtete Briefe und wurde auch immer so postuliert.


    Bei dieser VO, die in Kissingen sicher bekannt war, schrieb man nichts dazu. Da zu Zeiten des Postvertrages am 1.7.1847 keine Marken in Bayern bekannt waren, musste er sich auf die von mir angezogenen VO vom Sept. 1851 verlassen. Jetzt stand aber ein Franzose vor ihm, der genau diesen Brief abspediert haben wollte. Sicher hat er in diese VO geschaut, aber NICHT den Passus gefunden, dass französische Marken für den französischen Anteil der Frankatur ungültig waren.


    Demnach hat er auch gehandelt und den Brief als voll frankiert erachtet - siehe auch den bayer. P.D. - Stempel!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    alles klar, aber was soll dann dies bedeuten ?


    ...ahnen wir zumindest, dass hier etwas nicht stimmen konnte.


    Das habe ich noch nicht verstanden, sorry.


    + Gruß !


    vom Pälzer


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,


    selbstverständlich wollte Bayern NICHT, dass Ausländer ihre eigenen Marken über die Grenze brachten und damit ihre Briefe in die Heimat frankierten. Aber das hätte man auch deutlich schreiben müssen und im Hinblick auf den Vertrag, der ja alles regelte bzw. hätte regeln sollen, aus der Vormarkenzeit wäre es schon clever gewesen, auf diesen Umstand hinzuweisen. Natürlich wird sich kein Münchner oder Augsburger Schreiber für seine Briefe nach Frankreich französische Briefmarken beschafft haben, um Geld zu sparen, obwohl das hier Sinn gemacht hätte, wenn es gutgegangen wäre.


    Die hier verwendete 25 Centimes - Marke hatte ja nur einen Gegenwert von 7,2x, von daher hat der Absender 1,8x gespart. Das dürfte aber nicht der Grund sein, warum in Bayern Fremdmarken nicht anzuerkennen waren (wie hätte man den Wert von bolivianischen oder indischen Marken angerechnet?).

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber maunzerle,


    wenn der Brief nur 15.000 plus Rollgeld, statt 150.000 Euro kosten würde, wäre er längst nicht mehr zu haben, sondern auf dem Postweg an meine Adresse unterwegs. Ich fürchte aber, dass der Anbieter einen 90%igen Nachlass weder mir, noch sonst einem gewähren wird.


    Ich halte den Brief, auch wenn der Scan wenig her gibt, für echt - ein Fälscher hätte einfach nicht gewusst, welche französische Marke man damals aufzukleben gehabt hätte und ein Bayernsammler sowieso nicht. 8o

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    alles klar, Groschen ist gefallen. Der franz. Einlieferer war wohl schon öfters mal im Kissingen (kuren) und hat sich mit der ausgebufften Frankaturvariante evtl. ganz gezielt die 1,8 x erspart...was bayerischerseits offenbar zähneknirschend hingenommen werden musste. Was aber wäre Deines Erachtens passiert, wenn er auf die "glorreiche Idee" gekommen wäre, auch die bayerische Strecke (9x) mit französischen Marken frei zu machen, d.h. nur mit französischen Marken zu frankieren ?


    + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,


    gute Frage - dann hätte man den Brief als ganz unfrankiert behandelt und als Portobrief die Taxierung den Franzosen überlassen müssen (s. dein Brief von voriger Woche in die Pfalz). Diese hatten Bayern die Portobriefe nach Gewicht abgekauft, so dass sie:


    a) entweder Bayern den vertraglichen Ersatz für den Brief gegeben und den Brief als unfrankiert angesehen mit Porto belastet zugestellt hätten, oder


    b) sie hätten Bayern den vertraglichen Ersatz für den Brief gegeben, aber nichts vom Empfänger verlangt, weil sie den Wert ihrer Marken auch vom Ausland her anerkannt hätten.


    Den Brief würde ich auch gerne kaufen ... ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    Den Brief würde ich auch gerne kaufen ... ;)


    Ich bin sehr froh mit Deinem post11 absolut begriffen zu haben warum ! ;)


    Vielen Dank für die Klarstellungen + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,


    Glaubst Du wirklich, dass der ausgebuffte Franzose diese Art der Frankatur absichtlich vorgenommen hat bzw. die Marken von Zuhause bewusst zu diesem Zwecke mit nach Kissingen genommen hat? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Oder hatte er das schon öfter gemacht und gewusst, dass man in Kissingen seine Art der Freimachung akzeptieren würde?


    Was mich auch noch ein wenig stutzig macht, ist die Tatsache, dass die bayerische Marke zuerst aufgeklebt wurde. Das würde bedeuten, dass der Absender diese vorher erworben und, schon ehe er an den Schalter trat, beide Marken aufgeklebt hatte, denn der bayerische Postler hätte ihn bestimmt die fremde Marke nicht vor seinen Augen befestigen lassen. Oder doch?


    Auf jeden Fall ein unglaublicher Brief, den uns bk hier auf seine unnachahmliche Art und Weise nahegebracht hat. Dafür gebührt ihm unser alle Dank!



    Viele Grüße von maunzerle :thumbup:

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  • Lieber maunzerle,


    ich werde mal von der Galerie Dreyfus Scans vorn - hinten - innen anfordern und sie, wenn ich sie bekommen sollte, hier publizieren.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Sammlerfreunde,


    der Brief stammt aus der Kirchner-Sammlung und wurde bei einem Ausruf von 25.000,- Euro nicht verkauft. Köhler-Katalog Kirchner Teil I Los 47.


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo maunzerle,


    Oder hatte er das schon öfter gemacht und gewusst, dass man in Kissingen seine Art der Freimachung akzeptieren würde?


    ...wer kann das ausschließen ? So war es von mir gemeint. Jemand der es gar nicht wußte, hätte sehr wahrscheinlich nur mit französischen Marken freigemacht, das ist hier auf jeden Fall schon mal nicht einschlägig.


    + Gruß


    vom Pälzer

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  • Hallo bayernjäger,


    vielen Dank für den Hinweis auf Kirchner (hätte ich mir fast denken können). Da hat das Haus Dreyfus ja einen ordentlichen Schnaps drauf gelegt mit 150.000. Es soll auch 2 Atteste dazu geben, die ich auch angefordert habe, denn in dieser Größenordnung ist ein Brief ohne aktuelles Attest nicht kaufbar.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber bayern klassisch,
    der Brief ist ein absolutes "Muss" für den Bayern-Frankreich-Sammler, für den Contraventions-Sammler, den Mühlradstempel-Sammler, den Bayern-Allgemein-Sammler und den weltweiten Postgeschichtler. Das sind pro Sammlung 30 T€. Das wird doch wohl drin sein!
    Spaß beiseite: ich habe es nicht nachgerechnet, aber wenn ihr euch die Hauptseite von Dreyfuss anschaut, so könnt ihr noch heute einige Hunderttausender los werden, vielleicht auch ein Milliönchen. Zwar nicht Bayern, ab er auch andere Mütter haben schöne Töchter! Viel Erfolg!
    Im übrigen habe ich mich schon etwas gewundert, dass es für das gute Stück zwei Atteste geben soll, u.a. eines von U.Schmitt. Ich bin gespannt, ob es Dir gelingt, diese hier zu zeigen.
    Beste Grüße
    HOS

  • Hallo liebe Freunde,


    könnte jemand von euch freundlicher Weise mal einen Link zu der Dreyfuss Seite einstellen?


    Besten dank :thumbup:
    Bayern Social


    PS: Im übrigen finde ich HOS hat vollkommen recht, 5Sammlungen mal 30T€=150T€ 8o8):P

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"