Preußen - Belgien

  • Hallo Peter,

    interessanter Brief - ohne es zu wissen: Vlt. hat man bei unterfrankierten Briefen den Wert der Freimarken als Weiterfranko angerechnet? 12,5 Centimes entsprachen 1 Sgr..

    Oder, was ich für wahrscheinlicher halte, man hat den Wert der Freimarke abgezogen vom Gesamtporto, hier also 3 Decimes minus des Groschen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Peter,

    auch ein alter Hase findet mal ein preußisches Korn ... ^^

    Danke für die Unterlagen, dank deren der Brief jetzt geklärt ist.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • liebe Sammlerfreunde,
    kann mir mal jemand weiterhelfen? Der folgende Brief ging am 13.3.1866 von RONSDORF nach LIEGE. Der rote Stempel PD sagt aus, dass der Brief bis zum Bestimmungsort frankiert wurde. Frankiert ist er mit einer 2 Sgr.-Adlermarke. Rückseitig befindet sich der Ankunftsstempel von Liege vom 15.März 1866?. Sonst kann ich keinen Gebührenvermerk finden. Der Brief müsste nach meinen Kenntnissen aber 3 1/2 Sgr. gekostet haben.
    Wer hat den Postvertrag mit Frankreich, der für diese Zeit gilt?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

  • Liebe Freunde,

    für 5 gut belegte Pizzen nebst Kaltgetränken (alkoholfreie, versteht sich) konnte ich hier nicht ablassen, meinen Bieterfinger elektronisch zu heben.

    Ein Portobrief aus dem preussischen Recklingshausen wurde am 15.8.1857 an die Prinzessin Marie de Croy im belgischen Ostende aufgegeben. Der Absender war sparsam, denn er frankierte nichts. Die Aufgabepost hatte ihn nach dem Postvertrag Belgiens mit Preussen vom 01.04.1852 mit der Taxe bis Aachen zu taxieren, hier in blau 2 Silbergroschen (postalisch 6 Kreuzer rheinisch). In Aachen wurde der Postvertragsstempel (van der Linden Nr. 2267) P.R.2er R. abgeschlagen, der verdeutlichte, dass es sich um einen Portobrief aus dem 2. preussischen Rayon zu Belgien handelte, der also über 10 bis 20 Meilen von Aachen, dem Austauschpostamt, entfernt aufgegeben wurde.

    Hier galt die preussische Taxe für das Loth exklusive, wie für Belgien auch. Von der Bahnpost Belgiens (Allemagne EST. 3, van der Linden Nr. 45) wurde er am 16.8.1857 übernommen und noch am selben Tag nach Ostende transportiert, wo er zwischen 18.00 und 19.00 Uhr ankam (siegelseitiger Rotstempel). Die Abgabepost sollte ihn für 5 Decimes = 4 Silbergroschen = 14 Kreuzer rheinisch der Prinzessin zustellen.

    Jedoch weilte die Prinzessin von Croy dort nicht mehr, hatte aber wohlweislich ihre Nachsendeadresse bei der Post hinterlassen und diese lautete: Haus Tiergärten in Baden Baden im Großherzogtum Baden.

    Nun verkomplizierte sich die Sache etwas, weil Belgien nicht mit der nun involvierten Post in Baden abrechnete, sondern die preussische Post (und der Transitdienstleister Thurn und Taxis) eingeschaltet werden musste, um den Brief nach Baden Baden zu schicken.

    Die belgische Post strich nun die von ihr nicht mehr kassierbaren 5 Decimes und gab ihn an Preussen (Aachen) zurück. Bis dahin hatte der Brief 2 Silbergroschen für Preussen und 2 Silbergroschen für Belgien gekostet, also 4 Silbergroschen, die in 12 Kreuzer rheinisch reduziert wurden. Nun tat man so, als wäre der Brief unfrei von Preussen über 20 Meilen nach Baden Baden versendet worden und addierte für diese Weiterleitung 9 Kreuzer plus 3 Kreuzer Portozuschlag und kam folglich auf total 24 Kreuzer. Das war aber falsch, denn weiterzuleitende Briefe aus dem Ausland durften keinen Portozuschlag erhalten, womit der Brief um 1 Silbergroschen = 3 Kreuzer übertaxiert wurde.

    Aachen leitete ihn der Schnelligkeit halber komplett über die Bahnpost Preussens via Köln - Dortmund - Kassel - Frankfurt am Main - Mannheim - Karlsruhe nach Baden Baden, wo er schon am 19.8.1857 ankam und im Haus Tiergarten für 24 Kreuzer seiner Empfängerin ausgetragen wurde.

    Portoaufteilung: 2 Sgr. für Preussen und 2 Sgr. für Belgien für die Tour = 12 Kreuzer rheinisch bei postalischer Reduktion (paritätisch wären es 14 Kreuzer rheinisch gewesen).
    Dann aber 12 Kreuzer für Preussen, woraus für den stillen Postvereinstransit 1 Kreuzer intern an Thurn und Taxis abzuführen war.

    In Kenntnis der internen Abrechnungs- und Belastungsmodalitäten hieße das: Preussen belastete Belgien mit 2 Sgr.. Belgien entlastete sich um diese 2 Sgr. und belastete Preussen mit 2 Sgr. für das eigene Porto. Preussen belastete Baden mit 24 Kreuzern, hatte davon aber 1 Kreuzer für Thurn und Taxis abzuführen und die Forderung Belgiens von 2 Sgr. zu begleichen.

    Noch ein paar Daten (Sophy lässt grüßen) zu Empfängerin: Deutscher und belgischer Hochadel, geboren am 2.2.1837 in Düsseldorf, verheiratet seit Mai 1859 mit dem Fürsten Karl von Lichnowsky (österreichischer Hochadel, der von 1818 bis 1901 lebte) und gestorben als Mutter dreier Kinder am 1.4.1915 in Berlin. Ich glaube, da kann man nicht meckern.

    Für Korrekturen oder inhaltliche Verbesserungen habe ich immer in offenes Ohr.

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    ein herrlicher Brief, Glückwunsch dazu. Da hätte ich aber auch noch eine 6. Pizza drauf geboten. ;)

    Die belgische Post strich nun die von ihr nicht mehr kassierbaren 5 Decimes und gab ihn an Preussen (Aachen) zurück. Bis dahin hatte der Brief 2 Silbergroschen für Preussen und 2 Silbergroschen für Belgien gekostet, also 4 Silbergroschen, die in 12 Kreuzer rheinisch reduziert wurden. Nun tat man so, als wäre der Brief unfrei von Preussen über 20 Meilen nach Baden Baden versendet worden und addierte für diese Weiterleitung 9 Kreuzer plus 3 Kreuzer Portozuschlag und kam folglich auf total 24 Kreuzer. Das war aber falsch, denn weiterzuleitende Briefe aus dem Ausland durften keinen Portozuschlag erhalten, womit der Brief um 1 Silbergroschen = 3 Kreuzer übertaxiert wurde.


    Insbesonderes derartige Fehler bzw. Unsicherheiten der damaligen Postbeamten finde ich sehr interessant. Man kann sich gut vorstellen, welche Gedanken seinerzeit durch den Kopf gingen: Ist das jetzt noch ein über die Postvereinsgrenzen hinaus gelaufener Brief? Gilt da der Portozuschlag oder nicht? Die Leitung nach Belgien hat ja quasi nicht stattgefunden ... ?(:wacko:
    (auch wenn die Vortaxierung mit 2 Sgr. preuß. Porto und belgischen 5 Dec. und deren Berücksichtigung im Gesamtporto diesen Gedankengang widerlegt)

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    das hast du ganz Recht - war der Fall ein regulärer, also wieder zurück nach Recklingshausen, wäre das eine Routinesache gewesen, die man mit links abgefrühstückt hätte.

    Aber so wie hier war es schon ein Knobler und bei dem Postaufkommen damals in Aachen, wo sicher sehr gute Beamte ihren Dienst verrichteten, konnte es auch mal vorkommen, dass man sich um 1 Sgr. bzw. 3 Kreuzer verrechnete. Einen Fall der Aufdeckung können wir getrost vergessen, denn Baden hatte zu kassieren, was Preussen als Porto auf dem Brief notiert hatte und bei dem Absender bzw. Empfänger kam es auf 3 Kreuzer mehr oder weniger auch sicherlich nicht drauf an.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • liebe Sammlerfreunde,

    der nachfolgende Frankobrief wurde am 31.5.1866 von Aachen nach Gand (Gent) versandt. Die Frankogebühr betrug 3 Sgr., links unte in Rot ausgeworfen. Damit war der Brief bis zum Empfänger bezahlt, siehe in Rot P.D.

    Von der Gebühr erhielt nach dem Postvertrag vom 1.4.1852 Preußen 1 Sgr. und Belgien 2 Sgr. Allerdings geht aus dem roten Ankunftsstempel auf der Rückseite das Jahr 1866 hervor.

    Somit kommt der Zusatzvertrag vom 17.6.1863 zur Anwendung.

    Darin steht, dass frankierte Briefe nach Belgien:

    für Belgien 1 Sgr. bzw. 10 Centimes kosten,

    für Preußen 1 Sgr. aus dem ersten Taxgebiet, 2 Sgr. aus dem 2. Taxgebiet kosten.

    Das erste Taxgebiet bestand aus der Rheinprovinz und Wetsphalen sowie den Fürstentümern Birkenfeld, Waldeck und Pyrmont, das zweite Taxgebiet aus dem Rest.

    Ich hätte nun Aachen dem ersten Taxgebiet zugeordnet, aber die 3 Sgr. sprechen für den zweiten Taxbereich.

    Oder sollte etwa die rote 3 eine 2 sein? Was hat der Kürzel in Blau für eine Bewandnis?


    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,

    das ist schon eine 3 - vlt. 1 Sgr. für Preussen und 2 für Belgien 2. Rayon?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Erwin,

    die Grenze ist seit 1866 zwar um etliche Kilometer nach Osten verschoben worden, aber 1 Sgr reichte bis zur Grenze. Da blieben dann 2 Sgr. für Belgien. Gent liegt von Aachen aus gesehen noch etliche (ca. 30) km hinter Brüssel.

    liebe Grüße

    Dieter

  • Lieber Ralph, lieber Dieter,

    3 Sgr. konnten es nur nach dem Vertrag von 1852 sein, da war Belgien in 2 Rayons aufgeteilt.

    Also habe ich mir den rückseitigen roten Ankunftsstempel noch mal genauer unter die Lupe genommen. Und siehe da, es ist tatsächlich eine 5 und keine 6, also 1856.

    Nun stimmt alles und der vorderseitige blaue Schnörkel sollten die 20 Centimes sein, die Belgien zustanden.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • liebe Sammlerfreunde,

    bei folgendem Portobrief vom 24.8.1853 von Düsseldorf nach Ninove in Belgien erschließt sich mir das Porto nicht. Das Portokürzel, soll das eine 2, 3 oder 9 sein?

    Nach dem Postvertrag von 1852 sind die Gebühren für Portobriefe von Preußen nach Belgien folgendermaßen:

    Nach meiner Meinung wären das für Belgien 20 Centimes und für Preußen (im 1. Rayon, siehe roter Stempel) 1 Sgr. = 10 Centimes. Wenn die Taxzahl eine 3 darstellt, sollten das 3 Decimes = 30 Centimes sein?

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    Einmal editiert, zuletzt von preussen_fan (16. März 2021 um 19:41)

  • Lieber Erwin,

    das waren 3 Decimes.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.