Italien - Deutschland 1861 - 1875

  • Beginnen will ich mit Briefen, die aus Italien im Transit durch die Schweiz nach Deutschland liefen. Das war bis 1867 die häufigste Route. Die Briefe wurden im Einzeltransit befördert. Sie sind für mich vor allem wegen der zahlreichen Stempel auf der Siegelseite interessant (auch wenn häufig nicht alle lesbar sind). Aus ihnen lässt sich der genaue Beförderungsweg zum Teil recht gut rekonstruieren. Für Frankobriefe war die Gebühr 60 Cent. je 10 g.


    Als Referenz an die starke bayerische Fraktion in diesem Forum steht am Beginn meiner Aktivitäten ein Brief nach Bayern: Er wurde 20.05.1865 in Catania auf der Insel Sizilien aufgegeben und lief nach Fürth. Aus den siegelseitigen Stempeln kann folgender Beförderungsweg rekonstruiert werden: mit dem Schiff nach Genua (Stempel vom 25.05.), dann mit der Eisenbahn nach Arona (25.05), weiter wahrscheinlich mit dem Schiff über den Lago Maggiore bis Magadino. Belegt ist dann wieder Bellinzona im schweizerischen Kanton Tessin (26.05.). Weiter ging es augenscheinlich über den San Bernardino-Pass. Belegt ist die Beförderung mit der Bahnpost Chur - St. Gallen am 27.05., bis Rorschach, dann über den Bodensee nach Lindau. Damit war er in Bayern und am 29.05. endlich am Bestimmungsort Fürth.


    Mit Rötel ist auf dem Brief der deutsche (DÖPV) Gebührenanteil von 9 Kr. rh. vermerkt.


    Soweit meine Interpretation dieses Briefes.

  • Hallo Italienfreund,


    vielen Dank, dass du mit einem Brief nach Bayern angefangen hast - an der Beschreibung gibt es m. W. nichts zu verbessern. Auch mir gefallen stempelreiche Siegelseiten sehr gut. :P


    Bitte weitermachen!


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Folgen muss natürlich ein Brief nach Preussen!


    Er ist aus den ersten Monaten des Königreichs Italien und daher mit je einer Marke zu 20 Cent. und zu 40 Cent. der IV. Ausgabe von Sardinien frankiert. Diese Marken sind am 02. August 1861 mit dem Stempel der Schiffspost auf dem Lago Maggiore VERBANO entwertet. Gelaufen ist der Brief nach Harkorten bei Haspe / Hagen in der preußischen Provinz Westfalen.


    Auf der Siegelseite befinden sich 8 Stempel, aus denen sich der Laufweg des Briefes rekonstruieren lässt: nochmals der Schiffspoststempel VERBANO vom 02.08., ein schweizerischer Stempel SCHIFFSBUREAU / LUZERN vom 03.08., ein Stempel BASEL / BRIEFEXPEDITION vom 04.08., der Grenzübergangsstempel SCHWEIZ / über / BADEN, ein badischer Bahnpoststempel "E.B. 4. Aug. / Curs V.III, ein Kreisstempel FRANKFURT, ein preußischer Bahnpoststempel WARBURG / MÜNSTER vom 05.08. und schließlich der Ausgabestempel vom 06.08..


    Der Brief wurde daher auf dem Lago Maggiore bis nach Magadino (Schweiz) befördert, dann über Bellinzona und den St. Gotthard Pass bis Flüelen, weiter mit dem Schiff nach Luzern und dann mit der Eisenbahn über Basel und Frankfurt / M.




    Zu diesem Brief habe ich zwei Fragen:


    - Mir ist der preußische Bahnpoststempel unklar, rein geografisch hatte der Brief so weit im Nordosten vom Bestimmungsort nichts zu suchen.


    - In welchem Verwandschaftsverhältnis stand die Adressatin Cäcilie Harkort zu Friedrich Wilhelm Harkort (1793 - 1880), dem Vater des Ruhrgebietes?


    Ich hoffe auf Antworten!


    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    - Mir ist der preußische Bahnpoststempel unklar, rein geografisch hatte der Brief so weit im Nordosten vom Bestimmungsort nichts zu suchen.

    Hallo Jürgen


    Hier habe ich keine sichere Antwort, aber wenn ich an die Karte schauen, lief der Brief bis Kassel und ist dort an die Warburg-Münster Linie umspediert geworden. Und dann vielleicht bis Unna mit dem Zug gelaufen vor der Brief Richtung Süden nach Haspe/Hagen geschickt war.


    Hier eine Bahnkarte von 1861
    http://www.ieg-maps.uni-mainz.de/gif/e861d_a3.htm



    Aber alles ohne Gewähr


    Zu die Familiengeschichte kann ich leider wenig sagen.


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo zusammen,


    Schöner Brief der mir sehr gut gefällt.


    Der Laufweg sollte so sein wie ihn Nils beschrieben hat.


    Zur Familiengeschichte


    Die Frau Cäcilie Harkort war mit Johann Caspar Harkort [VI.] verheiratet. Johann Caspar Harkort [VI.]war der Sohn von Johann Caspar Harkort [V.] und sein Vater war (wir können es uns denken) Johann Caspar Harkort [IV.] . Dieser hatte 6 Söhne wobei der Drittgeborene Friedrich Wilhelm Harkort (1793 - 1880), der Vater des Ruhrgebietes war.


    Kurz gesagt. Es war der Onkel von Ihrem Ehemann Johann Caspar Harkort [VI.]


    Cäcilie Harkort lebte von 1821-1891 und hatte 8 Kinder.


    schönen Gruss


    Peter

  • Hallo Nils,


    das ist sicherlich die Lösung! Ich war immer auf die Richtung Frankfurt - Köln fixiert und habe durch diesen eingeschränkten Gesichtskreis die Beförderung über Kassel überhaupt nicht in meine Überlegungen einbezogen. Ein schönes Beispiel für "Betriebsblindheit" und die Wichtigkeit der Hilfe durch einen Außenstehenden. Herzlichen Dank.


    Hallo Peter,


    auch Dir herzlichen Dank für die genealogische Aufklärung. Bei den vielen Kindern in der Familie Harkort kann man ja leicht den Überblick verlieren.


    Beste Grüße aus Merseburg


    Jürgen

  • Hallo,


    heute soll ein Brief aus Italien (Mailand) über die Schweiz nach Baden aus dem Jahr 1864 folgen. Es ist eins meiner absoluten Lieblingsstücke - wegen der Anschrift. Es handelt sich um einen Brief aus der bekannten Geiselbrecht-Korrespondenz. Der Brief ist adressiert nach "Porto Lodovico / sul Lago di Costanza / Gran Ducato di Baden". Das klingt doch viel schöner als das profane "Ludwigshafen / am Bodensee / Großherzogtum Baden". Frankiert ist der Brief mit 4 Marken zu 15 Cent. der Ausgabe vom 1. Dezember 1863. Der deutsche Gebührenanteil von 3 Kr. rh. ist mit Rötel notiert und mit blauer Tinte gestrichen.


    Auf der Sieglseite die üblichen schönen Stempel: Bahnpoststempel "UFF. AMB. MILANO - COMO (2)" vom 16.09.1864; Schiffspoststempel "NATANTE COMO - COLICO (2)" ebenfalls vom 16.09.; schweizerischer Bahnpoststempel "CHUR - ST.GALLEN / Z.10" vom 17.09: Kreisstempel "ZÜRICH" vom 17.09: Grenzübergangsstempel "SCHWEIZ / über / BADEN", Zweikreisstempel "CONSTANZ" vom 18.09. und schließlich der (verwischte) Ankunftsstempel von Ludwigshafen.


    Ich vermute, dass der Brief mit der schweizerischen Bahnpost CHUR - ST. GALLEN nur von Chur bis Sargans befördert wurde und dann mit dem Zug nach Zürich. Gibt es andere Meinungen?


    Jürgen

  • Hallo Italienfreund,


    nein, keine andere Meinung, aber schön zu sehen, dass die Schweiz das badische Franko typischerweise in Rötel notierte und Baden dies abstrich, weil man es sonst für ein Restporto gehalten hätte, das der Briefträger in Ludwigshafen beicassirt hätte!


    Ein toller Brief - mit der Meinung stehst du wahrlich nicht allein! :P


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo,


    Briefe aus Italien im Transit durch die Schweiz konnten auch unfrankiert versandt werden. Das einzuhebende Porto betrug in den Staaten mit Thaler-Währung 6 3/4 Sgr.. Diese setzten sich aus 3 Sgr. deutsches Porto, 2 Sgr. schweizerisches Porto (beides je 1 Loth excl.) und 1 3/4 Sgr. italienisches Porto (je 10 g) zusammen.


    Der gezeigte Brief vom 04. Juli 1861 lief aus Mailand nach Crefeld. Auf der Adresseite ist mit Rötel das fremdländische Porto mit 12 (Kr.rh.) angegeben, das mit blauer Tinte gestrichen wurde, sowie ebenfalls in blau das einzuhebende Porto von 6 3/4 Sgr.


    Interessant ist wieder die Siegelseite - mit Stempeln der italienischen Schiffspost auf dem Comer See "LARIO / (1)" vom 05.07., der schweizerischen Bahnplst "CHUR - ZÜRICH / Z 42", der ovale Grenzübergangsstempel "SCHWEIZ / über / BADEN" , der badische Bahnpoststempel "E.B. 7 Jul / Curs II", der dreizeilige Bahnpoststempel "MAINZ / 7 7 2 / COELN" und schließlich der Ausgabestempel vom 08.07.1861.


    Besonders interessant ist der Grenzübergangsstempempel: Das "N" im Wort BADEN ist seitenverkehrt - ein offensichtlicher Fehler des Stempelschneiders. Mich interessiert, wie lange es gedauert hat, bis der Fehler bemerkt und der Stempel ausgetauscht wurde. Auf einem Brief aus der gleichen Korrespondenz vom 09.09.1861 befindet sich bereits der korrigierte Stempel. Wer besitzt Briefe mit dem fehlerhaften Stempel?


    Besten Dank für die Hilfe und viele winterliche Ostergrüße aus Merseburg


    Jürgen

  • Hallo Italienfreund,


    eine eben erhaltene Antwort von einer Baden - Kapazität erster Güte macht uns leider hinsichtlich des Ovalstempels nicht viel schlauer - es gab ihn wohl nur 1861, aber eine Lokalisation ist nicht möglich, da diese Stempel am mehreren Orten bzw. auf Bahnlinien zum Einsatz kamen.


    Halten wir fest - diese Stempelvariante ist nicht häufig, aber in Anbetracht der Postmengen, die aus dem Süden über die CH und Baden nach Deutschland und weit darüber hinaus transportiert wurden, wäre selbst ein kurzes Zeitfenster von wenigen Monaten Garant für mindestens 2 bis 3stellige Beleganzahlen heute. Um so schöner, wenn man einen erstklassigen Abschlag zeigen kann.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bayern klassisch,


    besten Dank für die Hinweise. Sie decken sich weitgehend mit meinen Kenntnissen - vermutlich haben wir die gleiche "Quelle" angezapft.


    Da ja vermutlich eine größere Anzahl von Belegen mit dem fehlerhaften Stempel noch existieren dürfte, habe ich die Hoffnung, dass sich auch bei Forenmitgliedern welche befinden. Ich bitte um Meldung mit Angabe des Datums. Bei meinem Brief dürfte der Stempel in Basel zum Einsatz gekommen sein. Ich besitze aber auch Briefe mit dem korrigierten Stempel, bei denen er wahrscheinlich bei der Bahnpost Basel - Konstanz zum Einsatz gekommen ist.


    Beste Grüße


    Jürgen

  • Hallo,


    nach einer kleinen Pause will ich heute einen weiteren Brief aus Italien über die Schweiz nach Deutschland zeigen, dieses Mal ins Königreich Sachsen. Der Brief wurde am 27. April 1866 in Florenz abgeschickt. Die Beförderung ist vom Absender handschriftlich vorgegeben, entsprechend ist der Brief mit 60 Cent. (bis 10 g) frankiert. Die Stempel auf der Siegelseite bestätigen den Laufweg: Kreisstempel MILANO, Schiffspost auf dem Comer See COMO - COLICO / N.2, schweizerische Bahnpost CHUR - ST. GALLEN / Z 14, in Deutschland K. WÜRTT. FAHREND. POSTAMT. Aus letzterem ergibt sich, dass der Brief von Romanshorn nach Friedrichshafen über den Bodensee befördert wurde.


    Zu dem Brief habe ich zwei Fragen: 1. Lese ich die Amtbezeichnung des Adressaten als "Vizebürgermeister" richtig? 2. Wer ist der Absender? Das Monogramm mit der schönen Krone ist doch recht eindrucksvoll,


    Beste Grüße aus Merseburg


    Jürgen

  • Hallo Italienfreund,


    Vizebürgermeister ist richtig und das Monogramm lautet A. R. H. - leider kann ich mit ihm nichts anfangen, das ist halt so, wenn man bei den Kuverts den Inhalt entnommen hat. Dennoch ein interessanter Brief, denn oft wurden diese an Baden übergeben, hier aber Württemberg, wodurch Württemberg die 9x Postvereinstaxe bekam und nur die Transitkosten über Bayern zahlen musste (intern verrechnet).


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Altitalien, lieber Bayern Klassisch,


    der Brief, welcher mir sehr gut gefällt, lief ja noch vor den kriegsereignissen im April 1866
    von Florenz-Sachsen, mit Leitwegangabe über die Schweiz.
    Nun habe ich einen Brief vom 18.August1866, also zu einem späten Zeitpunkt der Kriegshandlungen,
    aus Süditalien(Messina), mit dem Leitweg Vermerk "Via Marseille" und auch entsprechenden Inhalten,
    der nach Frankfurt/Main lief.
    Die Route über Österreich war wegen dem Österr-Ital. Kamphandlungen ja ausser Kraft und wurde erst
    1867 wieder durch einen neuen Postvertrag geöffnet.
    Nun meine Frage an euch beide, oder auch die anderen Experten unter uns, wer kann eine VO zu der
    Kriegsumleitung zeigen, wonach Briefe aus und von Italien nach Altdeutschland über die Schweiz oder
    Frankreich zu leiten waren?
    Das es so war, darüber habe ich in der Phil.Literatur schon etwass gefunden, aber noch nicht die Ital.VO.


    Beste Grüsse :)
    Bayern Social


    PS: Bin im Büro daher kann ich den Brief momentan nicht zeigen.

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

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  • ...Nun habe ich einen Brief vom 18.August1866, also zu einem späten Zeitpunkt der Kriegshandlungen,
    aus Süditalien(Messina), mit dem Leitweg Vermerk "Via Marseille" und auch entsprechenden Inhalten,
    der nach Frankfurt/Main lief.
    Die Route über Österreich war wegen dem Österr-Ital. Kamphandlungen ja ausser Kraft und wurde erst
    1867 wieder durch einen neuen Postvertrag geöffnet...


    Hallo Bayern-Social,


    am 18. August gab es keine Kriegshandlungen mehr zwischen Österreich und Italien; der Waffenstillstand war am 12.8. in Kraft getreten.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • am 18. August gab es keine Kriegshandlungen mehr zwischen Österreich und Italien; der Waffenstillstand war am 12.8. in Kraft getreten.


    Hallo zusammen, hallo Mikrokern,


    danke für diese Info, die Du mir ja auch schon mal per PN genannt hattest.


    Für diesen genannten Brief, den ich ab Dienstag gerne auch einstellen kann, geht es für mich
    in erster Linie um die Frage, ob es zum einen überhaupt ein kriegsbedingter Leitweg war, den
    Brief über Marseille nach FFM zu leiten und ob es dazu eine VO der Italienischen Post gibt.
    (Umgekehrt gab es diese VO ja aus den süddeutschen Staaten, Leitung FR und CH wie schon gesagt)


    Die Route Marseille gab es ja nach FFM meiner Vermutung nach schon in der VMZ, leider habe ich
    bisher keinen anderen Beleg z.B. aus 1865 Messina-FFM gefunden, dass würde ja schon mal helfen.
    (Wobei alleine das es den Laufweg vorher schon gab, nicht ausschliessen würde, dass es zur Kriegs-
    zeit eine Umleitung war, dass kann am besten eben die Original VO erklären)


    In jedem Fall ist die Thematik sehr spannend und bietet sicher noch viel Forschungsmöglichkeit.
    So ist z.B. die Frage interessant, wie wir die VO abgrenzen, wenn z.B. ein Brief über den Kriegs-
    bedingten Leitweg 6Tage nach dem "Vorfrieden" läuft, ist dann dennoch eine KB Umleitung möglich?
    Waren mit dem Vorfrieden sofort alle Kampfhandlungen beendet(Vorhandene Truppenkontingente, etc)


    Waren dann die Postler angewiesen schon wieder den anderen Weg zu nehmen?
    Konnten Sie in Messina sicher sein, dass Kampfhandlungen nicht wieder "aufflammten"?
    (z.B. wurde ja in südd. noch Anfang August die Festung Würzburg beschossen)
    Wie würde der Weg Messina-FFM aussehen, über Österreich war es ja nicht Möglich bis 1867?
    Wäre eine Leitung über die Schweiz, die ja möglich wäre,teurer gewesen?


    Also einige Fragen, die der Brief noch stellt und ich bin dankbar für jeden Beitrag, der hilft, die
    Fragen zu beantworten.


    Viele Grüsse :)
    Bayern Social


    PS: Wenn am 12.8 schon ein Waffenstillstand geschlossen wurde, was war dann mit dem Prager Frieden vom 23.8.1866?
    Beendete nicht dieser erst den Krieg für Ital und Österr. nicht erst verbindlich?


    Zitat:
    Der Frieden von Prag vom 23. August 1866
    "Der Frieden von Prag zwischen Österreich und Preußen bestätigte den Vorfrieden von Nikolsburg vom
    26. Juli 1866 und beendete den sogenannten Deutschen Krieg oder Österreichisch-Preußischen Krieg."

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

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  • Hallo Bayern Social,

    PS: Wenn am 12.8 schon ein Waffenstillstand geschlossen wurde, was war dann mit dem Prager Frieden vom 23.8.1866?
    Beendete nicht dieser erst den Krieg für Ital und Österr. nicht erst verbindlich?

    Der Prager Friede beschloss endgültig alle administrativen und legalen Handlungen, die den verschiedenen Waffenstillstandsabkommen nachfolgten.


    ...(z.B. wurde ja in südd. noch Anfang August die Festung Würzburg beschossen)

    Nein. Die Beschiessung der Festung Marienberg (Würzburg) fand am 27.7. statt, gefolgt von einer örtlichen Waffenruhe. Der allgemeine Waffenstillstand zwischen den süddeutschen Staaten und Preussen wurde am 30./31.7. in Gräfenberg verhandelt und trat am 2.8.. in Kraft.

    ...Waren mit dem Vorfrieden sofort alle Kampfhandlungen beendet(Vorhandene Truppenkontingente, etc)


    Der chronologische Ablauf ist (örtliche) Waffenruhe (lokal begrenzt, zwischen den Befehlshabern der jeweiligen kämpfenden Einheiten vereinbart), danach (allgemeiner) Waffenstillstand (überregional für alle Einheiten der beteiligten Staaten), zuletzt Friedensschluss. Zwischen Inkrafttreten von Waffenstillstand und Friedensschluss können Monate, sogar Jahre (Jahrzehnte!!) vergehen, da dafür eine Vielzahl von juristischen Details geklärt und verbindlich festgehalten werden werden muss wie z.B. Reparationszahlungen, Besatzungszonen, Entmilitarisierung, Gebietsabtretungen etc...


    Da der "Hauptkrieg" zwischen Österreich und Preussen bereits Mitte Juli 1866 faktisch beendet war (Waffenstillstandsabkommen 22.7., Vorfrieden von Nikolsburg 26.7.), war allen beteiligten Staaten klar, dass es sich nur noch um Tage handeln konnte, bis die Kampfhandlungen überall definitiv beendet werden würden. Dies ist auch in vielen Feldpostbriefen von Soldaten zu lesen. Deshalb war sicher, dass mit dem letzten Waffenstillstandsabkommen zwischen Österreich und Italien im August 1866 kein erneutes "Hochkochen" der Kämpfe mehr zu erwarten war; Österreich war klarer Verlierer und konnte es sich gar nicht leisten, nochmals an Preussen, den Verbündeten Italiens, zu geraten.
    Insofern kann von einer kriegsbedingt NOTWENDIGEN Umleitung am 17.8. nicht die Rede sein. Vielleicht hat der Absender Verzögerungen in der Beförderung, die durchaus plausibel sein konnten (Zerstörunge von Bahnstrecken, Fehlen von Infrastruktur wie Waggons, Züge, Kohle, Personal etc), befürchtet und deshalb einen anderen Leitweg vorgegeben. Bin aber nicht Spezialist für den österreich-italienischen Teil des 66er Krieges.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Bayern Social,


    ich kenne bisher keine italienischen Verordnungen, die die Behandlung der Post zwischen Italien und Deutschland in der Zeit des 3. Italienischen Unabhängigkeitskrieges im Sommer 1866 betreffen. Ich kenne nur die italienische Verordnung vom 19. Juni 1866, die die Unterbrechung des direkten Postverkehrs mit Österreich und die Postumleitung nach Österreich über die Schweiz betrifft. Der direkte Postaustausch zwischen Italien und Österreich wurde übrigens am 20 September 1866 auf der Grundlage des Postvertrages von 1853 wieder aufgenommen. Die Beendigung von Kriegshandlungen und auch der Abschluss eines Friedensvertrages führten nicht automatisch zur Wiederaufnahme von unterbrochenen Postverbindungen bzw. eines geregelten Postaustauschs, bzw. auch umgekehrt. Im hier betrachteten Fall wurde zwischen den Postverwaltungen am 14.09.1866 eine zeitlich begrenzte Konvention unterschrieben, die mit Wirkung vom 20.09.1866 den Postvertrag von 1853 wieder in Kraft setzte - der Friedensvertrag zwischen Italien und Österreich hingegen wurde erst am 3. Oktober 1866 in Wien unterschrieben.


    Von Deutschland aus sah es mit den Auswirkungen des Krieges auf den Postverkehr mit Italien etwas anders aus. Für Preußen gab es eine General-Verfügung vom 30. Juni 1866: "Unter den gegenwärtigen Verhältnissen haben die Königlichen Post=Anstalten bei der Leitung der Correspondenzen nach Italien den Speditionsweg durch Süddeutschland und die Schweiz bis auf Weiteres nicht zu benutzen, die gedachte Correspondenz vielmehr ausschließlich auf dem Wege durch Frankreich resp. durch Belgien und Frankreich zu leiten . . ."


    Diese Beschränkungen wurden mit einer neuen General-Verfügung vom 12. September 1866 wieder aufgehoben.


    Die Postbeförderung aus Italien durch Frankreich war neben der durch die Schweiz und Österreich durchaus üblich, vor allem aus Süditalien und dem Piemont. Sie war aber nicht allzu häufig, da wegen der Gewichtsprogression je 7 1/2 g relativ teuer. Ich werde in den nächsten Tagen einige auf diesem Weg beförderte Briefe zeigen.


    Lieber Bayern Social, kannst Du Deinen Brief vom 18. August 1866 hier zeigen - der interessiert mich außerordentlich.


    Beste Sonntags-Grüße aus Merseburg - Hier beginnt die nächste Eiszeit!


    Jürgen

  • Lieber Mikrokern, lieber Jürgen,


    zunächst einmal meinen allerbesten Dank für eure hochinteressanten und weiterführenden
    Informationen zu den genauen Verhältnissen des Friedenschlusses und der postalischen
    Behandlung der Korrespondenz Italien-Deutschland vice versa :thumbup:


    @Jürgen:

    Lieber Bayern Social, kannst Du Deinen Brief vom 18. August 1866 hier zeigen - der interessiert mich außerordentlich.


    Natürlich gerne, wegen der von Dir geschilderten Eiszeit, die auch vor NRW nicht halt gemacht hat, sind wir übers Wochenende im
    Welness bis Montag und dann stelle ich den Brief sehr gerne ein und bin auf Deine Einschätzung sehr gespannt .....:)
    Einen meiner wichtigsten Briefe, der etwa zur gleichen Zeit Fürth-Rom über die Schweiz läuft(18+3=21Kr) wartet eben auch noch auf seine "endgültige" Auflösung, wobei dessen Bezug zum 1866ger Krieg auch schon aus anderen Gründen heraus interessant ist.


    Beste Grüsse(und etwas Sonne nach Merseburg) :)
    Bayern Social


    PS: Es ist schon toll in diesem Forum von euch hochkompetenten Mitgliedern innerhalb eines Tages bessere Informationen zu erhalten, als sie in einer Woche on/offline Recherche möglich wären....!!

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Hallo zusammen,


    hier wie besprochen der beschriebene Brief mit Leitweg "Via Marseille" vom 18.Aug.1866 von
    Messina-FFM an die "Chemische Fabrik Griesheim" in Frankfurt, mit 60Cent. frankiert.
    (Das Datum ist durch die Stempel aber auch durch Vermerke Siegel- und Innenseitig gesichert)
    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/Br…inaFFM1866b863dbecjpg.jpg]


    (Grenzübergang It-Marseille vom 21.Aug.1866, also nach drei Tagen)
    Rückseitig lese ich in dem Akst 24.8, was auf einen Laufweg von 6Tagen schliessen lässt.


    Hier die Interessanten Details zu dem am 24.Juli1866 gestorbenen Direktor der Chem.Fabrik,
    welcher in Person auch Bürgermeister der damals bis zum Krieg freien Stadt Frankfurt war und
    sich wegen Preussens "unerfüllbaren" Forderungen an die Stadt das Leben genommen hat.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Konstanz_Viktor_Fellner


    Den interessanten Inhalt des Briefes stelle ich separat noch ein.


    Freu mich über Beiträge die zum besseren Verständnis des Beleges führen.


    Viele Grüsse :)
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"