• Hallo Sammlerfreunde,

    nachfolgenden Brief möchte ich hier zeigen, dessen Besonderheit nicht sofort auf den ersten Blick auffällt:

    Einschreibebrief der 2. Gewichtsstufe von Simbach am Inn vom 21. Februar 1897 in die Schweiz. Soweit eigentlich gewöhnlich, würde nicht der gestrichene Tax-Stempel rechts oben auffallen.
    Beim näheren Hinsehen fiel mir noch auf, dass die beiden Marken erst zwei Tage später, also am 23. abgestempelt waren. Unter den Marken befindet sich wohl - leider nur noch ansatzweise zu erkennen - ein Vermerk über das fehlende Porto, welches rückseitig in blau "60" notiert ist. Ebenfalls auf der Rückseite ist ein Stempel von Kaufbeuren vom 22. (!) abgeschlagen. Der Absender des Briefes ist in anderer Handschrift als vorderseitig notiert.

    Es ergibt sich also folgende (vermutliche) Lösung:
    Der Brief wurde völlig unfrankiert am 21. in Simbach aufgegeben (in den Briefkasten geworfen ?). In Kaufbeuren erst stellte man am 22. die fehlende Freimachung fest, öffnete den Brief zur Feststellung des Absenders (vielleicht war der Brief sogar noch offen) und lies ihn nach Simbach zurückgehen. Dort wurde er nun am 23. ordnungsgemäß frankiert und erreichte am 24. endlich Appenzell.
    Wo nun der handschriftliche Portovermerk bzw. der Taxstempel angebracht wurde - vermutlich erst in Kaufbeuren, denn sonst wäre der Brief nicht erst dorthin gelangt. Da muß aber der Postler in Simbach ordentlich gepennt haben.

    Wenn auch durch entsprechende Altersspuren keine Schönheit, so doch ein hochinteressanter Beleg im bayerisch-schweizerischen Verkehr. Vielleicht kann ja noch jemand meinen Beitrag mit näheren Informationen zur Behandlung von unfankierten Auslandssendungen aus diesem Zeitraum ergänzen.

    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser

  • Hallo Sammlerfreunde,

    mit dem nachstehenden Beleg an einen Bieler "Kartonnagenf(a)b(ri)k(ant)" sei das gute Werk von @Postgeschichte-Kemser fortgesetzt. Unterfrankiert aufgegeben und entspreched mit Taxstempel versehen kam er am 01.02.13 in Biel an, wurde am gleichen Tag mit einem Strafporto von 25 Rappen versehen und so beim Adressaten dem Schätzle Fritz zugestellt.

    Der dachte sich prompt: Pfeiffer & Dr. Schwander können mir einmal den Buckch`l herunterrutschen, odrrr ? Strafporto zahlte er also nicht und zeichnete den Brief - noch im Postkurs - mit refusé Fr. Schaetzle. Also wurde wegen der verweigerten Annahme das Strafporto annulliert und der Brief mit Retourezettelchen am 03.02.13 zurück nach Ludwigshafen a.Rh. gesandt.

    Dort wurde dann vom Absender - nach einem leider etwas schwach abgeschlagenen Portokontrollabschlag - 20 Pfennig Strafporto erhoben. Sehr entzückend im Übrigen der Abschlag des Retourezettelchens durch die Bieler Post, das ist dann sozusagen das i-Tüpfelchen des Belegs. ^^

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    tja, 30 Pfennig für nichts - daher sind die Schweizer reich und wir Pfälzer so arm. :D

    Ein tolles Stück - offenbar hatte man selten Korrespondenz mit schweizerischen Firmen, sonst wäre solch ein Fauxpas nicht vorgekommen. Uns kanns freuen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    für einen Bayernsammler, der die Kreuzerzeit mit Schweizerischem Bezug gänzlich abzudecken versucht, ist die Darstellung geeigneter Poststücke vom 1.7.1875 bis zum 31.12.1875 nicht gerade einfach.

    Auch wenn der Postverkehr zwischen beiden Postgebieten prinzipiell umfangreich war, ist ein Zeitfenster von 6 Monaten eher dazu geeignet, Lücken in der eigenen Sammlung zu erkennen, als sie leicht schließen zu können.

    Daher war ich sehr froh, die folgende Postkarte schnappen zu können, die am 27.9.1875 von München I nach Chaux de Fonds lief. Der Tarif war klar - 3x, die bei Bayern blieben, wie auch Postkarten in der Umkehrrichtung 10 Rappen für die CH kosteten, ohne dass eine Teilung vorgesehen war.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    ein schönes Beispiel für die UPU-Behandlungsweise im Nachportofall. Der zunächst inländisch ins rd. 440 km weiter nördlich liegende Wolfenbüttel adressierte und insofern korrekt mit 10 Pf freigemachte Brief konnte dort ein tag nach der Aufgabe am 19.07.1893 nicht ausgehändigt werden. Nun schulbuchmäßige Vorgehensweise:

    Der Briefträger notierte rückseitig Adressat abgereist nach Arosa bei Chur / Schweiz (Hotel Rätia), so dass am 20.07.1893 nach dorthin weitergeleitet wurde, gegen Nachgebühr von 10 Pf = 12 1/2 Centimes = 15 Rappen (in schweizer Portomarken nachgeklebt), die Wohlgeboren luftkurend Gerichtsassessor Münster noch zu berappen hatte. Wegstrecke von Wolfenbüttel rd. 750 km.

    + Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo in die Runde,

    nachdem parallel gerade eine Unterhaltung über Nachgebühren läuft, möchte ich die schweizer Variante dazu beitragen und folgende Belege zeigen:

    Ein unterfrankiertes Drucksachen-Streifband (3 Pfg. Ganzsache) von München vom 21. Oktober 1892 nach Basel. Der richtige Tarif wären 5 Pfennig gewesen, d.h. der Fehlbetrag von 2 Pfg. wurde in der "UPU-Währung" mir 2 1/2 franz. Centimes notiert und in Basel wurden umgerechnet 5 Rappen (= das Doppelte des Fehlbetrages) dem Empfänger belastet.

    Beste Grüße
    Schorsch Kemser
    https://www.postgeschichte-kemser.com/

  • Eine weitere - optisch sehr ansprechende - Variante sehen wir nachfolgend:

    Auch hier wieder eine unterfrankierte Drucksache aus München vom 29. Juni 1909 nach Goldach.

    Be- und Umrechnung des Nachportos erfolgte auch wieder wie beim vorher gezeigten Streifband - diesmal hatte das Eingangspostamt aber wohl zuviele 1 Rappen Portomarken übrig und tobte sich damit sehr zur Sammlerfreunde aus...

  • Hallo Schorsch,

    von diesen unterfrankierten Poststücken nach der CH habe ich Hunderte gesehen - und doch guckt man immer wieder gerne hin, vor allem, wenn sie so attraktiv sind, wie deine beiden Schmankerl. Offenbar war der Glaube der 1850er Jahre, die Schweiz sei ein Teil "Großdeutschlands" bzw. des Deutschen Bundes, noch immer 50 Jahre später so virulent, dass man Inlandsgebühren zu frankieren glaubte, obwohl Post in die CH niemals zu Inlandsgebühren frankierbar war.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...aller guten Dinge sind drei....diesmal eine "Retourkutsche"...

    Wie soll es anders sein, wieder eine unterfrankierte Drucksache aus München diesmal vom 20. Juli 1896 nach Cressier. Nach der vorher gezeigten Berechnungsmethode wurden auch hier wieder 5 Rp. Nachporto erhoben, der Empfänger jedoch nicht angetroffen und das Briefchen nach Neuchatel nachgesandt. Auch hier war der Empfänger bereits wieder "abgereist" (Aufkleber!) und so ging nach Streichung (Einzeiler "Annule" über die Portomarke) der schweizer Nachgebührforderung der Brief zurück nach München, wo aber die Forderung durchaus noch offen war.

    Irrtümlich ging man in München zuerst von einem vollständig unfrankierten Brief aus und berechnete daher 40 Pfg. Nachgebühr. Dies wurden jedoch wieder gestrichen bzw. auf 5 Pfg. korrigiert.
    Interessant auf der Rückseite, dass man den Stempel der Briefübernahme München bei geöffnetem Kuvert abgeschlagen hat. Möglicherweise zur nochmaligen Bestätigung, dass es sich wirklich um eine Drucksache handelt.
    Irgendwie schon ein Wahnsinn, welcher Aufwand wegen dieses (eigentlich) "lächerlichen" Fehlbetrages betrieben wurde.

    Beste Grüße
    Schorsch Kemser
    https://www.postgeschichte-kemser.com/

  • Hallo Franz,

    der Stempel "T" kam m.W. in München drauf, weil dort auch der Fehlbetrag festgestellt und entsprechend angeschrieben wurde - "2 1/2 Cts" - quasi als "Signal" an die Schweizer.

    Aus dem Buch von Harald Warming (1986) "Die Berechnungsarten der Nachgebühren seit 1875" entnehme ich wie folgt:

    "Nicht oder unzureichend frankierte Briefe und Karten, die im Bestimmungsland einer Nachtaxe zu unterwerfen sind, müssen im Aufgabeland mit den Stempelabdruck "T" (=Taxe a payer) versehen werden.....Der T-Stempel wird im allgemeinen von der Postverwaltung des Landes angebracht, in dem die nicht- oder unzureichend freigemachte Sendung eingeliefert worden ist..."

    Die netsprechende Verordnung dazu habe ich im Moment (noch) nicht.

    Beste Grüße
    Schorsch Kemser

  • Lieber Schorsch,

    Vielen Dank für die schnelle super kompetente Auskunft. Mir war das nicht klar, aber die Regelung ist vermutlich für alle von Vorteil gewesen. Erst dachte ich, was interessiert es die bayerische Post, ob der Brief unterfrankiert ist, aber das war natürlich aus verschiedenen Gründen falsch gedacht !

    Nochmals besten Dank für deine Hilfe. Die Verordnung hierzu rauszukramen erscheint mir sehr schwierig, wäre aber natürlich toll, wenn es dir gelänge.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

  • Eine Frage diesbezüglich,

    Gab es irgendwo, vielleicht auch ein oder mehrere Gebiete (heutiges Deutschland) die gewisse Sendungen sporadisch überprüften und dies mit einem speziel dafür vorgesehenen Stempel dokumentierten? Irgend etwas in der Art?

  • Eine Frage diesbezüglich,

    Gab es irgendwo, vielleicht auch ein oder mehrere Gebiete (heutiges Deutschland) die gewisse Sendungen sporadisch überprüften und dies mit einem speziel dafür vorgesehenen Stempel dokumentierten? Irgend etwas in der Art?


    Hallo Jose,

    welche Art von "Überprüfung" meinst Du im Detail ?

    * zolltechnische Überprüfung (z.B. Devisenkontrolle)
    * kriegsrechtliche Überprüfung (z.B. Zensurmaßnahmen)
    * posttechnische Überprüfung (z.B. tarifgerechte Frankatur)

    Beste Grüße
    Schorsch Kemser

  • Hallo Schorsch

    Nun diese Frage kann ich so nicht genau definieren.

    Ich frage, weil ich bei der Schweizer Philatelie etwas entdeckt habe was darauf schliessen lässt, dass gewisse Porti, Frankaturen möglicherweise einer Art Kontrolle Überprüfung, Bestätigung oder Richtigkeit unterzogen wurden um Fehler oder Unwissenheit gewisser Postbeamten auszuschliessen.

    Vielleicht gab es sowas in irgend einer Art in einem Herzogtum, Königreich oder was es sonst noch gab.

  • Hallo Jose,

    es geht also um die "posttechnische" Behandlung.
    Aus der bayerischen Pfennigzeit (1876-1920) kenne ich nur die Kennzeichnungen der sogenannten "Portokontrolle".
    Wie aus dem Sem-Bayern/Pfennig-Handbuch zu entnehmen ist, dienten diese Portokontrollstempel dazu ab etwa 1890 eine amtliche Kontrolle zu bestätigen - also weniger um eine Art "Revision" oder Kontrolle der Mitarbeiter.
    Ähnliches gibt es auch aus dem Deutschen Reich.
    Ich kann jetzt bei Bayern aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit bestätigen, ob mir ein Portokontrollstempel schon mal auf einem Auslandsbrief über den Weg gelaufen ist.

    Ich hoffe, ich habe Dich jetzt richtig verstanden.
    Wie es in der Kreuzerzeit aussieht, weiß @Ralph vielleicht besser.

    Beste Grüße
    Schorsch