• Liebe Freunde,

    ein neues Vögelchen flog vom Hause Schwanke in mein Nest und müsste diese Woche auch physisch bei mir einschlagen. Vorab die Scans und die Beschreibung.

    Im pfälzischen Frankenthal wurde am 13.10.1851 ein Brief nach Zürich geschickt, für den der Pfälzer alle Gebühren zahlen wollte. Eigentlich ein Brief für den Kindergarten, könnte man meinen, aber so leicht war/ist es dann doch nicht.

    Die besondere Eigenheit der Pfalz war es, dass sie ihre Briefe in die CH nur an die badischen Posten zu übergeben hatte, an niemanden sonst. Geographisch wäre auch eine Leitung über Frankreich sinnvoll gewesen, welches ja selbst mit der CH fleißig korrespondierte und mit mehreren Grenzübergängen und Kartierungsstellen diesbezüglich eine echte Alternative geboten hätte. Leider war Frankreich aber in entsprechenden Verhandlungen nicht bereit (schon lange vorher übrigens), von seinem traditionellen Transitgewicht von nur 7,5g abzugehen, so dass die meisten Briefe in die CH wohl in der 2. oder gar 3. Gewichtsstufe gelandet wären, was eine ungeheure Verteuerung bedeutet hätte.

    Als dann am 1.5.1851 das Großherzogtum Baden zum Postverein stieß, war auch theoretisch keine andere Leitung mehr andenkbar, als die durch Baden, zumal Baden mit der damals äußerst schnellen und perfekt aufeinander abgestimmten Eisenbahn das traditionelle Nord - Süd - Gefälle bestens abdeckte.

    Mit dem PV Baden - Bayern zum 1.5.1851 war auch das Franko bzw. Porto von Pfalzbriefen in die CH auf 9x fest gesetzt worden, weil jeder Ort der Pfalz von jedem Ort der CH immer über 20 Meilen entfernt lag. Nur bei dem Weiterfranko für die Schweiz, wenn ein Absender ein solches zahlen wollte, war es etwas schwieriger. Die Eidgenossenschaft war zwar ab dem 1.1.1849 postalisch zusammengefasst worden, doch galten die Altverträge der unterschiedlichen Kantone und Postgebiete (Basel, Zürich, Schaffhausen etc.) noch weiter hin, bis eine gründliche Neuregelung zum 1.10.1852 auch die CH postalisch vereinheitlichte.

    Um dem Wunsch des Absenders in Frankenthal entgegen zu kommen, musste man dort also die innerschweizer Tarife kennen, wenn voll frankiert verschickt werden konnte. Hierbei zu beachten war, dass die CH je nach Altvertragspartner in 4 Postkreise eingeteilt worden war: Bis 10 Wegstunden 2x, über 10 bis 25 Wegstunden 4x, über 25 bis 40 Wegstunden 6x und über 40 Wegstunden 8x für den einfachen, bis 1/2 Loth leichten Brief. In Ansehung der Strecke Frankenthal bis zur Badisch - Schweizer Grenze galt also das Zoll - Loth mit 15,625g, danach nur die Hälfte!

    Weil der Brief auch in der Schweiz noch einfach war, genügten also 11x für das komplette Franko bis zum Empfänger. Entsprechend korrekt hat man das Weiterfranko mit 2x ausgewiesen. Dieses ging jedoch an Baden, da Bayern mit der CH keine direkte Verbindung und damit keine Möglichkeit der Kreditierung von Gebühren hatte. Die badische Bahnpost erhielt also buchmässig 2x von Bayern und gab diese in Basel der CH weiter.

    Außer diesem ist nur noch ein weiterer Brief aus der Pfalz in der Zeit vom 1.5.1851 bis zum 30.9.1852 bekannt.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Lieber bayern klassisch,

    herzliche Glückwünsche von mir zu diesem sehr seltenen und dann auch noch sehr schönem Brief.
    Die Marke ist optimal geschnitten, die Stempel sowohl vorderseitig als auch rückseitig bestens abgeschlagen und selbst das rote Lacksiegel ist komplett vorhanden - besser ist so ein seltenes Stück einfach nicht möglich.

    Ich kann mir nur vorstellen, dass dem Auktionator vor Begeisterung über den erzielten Zuschlag der Hammer aus der Hand gefallen ist. :D

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern-Kreuzer,

    vielen Dank! Ja, bei dem Ausruf war der Zuschlag für weniger tief involvierte Postgeschichtler nicht so leicht nach zu vollziehen; auf der anderen Seite gönnt man sich ja sonst nichts ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ...und diesmal was, das ziegt, dass mir Linksrheinische ja hin und wieder auch noch zu was zu gebrauchen sind bzw. waren ^^

    Herzlichen Glückwunsch von einem Frankenthaler Bub ;)

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo bayern klassisch,

    der Brief ist ja wenigstens in der richtigen Sammlung gelandet. Glückwunsch zu diesem überaus seltenen Stück.
    Der Auktionator wusste sicher nicht, was er bei der Losbeschreibung in Händen gehalten hatte.
    Ich muss gestehen, ich war an der Höhe des Zuschlags nicht ganz unbeteiligt.

    Gruß
    bayernjäger

  • Liebe Freunde,

    es spricht ja nicht gegen einen Brief, wenn aus diesem Forum ein halbes Dutzend bedeutender Sammler und ein halbes Dutzend Schweizer Sammler hinterher waren. Ich danke jedenfalls allen, dass sie bei ihrem guten Geschmack für schönes und seltenes meine finanzielle Grenze nicht zum äußersten gespannt zu haben.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    aus der Sammlung eines lieben Freundes zeige ich nun den 2. Brief dieser Art, jetzt von Ludwigshafen am Rhein vom 4.9.1851 nach Vevey voll frankiert.

    Der Absender zahlte 9x für Bayern und Baden bis zur Grenze der CH bei Basel. Dann aber 16x für die Schweiz, da nach gefahrenen Kilometern gerechnet wurde und noch nicht nach direkter Linie - hier also 8x für über 40 Wegstunden (1 Wegstunde = 4,8 km) und weil der Brief über 1/2 Loth lag, aber unter einem Loth, kamen 2 mal 8x = 16x in die bayerische Postkasse, die man Baden vergüten musste, welches sie der CH geben musste.

    Hier sieht man die pekuniäre Unterschiedlichkeit der Verträge: Die lange Strecke von Ludwigshafen bis Basel bis 1 Loth nur 9x, aber die vergleichsweise kurze Strecke von Basel bis Vevey je halbes Loth 8x, so dass wir hier (Unikat lässt grüßen) einen reinrassigen 25x Frankobrief in die CH vor uns haben.

    Leider gehört er nicht mir, noch nicht ... ^^

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    lechz, sabber... ich zahl jeden Preis 8o 8)

    Ne im Ernst, so eine Granate hab ich noch nie gesehen, geschweige gedacht, dass es so was überhaupt gibt, danke fürs zeigen.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    es gibt 2 Briefe, die in dieses Raster fallen (1.5.1851 - 30.9.1852), aber es könnte noch weit mehr geben. Beide sind nicht eben günstig zu erwerben gewesen, den hier gab es vor Jahren bei Rauhut, meinen habe ich etwas später bei Stade gekauft. Ich halte es für gut möglich, dass es noch mehr Briefe gibt. Sensationell wäre einer mit 2I und 4I aus der Pfalz nach dorthin, aber dann müsste ich mich weit strecken ... ^^^^

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    hier der 3.Brief aus dieser Zeit aus der Pfalz. Brief vom 29.11.1851 aus Landau nach Biel in der Schweiz. Das PV-Porto ist mit 9x frankiert, rückseitig eine 10, die ich nach den vorangegangenen Ausführungen von bayern klassisch nicht einordnen kann.

    Eigentlich ein Frankobrief, siehe auch vorderseitig "affranchie", also frankiert.

    LG
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    sorry, da war mein Post wohl im Nirwana verschwunden ...

    Von Basel nach Biel waren es über 10 bis 25 Wegstunden (Auslandstarif), der 4x gekostet hätte. Auf 10x käme man nur, wenn man den Faktor 2,5 ansetzte - das sehe ich nicht, da er im Postverein einfach gewesen sein muss (9x über 20 Meilen unter 1 Loth 15,625g). Gegenüber der CH galt aber das alte halbe Loth von München (8,75g), so dass er selbst in der 2. Gewichtsstufe der CH hätte maximal 8x kosten können.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    das deckt sich mit meinen Überlegungen.

    War es in dieser Tarifperiode eigentlich noch möglich einen Teilfrankobrief aus Bayern nach CH zu senden, aus Wü haben wir mal über 2 Briefe nach Kreuzlingen diskutiert. Wenn ja, könnte die rückseitige 10 vielleicht 10 Rappen sein, also 3x, das käme nahe an die 4x.

    LG
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    dann sind wir schon zwei ...

    Nein, Teilfrankobriefe gab es nicht mehr - wäre nicht alles frankiert worden, wäre die Marke im Wert verfallen und der Brief wäre als ganz unfrei angesehen worden.

    Das war bis 30.6.1856 so und ging also vertragsübergreifend (PV 1852).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    etwas verstehe ich nicht ganz, der Brief ist doch aus 1851, da war doch geteilte Frankoabgeltung/Teilfranko noch möglich (bis 1854), oder? (Siehe Seite 246 Dr. Helbig)

    Bin mal gespannt :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber BayernSocial,

    der Brief zeigt doch die geteilte Frankoabgeltung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    im Helbig auf Seite 247 wird ein Brief vom München nach Luzern beschrieben mit Teilfranko bis zur schweizer Grenze, dann ist die Beschreibung falsch?

    LG
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    so ist es. Man hat nach der Entwertung der Marke bei der Bahnpost bemerkt, dass der Brief in die Schweiz gehörte und folglich 8x für Bayern (nach dem Tarif vom 1.12.1810 !!) notiert, die die Schweiz mit ihrem Porto auf 50 Rappen addiert hat.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    also ein Portobrief.

    Dann ist der von mir gezeigte ein Brief mit geteilter Frankoabgeltung, die 10x bleiben leider unaufgeschlüsselt. ;(

    LG
    Christian