über Preußen in die USA - vor 1852

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    der folgende Brief wurde kurz vor Weihnachten 1850 in St. Petersburg auf seine Reise nach New York geschickt:



    Der Leitweg durchs kontinentale Europa ist nur schwach durch Stempel belegt, führte aber durch Preußen nach England, wo es via Liverpool dann Richtung USA ging.
    Der schwarze "P."-Kreisstempel stammt aus Aachen, so dass von einer Leitung durch Belgien ausgegangen werden kann.


    Leider bin ich hinsichtlich Unterlagen für diesen Brief etwas schwach aufgestellt:
    Zwischen Preußen und Russland galt noch der Postvertrag von 1843. In diesem war eine Taxe von 13 Sgr. (9 Sgr. preuß. / 4 Sgr. fremdes Porto) für Briefe in die USA bei Leitung via Belgien vorgesehen.
    In Preußen gab es 1845 eine Portoreduzierung auf max. 6 Sgr.
    1846 war ein preuß.-britischer Postvertrag vereinbart worden, in dem für Briefe aus Russland nach England (nicht USA!) eine Taxe von 11 d. festgelegt wurde.
    Für Briefe in die USA war dort eine Taxe von 1s. 8d. (incl. belgischem Transit) zu finden.


    Auf dem Brief selber findet sich rückseitig eine 12 (kann eine Taxe sein, muß es aber nicht) und vorderseitig eine mit roter Tinte notierte 1 / 4 (wenn ich es richtig lese). Dies sieht wie eine englische Notierung von 1s. 4d. aus. Kann jemand diese Taxe erklären ?
    Bestätigte der britische PAID-Stempel die Freimachung bis zur amerikanischen Küste (so meine Interpretation des Vertragstextes) ?
    Woher stammt der schwarze Stempel 5 ?
    Gibt es Fahrpläne für den Januar 1851, aus dem der Schiffsname hervorgeht ?


    Der bekannte Adressat, seit 1847 russischer Staatsbürger, war von 1850 bis 1852 in die USA übergesiedelt, gründete dort eine Bank und investierte erfolgreich in Eisenbahnprojekten.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    ui, ein Schliemann - Brief! Donnerwetter und dann gleich solch eine Rosine.


    Deine Auffassungen teile ich. Der schwarze 5 - Stempel war amerikanisch und galt für den Gebührenanteil vom Landungshafen bis zum Empfänger bis 300 Meilen und eine halbe Unze Gewicht (14,2g).


    Zu dem Schiff bzw. der Linie werde ich später mal schauen müssen - ohne AK - Stempel von Boston, New York, Philadelphia oder Baltimore wird es nicht einfach werden ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Michael,


    dein phantastischer Brief wurde am 15.1.1851 von Liverpool, wie es der Absender richtig geschrieben hatte, mit der "Canada" der Cunard Line über den großen Teich gefahren. Am 28.2.1851 kam die "Canada" in Boston an - daher auch der fehlende New Yorker Ankunftsstempel. Das müssen 6 üble Wochen gewesen sein, wenn man das Wetter und die Schiffe dieser Zeit kennt ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Michael + bk,


    also wieder einmal Kracher der allerersten Sahne, herzlichen Glückwunsch dazu ! Was man hier alles zu sehen bekommt ist schon einmalig. :thumbup: Anbei noch ein Bild von dem von @bk ermittelten Überseedampfschiff.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    supi - ich hoffe, der liebe Michael macht sich einen guten Scan von dem Schiff und fügt diesen als Ausdruck oberhalb seines formidablen Briefes auf der Ausstellungsseite ein. Das hätte dann wirklich etwas ... :P


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Michael,


    ich habe zwei Möglichkeiten


    1.
    die 1sh 4d sind für die Strecke GB via Frankreich nach St. Petersburg für die 1/4oz (zumindest war es 1852 so).
    Davon waren 5d für GB bis Frankreich und 11d bis Petersburg.
    Vermutlich wurde der Brief in den USA mit 24 Cent belastet wovon 19 Cents GB gutgeschrieben wurden.


    2.
    8d Preussen - GB inc. 2d für Belgien (eine Gebühr für Russland wäre dann nicht auf dem Brief vermerkt)
    16 Cents oder 8d Transatlantik + 8d Preussen - GB = 1sh 4d.
    Die 3Cents für GB Inland wurde in diesem Fall nicht angesetzt und die 5 Cents in den USA bezahlt.


    Vermutlich gibt es aber noch eine 3. zutreffende Möglichkeit die ich aber nicht kenne.



    Beste Grüße


    kibitz

  • Hallo kibitz,


    Möglichkeit 1) scheidet aus, weil man nur 5 Cents ansetzte in den Staaten und keine 24 Cents.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo zusammen,
    Hallo Michael,


    sehr schöner Brief, gefällt mir gut :):)


    ...nun meine Versionen.


    1.) wie Du schon geschrieben hast kostete laut Postvertrag Preussen mit England von 46 der Brief 11d (7 Transit + 4d fremdes Porto)
    Dazu kämme noch die die Transitgebühr von 8d je halbe Unze von Liverpool bis amerikanischen Landungshafen. (vom 31.03.49 Preussisches Amtsblatt)
    Macht aber auch in Summe nie 1 sh 4d, oder der Brief war schwerer als eine 1/2 Unze und die 1sh 4d sind nur die doppelte Transitgebühr für den Seeweg von Liverpool-USA
    Das die 5 die Amerikanische Inlandsgebühr von 5 Cent sind , denke ich, ist klar.


    2.) Der Brief lief über Aachen/Belgien/Liverpool/Usa
    Dann könnte die 1sh 4d die Summe der Transitgebühren ab Beigien sein (2d+6d+8d) = 16d=1sh 4d. Dazu kämmen noch die Gebühren Russland/Preussen die ich aber auf den Brief nicht sehe.Aber der P Stempel von Aachen passt dazu. Ich glaube das das die wahrscheinliche Lösung ist.


    3.) Die 1sh 4d sind einfach nur die doppelte Transitgebühr für den Seeweg Liverpool-Amerikanischen Landungshafen. Aber es fehlt der Gewichtsvermerk. :(:(


    schönen Gruss
    Peter

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    das ist ja phantastisch, was da an einem Tag an Infos zusammengetragen wird. :thumbup:
    Vielen Dank dafür!


    Ich vermute auch, dass die notierten 1sh. 4d. das Weiterfranko ab preußischer Grenze umfassen: belgischer + englischer Transit + Seeporto bis zur amerikanischen Küste.
    Interessieren würde mich, ob dies eine übliche Notierung ist, dies also auch auf anderen Briefen aus Preußen Richtung USA in jener Zeit, vor PCM, zu finden ist.


    Mittlerweile bin ich auch bezüglich des russisch-preußischen Taxansatzes fündig geworden. Laut einer Verfügung von 1845 wurde das von Russland zu zahlende Weiterfranko von 13 auf 12 Sgr. reduziert. Diese Zahl findet sich auch rückseitig, so dass langsam alles rund wird.


    Auf die Seite mit dem Brief wird natürlich ein Bild des Schiffes platziert. :)
    Eine Überfahrtsdauer von 6 Wochen ist aber auch beachtlich.


    Viele Grüße
    Michael

  • Auf die Seite mit dem Brief wird natürlich ein Bild des Schiffes platziert.
    Eine Überfahrtsdauer von 6 Wochen ist aber auch beachtlich.


    Wie man seit Kolumbus weiss, sollte man in den Monaten Januar bis März den Atlantik nicht in Ost-West-Richtung überqueren.