Zensurbelege

  • Hallo Heribert,


    hätte man dann nicht eher "junior" bzw. "senior" geschrieben? Aber es kann auch so gewesen sein, wie du es schreibst.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Guten Morgen liebe Sammlerfreunde,

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    der Beleg anbei zeigt wieder einmal einen anderen Effekt der Rheinlandzensur: Die nicht nur ganz anfänglich rigorose Nichtzulassung von Informationen mithin völlig unbedenklichster Art. Leidtragender im vorliegenden Fall war der Landauer Landschaftsmaler Friedrich Ferdinand Koch (1863-1923),

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    ...seines Zeichens wohl auch Briefmarkensammler, welcher noch eine gewisse Zeit lang nicht in den Genuss der neuesten Informationen der Briefmarkenhandlung Albert Friedemann / Leipzig gekommen ist, da es hieß: Gesperrt - zurück. Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, das der Absender u.a. Briefmarkenprüfer war, seine Signatur war A.F.

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    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    tolles Stück - eindrucksvoll!


    Scanner geht aber wieder, oder? :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,
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    ja, so einen Beleg mit on top sozialphilatelistischem Hintergrund wird man nicht mehr oft finden..


    Viele Grüße.


    vom Pälzer
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    PS: scanner läuft schon die ganze Zeit, seit Rechnerwechsel, allerdings mit einer (zu) arg primitiven software. Mit Hilfe von Klesammler bin ich dran, das zu reoptimieren

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Dieter,
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    ich würde den Ergebnis als "gehoben" bewerten, was verständlich ist, da der potenzielle Interessentenkreis nicht nur hier weilt. Da sich die Pfälzer gegenüber der französischen Besatzungsmacht als - aus deren Sicht überraschend - kooperativ gezeigt hatten, wurde die Zensur gegen 1920 gelockert. Wann genau aber die pauschale Zurückweisung von Drucksachen o.ä. aus dem überrheinischen Verkehr erfolgte, ist mir anhand von einer einschlägigen Ordre o.ä. bislang nicht bekannt. Insofern kann man sich da nur anhand von weiteren Stücken näherungsweise "heranarbeiten". Wer also solche bereits besitzt, könnte mit Weitergabe des Aufgabetags für die Forschung einen guten Beitrag leisten.


    Viele Grüße
    Tim :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Sammlerfreunde,


    ob es sich bei dem Beleg anbei um eine kleine Sensation handelt, weiss ich noch nicht. Tatsache ist jedenfalls, dass der hier schon mehrfach zitierte Beitrag aus der "Pfälzischen Postgeschichte" (Ausgabe Nr. 40 / 1974) von Dr. Willi Niedermeier insgesamt 23 Zensurstempel aus der Zeit der Rheinlandbesetzung der Pfalz vorweist...nicht aber den keinen Zweikreiser hier aus Ludwigshafen am Rhein. Nun sind schmale 45 Jahre seit dem Beitrag vergangen, vielleicht hat sich in der Zwischenzeit ja wo anders Vergleichbares gefunden, allerdings habe ich diesen Zensurstempel bisher noch nirgends sonstwo gesehen. Falls also andere Stücke damit bereits bekannt geworden sein sollten, bitte melden.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Verehrte Sammlerfreunde,


    anbei wieder ein Schlüsselbeleg vor dem Hintergrund - ganz - großer Geschichte, die nachfolgend auf das Wesentlichste reduziert wiedergegeben werden soll:


    Ein amerikanischer Bergbauingenieur und sehr vermögender Geschäftsmann namens Herbert Clark Hoover, von 1929-1933 der 31. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, organisierte zu Beginn des 1. Weltkrieges gemeinsam mit in Großbritannien ansässigen Geschäftsleuten die Evakuierung sich noch in Belgien aufenthaltender Amerikaner. Zugleich sah man dort aber auch die nach der deutschen Invasion im August 1914 auf Belgien zukommende Lebensmittelkrise.


    Denn auf der einen Seite weigerten sich die Deutschen, die Verantwortung für die Ernährung der belgischen Bürger auf dem eroberten Territorium zu übernehmen, auf der anderen Seite weigerten sich die Briten, die Seeblockade auch des von Deutschland besetzten Belgien aufzuheben, es sei denn, die US-Regierung überwachte die belgischen Lebensmittelimporte als neutrale Partei im Krieg.


    Hoover suchte zunächst auf deutscher Seite nach Unterstützung, aber die Briten erkannten recht schnell, dass man sie mit ihrer schon kurz nach Ausbruch der Feindseligkeiten eingerichteten Blockade als erbarmungslose Kriegsherren darstellen konnte, welche nicht nur die Zivilbevölkerung des Feindes, sondern auch jene der eigenen Alliierten aushungern. Also entschied man sich am 18. Februar 1915, dem "Hoover Fonds" monatlich rd. 4,82 Mio. Dollar zur Verfügung zu stellen.


    In Zusammenarbeit mit der Administration des amerikanischen Präsidenten Wilson und der CNSA (Comité National de Secours et d'Alimentation), einer belgischen Hilfsorganisation, hatte Hoover bereits am 20. Oktober 1914 die Kommission für die Hilfe in Belgien CRB (Commission for Relief) eingerichtet. Das CRB beschaffte und importierte Millionen Tonnen Lebensmittel, die das CNSA verteilen sollte, und trug dazu bei, dass die deutsche Armee die Lebensmittel nicht aneignete.


    In einer frühen Form der Shuttle-Diplomatie überquerte Hoover vierzig Mal die Nordsee, um sich mit deutschen Behörden zu treffen und sie davon zu überzeugen, die Lebensmittellieferungen nach Belgien zuzulassen. Auf Ersuchen der französischen Regierung begann die CRB ab 1915 auch mit der Lieferung von Waren an die Bevölkerung Nordfrankreichs, was letztendlich ebenfalls von den Deutschen gestattet wurde.


    Der in London lebende Hoover arbeitete 14-Stunden-Tage, um den Einkauf und Überseetransport zu organisieren. Am Ende der CRB waren für 11,4 Milliarden Pfund 5,7 Millionen Tonnen Lebensmittel an 9,5 Millionen zivile Kriegsopfer ge-gangen. Im von den Deutschen besetzten Belgien organisierte Ernest Solvay als Vorsitzender und Emile Francqui als Präsident der CNSA die Verteilung der Nahrungsmittel durch Provinzkomitees.


    Private Spenden und Zuwendungen der öffentlichen Hand stellten den größten Teil des monatlichen Budgets der CRB von 11 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Sie wurde zu einer regelrechten unabhängigen Hilfsrepublik mit eigener Flagge, eigenen Eisenbahnen, eigenen Fabriken, Mühlen und eigener Marine, welche den Seetransport über den Atlantik besorgte. Jener war jedoch mit erheblichen Gefahren verbunden.


    Die Deutschen hatten zwar in einer Verbalnote vom 5. März 1915 mitgeteilt, dass ihre U-Boote Schiffe der CRB unbehelligt lassen würden. Dennoch gingen schon vor dem uneingeschränkten U-Boot-Krieg 19 Schiffe hauptsächlich durch Seeminen verloren, anschließend nochmals 12, davon acht durch U-Boote. Trotz alledem kam ein überseeischer Transport von 200.000 Schiffsladungen mit Hilfsgütern aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Indien und Argentinien zusammen.


    Für die Aufrechterhaltung der Versorgung brauchte die CRB durchgehend ca. 60 Frachtschiffe mit zusammen ca. 300.000 BRT. Hoover bemühte sich zunächst um bei Kriegsausbruch internierte deutsche und belgische Schiffe, was im Wesentlichen jedoch scheiterte. So wurden Schiffe neutraler Staaten aus Dänemark, Norwegen und Schweden und von den Niederlanden gechartert. Sie fuhren zunächst mit für die USA bestimmter Handelsware über den Atlantik (bspw. Stahlprodukte aus Schweden).


    Um die Hilfstransporte auf der Rückfahrt gegen versehentliche Angriffe der verfeindeten Parteien zu schützen, trugen die dafür eingesetzten Schiffe einen fast vom Bug bis zum Heck reichenden Schriftzug "BELGIAN RELIEF COMMISSION TO ROTTERDAM" und eine entsprechende CRB-Beflaggung. Sie wurden in Rotterdam gelöscht und die Lebensmittel über das Binnenkanalsystem nach Belgien weitergeleitet.


    http://www.baef.be/documents/a…belgium-1914-.xml?lang=en


    Dass die Transportschiffe der CRB mit einer gewissen Regelmäßigkeit und hinlänglich sicher den Atlantik überquerten, wurde bald auch in Deutschland bekannt, so dass man sich für den nach den USA gerichteten Postverkehr und umgekehrt der von den Briten zugelassenen Hilfstransportschiffe der neutralen Parteien bediente. Dies war im Prinzip bis Kriegseintritt der USA zum 2. April 1917 möglich und ist an dem anbei abgebildeten Beleg recht eindeutig ablesbar.


    Hier erfolgte der Überseetransort eines Schreibens der Fa. Knoll AG aus Ludwigshafen a.Rh. "via Schweden" mit einem Schiff der der Rederiaktiebolaget (Schifffahrtsgesellschaft) Nordstjernan (Johnson Line), einem der großen Geschäftspartner der CRB, die mit ca. 45 Kronen pro Tonne / Barrel Fracht recht gut an den Hilfstransporten verdiente. Sie führte auch im Auftrag der schwedischen Regierung Warentransporte von den USA nach Schweden aus.


    Allerdings wurden auch deren Schiffe von Großbritannien argwöhnisch auf propagandistisches oder spionageverdächtiges Material hin durchsucht. Während der vom 3. August 1914 bis zum 29. November 1917 währenden Tätigkeit der britischen Northern Patrol wurden 12.979 Fahrzeuge auf See angehalten und untersucht, 2.039 meldeten sich in britischen Häfen freiwillig zur Inspektion, 1.816 wurden mit einer bewaffneten Mannschaft zur Untersuchung in Häfen gesandt.


    Im vorliegenden Fall wird die zur britischen Postzensur gelangte Korrespondenz des Ludwigshafener Pharmaunternehmens für unbedenklich erklärt worden sein, da es unverfänglich in Geschäftsbeziehung mit einem in den USA ansässigen Unternehmen (Fliesenfabrik Ernst Bilhuber / Maywood - New Jersey) stand.



    Viele Grüße

    Vom Pälzer


    Verwendete Quellen:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Herbert_Hoover

    https://en.wikipedia.org/wiki/…cours_et_d%27Alimentation

    http://www.baef.be/documents/a…belgium-1914-.xml?lang=en

    http://net.lib.byu.edu/estu/wwi/comment/CRB/CRB2-17a.htm

    https://www.cairn.info/revue-c…lois-2014-1E-page-121.htm

    http://net.lib.byu.edu/~rdh7/wwi/comment/CRB/CRB1-TC.htm

    https://books.google.de/books?…british%20control&f=false

    https://de.wikipedia.org/wiki/…ter_und_Zweiter_Weltkrieg)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Seeblockade

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Pälzer,


    danke für den sehr informativen Beitrag, der Geschichte lebendig macht. :thumbup:


    Gruß

    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Lieber Michael,


    ich danke recht herzlich, und dies nochmals auch für das Foren-update, das das Verfassen auch größerer Beiträge deutlich bequemer als zuvor ermöglicht.


    Beste Grüße !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... auch von mir vielen Dank für die tolle Berichterstattung - wieder etwas dazu gelernt und oft sind ja gerade die "harmlos" aussehenden Briefe die, die es wirklich in sich haben.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    nach langer Sucherei wurde soeben endlich auch einmal eine äußerst ausführliche Primäquelle gefunden, die uns sämtliche Details der britischen Zensur der (Packet-)Post von und nach verfeindeten Staaten eröffnet. Auch und im Besonderen die damit verbundenen diplomatischen Spannungen zwischen Großbritannien und Frankreich mit den kriegsneutralen Staaten (einschl. USA).


    United States Department of State / Papers relating to the foreign relations of the United States, 1916. Supplement, The World War (1916) - ab Seite 591.


    Es ist einfach nur sagenhaft, was hier alles zu Tage kommt. Um das alles auszuwerten, brauche ich allerdings noch etwas Zeit. Wer selbst schon einmal vorausschmökern möchte, bitteschön:


    http://digicoll.library.wisc.e…FRUS.FRUS1916Supp&isize=M


    Viele Grüße

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer ()

  • ... habs nur angelesen - ja, es ist immer wieder erstaunlich, was unsere amerikanischen Freunde so alles im Netz eingestellt haben - eine Sensation.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ...Junge, Junge, das kannst jetzt aber wirklich mal laut sagen. Man ist anhand dieser chronologischen Originaldokumentation wirklich vollumfänglich in die Lage versetzt, das gesamte Zensur-Procedere, dessen Standorte, Organisation und Werdegang nachzuvollziehen. Ich bin gerade echt vollplatt !


    Viele Grüße

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo VorphilaBayern,


    das Zensursiegel macht irgendwie klar mehr her, als der bekannte Ludwigshafener Zweizeiler vom II. Armeekorps, vor allem wenn es wie hier so schön sauber abgeschlagen ist. Und: Ich sehe zum ersten Mal sehr ordentlich / leserlich notiert den Rang des Zensors, einem Major d.(er) L.(andwehr). Die schweizer Stempelqualität und das Firmenlogo der Knoll & Co. runden das Gesamtbild dann noch perfekt ab.


    Klasse + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Wenn man sich so um ein Thema kümmert, merkt man, dass die Pfennigzeit in manchen Sparten weitaus mehr und m.E. auch weitaus Interessanteres zu bieten hat, als die Kreuzerzeit. Ich wollte für meinen Beritt mit der bekannten Zensurstelle des II. Armeekorps in LU auch einmal so detaillierte Daten vorliegen haben. Im Riemer steht schon ein wenig, aber vieles muss noch erforscht werden. In Bezug auf den Rang der Überwachungsoffiziere hatten wir daletzt für LU einen (sehr schönen) Zensurbrief von VorphilaBayern vorgestellt bekommen, wo sich der Zensor als Major der Landwehr geoutet hat.

    Ja, die Pfennigzeit bietet ein breites Betätigungsfeld, das im Vergleich zur Kreuzerzeit sehr preiswert gesammelt werden kann. Leider erfolgten die Gründung der UPU und die Währungsumstellung im Deutschen Reich fast zeitgleich, sodass uns Pfennigzeitsammlern eine spannende Spielwiese weitgehend vorenthalten wurde.


    Meine Daten stammen vom Staatsarchiv in Stuttgart, das noch einen großen(?) Teil der militärischen Akten archiviert hat. In Postakten habe ich noch nichts über die Zensurstellen gefunden. Leider sind die militärischen Akten auch nicht immer in einem guten Zustand oder sie sind offensichtlich nicht komplett. Manche Akte sieht aus wie mit dem Besen zusammengekehrt und zwischen 2 Aktendeckel gepresst. Die Online-Findbücher sind oft auch nicht immer hilfreich, denn der Sachbearbeiter hat bei der Beschreibung oft ganz andere Vorstellungen gehabt, als ich. Es ist mit etlichen Mühen verbunden, aber man kann manch spektakulären Fund machen.

    Der Riemer ist ein gutes Grundlagenwerk und ich habe großen Respekt vor der Leistung dies zu veröffentlichen. Man muß aber die Fakten immer hinterfragen, denn manches ist nicht korrekt. Ich bin schon weit darüber hinaus über das, was im Riemer über die Zensurstellen in Stuttgart publiziert wurde.

    Der Zensurbrief von VorphilaBayern entspricht genau der Form, die ich für Prüfungsstellen für Geschäftsbriefe erwarte. Die Briefe wurden der Prüfungsstelle von Boten der Firmen offen vorgelegt, dort geprüft und verschlossen. Nach der Stempelung mit den diversen Dienstsiegeln und Zensurvermerken wurden sie schließlich in den Postverkehr wieder erstmals eingeschleusst und spätestens dort gestempelt.

  • Guten abend Sammlerfreunde,


    anbei wieder ein bislang nicht belegter Zensurstempel aus der französischen Besetzung LE CONTROLEUR MILITAIRE DE CERCLE KUSEL - RÉPUBLIQUE FRANÇAISE. Der unsauber abgeschlagene Brief ist mit 25 Pf ins Ausland um 5 Pf überfrankiert. Sehr wahrscheinlich war es - allein schon von der Adressierung her anzunehmen - ein französischer Absender, welcher die 25 Centimes-Auslandsfrankatur kannte und meinte, dem in gleicher Höhe auch in Pfennigen nachkommen zu müssen. Sehr interessant vorliegend auch sein Vermerk: á acheminer sans nouvel examen = ohne weitere Prüfung zu weiterzuleiten. In Erwartung dessen, wurde auch nicht - wie für Zensurzwecke obligatorisch - offen, sondern geschlossen aufgeliefert und dies augenscheinlich nicht beanstandet. Der Abschlag des Zensurstempels allein ist jedenfalls kein Nachweis, dass eine Zensur des Briefinhaltes stattgefunden hat.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,


    das im Regierungsbezirk Wiesbaden gelegene Frankfurt am Main war Sitz des XVIII. Armeekorps, dessen Postzensurstelle während des Krieges insgesamt drei Prüfstempel zum Einsatz brachte. Der anbei ist der erste (Riemer Nr. 247, 32,5 mm Durchmesser, runde Klammern um "Main", später eckiger und eckig). Auf einem Beleg mit Firmenlochung und mit der für sich selbst sprechenden Abschlagsqualität kommt das natürlich besonders gut rüber. Jeglicher Auslandsbriefverkehr oder nach den Grenzzonen-Gebieten wie im vorliegenden Fall durfte nur offen erfolgen. Bei Verstößen erhielten die Sendungen den Stempel "Zurück / Nur offen zulässig".


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    das ist schon ein besonderes Stück. Die 10 Pfennig-Frankatur hat mich sogleich irritiert und der Zielort Kaiserslautern ebenso. Was macht bloß ein Inlandsbrief in einer Auslandszensurstelle?

    Vom Erscheinungsbild her müsste es sich doch um einen Brief einer Prüfungsstelle für Auslandsgeschäftsbriefe handeln. Ein Blick in den Riemer bestätigt meine Vermutung.

    Der Brief wurde von der Prüfungsstelle für Auslandsgeschäftsbriefe zensiert. Das belegt der Stempel, der die Zensurstelle als Prüfungsstelle bezeichnet und der rückseitige Abschlag des Zensurstempels.

    Die Zensurstelle für normale Auslandsbrief wird als Überwachungsstelle bezeichnet.

    Eine kurze Recherche bei delcampe und ebay bestätigt meine Vermutung. Briefe der Prüfungsstelle für Auslandsgeschäftsbriefe tragen den Zensurstempel auf Vorder- und Rückseite und sind alle in Frankfurt 9 gestempelt. Briefe der Überwachungsstelle tragen den Zensurstempel nur auf der Vorderseite und zeigen unterschiedliche Entwertungsstempel.


    Es stellt sich nun die Frage warum dieser Brief bei der Zensur vorgelegt wurde. War die Pfalz am Anfang des Krieges Aufmarschgebiet und wurde dann gesondert kontrolliert? Im Riemer ist die Pfalz später außerhalb des Grenzgebietes geführt, das eine besondere Kontrolle erfuhr.


    Ein spannendes Stück, das weiteren Klärungsbedarf erfordert.