Zweibrücken - Heidelberg 11.03.1919
Hallo Sammlerfreunde,
schon ein wenig verwunderlich, dass man zu den o.a. Poststücken noch keinen eigenen thread vorfindet. Denn das Thema Postüberwachung und Zensur ist durchaus spannend und umfangreich. Offenbar ist der eine oder andere Zensurbrief schon in den einen oder anderen Katalog-Hauptnummerthreads gewandert.
Um einen themenspezifischen zu etablieren, müssen natürlich gerade wir Linksrheinischen erst einmal selbst vor der Haustüre kehren... ...also dann. Heute "die Wende" mit einem Auftaktbeleg, der es m.E. auch würdig ist als solcher gezeigt zu werden. Postgeschichtlich ist er in mehrfacher Hinsicht wirklich interessant.
Zunächst noch einmal der Kurzabriss zum historischen Hintergrund: Nach dem zum 11.11.1918 abgeschlossenen Waffenstillstandsabkommen von Compiègne wurde die bayerische Pfalz vollständig sowie hpts. durch Truppen der 8. französischen Armee besetzt. Unter dem vom südpfälzischen Landau ausgehenden Kommando des Generals Augustin Grégoire Arthur Gérard war dieser Vorgang bis etwa Mitte Dezember 1918 abgeschlossen.
Nach Dr. W. Niedermeier (Französische Postzensur in der Pfalz in: Bezirksgruppe Neustadt der Gesellschaft für deutsche Postgeschichte (Hrsg), Pfälzische Postgeschichte - Postgeschichtliche Blätter Nr. 40, Kaiserslautern 1974, S. 166 ff.) wurden durch die Besatzungsmacht ab etwa dem 20.12.1918 förmlich militärische Prüfungs- und Überwachungsstellen mit französischen Kontrolloffizieren eingeführt. Dies zunächst in Kaiserslautern, Landau und Ludwigshafen.
Landau war zuständig für die Überwachung des Postverkehrs zwischen der Südpfalz und dem nicht besetzten Reichsgebiet (einschl. Elsass). Für den nördlichen Teil der Pfalz überwachte die Prüfstelle Ludwigshafen den Postverkehr zwischen Deutschland rechts und links des Rheines.
Bis Anfang Februar 1919 war nur Postverkehr zulässig, soweit er unentbehrlich war für die Beziehungen der Zivilbehörden untereinander, jeglicher privater Post - auch Telegraphen und Fernsprechverkehr - war untersagt. Sendungen für den innerpfälzischen Postverkehr unterlagen eher geringen Reglementierungen, auch sie waren gleichwohl den örtlichen Zensurstellen vorzulegen.
In Ludwigshafen war für den Überrheinverkehr durch die französische Besatzungsmacht eine besondere Behörde eingeführt, das Überrheinverkehrsamt. Auch der nachstehende Beleg aus Zweibrücken wurde hierüber ins rechtsrheinische Heidelberg vermittelt (siehe weißes Etikett oben links). Bis Oktober 1919 waren alle Briefe unverschlossen am Postschalter anzuliefern, so geschehen auch im vorliegenden Fall.
Für die Gebührenperiode 01.10.1918 - 01.10.1919 als Fernbrief bis 20 gr. korrekt mit 15 Pf freigemacht unterlag der Behördenbrief bereits der Zensur am Absendeort in Zweibrücken. Der vom dortigen Überwachungsoffizier verwendete Kontrollstempel übersetzte interessanterweise auch die Ortsbezeichnung ins Französische: Deux~Ponts = Zwei~Brücken. Die Abkürzung A.A. steht für Administration Allemandes = Deutsche Verwaltung.
Schönen Gruß
vom Pälzer