• Liebe Freunde,

    heute zeige ich als Wissensfremder einen Beifang, der hier passen sollte:

    Postkarte zu 10 Pfg. aus meiner Geburtsstadt Speyer vom 24.2.1919 an das Standesamt in Lüttringhausen mit dem bekannten Aufkleber von Ludwigshafen. Hier hat man Gott-sei-Dank auf diese schreckliche Sütterlinschrift verzichtet und niveauvoll (typisch Speyer halt) leserlich geschrieben - es ging ja auch um Wichtiges, wenn auch nichts Schönes ...

  • Morschen Ralph,

    der ging dem Aufkleber nach über das von den französischen Besatzern recht schnell eingerichtete "Überrheinische Verkehrsamt", wo französische Offiziere all das kontrollierten, was von und nach dem übrigen Reichsgebiet gehen sollte. Der in den unterschiedlichsten Versionen bis hin zum Handschrift- oder Schreibmaschinenaufdruck bekannte Zusatzvermerk sollte bezwecken, dass man sich der Zensur als Absender bewusst war und für eine unkomplizierte bzw. möglichst beschleunigte Beförderung sorgen. 1 Jahr später, als feststand, dass die Pfalz nicht annektiert werden konnte - Briten und Amerikaner

    waren dagegen - wurde die Zensur wieder abgeschafft und nur noch die Devisenkontrolle für Auslandspost durchgeführt.

    ... und Gruss :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (26. Dezember 2021 um 12:19)

  • Morsche Tim,

    danke - wieder was dazu gelernt. Früher wurden für solche Stücke auf Auktionen zwischen 50 und 100 DM gefordert (auch gezahlt?); heute kenne ich da leider keine Preiseinschätzung.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... das ist bei Standartbelegen mittlerweile an der Untergrenze Deiner DM Taxierung angekommen. Diese Aufkleber waren auch nicht wie oft falsch kolportiert wurde und z. T. noch wird etwa amtlicher, sondern rein privater Natur... es hat sich besonders in Amts- und Geschäftsbereichen halt rumgesprochen, dass dessen Verwendung ganz hilfreich ist. Insofern besteht da besagte Vielfalt, die zwar schön anzusehen ist.

    Wenn ich eine neue Aufkleber-Variante zu meiner Sammlung ergänzen oder eine besondere Versendungsform damit finden würde, wäre ich allein deswegen auch noch für (etwas) höhere Preisbewilligungen zu haben, ansonsten eher nicht mehr. Man braucht das allein zur Darstellung des Hergangs der Dinge ja nun nicht 30 x.

    :thumbup:Gruss

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... so ist es - auf Kenner des 1. WK kann man sich halt verlassen. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... keine Ahung, aber der Satz "Für Eisenbahn ungültig" ist schon der Hammer - wer solch einen Ausweis hatte, durfte den Rhein also per pedes überqueren - Respekt!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Allseits guten Morgen,

    über so manch ein Ding freut man sich gelegentlich besonders und das ist vorliegend der Fall. Man kann sich das ja kaum noch besser wünschen: Eine - hier am 20.06.1919 - durch die Rheinlandzensur tarifgerecht ins Ausland gelaufene Eil-Poka, hier mit Zielort Ouderem bei Dendermonde / Belgien (Provinz Ostflandern).

    Die Herren Zensoren im Überrheinischen Verkehrsamt / Ludwigshafen a.Rh. werden nicht schlecht gestaunt haben, in was für einer Sprache ihnen da die Poka mit einer Ansicht der Stadt, von der man nur noch träumen kann, aufgeliefert worden ist. Doch die eigentliche Herausforderung liegt in der Taxe:

    10 Pf für die Auslands-Poka im Tarifzeitraum 01.10-1918 - 01.10.1919 ist sonnenklar, aber der vorliegend verklebte Rest von 25 Pf für die Eilbestellung ? Der betrug für innerhalb Deutschlands gelaufene Expresssendungen zwar 25 Pf, aber auch für`s Ausland ?

    Gemäß Art. 13 Abs. 2 des damals noch gültigen UPU-Vertrages Wien 1891 unterlagen Sendungen, welche mit der Bezeichnung „durch Expressen" versehen wurden einer besondern Bestellgebühr, welche auf 30 Centimen festgesetzt war und vom Absender neben dem gewöhnlichen Porto zum vollen Betrag im Voraus entrichtet werden musste.

    Diese Gebühr verblieb lt. UPU-Regelement aber bei der Verwaltung des Aufgabegebietes. 30 C entsprachen umgerechnet ca. 24 Pf, wurden von der Ludwigshafener Hauptpost auf 25 Pf aufgerundet, so dass sich schließlich der hier zum Ansatz gebrachte Gesamtbetrag von 35 Pf ergeben hat.

    + Gruß

  • Guten Morgen zusammen,

    aus dem "Lenggrieser Überraschungskörbchen" anbei einmal ein umgekehrt, d.h. aus dem seinerzeit nicht besetzten Teil Deutschlands, gelaufener Zensurbeleg (Einschreiben), welcher nach der Inhaltskontrolle mit Banderole wieder verschlossen worden ist. Schön, dass hier noch der aus der Mode gekommene Ankunftsstempel abgeschlagen worden ist. In Bezug auf Frankfurt am Main und Militärbesetzung nach dem 1. WK muss allerdings der Vollständigkeit halber noch eine Episode aus dem Frühjahr 1920 erwähnt werden:

    In Folge des rechtsgerichteten Kapp-Putsches in Berlin war es auch im Ruhrgebiet am 13. März 1920 zu ersten Demonstrationen revolutionärer Arbeiterräte und zur Bildung der "Roten Ruhrarmee" gekommen, die rd. 50.000 Mann umfasste und binnen kürzester Zeit die eingesetzten Ordnungskräfte besiegte. Zu der Niederschlagung des Ruhraufstandes rückten Einheiten der Reichswehr in das eigentlich entmilitarisierte Gebiet ein. Als Gegenmaßnahme kam es am 6. April 1920 zur Besetzung von Frankfurt am Main, Hanau, Offenbach am Main und Darmstadt durch französischen Truppen.

    In den ersten Besatzungstagen durfte die Bevölkerung wegen Erlass einer Ausgangssperre die Straßen zwischen 21 Uhr und 5 Uhr nicht betreten. Uniformierte deutsche Beamte hatten gegenüber der Fahne der Besatzer und deren Offiziere in Uniform Grußpflicht. Nur mit einem französischen Visum war eine Einreise in das besetzte Gebiet möglich. Nach Niederschlagung des Ruhraufstandes zogen sich die französisch-belgischen Truppen am 17. Mai 1920 aus den am 6. April okkupierten und in den Belagerungszustand versetzten Gebieten des Volksstaats Hessen wieder zurück.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    Schöner Beleg, könnte es sein dass die Post, speziell bei Einschreiben, die nicht durch Sie verursachte Verzögerung dokumentieren wollte?

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo Ulrich,

    exakt genau so ist es auch mir aufgrund der mit der Zeit beobachteten Beleg-Eingänge in den Sinn gekommen = absolute Zustimmung.

    Grüße !

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Sammlerfreunde,

    der Beleg anbei unterlag der Auslands-Devisenkontrolle, besticht allerdings auch durch eine portogerechte Einzelfrankatur von BY Mi-Nr. 162A (30 Pf Auslands-Normalbrief bis 20 gr + 30 Pf für das Einschreiben) und durch einen sehr sauberen, schön zentrierten Abschlag zwei Tage vor Ablauf der Gebührenperiode 01.10.1919 - 06.05.1920. Den Absender, ein Prof. Karl Mayer aus Mannheim, Waldparkstr. 39 habe ich allerdings noch nicht ergoogeln können.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Guten Morgen Sammlerfreunde,

    der Auslandszensurstelle sind vorliegend auch auf der Rückseite keine sonderlich deutlich daherkommende Abschläge gelungen, aber der Stempelmaschine der Ludwigshafener Hauptpost - für uns Sammler erfreulicherweise - auch nicht. Deswegen wurde wohl nochmal mit dem Tagesstempel nachgeholfen und der kommt ja dann schon ganz gut daher. Den bunten Vermerk oben links lese ich als "Offerte", wahrscheinlich, um der Zensurstelle den Inhalt zu vermittlen.

    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Der bunte Vermerk lautet "offen". Der zweite Stempel einen Tag später deutet eher darauf hin, dass der Beleg zur Firma retour ging, die den Brief - wie auch immer öffnete - und dann wieder einlieferte. Dann erst ging er durch die Zensur. Das war eine Erziehungsmaßnahme der Zensurstellen, denn sie sollte eine Arbeitserleichterung bringen. Die Rückseite wird wohl eher unergiebig sein?

  • Hallo Axel,

    die Rückseite zunächst anbei und nichts lieber als das, dass ich diese Beschreibung gerne übernehmen würde ! Denn das wäre dann sozusagen mein erster Schlüsselbeleg in dieser Richtung, also hammermäßig. Mit dem "offen" komme ich definitiv klar, das sieht auch eher so danach aus. Aber die beiden postalischen Stempel sind ja vom gleichen Tag 08.02. und von der gleichen Stunde 8-9 Uhr NM. Ergo stellt sich die Folgefrage: Ist innerhalb dieser Stunde eine Retoure aus dem vorgetragenen Grund vorliegend hinlänglich denkbar/erklärbar gewesen ?

    Dazu ein Auszug aus dem Adressbuch der Stadt LU, da war die Fa. Oberwegener also in der Ludwigstraße 38 ansässig und das Postamt 1 (Stadt) in der rd. 600 m weiter nordwestl. liegenden Jägerstraße 1. Das waren rd. 600 m, so dass das mit der Retoure in einer Stunde also durchaus möglich erscheint, wenn alles reibungslos zusammen gewirkt hat. Aber dann drängt sich wiederum eine Basisfrage auf, über die ich mir noch gar keine Gedanken gemacht habe: Was kam eigentlich zuerst dran, die Zensur oder die Bearbeitung durch die Post ? :/

    LG

    Tim

  • Ich habe beim Einkreiser 9. Feb. gelesen, aber es sieht eher nach 8.Feb. aus.

    Ludwigshafen war eigentlich als Prüfungsstelle vorgesehen und dort war zuerst die Zensur und dann die Post an der Reihe. Aber Ludwigshafen hatte eine Sonderstellung wie Nürnberg. Beide wollten auch offiziell eine Überwachungsstelle haben, aber das wurde von der Post aus logistischen Gründen rundweg und nachvollziehbar abgelehnt. Beide haben dann so eine Art Zwitter zwischen einer Prüfungsstelle und einer Überwachungsstelle bekommen. Insbesondere Ludwigshafen hat auch eingehende Post zensiert, das klar für eine Überwachungsstelle spricht, aber sie haben eben nicht alles zur Zensur bekommen was in die Pfalz gelaufen ist. Diese Vorgänge sind von einer Konferenz der Prüfungsstellen in Frankfurt überliefert, die aber nur kurz über die Zensurstellen berichten. Es gibt sicherlich in den Akten der zuständigen Armeekorps Vorgänge, wo man aus erster Hand den Schriftwechsel über diese Anträge zu sehen bekommt. Leider habe ich es bis jetzt nicht mehr nach München geschafft. Aber ich bleibe dran!