MiNr. 8 II - 1 Kreuzer gelb mit runden/abgeschrägten Ecken

  • Ich möchte an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, dass es aus meiner Sicht nur genau eine Nr. 8II (an unterschiedlichen Positionen auftretend) geben kann - aber nicht mehrere (Feld A45 vom Elster-Bogen hatte ich in meinem Entwurf für den Artikel schon ausgeschlossen).

    1. Eine Nr. 8 Plattentyp II existiert nur, wenn sie von einem Austauschstöckel der Nr. 3 Plattentyp I stammt. 4 schräge Ecken, die nur durch mechanische Einwirkung entstanden sind, bedingen keinen anderen Plattentyp.

    2. Die Theorie, dass das Austausch-Stöckel der Nr. 3I auf Feld B25 gleich zu Beginn des Drucks wegen des (Platten-)Fehlers "defektes B in BAYERN" verwendet wurde, ist widerlegt und steht daher als Erklärung nicht mehr zur Verfügung.

    3. Einzige plausible Erklärung kann dann nur noch sein, dass Mitte 1865 die eigentlichen Reserve-Stöckel der Nr. 8I (mit den spitzen Ecken) aufgebraucht waren, und man nun auf Stöckel der Nr. 3I (mit runden Ecken) zurückgriff, was dann gleich auch das Auftreten der Nr. 8II erst in 1865 mit erklärt.

    4. Der heute erhalten gebliebene 90er-Bogen (Elster-Bogen) ist der finale Zustand des Druckbildes der Nr. 8 (5. und letzte Auflage). Es gibt auch noch einen 45er-Bogen von der rechten Bogenhälfte, der der des Elster-Bogens exakt entspricht.

    Auf beiden findet sich nur EINE Nr. 8II, nämlich auf Feldposition B25. Mit anderen Worten: ganz zum Ende der Druckzeit der Nr. 8 gab es nur eine Nr. 8II.

    Daraus folgt aber auch, dass immer nur eine Nr. 8II gegeben haben kann! Eine zweite parallel zu der, die wir ja schon von B25/B1 kennen, hätte dann ja theoretisch wieder ersetzt werden müssen, da wir sie heute ja nicht mehr auf dem Elster-Bogen finden. Das kann natürlich nicht sein, denn dann hätte es ja doch noch Reserve-Stöckel der Nr. 8I mit spitzen Ecken gegeben! Und eine Austausch durch einen Stöckel der Nr. 3I wäre gar nicht erst nötig gewesen.

    Daher kann es seit 1865 immer NUR EINE Nr. 8II gegeben haben. Nämlich die, die wir heute im Elster-Bogen auf B25 sehen, und die sich vorher auf B1 befunden hat - und auf einer weiteren uns heute noch nicht bekannten Position.

    Daher auch mein Votum, nur solche Marken als Nr. 8II anzuerkennen, die dem Druckbild von B25/B1 annähernd entsprechen.

    Die Marken in den oben gezeigten 3er-Streifen bspw. erfüllen diese Bedingung.

    2 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (6. Februar 2023 um 14:27)

  • Ich habe mir mal Gedanken gemacht, ob man die Wanderung des Stöckels unserer Nr. 8II von Feldposition B1 zu Feldposition B25 irgendwie nachvollziehen kann. Warum ist es nach dem Aufschließen der Druckform und dem Herausnehmen der Stöckel zur Reinigung (und ggfls. Austausch), dem Einsetzen des neuen, breiteren Zwischenstegs und dem Wiedereinsetzen der Stöckel zu einer neuen Druckform, die dann wieder verschlossen wurde, genau auf B25 gelandet? Zufall?

    Ich möchte folgende Erklärung anbieten, die natürlich sehr spekulativ ist. Was meint das Forum dazu? Zum Besseren Verständnis habe ich ein Bild eingefügt, wie ich mir vorstelle, dass die Druckform Stöckel für Stöckel abgebaut und wieder aufgebaut wird.

    Ist die Druckform aufgeschlossen, so würde ich links oben, und zwar von außen nach innen (der Zwischensteg in der Mitte gibt ja immer noch ein wenig Stabilität) beginnen die Stöckel herauszunehmen und irgendwo fein säuberlich einen nach den anderen in Reihe ablegen. Dann begänne also der Abbau oben links mit Position A1, dann A2 usw. Dann käme die nächste Reihe A6, A7, ... Dieses Vorgehen würde dann zunächst die komplette linke Seite abbauen, und zwar zufällig genau in der Reihenfolge, wie wir heute die Feldpositionen bezeichnen. Irgendwo in der Druckerei lägen dann 45 Stöckel in einer Reihe und die linke Seite der Druckform wäre leer. Dann würde man beginnen die rechte Seite der Druckform abzubauen. Hier würde ich aber auch von außen nach innen vorgehen (wegen der Stabilität durch den Zwischensteg), sodass das 46. Stöckel in der Reihe der abgebauten Stöckel dann das von Position B5 wäre, das 47. das von Position B4 usw. bis unsere berühmte Position B1 dran wäre, nämlich dann das 50. Stöckel in der Reihe der abgebauten Stöckel. So ginge es weiter, bis das Stöckel von Feldposition B41 das 90. und letzte Stöckel ist, das dann die Reihe der einzelnen abgebauten Stöckel abschließt. Nun werden die Stöckel also gereinigt und überprüft. Danach müssen die Stöckel wieder zur Druckform eingesetzt werden. Hier nun wissen wir, wurde zwischenzeitlich ein neuer breiterer Zwischensteg eingesetzt, das muss für die Drucker ein wenig ungewohnt gewesen sein. Vielleicht deshalb (um sich gleich der neuen Gesamtbreite der Druckform zu versichern) (oder weil sie es immer so machten) beginnen sie nun die Stöckel von innen (erneut wegen der Stabilität, die der Zwischensteg gibt) nach außen aber diesmal auf beiden Seiten links und rechts jeweils mit 5 Stöckeln, zusammenzusetzen. Also erst unten links 5 von innen nach außen, dann unten rechts 5 von innen nach außen, dann links die zweite Reihe von unten wieder 5 von innen nach außen, und so weiter. Wenn sie dabei einfach die 90 Stöckel, so wie sie in Reihe dort liegen, wieder von vorne hernehmen, dann landet unser Stöckel, das in der Reihe das 50. ist, genau an Feldposition B25.

    Ich weiß, ziemlich spekulativ, aber so stelle ich mir das vor... :)

  • Anbei Bilder einer attestierten 8II, die wohl, wenn man der Diskussion hier folgt kein Austauschstöckel der 3I ist. Eventuell hilft das Material für weitere Analysen.

    Beste Grüße, Volker

    P.S. die Markenausschnitte stammen von einem 4800 DPI Scan

  • Lieber Francesco,

    selbst wenn diese Deine Theorie nicht stimmt, dann ist es trotzdem ein brillianter Gedanke, den Du da gehabt hast. Und diese Theorie verdient es durchaus, an anderen Stellen verbreitet zu werden. Du weißt, wo ich meine.

    Liebe Grüße von maunzerle

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Ich traue es mich ja gar nicht zu schreiben, aber wenn meine sehr spekulative Erklärung für die Wanderung der Stöckel (B1 ==> B25) zutreffen würde, dann käme das Stöckel, das wir heute im Elster-Bogen auf A45 sehen, vorher von Position A1.

    8|  ^^

  • Auch wenn es berufenere Mitglieder im Forum gibt, kann ich mich dem Kompliment nur anschließen. Die Theorie ist brillant. Und zwar so brillant, dass sie mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Ablauf wiedergeben dürfte. Dies gilt auf jeden Fall so lange, wie keine plausiblere Theorie vorliegt. Und das sehe ich zurzeit nicht. Also ganz großes Kompliment und ganz großes Kino!

  • Danke, aber eigentlich ist es für den Nachweis der Nr. 8II egal wie das Stöckel von B1 auf B25 gekommen ist. Ich wollte nur mal schauen, ob man das plausibel erklären kann… 8)

  • Hallo FCargnel,

    ich freue mich immer, wenn Theorien oder Thesen zu Themen aufgestellt werden, die auf einem logischen und nachvollziehbaren Ansatz beruhen. Dafür schon mal vielen Dank und man macht sich dabei auch so seine Gedanken.

    Wenn ich mir Dein Beispiel anschaue, könnte es doch "relativ einfach" sein, es zu beweisen oder zu widerlegen. Wenn beim Abbau die Felder B1 bis B5 (bei Dir Nr. 50 - 46) in der anderen Zusammensetzung aufgebaut wurden, dann wären das jetzt die Felder B21 bis B25 in umgekehrter Reihenfolge.

    Wenn jetzt eine der 4 Marken aus dem berühmten 6er Streifen rechts neben der 8 II auffällige Merkmale zeigen würde, dann müssten diese jetzt links davon im selben Abstand zur B25 sitzen. Ob diese so eine Auffälligkeit haben, weis ich nicht, aber wenn ja, dann wäre es möglich Deine Theorie zu überprüfen.

    Aber wie Du schon schreibst ist es eigentlich egal, wie die 8 II von B1 zu B25 wandert, aber theoretisch ist Dein Ansatz plausibel. Und darum ging es Dir ja nur. :thumbup:

    Grüße

    Staatswappen

  • Lieber Francesco,

    die Druckzeiten, die Peter Sem nennt, stammen aus dem Buch von Johann Brunner, Bayerns Postwertzeichen von 1924. Brunner hatte im Gegensatz zu Sem, der leider nie Quellen nennt, noch Zugang zu Archivunterlagen.

    Was wir demzufolge als Auflagen betrachten, korrespondiert – zumindest bei den ersten drei genannten – auffällig mit dem bayerischen Fiskaljahr, das jeweils Ende September auslief. (Erst 1868 wurde das Rechnungsjahr ans Kalenderjahr angepasst, weswegen 1866/67 fiskalisch fünf Quartale zählte.) Das heißt, da stand möglicherweise ein Rechnungsabschluss für den Etat im Hintergrund, weniger eine drucktechnische Notwendigkeit.

    Lieber Dietmar, vielen Dank für Deinen Kommentar, mit dem ich mich nun eine Weile beschäftigt habe.

    Du hast vollkommen recht. Ich habe mir das alles in dem von Dir angegebenen Buch von Johann Brunner "Bayerns Postwertzeichen" von 1924 angeschaut. Die entscheidenden Aufstellungen habe ich abfotografiert und angefügt. Ich werde dann gleich im Anschluss meine Gedanken dazu niederschreiben... (übrigens erwähnt Peter Sem in seinem Handbuch das Buch von Johann Brunner sehr wohl - aber erst auf Seite 97 unten und 98 oben)

  • Also:

    1. Die in der ersten Aufstellung mit "Druckzeiten" überschriebenen Zeiträume können wohl wirklich nicht die tatsächlichen Druckzeiträume gewesen sein. Es ist ziemlich sicher davon auszugehen, dass NICHT noch im Januar und Februar 1867 an der 5. Auflage der Nr. 8 - 13 (hier mit "2. Ausgabe" bezeichnet) gedruckt wurde. Da waren ja schon die Nr. 14 - 21 gültig und verausgabt (zumindest von Nr. 15 ist ein Ersttagsbeleg bekannt).

    2. Die angeblichen Auflagezeiten korrespondieren tatsächlich ziemlich genau mit dem Fiskal-Jahr, das von Oktober bis September ging. Dies, das hat Dietmar ja schon beschrieben, wurde erst 1868 auf Januar bis Dezember geändert, indem man das letzte Quartal von 1866 und die 4 Quartale von 1867 zu einem Fiskal-Jahr zusammenfasste, um dann ab 1868 in den gewünschten Rhythmus eines Kalenderjahres zu kommen.

    3. Somit müssen wir davon ausgehen, dass die angegebenen Auflagen und Druckzeiten eher etwas mit Beauftragung und Abrechnung zu tun hatten. Trotzdem können wir hieraus einige Schlüsse für uns ziehen.

    4. Die erste bis dritte Auflage waren Beauftragungen an die Universitätsdruckerei Weiss in München, die im jeweiligen Fiskal-Jahr abgerechnet wurden. Es ist davon auszugehen, dass die Generaldirektion eine bestimmte Menge an Briefmarken (in den bekannten Wertstufen) bei der Druckerei Weiss beauftragte und diese für das jeweilige Fiskal-Jahr (beginnend mit Oktober) in den Haushaltsplan budgetierte.

    Weiss wird unmittelbar mit der Herstellung begonnen haben, womit wir zumindest den Start-Termin einer Auflage einigermaßen genau bestimmen können, nämlich wird dies der Beauftragungsmonat gewesen sein, also September 1862 und September/Oktober 1863 und September/Oktober 1864.

    5. Wann der Auflagedruck beendet war, können wir heute nicht mehr sagen. Vermutlich dann, wenn die von der Generaldirektion in Auftrag gegebene Menge an Marken vollständig produziert war. Dann vermutlich endete der Auflagedruck. Dann war dann auch die Zeit gekommen, die Druckplatten zu reinigen und einer Generalüberholung zu unterziehen (inkl. "Stöckelwanderung"). Ob, wegen einer unerwartet hohen Nachfrage, dann vielleicht noch im Laufe des aktuellen Fiskal-(Haushalts)-Jahres Nachbestellungen bei der Druckerei in Auftrag gegeben wurden, wissen wir heute auch nicht mehr.

    Zumindest dürfen wir davon ausgehen, dass die Druckerei, wenn die bestellte Menge gedruckt war, den Druckprozess stoppte und mit der Reinigung und Generalüberholung der Platten begann. Ob dies erst 9 Monate oder schon 6 oder gar 4 Monate nach Beauftragung durch die Generaldirektion und Aufnahme des Druckbeginns der Fall war, wissen wir heute ebenfalls nicht mehr.

    8 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (12. Februar 2023 um 15:10)

  • Für die 4. Auflage wird in der Aufstellung nur eine Druckzeit von Oktober 1865 bis Juni 1866 angegeben.

    Dies ist eine Abweichung zu den ersten drei Auflagen. Eine mögliche Erklärung könnte hier allerdings sein, dass man sich bereits Ende 1864 entschieden hatte, zukünftig Marken mit dem Staatswappen heraus zu geben. Dies wurde dann final in 1866 beauftragt und die Ausgabe sollte im Oktober 1866 erfolgen. Möglicherweise hat man dies bereits Ende 1865 beim Haushaltsentwurf gewusst, und aufgrund der vorhandenen Restbestände der Druckerei Weiss nur einen kleineren Auftrag zur Produktion der Marken (Nr. 8-13) bis Juni 1866 erteilt, damit dann ab Juli 1866 die Marken mit den Wappen erstellt werden konnten. Das wäre zumindest plausibel. Damit wäre der Druckbeginn für die 4. Auflage zwar wieder September/Oktober gewesen (jetzt 1865), aber diese Auflage (korrekt: Bestellung durch die Generaldirektion) wäre deutlich kleiner ausgefallen, da man ja die neuen Wappenausgaben für Oktober 1866 antizipierte. Soweit so gut. Nun aber kam ein Krieg dazwischen...

    Einmal editiert, zuletzt von FCargnel (21. Februar 2023 um 19:26)

  • Im Mai 1866 trat Bayern dem Preussisch-Östereichischen Krieg auf der Seite Österreichs bei. Die Kriegsereignisse dauerten zwar nur bis August 1866, verzögerten aber wohl auch die Ausgabe der Marken mit dem Staatswappen um drei Monate, sodass diese nun erst zum 1. Januar 1867 verausgabt werden konnten. Die entsprechende Verordnung erfolgte am 14.12.1866. Das führte nun aber offenbar dazu, dass die beim Haushaltsentwurf Ende 1865 für das Fiskal-Jahr 1866 kalkulierte bestellte Menge an Marken der alten Ausgaben (unsere Nr. 8-13) bei manchen Wertstufen wohl knapp wurden, denn sie wurden ja jetzt noch 3 weitere Monate benötigt. Deshalb erteilte man dann der Druckerei Weiss im Juli 1866 nochmals einen Auftrag, weitere Marken dieser Ausgaben zu drucken. Dies ist dann unsere 5. Auflage - Peter Sem nennt dies auch die "Spätauflage". Dass in der Aufstellung von Johann Brunner hier (er hat das vermutlich aus dem Staatsarchiv abgeschrieben) ein Ende mit Februar 1867 erwähnt wird, hat ziemlich sicher nichts mit dem Ende der Druckzeit zu tun, sondern wohl eher mit dem Datum der Inventur der Restbestände. Im Februar 1867 hat man wohl die Restbestände der Nr. 8-13 erhoben und diese vermerkt, den Verkauf aber dann auch (vermutlich schon vorher) beendet.

    Offenbar war die Druckerei Weiss schon bei den Vorbereitungen für den Druck der Wappenausgaben und wurde von der Nachbestellung der alten Ausgaben überrascht. So lässt sich nämlich heute erklären, warum wir zumindest bei den Nr. 9, 10 und 13 deutlich abweichende Farben, Papier und Druckbilder (trockener Druck) bei dieser Spätauflage finden. Die Druckerei war wohl davon ausgegangen, dass mit der 4. Auflage mit diesen Marken Schluss sei und hatte alles abgebaut, eingemottet, etc...

    Nun musste die Druckerei Weiss hier sehr kurzfristig den Druck dieser Werte wieder zum Laufen bringen.

    Möglicherweise haben diese Umstände auch dazu geführt, dass der breitere Zwischensteg eingesetzt wurde, vielleicht waren die alten Druckformen bereits entsorgt worden, die alten Zwischenstege ebenfalls und man musste neue erstellen, die man dann gleich etwas breiter anfertigte.

    Die ganzen Umstände in 1866 erklären vermutlich, warum wir heute eine 9c, eine 10IIb und eine 13b haben. Die Universitätsdruckerei Weiss musste nochmal die alten Marken drucken, obwohl sie gar nicht mehr darauf vorbereitet war! Deshalb sind auch gebrauchte Marken der 9c, 10IIb und 13b deutlich seltener und wertvoller als ungebrauchte. Die ungebrauchten sind nämlich genau die Restbestände, die im Februar 1867 erhoben wurden...

    2 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (12. Februar 2023 um 14:57)

  • Was heisst das jetzt für unsere Betrachtungen hier?

    Der Beginn einer "Auflage" ist ungefähr gleich dem Datum der Beauftragung der Druckerei. Die Druckzeit einer Auflage kennen wir heute nicht, da wir nicht wissen, wann die bestellten Marken vollständig produziert waren und ob es Nachbestellungen gab. War ein Auftrag abgearbeitet, dann wurden ziemlich sicher die Druckformen aufgeschlossen und die Stöckel gereinigt und alles einer Generalüberholung unterzogen. Hier können Stöckel gewandert sein. Dies ist also vermutlich mindestens 4 mal geschehen. Es ist allerdings durchaus möglich, dass aus technischen Gründen (ein Stöckel ging kaputt, oder eine Reinigung der Platte war dringend erforderlich, etc...) die Druckformen auch während der Bearbeitung eines Auftrages (einer "Auflage") aufgeschlossen werden mussten, und hier eventuell auch Stöckel die Positionen wechselten. Das könnte also auch mehrfach passiert sein. Definitiv aber wissen wir es vom Wechsel von der 4. zur 5. "Auflage" (wir wissen jetzt, die 5. Auflage war die Nachbestellung der alten Marken Nr. 8-13 in der Mitte des Kriegsjahres 1866). Hier ist dann ja unsere Nr. 8II von Position B1 nach B25 gewandert....

    Also, wenn wir von Auflagen sprechen, dann sind es eher Beauftragungen durch die Generaldirektion an die Universitätsdruckerei Weiss, eine bestimmte Menge an Briefmarken in den jeweiligen Wertstufen herzustellen. In den Pausen zwischen der Abarbeitung dieser Beauftragungen wurde dann vermutlich alles gereinigt und überholt, dabei können Stöckel gewandert sein.

    2 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (12. Februar 2023 um 15:14)

  • Lieber Francesco,

    gute (Denk-)Arbeit – klingt alles plausibel. Wir können uns der Wahrheit im Nachhinein leider nur annähern. (Wo ist die Zeitmaschine, wenn man eine bräuchte!)

    Im nächsten Rundbrief 80 wird ein Artikel über die Restbestände stehen, der auch auf dem basiert, was in der Nummer 79 ab der Seite 6085 als Faksimile abgedruckt ist. Aus dieser Aufstellung lassen sich einige interessante Fakten ableiten.

    Der ursprüngliche Hinweis auf die Übereinstimmung der »Druck«zeiten mit dem bayerischen Fiskaljahr stammt übrigens von Will Bauernfeind, das möchte ich noch erwähnen.

    Interessant ist, dass sich bereits auf im ersten Halbjahr 1867 verwendeten 3-Kreuzer-Wappenmarken vereinzelt heftige Plattenfehler (oder erkennbar auch hier) nachweisen lassen, die auf mechanische Beschädigung und wohl eine längere Vorbereitungszeit mit möglicherweise mehrfachem Aufschließen von Druckformen hinweisen. Das verwundert bei einer Erstauflage dann doch. Hier lautet die bei Brunner angegebene Druckzeit »Januar bis Dezember 1867«. Wäre dies so gewesen, dann könnten von den Wappenmarken keine Ersttagsbriefe vorliegen. Der Druckauftrag und der Druck müssen demnach schon lange vor Januar 1867 erteilt bzw. ausgeführt worden sein. Ende 1865 lag einer Briefmarkenzeitschrift sogar bereits ein Probedruck vor. Allein diese chronologische Diskrepanz legt nahe, dass die Angaben in den Handbüchern keine Druckzeiten, sondern rechnungstechnische Auflagenzeiten darstellen sollten.

    Übrigens wurden vom für die Quadratausgabe hergestellten Seidenfadenpapier 1868 immerhin noch mehr als 50.000 Bogen Restpapier vernichtet (nachdem 1867 noch 120 Bogen Rohpapier an die württembergische Postverwaltung für einen Neudruck der dortigen II. Ausgabe abgegeben worden waren). Bei der Wappenausgabe standen 120 statt 90 Marken auf dem Druckbogen, deshalb konnte das Rohpapier nicht mehr verwendet werden. Ob es sich bei den Papierrestbeständen um Material für einen Zwischenstegabstand von 13,5 mm oder für 22 mm (oder für beides) handelte, ist nicht überliefert.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Hallo zusammen, ich war eine Weile dienstlich und privat unterwegs (unter anderem in Wien Walzer tanzen... :D). Nun möchte ich zusammenfassen, was wir in den letzten Wochen hier im Forum zum Thema der Nr. 8II so alles erarbeitet haben - das kann sich sehen lassen!

    1. Die Jahrzehnte alte Theorie, dass die Nr. 8II entstand aufgrund des Austauschs des Stöckels auf Feld B25 der Platte der Nr. 3II (wegen des PF "defektes B in BAYERN" ist definitiv FALSCH, und steht damit nicht mehr als Existenzgrundlage für die Nr. 8II zur Verfügung.

    2. Die Nr. 8II taucht erst ab Juli 1865 auf. Der früheste Beleg wurde hier in #63 (sogar ein 3er-Streifen) gezeigt. Die beiden Belege, die von 1863 stammen sollen, konnten wir ausschließen.

    3. Es wurde eine andere Erklärung für das Auftreten der Nr. 8II vorgeschlagen, die auch das Auftreten erst ab 1865 abdeckt, nämlich, dass die eigentlichen Reservestöckel der Nr. 8I im Jahr 1865 aufgebraucht waren, und man deshalb auf ein gut erhaltenes Stöckel der Nr. 3I zurückgriff.

    4. Wir haben dargelegt, dass eine Nr. 8II nur dann eine Existenzberechtigung hat, wenn sie von einem Austauschstöckel der Nr. 3I stammt. Mechanisch abgeschrägte Ecken dürfen hier nicht gelten. Insofern kommt nur das Markenbild für eine Nr. 8II in Frage, das wir heute im Elster-Bogen auf Feld B25 sehen.

    5. Wir haben zudem gezeigt, dass die Nr. 8II neben der bekannten (im Elster-Bogen) Feldposition B25 auch auf der Position B1 auftaucht. Wir haben zudem zeigen können, dass beide aufgrund der identischen Druckmerkmale von ein und demselben Stöckel stammen, dieser Stöckel zuerst auf Position B1 (kurzer Zwischensteg!) und dann zum Ende der Druckzeit (5. "Auflage" = Nach-Beauftragung durch die Direktion an die Druckerei wegen des Krieges Mitte 1866) auf Position B25 "gewandert" sein muss. Herr Sem konnte bisher nicht darlegen, dass die Nr. 8II auf der von ihm in seinem Handbuch angegebenen Position A1 einwandfrei nachweisbar auftritt.

    6. Wir haben zudem herausgefunden, dass die Nr. 8II auch noch auf einer uns heute noch nicht bekannten dritten Position auftritt. Ein sehr schöner Beleg hierfür findet sich in Post #62. Dies ist ein ungebrauchter 3er-Streifen mit der Nr. 8II (die im übrigen vom Druckbild 100% identisch ist zu denen von B1 und B25) in der Mitte! Da die rechte Marke vom rechten Rand stammt und keine Bogenecke zu sein scheint, können wir die Felder zumindest schon mal einschränken auf die 9, 14, 19, 24, 29, 34 oder 39, die für die dritte Position der Nr. 8II in Frage kommen. Peter Sem hat das 3. Auftreten der Nr. 8II ebenfalls bestätigt ohne eine genaue Position lokalisieren zu können.

    7. Wenn wir darlegen, dass die Nr. 8II nur dann eine Nr. 8II ist, wenn sie dem Druckbild auf Feld B25 des Elsterbogens entspricht, und dieses von einem Stöckel der Nr. 3I stammt, müsste sich unter den Marken der Nr. 3I ein identisches Druckbild finden lassen, das exakt diesem Stöckel entspricht. Dieses wäre dann das Austausch-Stöckel. Tatsächlich hat Kilian (kilke) hier im Forum nach nur wenigen Tagen Recherche einen passenden Beleg gefunden. Diesen finden wir in Post #44. Hier sehen wir eine ungebrauchte Nr. 3I, die exakt das Druckbild aufweist, das wir von der Nr. 8II auf B25/B1 kennen. Dies wäre ein nahezu perfekter Kandidat, das Austausch-Stöckel gewesen zu sein. Eine ungebrauchte Nr. 3I kommt gar nicht so häufig vor, wie wir wissen. Insofern dürfen wir sogar annehmen, dass diese Nr. 3I relativ zum Ende der Druckzeit der Nr. 3I entstanden ist.

    8. Und so ganz nebenbei haben wir noch die 5 "Auflagen" der Ausgaben von 1862-1866 erklärt, die gar keine echten Auflagen sondern fiskal-jährliche Beauftragungen der Generaldirektion an die Druckerei Weiss waren, wobei die letzte Beauftragung (5. Auflage oder Spätauflage) so gar nicht geplant war und nur durch die Kriegsereignisse notwendig wurde. Durch diese sind wohl auch unsere heute bekannten Nr. 9c ,10IIb und 13b entstanden, da die Druckerei Weiss vom nochmaligen Druckauftrag für die Ziffernwerte überrascht wurde und ja schon eigentlich auf das Drucken der Wappenausgaben vorbereitet war.

    So, kann sich sehen lassen, finde ich.

    Tolles Forum hier!

    Danke euch allen...

    Ich arbeite das jetzt alles noch in den Entwurf des Artikels aus Post #31 ein.


    3 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (21. Februar 2023 um 22:29)

  • Nun meine (ganz persönliche) Beurteilung zur Existenzberechtigung der Nr. 8II:

    Gegen die Existenzberechtigung der Nr. 8II wurden hier im Forum im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht:

    1) die Theorie des Austauschstöckels von Feld B25 Platte Nr. 3II zu B25 Platte Nr. 8 ist unplausibel.

    ==> dieses Argument ist zutreffend. Wir haben sogar gezeigt, dass diese Theorie falsch ist. Allerdings haben wir eine andere plausible Erklärung angeboten, die sogar das Auftreten erst ab 1865 mit erklärt.

    2) es ist unwahrscheinlich, dass 1865 noch Druckmaterial von 1850 herangezogen wurde.

    ==> dieses Argument ist zunächst einmal rhetorisch nicht neutral gehalten, denn die Nr. 3I wurde noch einwandfrei bis 1862 gedruckt! Hier von Druckmaterial von 1850 zu sprechen, ist eine vielleicht zutreffende aber beeinflussende Ausdrucksweise. Mit diesem Material wurde 1862 noch einwandfrei gedruckt. Es spricht überhaupt nichts dagegen, dass ein beflissener, vorausschauender Mitarbeiter in der Druckerei 1862 ein paar gut erhaltene Stöckel der Nr. 3I irgendwo in eine Schublade legte ("man kann ja nie wissen!"). Also, ich hätte das tatsächlich gemacht. Und in der Schublade schimmeln oder verrotten Druckstöckel meines Wissens nicht, sodass man damit, hätte man sie tatsächlich 1865 wieder aus der Schublade geholt, weil die Reservestöckel der Nr. 8I aufgebraucht waren, ganz sicher wieder hätte drucken können!

    3) seit vielen Jahrzehnten haben Sammler versucht ein Druckbild auf einer Nr. 3I zu entdecken, das dem von Feld B25 des Elsterbogens entspricht, konnten dies aber in Abertausenden Marken nicht finden.

    ==> nicht korrekt, Kilian (kilke) hat dieses in #44 gezeigt. Es gibt also tatsächlich einen sehr gut geeigneten Kandidaten.

    4) die Nr. 8II existiert nur, wenn man beweisen kann, dass sie von einem Austauschstöckel der Nr. 3I stammt.

    ==> dieses Argument muss man gelten lassen. Allerdings wird es wohl niemals möglich sein, dies zu beweisen. Wie müsste so ein Beweis aussehen? Und: auch noch als die Theorie des Austausch B25 von Nr. 3II zu B25 von Nr. 8 wegen PF "defektes B" vorherrschte, hätte man dafür nie einen 100%igen Beweis antreten können. Also: einen Beweis gab es nie und wird es nie geben. Hier kann man nur die vorhandenen Indizien bewerten und seinen Schluss daraus ziehen.

    Nun meine persönliche Bewertung der aktuellen Indizienlage:

    Wenn man für die Nr. 8II wirklich nur das Druckbild zulässt, das wir von B25/B1/(unbekannt) kennen, die Erklärung des Austauschstöckels der Nr. 3I ab 1865 (weil die regulären Reservestöckel der Nr. 8I aufgebraucht waren) dauerhaft trägt und nicht widerlegt werden kann, dann ist mit dem nun aufgetauchten Beleg der ungebrauchten Nr. 3I (Post #44), das exakt dem der Nr. 8II von B25/B1/unbekannt entspricht, eine ausreichende Indizienlage geschaffen, weiterhin an eine Nr. 8II zu glauben!

    Ich denke, die Indizienlage für die Existenz der Nr. 8II hat sich durch unsere Untersuchungen und Ergebnisse sogar deutlich verbessert, denn wir haben nun wieder eine plausible Erklärung für den Austausch der Stöckel, die sogar die Datenlage (erst ab 1865) berücksichtigt und einen nahezu perfekten Kandidaten einer ungebrauchten Nr. 3I hierfür.

    Trotzdem bleibt: Die Existenz der Nr. 8II durch ein Austauschstöckel der Nr. 3I lässt sich NICHT beweisen! Und wird sich nie beweisen lassen...

    4 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (21. Februar 2023 um 23:16)

  • Lieber Francesco,

    weil es mir als Computer-Trottel nicht gelingt:

    Kannst du vlt. die aus #44 gezeigten 3I und 8II in gleicher Größe und Auflösung hier im Forum nebeneinander zeigen?

    Vielen Dank!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Francesco,

    weil es mir als Computer-Trottel nicht gelingt:

    Kannst du vlt. die aus #44 gezeigten 3I und 8II in gleicher Größe und Auflösung hier im Forum nebeneinander zeigen?

    Vielen Dank!

    Kilian hat doch in #44 auch eine Nr. 8II mit gezeigt. Wenn Du die vergleichst, dann stimmen mindestens 3 Randverläufe und 3 Ecken zu 100% überein, nur die linke obere Ecke ist ein klein wenig anders.