MiNr. 8 II - 1 Kreuzer gelb mit runden/abgeschrägten Ecken

  • Vor einigen Jahren kam bei Rauhut ein waagerechter 3er-Streifen der 1 Kreuzer gelb ungebraucht unter den Hammer, bei dem die mittlere Marke als 8II attestiert wurde. Leider habe ich kein Photo zur Hand. Diese 8II stammt somit weder aus der Bogenecke A1/B1 noch von der Position B25.

    Gibt es daher möglicherweise bei der 2. oder 3. Auflage noch einen wandernden Stöckel? Wie ist das zu erklären?

  • Hallo Zusammen,

    es gibt hierzu noch einen Brief mit der gleichen Kombination aus der 65. Deider Auktion vom 18.10.2019:

    und dazu noch aus der 42. Christoph Gärtner Auktion einen 3er Streifen, bei dem die linke Marke als Typ II attestiert wurde, aber aus meiner Sicht keine Bogenecke ist.

    Gruß

    Staatswappen

  • Liebe Freunde und Mit-Forscher am Rätsel der Nr. 8II,

    ich freue mich riesig, so eine angeregte Diskussion angestoßen zu haben.

    Und ganz herzlichen Dank für die vielen neuen und interessanten Beiträge und Bilder!

    Ich denke, dass wir damit wieder mehrere Schritte weiter gekommen sind!
    Ich habe noch nicht alles Material sichten und beurteilen können, und würde mich dann im Laufe der Tage zu den einzelnen Themenstellungen sukzessive melden. Es gibt durch eure Beiträge durchaus neue oder vertiefende Erkenntnisse!

    Hier nur vorab zum letzten Thema oben: ich hatte eine dritte Position der Nr. 8II auch schon irgendwie im Hinterkopf, denn Peter Sem gibt die Druckzeiten der 5 Auflagen in seinem Handbuch wie folgt an:

    1. Auflage: 09/1862 - 09/1863

    2. Auflage: 09/1863 - 09/1864

    3. Auflage: 10/1864 - 09/1865

    4. Auflage: 10/1865 - 06/1866

    5. Auflage: 07/1866 - 02/1867

    Da die Nr. 8II erstmalig in Juli 1865 auftritt (zu den beiden angeblichen Beispielen aus 1863 komme ich gleich noch), muss dies eigentlich mit der 3. Auflage geschehen sein. Da wir davon ausgehen können, dass die Stöckel von Auflage zu Auflage "gewandert" sind, legt das tatsächlich eine dritte Position für die Nr. 8II nahe. Die oben gezeigten Beispiele passen vom Druckbild auch tatsächlich zu dem der Positionen B25/B1, die wir ja schon kennen. Zudem hat Peter Sem mit gestern in unserer Konversation über das Thema ebenfalls von der dritten Position der Nr. 8II berichtet, die es geben muss, er bisher aber noch nicht lokalisieren konnte. Allerdings ging er bisher immer von B25 und A1 aus anstatt B1, den 6er-Streifen mit Zwischensteg und der 8II an Position B1 kannte er bis gestern gar nicht! (über meine Konversation mit ihm schreibe ich später noch mehr). Das legt tatsächlich nahe, dass wir das bekannte Druckbild der Nr. 8II auf B25 und B1 und auf einer uns heute bisher nicht bekannten Position vorfinden (Beispiele siehe oben) - und dies vermutlich jeweils bei der 3., der 4. und der 5. Auflage. B25 ist definitiv von der 5. Auflage (immer "gewandert"). Der schöne 3er-Streifen oben ist wunderbar mit 2Zeiler München von Juli 1865 gestempelt. Das heißt, diese Nr. 8II (an unbekannter Position) ist wohl von der 3. Auflage. Die Position B1 dann vermutlich von der 4.

    5 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (4. Februar 2023 um 11:47)

  • Nun zu den beiden "Beispielen" von 1863 aus Post #53:

    Das erste Foto ist tatsächlich die Marke, die H. Mayr in seiner Abhandlung erwähnt aber nicht zeigt und in seiner Liste an Position 100 führt. Super, dass wir davon nun so ein scharfes Bild haben! Zum Glück ist es so scharf, denn dann sehen wir, Kilian hat es ja auch schon festgestellt, dass dieses Druckbild von einem Stöckel mit spitzen Ecken stammt, denn in allen vier Ecken finden wir kleine Abdrücke oder Farbreste, die dies nahelegen. Hier muss bei Druck etwas geschehen sein, entweder hat es zu wenig Farbe gegeben, und die hat es nicht bis in die Ecken geschafft, oder es wird mit etwas zu wenig Druck gedruckt, damit dies so entstand. In jedem Fall kennen wir nur ein einziges solches Druckbild, und wenn das systematisch so aufgetreten wäre, dann hätten wir wieder viel mehr davon in 1863 und 1864 vorfinden müssen. Haben wir aber nicht. Diese Marke ist sicher keine Nr. 8II (trotz Attest).

    Nun zu der Bogenecke auf dem Brief:


    Diese Marke ist (wie auch wohl das Attest sagt) 1865 gestempelt (ich bin auch zuerst darauf hereingefallen!). Aber die wenigsten hätten damals, 100 Jahre bevor Konrad Zuse das Computer-Zeitalter einläutete, eine "3" mit geraden Strichen gezeichnet. Und das Lustigste ist, dass wir die angebliche Nr. 8II von 1863 weiter oben hier als eindeutiges Gegenbeispiel heranziehen können. Denn diese Marke hat (bitte nachschauen) ebenfalls einen Zweikreis-Stempel von Nürnberg. Von 1863! Natürlich mit einer runden 3...

    Übrigens: das ist eine linke obere Bogenecke!

    Ist die von Position A1 oder B1? 😁

    Nochmal vielen Dank an alle! Wir sind wirklich einige Schritte weiter gekommen, mehr dann später... Ich muss los... Freundin wartet schon ungeduldig... ^^

    3 Mal editiert, zuletzt von FCargnel (4. Februar 2023 um 11:56)

  • Lieber Francesco,

    die Druckzeiten, die Peter Sem nennt, stammen aus dem Buch von Johann Brunner, Bayerns Postwertzeichen von 1924. Brunner hatte im Gegensatz zu Sem, der leider nie Quellen nennt, noch Zugang zu Archivunterlagen.

    Was wir demzufolge als Auflagen betrachten, korrespondiert – zumindest bei den ersten drei genannten – auffällig mit dem bayerischen Fiskaljahr, das jeweils Ende September auslief. (Erst 1868 wurde das Rechnungsjahr ans Kalenderjahr angepasst, weswegen 1866/67 fiskalisch fünf Quartale zählte.) Das heißt, da stand möglicherweise ein Rechnungsabschluss für den Etat im Hintergrund, weniger eine drucktechnische Notwendigkeit.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Eine wirklich sensationelle Entwicklung.

    Die unbekannte dritte Position kann eigentlich nur von den Feldern 9, 14, 19, 24, 29, 34 oder 39 des Druckbogens stammen, da sich der rechte Rand zwar anhand des ungebrauchten 3er-Streifens verorten lässt, aber es sich bei der rechten Marke um kein Eckrandstück handeln dürfte.

    Ist eigentlich bekannt, wann genau/ca. die fünf Auflagen an die Schalter gekommen sein könnten?

  • Ist eigentlich bekannt, wann genau/ca. die fünf Auflagen an die Schalter gekommen sein könnten?

    Wenn wir das nur wüssten …

    Das Verlagsamt der Post in München bevorratete laufend die Bezirksämter bei den Oberpostämtern, die wiederum die einzelnen Poststellen versorgten. Wir können davon ausgehen, dass der gesamte Prozess fließend verlief. Welche Auflage wann an die Schalter kam (und wo), ließe sich nicht einmal dann genau feststellen, wenn wir noch über die Bücher des Verlagsamts verfügten, die (sehr wahrscheinlich) im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden.

    Noch einmal: Den Begriff der Auflage und die scheinbar präzisen Angaben in den Handbüchern müssen wir eher rechnungstechnisch denn philatelistisch betrachten. Die beim jährlichen Abschluss noch im Verlagsamt liegenden Bestände wurden ins nächste Rechnungsjahr umgebucht.

    Die Post dachte nicht in den Kategorien, die wir heute an sie anlegen. Für sie war zum Beispiel der Übergang vom Wasserzeichen Rauten zur weiten Welle gegen Ende der Kreuzerzeit völlig irrelevant, Hauptsache Wasserzeichenpapier. Beides wurde zusammen als vierte Ausgabe gezählt. Die Unterscheidung in zwei verschiedene Ausgaben ist ein rein philatelistisches Konstrukt.

    Viele Grüße aus Erding!

    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Guten Morgen, hier noch die kurze Zusammenfassung meiner Konversation mit Peter Sem vorgestern.

    Ich hatte ihn per eMail angeschrieben und nachgefragt, ob er mir für die in seinem Handbuch erwähnte zweite Position der Nr. 8II (neben der gesicherten B25), die er ja mit A1 angibt, zwei bis drei Bilder mit eindeutigem Nachweis zusenden könne, denn die Position B1 sei ja inzwischen auch gesichert.

    Darauf hat er mit geantwortet, dass aus seiner Sicht die Position A1 sicher sei, er hätte da schon einige attestiert. Ich schickte ihm dann die Abbildung von dem 6er-Streifen mit der 8II auf B1. Nach ein wenig hin und her stellte sich heraus, dass er diesen offenbar nicht kannte (jetzt kennt er ihn).

    Auf meine nochmalige Nachfrage, ob er mir denn Bilder von einer Nr. 8II auf einer gesicherten Position A1 zusenden könne, meinte er dann, dass er jetzt aus zeitlichen Gründen die Konversation beenden müsse... (hm...)

    Ehrlich gesagt ist es auch gar nicht einfach, die Position A1 100%ig nachzuweisen, dazu müsste man tatsächlich ein entsprechendes Pendant zu dem 6er-Streifen mit Position B1 haben. Dieser müsste dann aber von Position A1, A2, A3, A4, A5 bis Position B1 reichen und nachweislich auf A1 die Nr. 8II haben und auf B1 keine. Sowas gibt es vermutlich nicht. Ich würde jetzt also bis auf weiteres mal davon ausgehen, dass B1 die korrekte 2. Position nach der B25 ist, nicht die A1 (wie in meinem Artikel schon vermutet und erklärt). Die anderen Beiträge bearbeite ich noch, keine Sorge...

    Schönen Sonntag!

    Francesco

  • ...und bei dieser Konversation erwähnte Herr Sem dann auch die 3. Position der Nr. 8II, die er trotz erheblicher Anstrengungen noch nicht lokalisieren konnte, die aber sicher keine Eck- oder Randposition sei...

  • Ich schickte ihm dann die Abbildung von dem 6er-Streifen mit der 8II auf B1. Nach ein wenig hin und her stellte sich heraus, dass er diesen offenbar nicht kannte (jetzt kennt er ihn).

    Na ja !?!

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • ..wer Bayern prüft, und angibt, dass er den 6er Streifen der 1 Kreuzer gelb aus der Boker Sammlung

    mit 8II auf Position B1 nicht kennt, dann ist das so, als wenn jemand angibt, ein Liebhaber des gepflegten

    Fussballs zu sein, aber die glorreiche Eintracht aus Frankfurt nicht kennt.

    Das ist unmöglich!

    Wer um Einzelmarken einen Bogen macht hat sich verlaufen.

  • Kilian, du weißt, ich schätze dich sehr, aber hier liegt offenkundig ein Irrtum oder eine Verwechslung vor: du meintest ganz bestimmt die Borussia aus Mönchengladbach!

    Kann ja mal passieren…

  • ..wer Bayern prüft, und angibt, dass er den 6er Streifen der 1 Kreuzer gelb aus der Boker Sammlung

    mit 8II auf Position B1 nicht kennt, dann ist das so, als wenn jemand angibt, ein Liebhaber des gepflegten

    Fussballs zu sein, aber die glorreiche Eintracht aus Frankfurt nicht kennt.

    Das ist unmöglich!

    Genau genommen, kannte er den Streifen, dachte aber es sei eine Fälschung…

  • ... zwei meiner 4 Lieblingsclubs sind BMG und die Eintracht, da gibt es also gar kein Vertun. :) :)

    "Er dachte aber es sei eine Fälschung" ... ist das wirklich wahr? Das Stück kenne ich seit ich 20 bin und das ist schon eine ganze Weile her. Was soll an dem falsch sein? Mir fehlen gerade die Worte ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Francesco,

    die Druckzeiten, die Peter Sem nennt, stammen aus dem Buch von Johann Brunner, Bayerns Postwertzeichen von 1924. Brunner hatte im Gegensatz zu Sem, der leider nie Quellen nennt, noch Zugang zu Archivunterlagen.

    Was wir demzufolge als Auflagen betrachten, korrespondiert – zumindest bei den ersten drei genannten – auffällig mit dem bayerischen Fiskaljahr, das jeweils Ende September auslief. (Erst 1868 wurde das Rechnungsjahr ans Kalenderjahr angepasst, weswegen 1866/67 fiskalisch fünf Quartale zählte.) Das heißt, da stand möglicherweise ein Rechnungsabschluss für den Etat im Hintergrund, weniger eine drucktechnische Notwendigkeit.

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