1. WK: aus Militärischen Gründen verspätet

  • Kann mir jemand etwas zu diesen Nebenstempel sagen?


    Danke im voraus... ;)

    Bilder

    „Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“


    – Ernest Shackleton

  • woermi


    Es handelt sich um Stempel der Postüberwachungsstellen. Bei größeren Truppenverlagerungen wurden sog. Postsperren verhängt. Das bedeutete, dass Post, die aus diesen Verlagerungsgebieten stammte per Codewort aus Berlin vorerst zurückgehalten wurde und nach Aufhebung der Postsperre erst weitergeleitet werden durfte. Der rote Stempel stammt von der Postüberwachungsstelle Stuttgart und zeigt immer nur zwei Teile vom Rahmen. Dieser Stempel ist Ende 1915 sehr häufig anzutreffen. Den genauen Anfang und das Ende der Postsperre muß ich in Berlin erst noch erkunden.


    Gruß


    wuerttemberger


    PS. Es heißt bei beiden Stempeln "verzögert" und nicht "verspätet"

  • OK, das ergibt bei dem Feldpostbrief einen Sinn, da wie ich in der Zwichenzeit rausfinden konnte, wurde der betreffende Truppenteil Anfang `17 aus Galizien an die Westfront verlegt.


    beim Brief in die Schweiz erkenne ich keinen Sinn. sieht wohl eher "amtlich" aus, kann wer die Anschrift zuordnen?


    Handelt es sich ev. um Postaustausch über die Schweiz damit keine "Geheimnisse" durchsickern konnte wurde verzögert?

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    – Ernest Shackleton

  • Ja aber beim 2. Beleg handelt es sich um keine Feldpost... oder?

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  • Ja aber beim 2. Beleg handelt es sich um keine Feldpost... oder?


    Das war vollkommen egal. Die Entente wußte sowieso welche Truppenteile momentan an der Front waren. Größere Verlegungen durch das Reichsgebiet oder von den einzelnen Garnisonsstandorten waren daher von höchstem Interesse. Man konnte daraus auf größere Operationen schließen. In Berlin wurden die Postsperren festgelegt und wurden per Codewort den einzelnen Postüberwachungsstellen mitgeteilt. Nachzulesen in den einschlägigen Akten im Staatsarchiv in Stuttgart oder in Berlin.

  • woermi


    Die Postüberwachungsstelle Stuttgart mußte Ende 1915 eine Übersicht der verwendeten Stempel abliefern. Diese Übersicht ist in einer Akte (Militärischer Bestand M77-1 Bü 724) im Staatsarchiv in Stuttgart enthalten und der Stempel ist dort aufgeführt. Dazu wurde bemerkt: "No 7 ist ein postalischer Stempel für die während einer Sperre verzögerten Sendungen".
    Ich habe diesen Stempel von Ende Oktober bis Mitte Dezember 1915 gut ein Dutzend mal belegt.

  • Hallo an alle,


    Das Stempel " Aus militärischen Gründen verzögert " war nicht von Postüberwachungsstellen, sondern von Postverteilungsstellen angebracht.
    Hier ist, was uns Quartiermeister Werner von VOIGTS-RHETZ am 6. September 1914 sagt:
    Aus Papieren, die in unsere Hände gefallen sind, geht hervor, daß der Feind durch das Vorgehen der Armeen der Generalobersten v. Kluck und v.Bülow nördlich der belgischen Maas vollständig überrascht worden ist. Noch am 17. August nahm er dort nur deutsche Kavallerie an. Die Kavallerie dieses Flügels unter der Führung des Generals v.d. Marwitz hat also die Armeebewegungen vorzüglich verschleiert. Trotzdem würden diese Bewegungen dem Feinde nicht unbekannt geblieben sein, wenn nicht zuBeginn des Aufmarsches und Vormarsches die Feldpostsendungen zurück-gehalten worden wären. Von Heeresangehörigen und deren Familien ist dies als eine schwere Laft empfunden und die Schuld der Feldpost beigemessen worden. Im Interesse der arbeitsfreudigen und pflichttreuen Beamten der Feldpost habe ich mich für verpflichtet gehalten, hierüber eine Aufklärung zu geben.


    Dann in Juli 1918 da sagte den General von Ludendorff :
    " Postsperren hatten keinen Wert. Es führten zu viel Kanäle nach er Heimat, die Beurlaubungen konnte ich nicht einstellen, si waren das einzige, was die Oberste Heeresleitung den Soldaten geben konnte "


    Die Postsperren dienten dazu, das Geheimnis um eine kommende militärische Operation zu schützen, weil die Soldaten geheime freiwillig oder nicht in ihrer Post verbreiten konnten. Diese Postsperre konnten einen Frontabschnitt oder Truppen im Umstellen betreffen.
    Tatsächlich waren die Postsperren unzweckmäßig, weil die Soldaten andere Mittel benutzten, um ihre Post zu senden. So konnte z.B. er an einem Urlauber anvertrauen, der ihn in Deutschland postierte.
    Das Publikum und die Soldaten dachten, daß die Feldpost von die Verspätungen durch diese Sperren verantwortlich war, während die Postsperren waren von die O.H.L oder Armeeoberkommandos verordnet. Die längste Sperre hat 7 Wochen gedauert. Man muß sich erinnern, daß eine Division durchschnittlich von 30.000 nach 40.000 Briefen und karten täglich sandte.
    Im April 1915 hat die Feldpost Stempel " Aus militärischen Gründen verzögert "anfertigen lassen die auf aller Post geschlagen sein werden, die den gegenstand einer Sperre gewesen ist.


    Das ist ein Brief mit eine Informationsanfrage, die von der Etappeninspektion der 6. bayerischer Armee an das Komitee des Roten Kreuzes in Genf gesendet gewesen ist.
    Grüss aus Frankreich.
    Emmanuel.


  • vals59


    Der rote Stempel "Aus militärischen Gründen verzögert." wurde definitiv bei der Postüberwachungsstelle Stuttgart geführt. Dies belegt ein Blatt aus der schon weiter oben genannten Akte, das folgende Überschrift trägt.: "Zusammenstellung der bei der Postüberwachungsstelle gebrauchten Stempel." Datiert ist das Blatt vom 12. November 1915 und von Oberstleutnant Vischer-Ihringen, dem Leiter der Postüberwachungsstelle, höchstselbst unterschrieben.
    Dieser Stempel kommt häufig auf privaten oder geschäftlichen Belegen in die Schweiz vor. 17 Stück habe ich archiviert und sicherlich noch weitere zwei Dutzend gesehen.
    Ich habe keinen Grund an der Akte zu zweifeln und die gefundenen Belege stehen dazu auch nicht im Wiederspruch.


    Gruß


    wuerttemberger

  • Hallo Wurtemberger,


    Es gibt ja kein grund auf die Akten von der Stuttgarter Postüberwachungsstelle in Staatsarchiv Stuttgart gesammelt zu zweifeln.
    Im allgemeinen war dieses Stempel nicht vorgesehen in Postüberwachungstellen benutzt zu werden, aber lieber in Postverteilungsstellen oder in Feldpostanstalten. Jedoch schiene es, daß in Stuttgart, man es wie ein Stempel mehr " diplomatisch richtig " für Private Briefverkehr als ein einfaches Zensurstempel benutzt hatte.
    Der Ziel dieses Stempels bestand darin, dem Empfänger einer Post zu erklären, daß dieser Letzte hatte, in seiner Beförderung aus Gründen Unabhängige von der Post (oder Feldpost) aufzuhalten.
    Er bediente während Postsperren vor allem.
    Der Fall von Stuttgart ist sehr interessant.
    Ist der Rahmen des Stempel immer zerbrochen? Oder in einem Moment hat das Stempel einen völligen Rahmen vorgestellt?


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo zusammen,


    in Ergänzung der w.o. geführten Diskussion ist anzumerken, dass der Stempel Aus militärischen Gründen verzögert ab Anfang Dezember 1915 zumindest innerhalb Bayerns im allgemeinen nur noch bei den dortigen Postverteilungsstellen anzubringen war.


    Dies geht aus Anlage G des Handbuchs/Katalogs Die Postüberwachung im Deutschen Reich durch Postüberwachungsstellen 1914-1918 von Dipl. Ing. Karl-Heinz Riemer (Hrsg. Poststempelgilde "Rhein-Donau", Düsseldorf 1987, S.292) hervor.


    Das mit dem Aktenzeichen 23/3293/GV7 Geheim! versehene Papier der Postabteilung des K.B. Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten / München war an alle 8 bayerischen Oberpostdirektionen gerichtet und verfügte jenen gegenüber:


    An die 8 OPD


    Mit dem Stempelaufdruck "Aus militärischen Gründen verzögert" sind fortan bei Postsperren nur die im Operations- und Etappengebiete aufgelieferten Briefsendungen nach der Heimat zu versenden, bei allen anderen Sendungen ist die Anbringung des Vermerks unzulässig. Im allgemeinen wird hiernach der Stempel nur noch bei den Postverteilungsstellen zu benutzen sein. Die Dienststellen sind alsbald entsprechend anzuweisen.
    J.A.


    Riemer meint eingangs seines Werkes, dass es zum Thema Zensur im 1.WK kaum Quellen gibt, insofern kann man nur vermuten, dass es im übrigen Reich dann ähnlich gehandhabt worden ist.


    Lt. unten stehender Quelle sollen zur Verheimlichung von Truppenbewegungen und Angriffsplänen von der Obersten Heeresleitung bzw. einzelnen Armeeführungen während dem 1.Weltkriegs insgesamt rd. 600 Postsperren (auch für die Feldpost) verfügt worden sein.


    Anbei dann noch ein Auslands-Beleg mit dem einschlägigen Vermerk und der Verwendung einer Bayern Mi-Nr.97 Type I, welcher kurz vor dem o.a. Erlass vom 06.12.1915 vom westpfälzischen Lambsborn aus ans Rote Kreuz in Dänemark (Kopenhagen) verschickt worden ist.


    Gehe angesichts der Farbidentität der beiden Abschläge davon aus, dass der Stempel Aus militärischen Gründen verzögert hier noch von der zst. Postüberwachungsstelle beim II. Armeekorps in Ludwigshafen a.Rh. angebracht worden ist.


    + Gruß


    vom Pälzer


    verwendete Quelle:
    http://www.oocities.org/bunker…lltag_Verdun_Feldpost.htm

  • Hallo Sammlerfreunde,


    hier ein weiterer Beleg vom 26. Oktober 1915 an das Internationale Rote Kreuz in Genf mit Ankunftsstempel vom 29. Oktober 1915. Wenn das damals eine Verzögerung war, tja, was ist dann die - garantiert weit drüber liegende - Beförderungsdauer heute ? :/


    Viele Grüße

    vom Pälzer