Preußen vor 1825

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    in der Zeit nach den napoleonischen Umbrüchen reorganisierte sich die preußische Post und übernahm diverse "Neuheiten", die sich in den zurückliegenden Jahren z.B. in den bergischen und westphälischen Postgebieten bewährt hatten. Bekanntes Beispiel sind die Aufgabestempel.
    Gleichzeitig gab es auf der anderen Seite noch postalische Bestimmungen, die 1825 als "alter Zopf" abgeschnitten wurden.


    Parallel wurden in diesen Jahren auch neue Postverträge abgeschlossen, da die Umbrüche verschiedentlich vertragliches Niemandsland geschaffen hatten. So z.B. zwischen den neuen preußischen Gebieten im Westen (der späteren Rheinprovinz) und den Niederlanden.


    Aus dieser Zeit stammt der folgende Brief:



    Er wurde am 28.7.1817 in Barmen geschrieben und war an eine niederländische Adresse in Liège (Lüttich) adressiert.


    Die preußische Post hatte in den bergischen Gebieten, zu denen Barmen gehörte, ihre Tätigkeit am 1.7.1816 aufgenommen.
    In Barmen wurde 1817 eine Postwärterei eingerichtet, die dem Postamt Elberfeld zugeordnet wurde.


    Ab Januar 1817 erhielten die Postämter offizielle Aufgabestempel in Form der bekannten L2-Stempel. Die Postwärtereien erhielten zunächst keine Stempel. Nach Beschwerden erhielten Postwärtereien mit größerem Korrespondenzanfall ab August desselben Jahres ebenfalls derartige L2-Stempel. Kleinere Postwärtereien sollten den Aufgabeort weiterhin mit der Feder auf dem Brief notieren. Verschiedene Postwärter (die übrigens keine Postbeamten waren) beschafften sich daraufhin privat Stempel. Deren Form lehnte sich teilweise an Vorgängerstempel aus Reichspost- bzw. französischer Zeit an oder wurden auch völlig neu gestaltet. Der Barmer Postwärter konnte anscheinend die Belieferung mit dem offiziellen Stempel nicht abwarten (er erhielt seinen noch 1817) und bestellte sich einen eigenen mit geschwungenen Buchstaben. Dieser Stempel - oben auf dem Brief zu sehen - schien sich aber nicht zu bewähren, denn er ist nur für das Jahr 1817 belegt. Daneben und danach findet man nur noch den "offiziellen" L2-Postwärterstempel von Barmen mit Datum.


    Eine Bestimmung der preußischen Post betraf das sogenannte Binnenporto. Briefe von Postwärtereien an die übergeordneten Postämter mussten mindestens bis zu diesem Postamt freigemacht sein. Dies war das sogenannte Binnenporto, das mit Einführung des Taxregulativs am 1.1.1825 abgeschafft wurde. Dieses Binnenporto betrug zwischen Barmen und Elberfeld 1/4 Guten Groschen. Vorsichtshalber wurde auch noch franco Elberfeld notiert (womit der Absender allerdings irrte, siehe unten).
    Das übergeordnete Postamt hatte diese Briefe nun seinerseits zu stempeln, was auf diesem Brief vergessen wurde. Ein Brief mit korrekter Stempelung ist hier zu sehen.


    Seit 1816 waren die postalischen Berührungspunkte zwischen Preußen und den Niederlanden plötzlich so groß geworden, dass man sich bemühte, möglichst schnell einen Vertrag zu beschließen. Dies gelang auch und er trat zum 1.7.1817 in Kraft.
    Zum Zeitpunkt des oben gezeigten Briefes war man aber noch im vertragslosen Zustand bzw. hielt sich evtl. an die Bestimmungen des Vorgängervertrags zwischen Taxis und der niederländischen Post vom 1.12.1815. Dieser sah entweder eine Grenzfrankierung oder eine vollständige Freimachung bis zum Zielort vor (selbiges stand dann auch im preußisch-niederländischen PV). Zu diesem Vertrag gehört auch der 1815 eingeführte Ra2-Eingangsstempel Duitsch-Grensk: te Henri-Chapelle, der auch auf diesem Brief zu sehen ist.
    Das Porto für die Strecke Elberfeld - Aachen wurde mit 4 Guten Groschen taxiert, die ebenfalls voraus bezahlt werden mussten.
    Die 5 Cents ist die einfachste niederländische Taxe, hier für die Strecke Henri-Chapelle - Liège.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    ein hoch interessanter Brief aus einer spannenden Zeit. Dank deiner umfassenden Erklärung halte ich auch den Vermerk "franco Elberfeld" von Barmen aus für keinen Witz, sondern postalisch bedingt. Ich dachte schon, ich hätte mich verlesen ...


    Es wäre sehr spannend, hier Incoming - Mail zu sehen, um vergleichen zu können, ob die Briefe reziprok taxiert wurden, was gerade in dieser frühen Zeit oft nicht der Fall war.


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Alle


    Brief aus Frankfurt a.d. Oder nach Stettin. Sendet am 6. Mai. Ich glaube das muss in 1820 sein, weil der Stempel seigt FRANKFURTH A/O Dieser Stempel kommt in 1820 und ein gleiches ohne H im Ende kommt auch in 1820.
    Es ist ein Dienstbrief, aber rechts von Frey steht "6" dieser stimmt mit der Portobetrag für ein Brief von 7/8 loth sendet zwischen 15 und 20 Meilen.


    Viele Grüße
    Jørgen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jørgen,


    ein interessanter Brief. Er wurde offensichtlich taxiert, obwohl er rückseitig ein preußisches Siegel trägt.
    Kannst Du erkennen, von welcher Behörde das Siegel stammt?


    Viele Grüße
    Michael

  • liebe Sammlerkollegen,
    ich zeige hier einen Brief, der am 5. Dezember 1817 von NEUSTADT O/S in Oberschlesien nach FALKENBERG, auch in Oberschlesien ging. Die direkte Entfernung beträgt etwas über 5 Meilen.
    Wie ergibt sich das Porto? Vorderseitig sehe ich links eine rotbraune 3, rechts oberhalb eine rotbraune 2, darüber ein Kürzel.
    Rückseitig in schwarzer Tinte jeweils gestrichen eine 58 und eine 30.
    Wer kann mir weiterhelfen?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.


  • Brief, der am 5. Dezember 1817 von NEUSTADT O/S in Oberschlesien nach FALKENBERG, auch in Oberschlesien ging.
    Wie ergibt sich das Porto? Vorderseitig sehe ich links eine rotbraune 3, rechts oberhalb eine rotbraune 2, darüber ein Kürzel.
    Rückseitig in schwarzer Tinte jeweils gestrichen eine 58 und eine 30.


    liebe Sammlerkollegen,
    ich frage noch mal nach:
    Gibt es jemanden, der sich mit den Gebühren vor 1824 auskennt? Wie lässt sich dieser Brief bestimmen?
    viele Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin


    bei der kurzen Distanz, würde ich auf einen schweren Brief tippen.
    Erwarten würde ich 1 Sgr. - eventuell heißt es oben 3 Loth. Aber warum sowohl 2 und 3 da stehen und keins gestrichen ist, keine Ahnung!


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Liebe Sammlerfreunde,


    ich brauche wieder Hilfe, da mir das Gebiet recht fremd ist.


    Bei dem nachfolgend gezeigten Brief handelt es sich meiner Meinung nach um einen Vorschussbrief, mit dem von dem Oberpfarrer (?) Clausnitzer in Pretzsch die Kosten 8 Gutegroschen für das Stempelpapier eingefordert wurden. Wer kann mir die Gebührenvermerke auf dem Brief erläutern?


    Vielen Dank und beste Grüße
    Jürgen

  • Hallo Jürgen


    der Oberpfarrer paßt schon. Auch ist es ein Postvorschußbrief!


    Postvorschuß 8 Gute Groschen + 3/4 Ggr. (75%) ProCura für aufgebende Postanstalt = 8 3/4 Ggr.
    Weiter nun 1/4 Ggr. (25%) ProCura für die ausgebende Postanstalt + 1 1/2 Ggr. Briefporto = 10 1/2 Ggr. + 1/2 Ggr. Bestellgeld = 11 Ggr.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    ulf

  • liebe Sammlerfreunde,
    ich zeige einen Brief, der von AACHEN nach EHRENBREITSTEIN ging. Abgeschlagen ist der rote Einzeiler von AACHEN. In Rötel sind zwei Charge-Rauten angebracht. Ich nehme an, das stammt noch aus der TT-Zeit. Der Stempel wird bei Feuser unter 2-19 gelistet und dem Datum 1816. Da gehörte Aachen schon zur preußischen Post.
    Links unten lese ich als Franchise HLS, Herrschaftliche L.... Sache. Die Zahl links oben erschließt sich mir nicht. Eine Gebühr kann es ja nicht sein, weil Dienstbrief.
    Wer kann die Zahl deuten?
    Wer kann die Franchise deuten?
    beste Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,


    HDS = Herrschaftliche Dienst Sache.


    Oben links stehen die Reco - Nummern.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • liebe Freunde,
    folgender Portobrief wurde am 22.1.1819 von BONN an den Oberbürgermeister Zumloh in MÜNSTER gesandt. Als Aufgabestempel wurde der rote Zweizeiler der alten Form von Bonn abgeschlagen.
    An Taxen finde ich auf der Vorderseite in brauner Tinte eine 2 1/2? Rückseitig eine schwarze 2.
    Wie könnte das Porto berechnet sein? Nach der späteren Taxe von 1824 hätten die 18 Meilen 4 Silbergroschen gekostet.
    Wer weiß Rat?
    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,


    wenn ich darf: Ich lese auch 2 1/2 Groschen vorne und hinten eine 2, wofür auch immer. Auf 4 Groschen komme ich da nicht - vlt. galt damals noch eine moderatere Gebührenliste?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Ralph,
    danke für die Unterstützung, auch wenn sie noch zu keinem befriedigendem Ergebnis führt.
    Vielleicht kann jemand der Preussen - Westfalen Leute etwas dazu sagen?
    Viele Grüße
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan