Dienstbriefe 1858-1872

  • Germersheim - Colmar 01.11.1864


    Liebe Sammlerfreunde,


    die Vorstellung des nachstehenden Auslands-Dienstbriefes bereitet mir eine ganz besondere Freude, denn abgesehen von der (vermutlich) ohnehin schon nicht so häufigen Destination dokumentiert er einen m.E. durchaus bemerkenswerten Hergang der Dinge.


    Da ich mich diesbezüglich allerdings alles andere als einen Experten sehe, erlaube ich mir eine schrittweise Abarbeitung der postalischen Behandlung, anhand welcher dann nachfolgende Korrekturen vereinfacht angebracht werden können.


    1. Absender Königliches Bayerisches Bezirksamt zu Germersheim. Ausweislich des Inhaltes erfolgte der Abgang sehr wahrscheinlich am 01.11.1864, evtl. auch am 02.11.1864. Der Aufgabeabschlag (HK Germersheim) ist leider nicht kpl. identifikabel.


    2. Der Dienstbrief musste zuerst auf bzw. über die Postexpedition Landau i.d.Pf. laufen, weil nur von dort ein Kartenschluss in Richtung Frankreich bestand (?). Auch diesbezüglich leider nur schlecht lesbarer Durchgangsabschlag (HK Landau) vom 02.11.1864 (?).


    3. Grenzübergang mit roten Rundstempel Bavière-Wissemb.(ourg) am 03.11.1864 und hier passierte es: Die eigentlich unübersehbar mit dem - ebenfalls - rotem Dienststempel B.S.P. (Bavière Service Public) gekennzeichnete und somit als gebührenfrei zu befördende Regierungssache (R.S.) wurde vom Austauschpostamt mit der Taxe Territorial (siehe schwarzer Schrift-Stemepel oben links) von 6 Decimes (großer Abschlag "6"), d.h. als Portobrief für den innerfranzösischen (Rest-)Laufweg nach Colmar belastet.


    4. Das hat dem Adressaten, der Kaiserlichen Französischen Präfektur Oberrhein zu Colmar, wo das zum Portobrief mutierte Schreiben am 04.11.1864 eintraf - verständlicherweise - überhaupt gar nicht geschmeckt. Es wird eine Dienstleistung (hier: Übermittlung von Personalakten) angefordert und man soll dafür auch noch Transportkosten tragen ? Von wegen ! Also rückseitige Anmerkung: Refuse ! (Zurück !)


    5. Am 05.11.1864 lag der Brief dann aber wohl erst einmal im Bureau des rebuts des Nonvaleurs (~ Bearbeitungsstelle für unbestellbare Briefe) vor > siehe blauer Zweikreiser rückseitig. Ob es der dortige Beamte war, welcher die ungerechtfertigte Portotaxe mit zwei - leicht rötlich wirkenden - Tintenstrichen letztendlich wieder anulliert hat, kann ich nur vermuten. Jedenfalls zeigt der schwarze Rundstempel der Oberrheinpräfektur im Schreiben oben rechts, dass es durch sie zum 07.11.1864 (doch noch) zu einer Eröffnung / Bearbeitung der o.a. Dienstangelegenheit gekommen ist.


    Ich hoffe damit einigermaßen brauchbare Beurteilungsgrundlagen geliefert zu haben...nicht ohne mit der Fußnote: Ein wirklich wunderschöner Beleg zu schließen.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    ein toller Brief, eine sehr gute Beschreibung (da merkt man eben, dass hier im Forum gut mitgelesen wird) und eine tolle Geschichte, Postgeschichte eben vom feinsten.


    Eine kleine Ergänzung zu geben sei mir erlaubt:


    Zitat

    2. Der Dienstbrief musste zuerst auf bzw. über die Postexpedition Landau i.d.Pf. laufen, weil nur von dort ein Kartenschluss in Richtung Frankreich bestand (?).


    Das ist nicht ganz richtig - zwar hatte Landau einen Paketschluß mit Wissembourg, aber auch von dort gab es Post nach Frankreich via Forbach und via Stasbourg. Die Leitung nach Colmar konnte folglich aus geographischen Gründen via Wissembourg (Standard) und via Strasbourg erfolgen, was wesentlich seltener wäre.


    Es war übrigens ein Brief der 2. Gewichtsstufe, da Frankreich mit 6 Decimes nur die eigene Taxe angesetzt hat und nicht beide Gebührenteile (je 3 Dec. für Bayern und Frankreich für einfache Briefe).


    Glückwunsch zu dieser Seltenheit und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    ich danke Dir für die Ergänzungen, es ergeben sich für mich hernach noch zwei Fragen;


    1. Aus welchem Grunde könnte der Brief noch über Landau i.d.Pf. gelaufen sein ?


    2. Gab es bei den Franzosen etwa keinen Zuschlag wenn der Empfänger das Porto tragen sollte ?


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    Zitat

    1. Aus welchem Grunde könnte der Brief noch über Landau i.d.Pf. gelaufen sein ?


    Weil er über Wissembourg sollte, musste er über Landau laufen, weil man dort (und in Bergzabern) direkt austauschte. Wäre der Postabgang Landau - Wissembourg nicht mehr zu erreichen gewesen, hätte man ihn den Badenern zuspediert (Karlsruhe, Kehl, Strasbourg).


    Zitat

    2. Gab es bei den Franzosen etwa keinen Zuschlag wenn der Empfänger das Porto tragen sollte ?


    Doch, den gab es hier wie drüben. Ein Frankobrief kostete 12x, das waren 4 Decimes - Portobriefe kosteten 6 Decimes je 10g. Bei deinem Brief ließ man die bayer. Gebühr gut sein, weil er ja mit B.S.P. als bayerisch - portofrei gekennzeichnet worden war, aber Frankreich beharrte zuerst auf seinem Teil der 6 Decimes, also auf 3 Decimes. Da er in der 2. Gewichtstufe lag, kamen 2 mal 3 Dec. = 6 Decimes Porto ab Wissembourg bis Colmar zum Ansatz. Da sie offenbar später abgestrichen wurden, ohne je bezahlt worden zu sein, musste dies nachträglich in der Briefkarte korrigiert werden.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    na dann ist es ja noch kurioser: Das franz. Austauschpostamt in Wissembourg macht den Brief sozusagen mit der von ihr selbst erhobenen Taxe Territoriale "frei" wie einen innerfanzösischen Francobrief der 2. Gewichtsstufe (er wiegt tatsächlich 11,5 gr), zahlt das real aber nicht selbst wie normal der Absender, erwartet gleichwohl die nachträgliche Entrichtung des von ihr erhobenen Francos als Porto durch den Empfänger, wow ! Was könnte ein solches Durcheinander erzeugt haben ? ;(


    + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,


    Wissembourg hat den Brief nicht "frei" gemacht in des Wortes ursprünglicher Bedeutung, sondern wollte zuerst mal Geld für die franz. Postkasse haben. Nachdem das nicht ging und der Brief daher wieder in die Pfalz hätte zurück laufen sollen, wäre die Taxe von 6 Dec. eh abzustreichen gewesen, denn Bayern hätte keine 18x an Frankreich für deren Taxe territoriale bezahlt!


    Auf gut Deutsch - die veranschlagte Kohle war nicht zu holen, weder hüben, noch drüben. Dann war es im Prinzip auch egal, ob man den Brief zurück in die Pfalz schickte, oder ein Einsehen mit den Kollegen in Colmar hatte und ihnen das gute Stück doch gratis anlieferte. In jedem Fall war die Briefkarte zu korrigieren, denn Porti, innere (französische) wie äußere (fremde aus Bayern) waren summarisch zu erfassen und im Falle der Nichtkassierung entsprechend zu berichtigen. Wissembourg hatte also viel Arbeit mit dem Brief und letzten Endes nichts dafür bekommen. Hoffentlich war damals wenigstens das Wetter gut ... :D


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    ich hatte eingangs frei bewußt in Anführungsstrichen geschrieben, da der Brief einerseits augenscheinlich wie ein Francobrief der 2. Gewichtsstufe behandelt wurde, andererseits - wie eigentlich nur über einen Portobrief möglich - noch Beförderungsgeld für die franz. Postkasse eingezogen werden sollte.


    Weswegen hätte die Oberrheinpräfektur in Colmar sonst die Annahme verweigert ? Und da für die 6 Decimes Taxe Territorial abschlagen wurde, lag ja von daher auf der Hand, dass es nur der Adressat in Colmar sein konnte, bei dem man (überhaupt) eine Gebühr einziehen konnte.


    Ich hatte ferner vermutet, dass es das Bureau des rebuts des Nonvaleurs war, das am 05.11.1864 die 6 Decimes als ungerechtfertigt abgestrichen und dann dazu seinen blauen Bearbeitungsabschlag angebracht hat. Jetzt die "Masterfrage": Saß dieses Bureau nun in Colmar oder in Wissembourg ?


    Meine Vermutung: Im Austauschpostamt in Wissembourg wohin der Brief nach dem Refuse ! der Colmarer Präfektur erst einmal wieder am 04. oder 05.11.1864 zurück lief. Korrekt ?


    + Gruß


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    Zitat

    Und da für die 6 Decimes Taxe Territorial abschlagen wurde, lag ja von daher auf der Hand, dass es nur der Adressat in Colmar sein konnte, bei dem man (überhaupt) eine Gebühr einziehen konnte.


    das ist die Feinheit an dem Brief - wäre es ein gewöhnlicher Portobrief gewesen, hätte Frankreich Bayern mit 18x belastet! Denn die Transportleistung hatte Frankreich auch erbracht und daher Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Man musste also in Wissembourg wissen, wofür diese 6 Dec. angefallen waren und wie sie sich zusammen setzten.


    Das Bureau de Rebuts muss folglich in Wissembourg residiert haben.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    Das Bureau de Rebuts muss folglich in Wissembourg residiert haben.


    Super, damit ist eine - richtig schön spannende - Beschreibung für die Sammlung abgerundet !


    Besten Dank dafür (wie immer) :thumbup:


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Sammlerfreunde,


    auch wenn es sich bei dem nachstehenden B.S.P-Beleg postalisch wohl eher um eine "Standartgeschichte" handelt, jene Geschichte, die dessen Inhalt schreibt hört sich umso interessanter an. So ersuchte das Königlich Bayerische Bezirksamt Bergzabern die Kaiserlich Französische Unterpräfektur im elsässischen Mühlhausen (Mulhouse) eine Militärconscripition der Altersklasse 1843 für den Conscribieten Johann Stengel von Birkenhördt betreffend um Amtshilfe.


    Vor Darlegung des Inhaltes dieser beiderseits gebührenfrei zu befördenden Regierungssache (R.S.) mit schwarzem B.S.P.- und rotem Grenzübergangsabschlag Baviere Wissembourg ein paar Worte zur Militärconscription:


    Dies umfasste im Wesentlichen die gem. Wehrordnung von den Gemeinden zu vollziehende Erfassung und Aushebung der zum Wehrdienst fähigen Männer. Im vorliegenden Fall geht es höchstwahrscheinlich um die behördliche Klärung, ob dies seitens der bayerischen Staatsverwaltung an der o.a. Person durchgeführt werden konnte:


    In Erwiederung der sehr geschätzten Zuschrift vom 07. Oktober 1864 gibt man verehrter jenseitiger Behörde bekannt, dass die Mutter des Conscribieten Johann Stengel namens Christina Stengel sich in Mühlhausen mit Anton Jobst verheiratet hat. Das Jahr des Eheabschlusses kann nicht angegeben werden, doch fällt es in die Zeit wo genannte Christina Stengel sich als Dienstmagd nach Mühlhausen begab vom Jahr 1847 bis heute.


    Genannter Conscribiete Johann Stengel hielt sich bei seiner Mutter in Mühlhausen wahrscheinlich auf, indem diese im Laufe des letzten halben Jahres an den Bürgermeister in Birkenhördt schrieb und um Ausstellung eines Heimatscheines (Anm. d.Verf.: ~ bürgerl. Aufenthalts- und Wohnsitzberechtigung) für diesen Conscribieten nachsuchte, der ihr natürlich verweigerth wurde.


    Da genannte Stengel sich in Frankreich verheiratete, so folgt sie nach Art. 12 des französischen Civilgesetzbuches dem Name ihres Gatten, wäre also in vorliegendem Falle wahrscheinlich französische Staatsangehörige und ihr mitgenommenes natürliches Kind, der genannnte Conscribiet, hätte nach Art. 108 der nämlichen Gesetzgebung dieselbe Heimat wie die Mutter.


    Man bittet daher Kaiserlich Französische Unterpräfektur unter Anbietung gleicher Gegendienste in dieser Richtung Recherchen zu tragen und das Resultat baldigst unser bekannt geben zu wollen.

    So wie ich es verstehe hat die französische Unterpräfektur Mühlhausen den Fall noch am Ankunftstag des bayer. Dienstbriefes an die Bürgermeisterei zu Mühlhausen zur Bearbeitung / Sachverhaltsklärung weiter geleitet. Tja, auf welcher Seite nun wird wenige Jahre später der Conscribiet Johann Stengel im dt.-franz. Krieg 1870/71 - wenn überhaupt - gedient haben (müssen) ?


    Schönen Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    ein feines Stück Zeitgeschichte vor dem großen Krieg, auch wenn jeder schnell vorbei war. Vlt. kann uns der liebe 1870/71 helfen, der über umfangreiche Listen der beteiligten bayerischen Soldaten verfügt.


    Zu diesem Thema kann ich auch etwas beitragen (und der liebe HOS sicher noch mehr als ich). Es ist ein sehr interessantes Kapitel der PO beider Länder. Meiner Schätzung nach sind ca. 500 Briefe mit B.S.P. - Stempeln bekannt. Ein etwa gleich große Menge soll sich noch in den Akten der bayer. Botschaft in Paris befinden, wobei diese Akten in München gelagert sind. Von dort werden sie aber mit Sicherheit nicht auf den Markt geworfen, so dass dieses Damoklesschwert kaum über unseren Sammlerköpfen drohende Haltung einnehmen wird.


    Ich kenne 3 Typen von B.S.P. - Stempeln, die ich auch hier zeigen kann. Die von mir willkürlich gewählte Nummerierung sieht so aus:


    B.S.P. im flachen Oval,
    B.S.P. im hohen Oval und
    B.S.P. als Einzeiler.


    Die Frage ist: Besaß jede Poststelle einen solchen Stempel, oder nur die Kartenschlußämter bzw. Expeditionen, die so nah an der franz. Grenze lagen, dass sie direkt Post austauschen konnten? Meiner Meinung nach hatte jede bayer. Poststelle diesen Stempel, der in rot abzuschlagen war, damit er auffiel, denn man wollte auf keinen Fall Frankodefekte provozieren, weil die franz. Kollegen ihn in schwarz hätten übersehen können und so wurde dieser Stempel farblich auf das hohe Niveau von P.D. - Stempeln gehoben.


    Der 1. Brief, den ich zeige, stammt aus Feuchtwangen und zeigt Type 2, also das hohe Oval, hier in Orange abgeschlagen nach Strasbourg vom 2.11.1867.


    Der 2. Brief auf der selben Seite zeigt den filigraneren im flachen Oval von Bergzabern vom 20.7.1866 (Kriegszeit für Bayern, nicht für Frankreich!), der ausnahmsweise in violett daher kommt (nicht häufig, da keine Postfarbe damals).


    Der 3. Brief aus Neustadt an der Haardt voom 12.2.1868 war mit der franz. Taxe territoriale von 3 Decimes belastet nicht angenommen und der Aufgabepost remittiert worden. Hier sehen wir den Einzeiler, allerdings vorschriftswidrig in schwarz abgeschlagen.


    Die Briefe 4 und 5 sind große Besonderheiten - der 4. aus Landshut, immerhin von einer Hauptbriefpostexpedition am Sitz eines Oberpostamtes von Niederbayern, stempelte P.D. (!!) auf einem portofreien Dienstbrief, der als Regierungssache mit dem B.S.P. - Stempel hätte zwingend bedruckt werden müssen am 18.11.1864. Weil die französischen Kollegen nett und schlau waren, haben sie das hin genommen, ansonsten hätten sie auch nachfragen können, wo das Franko hin verschwunden war. Dergleichen Briefe sind äußerst selten und ich konnte bisher nur 2 entdecken.


    Der 5. Brief aus Zweibrücken erhielt den Vermerk "Dringend" mit Rötelunterstreichung und sollte demnach per Express laufen am 15.1.1868. Dieser Vermerk war bei Dienstbriefen üblich, bei Privatbriefen hätte er i. d. R. keine expresse Austragung nach sich gezogen. Da in dem Postvertrag vom 1.7.1858 nichts hinsichtlich des Postsonderdienstes Express geregelt worden war, ist nicht sicher, ob er auch sofort ausgetragen wurde. Hier würde mich die Meinung unseres geschätzten vals59 interessieren, ob es in Frankreich Briefe gab, die dienstlich per Express befördert wurden. Mir sind derzeit 3 Expressbriefe Bayerns nach Frankreich bekannt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo bk,


    eine grandiose B.S.P-Strecke :P und weitere super Hintergrundinformationen noch dazu :thumbup:


    Besten Dank für`s zeigen + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,


    heute zeige ich einen Brief mit starken Auswanderungscharakter, wenn gleich nicht so, wie wir es erwarten könnten. ^^


    Aufgegeben wurde er am 6.8.1869 in Ansbach vom dortigen Bezirksamt und gerichtet an den Herrn Bürgermeister von Le Havre in Frankreich. Pflichtschuldigst hat man alles getan, um ihn als Dienstbrief kenntlich zu machen, vermerkte also R(egierungs) S(ache), die Expeditions - Nummer 9684, nannte sich oben auf der Adressseite, siegelte auch mit dem Dienstsiegel und vergaß nicht zu vermerken "Haftsache" (in Bayern war dies ein Dienstexpressbrief, aber ob man das in Frankreich auch so sah?), was man noch mit Rötel unterstrich - doch es half alles nichts, denn die Aufgabepost vergaß den für solche Briefe vorgeschriebenen B.S.P. - Stempel abzuschlagen, so dass die franz. Post in Forbach einen Tag später ihn mit dem 6 Decimes Portostempel verzierte. Am Folgetag kam er in Le Havre an und wurde durch Zahlung auch angenommen.


    Der Inhalt - zu groß für A4 - ist in deutscher Schrift gehalten, was für einen Nordfranzosen sicher nicht üblich zu lesen war. Er lautet wie folgt:


    "Die ledige Katharina Rogner, 21 Jahre alt, Tochter des Getreidehändlers Georg Rogner von Lehrberg in Bayern, ist im Begriff, wider den Willen ihrer Ältern mit dem Viehhändler und Metzger Georg Dietrich von Ansbach nach Amerika zu flüchten.
    Der genannte Vater derselben verlangt, daß seine Tochter festgehalten und in Verwahrung gehalten werde, bis er sie abgeholt haben werde. Dieserhalb ist die von diesseits telegraphische Depesche vom Heutigen à Monsieur le Maire abgegangen.
    Für die Bezahlung sämmtlicher erwachsender Kosten wird von diesseits gebürgt.


    Der K. Bezirksamtmann legal abwesend der Stellvertreter Spieß".


    Leider ist nicht bezeugt, wie die Sache ausgegangen ist - über weiterführende Hinweise freut sich euer
    bayern klassisch

  • Liebe Freunde,


    Dienstbriefe der Pfalz nach Frankreich sind nichts Besonderes - aber immer nett anzusehen.


    Hier zeige ich einen aus Bergzabern vom 8.10.1863 nach Strasbourg, der nicht, wie man annehmen könnte, über den Kartenschluss Wissembourg (nur 8 km entfernt!) lief, sondern durch die Südpfalz nach Baden und von dort mit der Bahn nach Süden Richtung Kehl, wo er über den Rhein nach Strasbourg kam und dort den Stempel BAVIERE 1 STRASB. erhielt.


    Wer eine gepflegte Pfalz - Frankreich - Sammlung hat, kann vlt. weitere Stücke mit dieser Leitung, oder welche über Wissembourg zeigen, damit man u. U. eine Systematik erkennen kann. Den B.S.P. - Stempel von Bad Bergzabern kennen wir in ca. 30 Abschlägen, so selten ist er also nicht, auch wenn das hier optisch ganz gut zusammen spielt, wie ich finde.

  • Liebe Freunde,


    heute kann ich 4 bayer. Dienstbriefe aus Germersheim nach Wissembourg (2) und Strasbourg (2) zeigen, die alle ein bisserl unterschiedlich sind und von daher mein Interesse erregten


    Fangen wir mit dem ältesten an vom 19.1.1859 vom Landkommissariat Germersheim an die Unterpräfektur in Wissembourg. Als Regierungs-Sache frei von Porti belassen, wurde er als bayer. Dienstbrief mit dem B.S.P. - Stempel gekennzeichnet, ehe er am Folgetag in Wissembourg einschlug. Hinten blank bis auf das Siegel der Absenderbehörde.


    Aus gleicher Korrespondenz ein Brief vom 6.5.1860, der keinen B.S.P. - Stempel aufweist, links oben mit 20g gewogen wurde (3. Gewicht) und der erst am 8.5. in Wissembourg einschlug, wobei man hier noch das Jahr vergessen hatte, in den Vertragsstempel/Grenzübergangsstempel einzusetzen (sehe ich zum 1. Mal). Hinten keine Stempel, nur das Trockensiegel der Absenderbehörde.


    Einen anderen Weg nahm der 3. Brief aus Germersheim an die Präfektur des Niederrheins (Bas Rhin) in Strasbourg zeigt nur den Aufgabestempel vom 30.5.1863 und vorne das Dienstsiegel des Bezirksamtes und den Vertrags-/Grenzübergangsstempel Strasbourg vom Folgetag. Siegelseitig diente das Dienstsiegel als Verschluß und Landau stempelte am 31.5. Transit und 2 Ankunftsstempel von Strasbourg gibt es auch noch vom gleichen Datum.


    Der 4. und letzte Brief aus Germersheim nach Strasbourg datiert vom 28.2.1865 und erhielt nun in Landau den B.S.P. im niederen Oval noch am selben Tag, ehe er am 1.3.1865 in Strasbourg einschlug.


    Scheinbar wurden die Briefe nach Wissembourg nicht über Landau geleitet, wobei man dann fragen darf, wo beim 1. Brief der B.S.P.-Stempel abgeschlagen wurde, aber die nach Strasbourg über Landau. Erneut stellen wir fest, dass es noch viel zu erforschen gibt, obwohl es doch über 200 dieser B.S.P.-Briefe gibt.

  • Lieber Ralph,


    das sind 4 interessante Belege.

    Ich nahm an, daß der Ortsnahme im Grenzübergangsstempel von Weißenburg französisch sei. Aber das ist ja nicht der Fall, wie man sieht.

    Das Fehlen des Jahres im Stempel von Weissenburg sehe ich auch zum ersten Mal. Allerdings sind meine Belege alle über andere Stationen gelaufen.

    Kann es sein, daß die Beförderung mit Station in Landau erst nach 1860 erfolgte? Aber dafür bräuchte etliche weitere Belege.

    Erfolgte die Beförderung nach Straßburg über Kehl mit dortiger Überquerung des Rheins?


    liebe Grüße

    Dieter

  • Lieber Dieter,


    viele Fragen ...


    Mal hieß es Weissembourg, mal Wissembourg - richtig ist und war Wissembourg.


    Fehlendes Jahr kannte ich bislang nicht - aber dadurch wird der Brief auch nicht zur Rakete.


    Nein, über Landau lief es schon sehr viel früher und meistens zeigen diese Briefe auch den Laufweg, aber halt nicht immer.


    Nach Strasbourg ging es zuerst über Wissembourg, dann später über die Bahnpost quer durch die Südpfalz nach Karlsruhe-Kehl-Strasbourg.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ..... über Wissembourg, Karlsruhe, Kehl nach Straßburg? Komische Strecke.


    Durch meine Fragen hast du wenigstens keine Langeweile. ;)


    liebe Grüße aus dem verregneten, kalten Uedem

    Dieter

  • Lieber Dieter,


    ich habe leider missinterpretativ geschrieben:


    Nach Strasbourg über die südpfälzische Bahnpost nach Osten Richtung Karlsruhe, Kehl nach Strasbourg.


    Über Wissembourg nach Strasbourg gab es nur weitaus früher.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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