Postvorschuß/Nachnahme

  • Liebe Kollegen,


    ich möchte einen Nachnahmebrief vorstellen, der mir Rätsel aufgibt. Das Porto hätte 30 Pfennig
    betragen müssen - Mindestbetrag: 20 Pfennig für den Brief (Entfernung bis 10 Meilen) und 10 Pfennig
    Versicherungsgebühr (Mindestsatz). Warum also nur 20 Pfennig !? Im Briefinhalt ist das Zustandekommen
    des NN-Betrages aufgeschlüsselt: Taxe 1 Mark, Stempelmarke 50 Pfg. (klebt innen), Porto 20 Pfennig.
    Wurde die Versicherungsgebühr einfach vergessen ?? Ich würde mich über Aufklärung - falls überhaupt
    möglich - sehr freuen. Datum übrigens: 1877


    [Blockierte Grafik: http://img217.imageshack.us/img217/6821/nnfremdingen.jpg]


    Schöne Grüße von

    weite Welle

  • Hallo weite Welle,


    für mich gibt es da nur eine Erklärung:


    Wie zu sehen, wurde die Nachnahme in Höhe von 170 Pf und weitere 20 Pf mit Blaustift angeschrieben. Diese beiden Beträge wurden unzweifelhaft vom Empfänger eingehoben.


    Der NN-Brief ist wie von dir festgestellt um 10 Pf unterfrankiert. Diese fehlenden 10 Pf wurden zusammen mit dem für NN-Sendungen üblichen Zuschlag bei unfrankierter Versendung in Höhe von weiteren 10 Pf., zusammen also 20 Pf, angeschrieben und beim Empfänger eingehoben.


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,


    vielen Dank für Deine Einschätzung, mit der ich aber meine Probleme habe. Du schreibst sehr richtig, dass
    der Brief als Portobrief 30 Pfg. gekostet hätte. Er ist aber frankiert, also sind 20 Pfg. Briefgebühr korrekt.
    Die fehlenden 10 Pfg. können also nur die Procuragebühr sein. Ein Teilfranko (ist bekannt, siehe Hörter:
    Fahrpost in Deutschland S.290) kann auch nicht vorliegen, denn wäre die Procuragebühr verklebt und
    das Porto vom Empfänger einzuheben (wie bei Hörter S.290), müssten nur 10 Pfg. frankiert sein. Die
    tatsächlich frankierten 20 Pfg. können also nur die Briefgebühr sein. Dann müsste aber 170 / 10 ange-
    schrieben sein. Und warum doppelte Portoberechnung: im Betrag von 1 M 70 Pfg. sind bereits die
    20 Pfg. Porto eingerechnet, sie werden aber dann nochmal angeschrieben. Also: vorläufig ist der Fall
    meiner Meinung nach noch nicht gelöst. Ich habe meine Kartei durchforstet: alle Nachnahmen unter
    10 Mark sind korrekt mit 30 Pfennig frankiert. Vielleicht ist jemand im Forum, der eine NN unter 10 Mark
    als Portobrief hat, die müsste dann mit 40 Pfg. taxiert sein oder mit 60 Pfg. bei über 75 km Entfernung.


    Herzliche Grüße von

    weite Welle

  • Hallo weite Welle,


    du darfst jetzt nicht den Inhalt des Briefes, sprich die dort angeführte Portoberechnung, mit dem was außen auf dem Brief steht verbinden. Was innen steht, interessiert die Post nicht, denn diese konnte das geschriebene Wort nicht lesen. Der Absender hatte für seine Kostenberechnung die 20 Pf, welche er klebte, in die Nachnahme mit aufgerechnet und 170 Pf vom Empfänger einheben lassen. Es fehlten aber für das Gesamtporto der NN die 10 Pf Procura.


    Manchmal sieht man aber den Wald vor lauter Bäumen nicht!


    Von dir wurde richtig festgestellt, der Brief ist mit 20 Pf. ausreichend frankiert. Die angeschriebenen 20 Pf. sind 10 Pf. Procura und die 10 Pf. für die Zustellung in Bopfingen. Mir liegen zwar im Moment keine Unterlagen für Württemberg vor, ich gehe aber davon aus, dass auch dort (wie in Bayern und Preußen) eine Zustellgebühr erhoben wurde.



    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,
    an eine Zustellgebühr hatte ich auch schon gedacht. Aber die mir vorliegenden Quellen geben nichts her, was dafür sprechen würde. Zustellgebühr
    fiel danach nur bei Wertsendungen an, und das auch nur im Landzustellbezirk, der hier ja auch nicht vorliegt. Aber vielleicht kann jemand eine
    Quelle nennen, aus der diese Zustellgebühr ersichtlich ist. Es würde sich dann also um ein Teilfranko handeln, das eigentlich nach der Verordnung
    nicht zulässig war. Aber, wie schon gesagt, es gibt so was, es wäre eben dann eine Contravention.
    Schöner Gruß von

    weite Welle

  • Hallo bayernjäger,


    die Suche hat ein Ende, ich habe die Verordnung gefunden: §89 der Posttransportordnung v. 1.1.1876.
    Jetzt ist mir auch klar, warum auf den meisten mir vorliegenden Standard-Nachnahmen, die mit 30 Pfg.
    frankiert sind (also Brief- + Procuragebühr) der auf dem Brief per Blaustift ausgewiesene V-Betrag um
    10 Pfg. höher ist als der vom Absender angegebene. Nochmal herzlichen Dank, Du hast mich auf die
    richtige Fährte gesetzt.


    Herzlicher Gruß von

    weite Welle

  • Hallo Sammlerfreunde,


    ich hoffe mit dem nachstehenden Beleg ein wenig klarstellende Diskussion auszulösen, da mir dieser und das mit der Nachnahme seinerzeit nicht ganz verständlich ist. Es handelt sich um eine solche aufgegeben vom Bürgermeisteramt Wolfstein an das Bürgermeisteramt Rothselberg (Post Jettenbach). Die Beförderungstrecke - im heutigen Landkreis Kusel - betrug weniger als 7 km, die Aufgabe erfolgte am 26.03.1881, Ankunft war einen Tag später am 27.03.1881.


    Allerdings wurde in Jettenbach nochmals Ankunft drei Tage später am 30.03.1881 gestempelt. Das ist die erste Unklarheit, für die ich keine Erklärung finde. Was man noch beitragen kann bzw. sollte ist die Tatsache, dass Rothselberg zwischen Wolfstein und Jettenbach zu liegen kommt (siehe Karte). Wenn die Nachnahme also bei der Post Jettenbach angekommen ist, musste sie von dort aus gut die Hälfte der Strecke wieder zurück transportiert werden.


    Es sieht nicht so danach aus, als ob die Drucksache innen etwas mit dem Anlass der Beförderung zu tun gehabt hätte. Vielmehr hinterlässt das streifbandartig wirkende Stück mit seinen Nadelpunkten am linken Rand den Eindruck, als dass damit etwas befördert worden ist. Vielleicht ist der vorderseitig vom Aufgeber (Bürgermeisteramt Wolfstein) vermerkte Auktionsanlass (Lohrindeversteigerung) auch der des Versandes eines Auktionskataloges gegen Schutzgebühr gewesen ?


    Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wären für eine Portobeförderung 30 Pf anzusetzen, welche man auch in Blaustift vorne aufgesetzt vorfindet, allerdings wiederum mit Rötel ausgestrichen. Was ich trotz des vorher gesagten auch noch nicht ganz verstanden habe, ist diese sog. Procuragebühr. War sie jetzt als Franco zu verkleben bzw. im vorliegenden Fall als Porto anzuschreiben oder nicht ?

    In einem schönen Beitrag von Peter Weber (http://www.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb2002/hjb2002.52.htm) findet man zur Lohrindengewinnung folgende Ausführung: Zur Erzeugung von Leder brauchte man Lohe. Das war die Rinde von jungen Eichen mit dem darin enthaltenen Gerbstoff. Es gab Eichenschälwald, dessen armdicke Stämmchen alle 12 bis 15 Jahre umgetrieben werden konnten. Nach diesem Zeitraum war neues Lohholz gewachsen. Das geschälte Holz wurde als Brennholz verwandt.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pfälzer,


    mit den innerbayrischen Gebühren bin ich nicht ganz so fit.
    Vorsstellbar wäre aber das bei Dienstsachen kein Zuschlag erfolgte.
    Da sind die beiden Ankunftsstempel etwas logischer zu erklären.
    Die Nachnahme wurde vorgezeigt, eventuell war kein Geld in der Kasse oder die Forderung musste geprüft werden.
    Damit gab man die Nachnahme zurück und diese wurd wieder vorgezeigt, augenscheinlich dann auch eingelöst.


    Gruß
    Ulrich

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Liebe Sammelfreunde


    folgende Nachnahmekarte habe ich mir an Land gezogen und keine Ahnung! :D
    Am 24.02.1899 in Küps wurde eine Einziehungskarte von 53 Mark 40 Pfennig an Herrn Albert Kunstmann gesendet.
    Laut Vorderseite wurde der Empfänger nicht angetroffen und von einem Herrn (Frau?) Ritter an 6.3. so angeschrieben. Weiterhin ging es am 07.03. wieder retour.


    Über "An" steht noch etwas nur was?
    Was kann mir zu dieser Karte alles gesagt werden?


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    über An steht "Frist verlängert ... Datum".

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Sparsamer Buchhändler!?


    Hallo zusammen,


    bisher habe ich noch nie etwas über eine Papierknappheit in den späten 1870er Jahren gehört, denn so könnte es sich erklären, dass der Absender dieser großformatigen Nachnahme, die leider nicht vollständig erhalten ist, offenbar unverkäuflich (?) Landkarten zu Briefumschlägen verbastelte.


    Gab es in dieser Zeit noch keine Nachnahmezettel und man wollte durch die blaue 400 den Postler im kleinen Dorf Mittelbrunn auf den einzuziehenden Betrag hinweisen?


    Viele Grüße


    Jürgen

  • Hallo,


    wer erklärt mir bitte diese Nachnahme?


    Zwar oben und links leicht beschnitten, ist der Brief trotzdem mit allen wesentlichen Merkmalen erhalten.


    Wieso sind die Marken mit Federzug durchkreuzt?


    Welche Bedeutung haben die rote 30 und die 5 (?) ?


    Mit meinen bescheidenen Portostufenkenntnissen und nach einem interessanten Vortrag beim Arbeitskreis Pfalz hätte ich ad hoc die 30 Pfg. Porto als korrekt angenommen.


    Viele Grüße


    Jürgen

  • Hallo Jürgen,


    ich kann mir das ad hoc nur so erklären: Nachnahmeauftrag in LU auf dem Hauptpostamt angenommen, dort ist aber sehr viel los, es wird eine kundengerechte Schnellbehandlung durchgeführt:


    Der Postbeamte verklebt erst mal nur die für die Nachnahme bis zum Wert von 10 Mark anzusetzende Gebühr von 30 Pfennigen, entwertet schnell mit Federzug, um dann später - gemäß Aufgabeabschlag - um "8 Nm" = in aller Ruhe seine Einträge im Posteinlieferungsbuch mit allen Stempeln zu machen.


    Was das für eine Aktion war, habe ich anbei mal exemplarisch abgebildet aus dem Posteinlieferungsbuch (1916-1951) des Kaiserslauterner Postamtsdirketors Johannes Münster. Das Rötel könnte vielleicht eine Vortaxierung des Absenders gewesen sein, das Tintenrot ist m.E. keine "5" sondern eine Erledigungsvermerk am Ankunftsort in Ungstäää.


    Geschmetterten Gruß !


    Tim

  • Hallo Tim,


    mal Danke für die schnelle Antwort - könnte wohl so gewesen sein.


    Allerdings kann ich mir eher nicht vorstellen, dass ein Absender selbst solche Rötelvermerke aufbringt.


    Hast Du auch ne Antwort zu dem Brief obendrüber?


    Schmetterfreier Gruß


    Jürgen

  • Jo Jürgen,


    das Rötel könnte natürlich auch eine Vortaxe sein und diese Blaustiftvermerke sind sicherlich die Instructionsvermerke der Abgabepost an den Boten. Zu den Nachnahmezettelchen kann ich momentan nichts sagen, aber die frühest bekannten Einschreibezettel stammen vom Frühjahr 1875.


    Schönen Abend


    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Jürgen,


    30 = Vortaxe, wie Pälzer schon schrieb.


    Was du für eine "5" hältst, war die Erledigungsparaphe eines Revisors, also nichts postalisches.


    Die Marken wurden m. E. später übermalt - postalisch wird das auch nicht sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo käsaarlänner,
    die lila NN-Zettel wurden erst im Oktober 1878 eingeführt, also ist Dein "Landkartenbrief" aus 1876,77 oder 78.
    Davor wurde lediglich durch Blaustift vermerkt: V für Vorschuß und der einzuziehende Betrag.
    Im übrigen glaube ich, dass es sich beim Briefpapier nicht um eine Landkarte handelt, sondern um Reste aus der
    Produktion von Schulbüchern, die so eben noch verwertet wurden. Papier war um diese Zeit durchaus etwas Wertvolles.
    Schöner Gruß von

    weite Welle

  • Hallo Sammlerfreunde,


    lt. der Adressierung der nachstehenden Nachnahme-Poka war die Empfängerin, das Fräulein Relle Telephonistin beim Telefonamt in Ludwigshafen am Rhein. Nicht nur damit hatte sich der Absender in Nürnberg getäuscht. Die dort am 01.05.1901 aufgegebene Nachnahme über 3,60 Mark konnte am Folgetag den 02.05.1901 in Ludwigshafen nicht zugestellt werden und man ermittelte Speyer als neue Adresse. Dort am 03.05.1901 angekommen verweigerte die Adressatin die Annahme (siehe Vermerk vorne am linken Rand) und so schlug das Ganze (prompt) am 04.05.1901 unverrichtet wieder in Nürnberg auf.


    Langsam ist anders ! :thumbup:


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Sammlerfreunde,

    .

    im vorliegenden Fall ging es noch wesentlich schneller mit der Retoure als im vorheringen. Dem Adressat, vermutlich der am 21.01.1899 verstorbene Zweibrückener Fabrikant Georg Julius Dingler, konnte nichts mehr zugestellt werden. Entsprechend dann auch Notierung oben links durch den Briefträger, ein Tag nach Aufgabe war das Formular wieder zurück am Aufgabeort.

    .

    Viele Grüße

    .

    vom Pälzer

    verwendete Quelle: