Bayern - Kirchenstaat et vice versa

  • Hallo Sammlerfreunde,


    obwohl der Brief (nur Vorderseite) nicht in den Kirchenstaat adressiert ist, will ich ihn wegen des Empfängers trotzdem hier zeigen.


    Abgesandt wurde der Brief in Regensburg am 26.DEC.1853.
    Adressiert an:
    Signou
    Mozzi & Cie. di Ferrara
    p. add. Paolo Sarpa al Ponte
    St. M. Maddalena
    Lombardo Veneto


    St. Maria Maddalena (Venetien) liegt am Fluß Po, quasi direkt gegenüber von Ferrara (Kirchenstaat).
    Offensichtlich aus Gründen der Portoersparnis hat sich die in Ferrara ansässige Firma Mozzi eine Zustelladresse in St. Maria Maddalena, Venetien, Österreich besorgt.
    Dieser Brief wäre folglich mit 9 Kreuzer richtg frankiert gewesen. Die Portoersparnis anstatt bei Versand direkt in den Kirchenstaat betrug immerhin 8 Kreuzer (= 6 Kreuzer CM österreichische Währung).


    Die Rechnung wurde allerdings ohne die Post gemacht.
    In Regensburg kartierte man den Brief über die Schweiz in die österreichische Lombardei anstatt über Österreich direkt nach Venetien.
    In Mailand erhielt er den Stempel "BOLLO INSUFFICIENTE", da die Transitgebühr von 3 Kreuzer nicht frankiert war. Gleichzeitig brachte man dafür einen Portovermerk "6" Kreuzer CM österreidchische Währung (3 +3 Zuschlag) an.


    Letztendlich kostete der Brief genauso viel, als wäre er direkt in den Kirchenstaat adressiert gewesen.


    Gruß
    bayernjäger

  • Liebe Freunde,


    heute zeige ich einen Teilfrankobrief aus München vom 8.4.1835 an:


    Monsieur Monsieur le Chevalier J. G. Eynard aus soues de Monsieur Snell, Consul Suisse Rome


    Nach dem Postvertrag Bayerns mit Österreich vom 1.5.1819 waren Briefe in den Kirchenstaat mit Leitung über Österreich bis zur bayer-österreichischen Grenze zu frankieren. Hier zahlte man 6 Kreuzer, die siegelseitig notiert wurden (bis Salzburg).


    Österreich rechnete im Paket mit dem Kirchenstaat ab, weswegen öster. Taxen für dergleichen Briefe eigentlich obsolet waren (Österreich bekam je Unze = 30g 100 Bajocchi vom Kirchenstaat vergütet). Dennoch finden wir hier eine 13 Kreuzer Conventionsmünze in Rötel, die nirgendwo sonst auf den Brief gekommen sein kann.


    Über Bologna (Grenzeingangspostamt des Kirchenstaats zu Österreich) lief er nach Rom, wo er am 16.4.1835 ankam und für 27 Bajocchi dem Empfänger ausgehändigt wurde.


    Kann jemand Angaben zu den 13 Kreuzern machen?

  • Lieber Ralph,


    "aus soues" würde ich als "aux soins" lesen, das Gegenstück zum englischen "care of" oder "c/o" oder "zu Händen".


    Liebe Grüße,
    Dietmar

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Dietmar,


    wollte noch "aux" schreiben, da wars aber schon zu spät - danke für deine Lösung, so wird es sein.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,

    hier ein Brief von München über Frankreich nach Rom vom 19.9.1863, frankiert mit 30 Kreuzer nach dem Vertrag vom 1.7.1858 für die 1. Gewichtsstufe bis 7,5 Gramm.

    Links unter den Marken wurde eine "2" für die 2. Gewichtsstufe handschriftlich angebracht. Ein PD-Stempel fehlt.

    Vorne befindet sich ein Portovermerk, den ich als 44 lese.

    Wo kam dieser Portovermerk auf den Brief? Sollen das 44 Bajocchi sein?

    Gruß

    bayernjäger

  • Hallo Sammlerfreunde,

    ich bin mit der Erklärung etwas weitergekommen.

    Trotz tagelanger Suche in Auktionskatalogen und im Net habe ich keinen vergleichbaren Brief finden können.

    Allerdings konnte ich nachlesen, dass das Porto für Briefe der 1. Gewichtsstufe aus Bayern 30 Kreuzer und das aus dem Kirchenstaat nach Bayern 22 Bajocchi betrug. Bei Portobriefen viel die identische Taxe an.

    Folglich muss der Portovermerk im Kirchenstaat mit 44 Bajocchi für einen Brief der 2. Gewichtstufe vermerkt und der Brief also als vollkommen unfrankiert behandelt worden sein.

    Obwohl als Ankunftsstempel nur der einfache Stempel ROMA und nicht ROMA VIA DI MARE oder CIVITAVECCHIA VIA DI MARE angebracht wurde, nehme ich an der Brief wurde über Marseille direkt in den Kirchenstaat (über den Hafen Civitavecchia) befördert. Alternativ hätte der Brief auch schon in Genua oder Livorno ausgeladen werden können. Von dort sind allerdings keine Transitstempel vorhanden, was für einen direkten Weg spricht.

    Fällt noch jemnden etwas dazu ein, ansonsten würde ich dem Brief diese Beschreibung verpassen?

    Gruß

    bayernjäger

  • Lieber Ralph:

    Zu deinem Brief 34 habe ich nur einen ähnlichen in meiner Datenbank gefunden, der allerdings ganz deutlich einen Vermerk trägt zur Erklärung der dort angegeben 14 kr hat. In deinem Fall denke ich, dass die 13 eventuell gar keine postalische Funktion haben!?

  • Lieber Achim,


    danke fürs Wühlen und Zeigen dieses Schmuckstücks (Abzugsbrief ist immer interessant). Leider bin ich seit damals nicht weiter gekommen, weswegen die 13 noch immer nicht geklärt werden können. Rötelzahlen sind eigentlich immer postalisch, aber es mag auch Ausnahmen geben.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,

    München – Ferrara (Kirchenstaat) vom 5. JUNI. 1852

    Lesen kann ich den Stempel FRONTIERE, den anderen Regn…. leider nicht.

    Wenn ich es richtig interpretiere wurde der Brief mit 9xr bis zur Postvereinsgrenze frankiert und nach dem Postvertrag Bayern-Österreich zum 1.7.1850 behandelt. Die Frankatur folglich bis zum Ausgangspostamt bezahlt.

    Vorne lese ich den Portovermerk 28 Bajocchi, was dem Tosti-Tarif in die Romagna entsprechen würde.

    Kann jemand den Stempel Regn… entziffern?

    Ein fachkundiges Mitglied hat schon eine genaue Beschreibung zugesagt.

    Gruß

    bayernjäger


  • Hallo Udo,


    wegen Katze auf Bauch kann ich derzeit nichts nachschauen; ich weiß auch nicht, von wem das Attest ist, aber wenn ich lese, dass die 9x grün von Bayern "ungezähnt" ist, fällt mir meine erste Stunde Philatelieunterricht ein - da hat man mir gesagt, dass geschnittene Marken geschnitten sind und nur wenn es gezähnte und ungezähnte Marken gibt, die ohne Zähne "ungezähnt" genannt werden ...


    Ein seltener Brief - Glückwunsch dazu (und Cameo wird den aus dem Bauch heraus sicher richtig beschreiben können, jede Wette). :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ungezähnt... ;( Ralph, du bist unschlagbar,


    Lieber Bayernjäger


    sie haben das alles schon korrekt beschrieben, die 28 Baj. sind nach dem Tostitarif die Taxe für den Transit durch Österreich (der eigentlich schon bezahlt war) plus den Kirchenstaat für einen Brief aus den Deutschen Staaten in die Romagna für ein Gewicht bis1/4 Unze = 7,1 g. Der Kirchenstaat zahlte Österreich für diesen Brief tatsächlich eine Stange Geld, nämlich 100 Bajocchi pro Unze Paketgewicht, also etwa 25 Baj.


    Die Stempel "Frontiere" und "Regno LV" wurden in Ferrara 1850 -1852 abgeschlagen, typischerweise auf teilfrankierten Briefen aus dem Königreich Lombardei Venetien. Die Notwenigkeit kam mit der Markenfrankatur auf und endete mit dem Postvertrag Ö - KS zum 1. Oktober 1852 , da dann Grenzfrankaturen nicht mehr zulässig waren.


    Auf einem Bayernbrief habe ich diese Stempel bisher noch nicht gesehen.


    Ein wirklich besonderer Brief. Glückwunsch


    Cameo

  • Hallo zusammen,


    da ich schonmal auf der seite bin, habe ich mir noch die anderen Briefe angesehen.


    Zu Ralphs Brief Nr. 43: Die 13 scheint mir ebenfalls nicht postalisch bedingt zu sein. Österreich hat bei Transitbriefen immer mit schwarzer Feder taxiert und rechnet außerdem im Paket und nicht den einzelnen Brief ab, der Kirchenstaat hat seine 27 Baj, aufgetragen, BAyern hat seine 6 Kreuzer bis zur Grenze bekommen. Keiner hatte einen Anlass etwas zu fordern, Der Brief wurde ja dem Schweizer Konsulat und nicht dem Adressaten direkt zugestellt. Vielleicht notierte man die 13, weil er am 13.d,M. im Konsulat entgegen genommen wurde und einen Monat später ohne Abholung zurückgeschickt worden wäre.


    Zu Nr. 47 von Bayernjäger:

    Ungenügend frankierte Briefe wurden in Frankreich als unfrankiert behandelt. Ein Portobrief der 2. Gewichtstufe aus Bayern kostete im Kirchenstaat 44 Baj. Die Beschreibung stimmt also.

    Im artikel von HOS im Arge Heft ist ja das Circular von 1852 (? das Jahr müsste ich nachsehen) genannt, nach dem ungenügend frankierte Briefe nach Frankreich nicht nachtaxiert werden, sondern die Differenz BAyern und damit der Aufgabepost in Rechnung gestellt wird. Das wären hier weitere 30 Kreuzer gewesen. Bei Transitbriefen war das wahrscheinlich anders. Weiß jemand, wie lange diese Regelung für Frankreich überhaupt galt? Es gibt ja doch einige Briefe, die schon in den 50iger Jahren nachtaxiert wurden.


    Cameo

  • Lieber Martin,


    vielen Dank - dann weiß ich schon mal mehr zu dem Brief und dieser Rötel (# 43).


    Zu deiner Frage: Könnte so geblieben sein bis 30.6.1858, als eine neuer PV Bayern - Frankreich alles änderte ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    Wieder mal Senf zu dem Brief von deinem post 43 vom Bayernspezi gefällig ?!;)

    Ich vermute, dass es mit der ominösen roten 13 folgende Bewandtnis hat:

    Weil da nicht 13 steht, sondern 13. vermute ich, dass ein Postler einen Weiterleitungsvermerk zur Konkretisierung angebracht hat. Trastevere am Westufer des Tiber war der 13. Stadtteil von Rom. Nicht jeder konnte wissen, wo der Adressat bzw. der Consul seinen Sitz hatte. Eine Strasse oder Platz war ja nicht angegeben.

    LG vom Bayernspezi ! (Franz)

    Einmal editiert, zuletzt von Bayernspezi ()

  • Lieber Franz,


    da wäre ich in 100 Jahren noch nicht drauf gekommen - klasse! :thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,

    ich hätte mal wieder eine paar Fragen bezüglich zweier Briefe Bayern - Kirchenstaat.

    In der letzten Gärtner Auktion wurde ein Brief mit nur 9 Kreuzer frankiert und Vermerk „noch 9 xr“ verkauft. Der Preis schien mir mit 800 Euro etwas hoch und ich hatte auf den Nachverkauf spekuliert. Er wurde aber doch gekauft.

    Ein ähnlicher Brief befand sich in der Hußnätter-Sammlung.

    Beide Briefe tragen einen Vermerk „noch 9 xr“ und sonst weiter keine Portovermerke.

    Der Gärtner Brief zeigt rückseits keine Taxzahlen, der Hußnätter Brief ein Weiterfranko von 8 xr.

    Ich habe von beiden Briefen Bilder beigefügt.

    Weitere Briefe mit diesem Procedere sind mir nicht bekannt.

    Hat jemand eine Erklärung für diese Behandlung?

    Wurde mit „noch 9 xr“ eine Portoforderung weitergegeben?

    Warum taxierte der Kirchenstaat offensichtlich nicht?

    Gibt es noch mehr dieser seltsamen Briefe?

    Falls nicht, hätte ich den Gärtner-Brief wohl doch kaufen sollen um dies zu dokumentieren?

    Gruß

    bayernjäger