Baden Nr. 16

  • Hallo zusammen!


    Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei der enggezähnten roten 3-Kreuzer-Marke von 1862 um die meisterforschte badische Briefmarke, zu der es aber nach wie vor unterschiedliche Theorien gibt, was ihre Auflage anbetrifft.


    Merkwürdig ist auch die Tatsache, dass die Nummerierung im Michel-Katalog – und allen anderen mir bekannten Katalogen – bei dieser Marke die chronologische Reihenfolge nicht richtig wiedergibt: sie müsste statt der Nummer 16 eigentlich die Nummer 13 erhalten, da sie vor den 6- und 9-Kreuzer-Marken (Nr. 14 und 15) an die Postämter ausgeliefert wurde.


    Von Lindenberg[1] wissen wir, dass es im Jahr 1862 zwei Beweggründe für eine Veränderung der badischen Briefmarken gab. Die preußische Postverwaltung hatte angeregt, dass alle Staaten des DÖPV einheitliche Farben für ihre Marken mit gleichem Wertbetrag einführen sollten, um so die Kontrolle des richtigen Portos länderübergreifend zu erleichtern.


    „Es waren herbei nur die Wertbeträge, welche die 3 Taxstufen darstellten, in Aussicht genommen, und zwar sollten die Marken zu 1 Sgr. (3 Kr. Rheinisch, 5 Neukr. Österr., 1 ½ Schill. Mecklenburgisch, 2 Schill. Hamburgisch und Lübisch, 3 Grote Bremisch, 12 ½ Centimes Luxemburgisch) rot, die zu 2 Sgr. etc. blau und die zu 3 Sgr. etc. dunkelbraun sein.“


    Den zweiten Beweggrund für eine Änderung beschreibt Lindenberg so:


    „Neben dieser Farbänderung trat aber auch das Bedürfnis nach einer Änderung der Zeichnung hervor. Es hatte mehr und mehr die Einsicht Platz gegriffen, dass der schraffirte Untergrund das Wappen gar zu schlecht hervortreten lasse, und damit der Schönheit der Marken Abbruch thue.“


    Demzufolge wurde der Graveur Kurz in Frankfurt beauftragt, die Schraffierung aus den Satzstücken zu entfernen. Gebraucht wurden zunächst nur die Stempel der 3-Kreuzer-Marke (MiNr. 10); die zum Druck der 6- und 9-Kreuzer-Marken (Nr. 11 und 12) waren weniger stark abgenutzt und konnten weiterverwendet werden. Dem Mannheimer Handelsverein ist es zu verdanken, dass im Jahr 1862 auch höhere Nennwerte als 9 Kreuzer in Auftrag gegeben wurden. Auf dessen Initiative im Juli 1861 hin wurden bei Kurz auch Satzstücke für 18- und 30-Kreuzer-Marken in der neuen nicht schraffierten Version bestellt.


    Folgt man Lindenberg, so erhielt die Hofdruckerei Hasper am 31. Dezember 1861 einen großen Druckauftrag:


    20.000 Blatt zu 1 Kreuzer in schwarz,


    60.000 Blatt zu 3 Kreuzer in cochenillelack,


    10.000 Blatt zu 6 Kreuzer in berlinerblau,


    10.000 Blatt zu 9 Kreuzer in umbra,


    2.000 Blatt zu 18 Kreuzer in hellchromgün,


    2.000 Blatt zu 30 Kreuzer in zinnoberrot (bzw. später dunkelchromgelb)


    Von diesen Marken wurden die zu 3, 18 und 30 Kreuzer von den neuen Satzstücken, die zu 1, 6 und 9 Kr. noch von den alten Satzstücken, bei denen das Wappen auf schraffirtem Grund stand, gedruckt“


    Ein gewaltiger Druckauftrag für den guten Hofdrucker Hasper – über 10 Millionen Briefmarken waren per Handpressendruck fertigzustellen. Besonders eilig war dabei die Auslieferung der 3-Kreuzer-Marken mit den neuen Satzstücken, weil hier die Vorräte zur Neige gingen. Deshalb wurde mit dem Druck dieser Marken begonnen.


    Nachdem am 26. März 1862 die ersten 2.000 Blatt abgeliefert waren, gab die „baden-württembergische“ Durchlochungsmaschine (gemeinsam mit der württembergischen Post für 1285 fl. 35 Kr. in Österreich gekauft) wieder einmal ihren Geist auf. Diesmal packte man das Problem der häufigen Störungen an der Wurzel an: die viel zu dünnen Perforationsnadeln, die häufig brachen und so die Maschine lahmlegten, wurden kurzerhand durch stabilere – dickere - ersetzt. Erst nach dieser Unterbrechung, am 4. Juli 1862, fand die nächste Ablieferung von 4.000 Blatt der 3-Kreuzer-Marken statt.


    Und das war jetzt schon die Michelnummer 18.


    Amtlicherseits gibt es bezüglich der veränderten Zähnung der Marken keinerlei Verlautbarung; anders als heute hielt man dies damals nicht für erwähnenswert.


    Bis heute sind viele Sammler skeptisch, ob diese relativ kleine Zahl – 200.000 Marken – richtig ist. Im Vergleich zu Marken mit ähnlicher Auflage wie z.B. den 18- und 30-Kreuzer-Marken sind deutlich mehr Briefe und insbesondere lose Marken erhalten geblieben. Bedenkt man aber, dass von den hohen Nennwerten große Anteile ungebraucht blieben und z.T. vernichtet wurden, während die Nummer 16 fast vollständig verbraucht wurde – ganze 63 ungebrauchte Exemplare kannte der Baden-Prüfer Englert im Jahr 1994 -, so relativieren sich die Zahlen deutlich. Auch sind aufgrund der hauptsächlichen Verwendung der hohen Nennwerte für Auslandspost sicher mehr Briefe und Marken verloren gegangen als bei der im Inland verbliebenen Post. Und last but not least gibt es bekanntlich auch reichlich nachgezähnte Fälschungen aus der Nummer 18 ….


    Die Arbeitsgemeinschaft Baden führt ein sehr umfassendes Archiv der bekannten Belege aller besseren Frankaturen. So sind aktuell etwa 100 Einzelfrankaturen mit der Nummer 16 registriert. Dazu kommen 66 Bunt- und Mischfrankaturen bzw. Zusatzfrankaturen auf Briefumschlägen.


    Einer anderen Statistik ist zu entnehmen, dass nur in 101 der insgesamt 177 Postagenturen die enggezähnten 3-Kreuzer-Marken vorkommen.


    Ein kleines Briefstück kann ich zeigen, dessen Uhrradstempel „7“ man wegen des beigefügten Stempels der Postexpedition Heidelberg dem Briefkasten am Mönchhof im Stadtteil Neuenheim zuordnen kann.


    Mein Brief mit einer Einzelfrankatur ging am 26. September 1862 aus Heidelberg nach Pforzheim. Portorichtig nach dem Tarif von 1859: Briefe über 3 - 10 Meilen = 3 Kr.


    (Der wenige Tage später in Kraft tretende neue Tarif vom 1.10.1862 hätte meinen Brief nicht tangiert - für ihn blieb die Frankogebühr bei 3 Kreuzern)


    Viele Güße von balf_de


    PS: der übrigens Probleme mit dem Einfügen per Imgimg hat. Bin ich da allein?




    [1] „Die Briefmarken von Baden unter Benutzung amtlicher Quellen, bearbeitet von C.Lindenberg“ Verlag von Dr. H. Brendicke, Berlin 1894

    • Offizieller Beitrag

    Hallo balf_de


    Leider habe ich kein Brief mit die Nummer 16. Aber wenn es so wenige Briefe gibt gehört wohl diese Briefe eher diejenige mit dickeren Geldbeutel. ;) Weil dann ist wohl auch die Anschläge bei Sem 600/900 etwas niedrig gesetzt?


    Danke fürs Zeigen :)


    Viele Grüsse
    Nils



    Zu dein PS! Es würde mich freuen wenn imgimg so wenig wie möglich benutzt wäre. Die Seiten werden ab und zu schwer zu öffnen. Ist ja auch nicht notwendig.

  • Hallo Nils!

    Weil dann ist wohl auch die Anschläge bei Sem 600/900 etwas niedrig gesetzt?


    Nein, ganz so schlimm ist es nicht.


    Aber Du hast Recht, wenn man für die Beurteilung der Sem-Bewertung den Vergleich mit der ähnlich „häufigen“ 18-Kreuzer-Marke (MiNr. 21 a) heranzieht. Da nennt Sem für eine Einzelfrankatur mit 3.000 Euro einen wesentlich höheren Preis.


    Aber man muss wissen, dass die von der Baden-ArGe registrierten Briefe nur einen Teil der insgesamt noch erhaltenen beinhaltet. So sind von der Nr. 21 a insgesamt 56 Briefe mit Einzelfrankatur registriert, während Englert 1994 schon 110 solche Briefe kannte.


    Sicher ist es legitim, auch für die Nummer 16 den Anteil der registrierten Briefe zu verdoppeln – mein Heidelberger Brief nach Pforzheim ist auch nicht registriert -, so kommen wir hier schon auf über 300 Briefe. Ein wichtiger Unterschied kommt hinzu: Einzelfrankaturen der Nummer 21 sind relativ zum Gesamtvorkommen selten und daher werterhöhend, während die 3-Kreuzer-Frankaturen mit der Nummer 16 den „Regelfall“ darstellen; alle Misch- und Buntfrankaturen sind wesentlich seltener. Und dass unter postgeschichtlichen Aspekten eine 18-, 21- oder sogar 41-Kreuzer-Frankatur attraktiver und begehrenswerter ist als ein 3-Kreuzer-Brief, das liegt auch auf der Hand.


    Was Sem bei der Bewertung der Nummer 16 ebenfalls richtig sieht, ist die differenzierte Bewertung für die Qualität der Zähnung. Wirklich selten sind gut zentrierte und einwandfrei gezähnte Marken. Warum das so ist, lässt sich aus meinem Beitrag zur – zufälligen – Entstehung der Marke leicht nachvollziehen.


    Schaut euch nur noch einmal den Unterrand meines Briefstücks an! Wesentlich zufriedener ist der sonst recht kritische Franz Stegmüller bei meinem Brief: „Allseits vollständige Zähnung. Ursprüngliche und feine, tadellose Erhaltung …“


    (Dass „fein“ bei Stegmüller nicht die unterste Qualitätsstufe bedeutet, das muss hier nicht erwähnt werden …)


    Hoffentlich erhalte ich bald Post aus Stuttgart von Feuser – dann kann ich hier noch etwas weitermachen ….


    Viele Grüße von balf_de


    PS: gut zu wissen, dass man besser auf Imgimg verzichten soll; es war ganz hübsch, die Scans in den Text einzufügen. Aber da es bei mir ohnehin nicht mehr funktioniert, habe ich damit kein Problem.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo balf-de


    Danke für die ausführliche Antwort.


    Ich habe Philasearch angeschaut und stellt fest dass die Briefe mit Nummer 16 nicht sehr teuer sind. Ausrufe um 200 Euro kann man vielleicht erwarten, aber hier fehlen Zuschlage.


    Bin gespannt was du noch von Heidelberg zeigen kann.
    (Ich sollte auch was von Feuser bekommen, der ein Badenherz freuen will ;))


    Viele Grüsse
    Nils


    PS. Ja, die Imgimg Bilder finde ich auch sehr gut, aber irgendwie gibt es hierzu Nachteile. Welche mir Leid tut.

  • Hallo zusammen!


    Endlich hatte dieser Tage der Briefträger wieder einmal mit einem Einschreiben für mich: aus München, Absender Franz Stegmüller. Endlich – das war meine erste Reaktion nach (gefühlt) ziemlich langer Wartezeit auf eine Prüfsendung.


    Aber der Inhalt enthielt eine Überraschung – nicht die erwarteten Belege, die ich Herrn Stegmüller zur Prüfung überlassen hatte, sondern die beiden kürzlich bei Feuser in Stuttgart zugeschlagenen Heidelberger Briefe zusammen mit der Auktionsrechnung. Ein kurzer Anruf bei Stegmüller schaffte Klarheit: Herr Feuser hatte zwei Bieternummern verwechselt und meine Lose an Herrn Stegmüller geschickt, der aber zum Glück Bescheid wusste, wem sie gehörten …


    Der philatelistisch „wichtigere“ Brief gehört in diesen Thread:


    Ein Brief aus Heidelberg ins bayerische Allgäu nach Immenstadt, aufgegeben am 29. Januar 1863 portorichtig mit 9 Kreuzern freigemacht.


    Die Besonderheit liegt in der Frankatur: eine Mischfrankatur der Nr. 11b mit der Nr. 16. Diese Kombination ist zwar mit 9 registrierten Briefen bei weitem nicht die seltenste, aber als häufig kann man sie auch nicht bezeichnen.


    Für eine Erhebung der Baden-ArGe zur Verbreitung und dem zeitlichen Vorkommen der Nummer 16 könnte ich anhand meiner Belege melden, dass die Marke in Heidelberg mindestens zwischen September 62 und Januar 63 in Gebrauch war. Aber insbesondere die Tatsache, dass auch die „alte“ Nummer 11 frankiert wurde, lässt die Vermutung zu, dass der Absender, die Heidelberger Firma Keller (die viel korrespondierte), einen eigenen Briefmarkenvorrat hatte. Und von daher ist es natürlich durchaus möglich, dass Anfang 1863 schon die Nummer 18 am Heidelberger Schalter war.


    Viele Grüße von balf_de

  • Lieber balf_de,


    ein hübscher Brief und wenn es nur 9 Stück davon gibt, kann man dir nur dazu gratulieren. :P


    Farbfrankaturen mit der Nr. 16 sind m. E. eh nicht häufig und wenn sie so aussehen, wie dein Stück, sollte man nicht zögern.


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.