Skandinavien - Frankreich

  • Hallo Freunde,




    unter diesem Thema möchte ich Euch einiges aus meiner Sammlung zeigen und würde mich über das Zeigen jedes anderen Beleges sehr freuen.


    Für meinen ersten Beitrag hier habe ich mir eine meiner Rosinen rausgesucht:


    Lübeck hatte 1850 eine Seepostverbindung nach Stockholm mit den Dampfschiffen „Lübeck“ und „Malmö“ eingerichtet. Es bestand daher die Möglichkeit das Briefe aus Schweden nach Frankreich direkt auf den Schiffen aufgegeben und dann von der Lübecker an die preußische Post übergeben wurden. Da diese sehr seltenen Zuleitungen vertraglich nicht vorgesehen waren, machte die Taxierung den beteiligten Verwaltungen erhebliche Probleme insbesondere vor Lübecks Beitritt zum DÖPV (ab 1.1.1852).


    Hier zeige ich nun einen Portobrief vom 1.10.1851 der aus Stockholm direkt auf dem Dampfschiff „Lübeck“ mit entsprechendem handschriftlichem Vermerk „p Luebeck“ aufgegeben und dort am 5.10. vom Stadtpostamt übernommen wurde. Dann lief er über die preußische Bahnpost Hamburg – Berlin, Berlin – Minden und im Kartenschluss über Paris nach St. Malo.
    Lübeck erhob für die Beförderung ein faches Porto von 24 LSK (beides in Rötel notiert). Diese wurden von Preußen in 18 Sgr reduziert, in blau vorderseitig notiert, gestrichen und zuzüglich des DÖPV-Anteils von 3 Sgr siegelseitig mit insgesamt 21 Sgr Auslage angeschrieben.


    Soweit ist es klar und nun folgt meine weitere Interpretation:
    Frankreich taxierte den Brief in der Gewichtstufe ab 10 Gramm mit insgesamt 35 Dec. Gesamtporto (korrekt wären 50 Dec.). Da bereits der Inlandsanteil Valenciennes – St. Malo in der 3. Gewichtstufe 16 Dec. betrug, bleibt nur ein Auslandsanteil von 19 Dec.(≈15,8 Sgr). Dieser Auslandsanteil entspricht nicht dem vertraglichen Anteil für Briefe aus Schweden aber exakt dem für Briefe aus Russland in der 2. Progressionsstufe. Diese Fehltaxierung ist dadurch erklärlich, dass der Brief keine schwedische Herkunftsangabe aufweist und Frankreich von Preußen gewöhnlich keine Briefe aus Schweden über Lübeck, sehr wohl aber solche aus Russland über Lübeck entgegennahm.



    Viele Grüße


    solid611

  • Hallo solid611,


    ein Spitzenstück - aber erst mit deiner Beschreibung offenbart sich einem der ganze Hintergrund dieser Rosine.


    Mit dergleichen kann ich nicht mithalten, aber einen habe ich auch zu zeigen, der dem Anforderungsprofil deines Threads entsprechen sollte:


    Portobrief aus Kopenhagen vom 7.3.1863 über Hamburg und Forbach über Paris nach Mugron (Frankreich). Von DK nach Hamburg aus dem 2. dänischen Rayon mit 2 Sgr. siegelseitig taxiert und vorderseitig erneut notiert, dann wieder abgestrichen. TT und Frankreich behandelten ihn nach dem PV vom 1.7.1862, in dem je nach Herkunft ein unterschiedlicher Artikel des Vertrages aufgeführt war. Briefe aus Dänemarks 2. Rayon waren im Artikel 36 aufgeführt, so dass er diesen Stempel TT36 korrekt erhielt.


    Für Briefe bis 15g vergütete Frankreich an TT 5 Decimes, die nicht auf dem Brief zu sehen sind, weil sie intern verrechnet wurden. Frankreich addierte für seine Strecke 4 Decimes, so dass der Empfänger total 9 Dec. zahlen musste.


    Weil TT von diesen 5 Dec. = 4 1/2 Sgr. aus Frankreich 2 Sgr. an DK abführen musste, versuchte man die Post unter Umgehung des belgischen Transits beim Leitweg über Nordfrankreich so weit wie möglich über das Gebiet des Postvereins zu leiten, um so viel wie möglich von den verbleibenden 2 1/2 Sgr. selbst behalten zu können. Ab 1862 ist daher der Weg über Forbach wie hier üblich.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch, der gerne mal einen Brief mit dem Stempel TT35 gesehen hätte, aber noch nicht hat ...

  • Hallo bayern klassisch,


    danke fürs Zeigen und Beschreiben des schönen Stückes. Der Stempel TT 35 ist leider noch nicht aufgetaucht. Dafür zeige ich später noch den TT 36 von Lübeck.


    Hier erstmal noch ein weiterer Schiffsbrief.


    Der Leitweg über Lübeck war bis 1865 nur eine Nebenroute und ist zudem als Schiffsaufgabe entsprechend selten benutzt worden.


    Hier zeige ich einen Portobrief vom November 1860 aus Schweden, der wiederum direkt in den Briefkasten des Dampfschiffs nach Lübeck aufgegeben (Ångbåt = Dampfer) wurde. In Lübeck wurde nun vom dänischen Postamt ein seit 1853 gebrauchter Landungsstempel „K.B./ aus Schweden „ (Kasten Brief) und rückseitig der Durchgangsstempel vom 10.11. abgeschlagen. Dann Übergabe an das Stadtpostamt auf dem Lübecker Bahnhof und von dort Leitung nach Büchen und Übergabe an das preußische Bahnpostamt auf der Line Hamburg-Berlin. Von Preußen wurde der Brief über Aachen nach Paris geleitet.


    Von Lübeck wurden 2½ Sgr für Schweden und 2 Sgr für Dänemark berechnet und als fremdes Porto mit Sgr angeschrieben. Preußen setzte 3 Sgr für den DÖPV hinzu und schrieb unter Streichung des Auslandsanteils Sgr an. Frankreich taxierte nach dem Vertrag von 1858 entsprechend des in Aachen angebrachten Verrechnungsstempels P. 36. mit Taxstempel 14 Decimes für den Empfänger.


    Viele Grüße von solid611

    • Offizieller Beitrag

    Hallo solid611,


    zu diesem interessanten Gebiet kann ich nur einen normalen Brief aus dem Jahr 1854 beisteuern.
    Aufgegeben in Stockholm, lief er über die Seeverbindung Ystadt - Stralsund (anscheinend war der Dampfer der 1x wöchentlich befahrenen Strecke Stockholm-Stettin schon weg) durch Preußen nach Frankreich.
    Das schwedische Porto betrug lt. PV von 1852 2 1/2 Sgr., ebenso wie das Seeporto (das hälftig geteilt wurde). Das hieraus resultierende Porto von 5 Sgr. wurde rückseitig notiert.
    In Reims wurden vom Empfänger 11 Dec. Porto kassiert.
    Die Stempelung interpretiere ich so, dass der Brief im Einzeltransit durch Preußen lief. Lt. PV gab es auch einen direkten Kartenschluß Schweden-Frankreich.


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Postgeschichtler,


    in diesem schönen Thema wurde seit 13 Jahren nichts mehr geschrieben. Ich bin seit gut einem Jahrzehnt nur passiv und viel zu selten in diesem Forum unterwegs. Beides soll sich ändern :)


    Im Anhang zeige ich einen Teilfranco-Brief nach Paris, aufgegeben am 28.12.1844 im schwedischen Malmö, vom Absender bis Hamburg bezahlt. Der L1 SUEDE kam wohl in Hamburg auf den Brief (?), wo Taxis am 02.01.1845 die weitere Beförderung übernahm und entsprechend rückseitig den RA3 T.T. HAMBURG stempelte. Ebenfalls dort, jedoch unleserlich, wurde zuvor noch ein RA3 vom schwedischen Postamt in Hamburg angebracht. Am 06.01.1845 passierte der Brief die belgisch-französische Grenze bei Givet. In Paris musste der Empfänger, ein Mitarbeiter ("Attaché") der schwedisch-norwegischen Botschaft noch 19 (?) Decimes für die Beförderung ab Hamburg bezahlen.


    Kann jemand den Namen des Botschaftsmitarbeiters entziffern? (Beik..rüs?)

    Was kostete die Beförderung bis Hamburg?


    Ich freue mich über Kommentare zum Brief und Korrekturen / Ergänzungen zu meiner Beschreibung.


    Viele Grüße


    Harald

  • Hallo Harald,


    der Empfänger zahlte 15 Decimes. Den Namen des Empfänger kann ich leider auch nicht lesen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Harald,


    der rote K2 TOUR-T 3 GIVET 3 wurde am 6.1. in Paris angebracht. Also passierte der Brief die Grenze vermutlich am 5.1., möglicherweise schon am 4.1.1845 . Malmö - Paris in 9 Tagen war jedenfalls um den Jahreswechsel eine gute Leistung.


    viele Grüße

    Dieter

  • Hallo Ralph, Dieter und Harald,


    besten Dank für Eure Anmerkungen zum Brief!

    Beck-Friis ist in jeder Hinsicht schlüssig, bin begeistert :)


    Viele Grüße


    Harald

  • Unter diesem link ist eine kleine Biografie abgelegt. Ich konnte es besser lesen mit einer Automatik Übersetzung nach Deutsch ;) ;)

    In der Tat war er ab 1844 Attache in Paris.


    Beck-Friis

    Liebe Grüße

    Harald


    Wein- und Sektstadt Hochheim am Main