Österreich - Thurn und Taxis

  • Liebe Freunde,


    manchmal hilft einem ein Archivfund weiter, wenn es um nicht häufige Sendungen geht, die man sonst hätte lange suchen müssen. :)


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    Ein Brief aus dem österreichischen Triest vom 27.9.1850 lief nach Frankfurt am Main, welches im Gegensatz zu Österreich, nicht am 1.7.1850, sondern erst am 1.5.1851 Teil der Postvereins wurde.
    Daher war die ein österreichischer Auslandsbrief. Empfänger war der geheime Oberregierungsrath Bethmann - Hollweg, offenbar ein Mitglied der bekannten Bethmann - Bank in Frankfurt am Main.


    Die Aufgabepost taxierte ihn mit 12 / 8 Kr. rheinisch, wobei 12 Kr. die Gemeinschaftstaxe Österreichs und von TT waren und 8 Kr. für den bayern. Transit addiert wurden. Bei seiner Ankunft 5 Tage später weilte seine Hochwohlgeboren jedoch nicht mehr in der Mainmetropole, sondern war in das weit beschaulichere Schloss Rheineck im preußischen Rheineck gezogen, ca. 143 km nordwestlich zwischen Neuwied und Sinzig am Rhein. Folglich wurden 4 Kr. auf die vorhandene Portobelastung von 20 Kr. aufgeschlagen = 24 Kr. und diese in 7 Sgr. reduziert. Mit dem preußischen Porto mit 1 1/2 Sgr. ergaben sich so 8 1/2 Sgr..


    Sollte ich mich gebührenmässig im Irrtum befinden, bitte ich um Korrektur.


    Das Besondere ist aber, dass sowohl Österreich, als auch der Transitdienstleister Bayern und die finale Destination Preußen alle schon im Postverein waren, nur die Erstdestination TT nicht! Hätte der Absender in Triest gewusst, dass der Empfänger in Rheineck weilt, wäre der Brief mit 4 Sgr. bis ein Loth exklusive sehr viel günstiger ausgefallen, als mit 8 1/2 Sgr. und Zeitverzögerung auf diese Weise. Außerdem galt hier noch das halbe Loth, so dass wir bei Gewichten über 1/2 Loth noch ganz andere Gebührenhöhen erklommen hätten, als bei diesem einfachen Brief.


    Die segensreiche Wirkung des DÖPV möchte ich daher hier mal gegenüber stellen, damit man sich anhand des Zahlenmaterials vor Augen führen kann, welche "Revolution" am 1.7.1850 losgetreten wurde:


    1. Spalte also der Brief wie hier .......... 2. Spalte der Brief Österreich über Bayern nach Taxis nach Preußen fiktiv:


    Gewicht: 1/2 Loth ........................... bis 1 Loth


    Franko: 8 1/2 Sgr. = 30 Kr. rh............... 9 Kr. CM.


    Porto: 8 1/2 Sgr. = 30 Kr. rh................. 4 Sgr.


    Gebühr Österreich: 6 Kr. rh. ................ 9 Kr. CM franko, 12 Kr. rh. porto


    Gebühr Bayern: 8 Kr. rh. von TT.............. 1 Kr. CM von Österreich


    Gebühr TT: 6 Kr. rh. + 4 Kr. rh................. nichts!


    Gebühr Preußen: 1 1/2 Sgr..................... nichts!


    Ich denke, auch ein weniger fortgeschrittener Sammler merkt hier recht schnell, dass praktisch alles anders war, als noch vor dem Postverein und wer ein Sammelgebiet haben möchte, das sonst (fast) keiner beackert, das viel Spaß macht, wenig kostet, zu vielen tollen Erkenntnissen führt und absolute Kennerschaft nach sich ziehen kann, der sollte mal überlegen, ob er nicht eine Sammlung beginnen möchte, die die zahlreichen Änderungen des Postvereins aufzeigt. Ein lohnenderes Thema wird sich so schnell nicht finden lassen und an Literatur mangelt es auch nicht. Nur markenaffin sollte man nicht unbedingt, kann es aber sein. ;)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch ()

  • Lieber bayern klassisch,


    nachdem Du den PO Teil des Briefes und die Anmerkungen zum DÖPV auf gewohnt excellente
    Art und Weise beschrieben hast, möchte ich nun den anderen Teil der Sophie mal etwas näher
    beleuchten und aufzeigen, was ein so tolles Stück hier alles an Schätzen beinhalten kann. :)


    zum einen haben wir da, was ich nach einigem knobeln herausgefunden habe den Empfänger
    des Briefes: "Professor Moritz August von Bethmann-Hollweg", geb.:8.4.1795,Frankfurt
    -gestorben:14.7.1877,Burg Rheineck.
    (Knobeln deshalb, weil zwei Nachnamensgleiche in der Zeit lebten)
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    Er war u.a. ein grosser Gelehrter, Jurist und preussischer Kultusminister, siehe hier:
    http://de.wikipedia.org/wiki/August_von_Bethmann-Hollweg
    und
    http://www.rheinische-geschich…tvonBethmann-Hollweg.aspx


    Die Nähe zu Bayern ist nicht nur in dem Leitweg des Briefes zu sehen, sondern ist Hr.Prof. Bethmann
    ganz konkret an der Nationalversammlung 1848-1849 beteiligt gewesen, die dann zum ersten freien
    deutschen Parlament geführt hat und mehr oder weniger zum Aufstand in Baden und der Pfalz, siehe
    "Schlacht von Rinntal" und "Nationalversammlung".....eine sehr spannende Zeit.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/49
    und
    http://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Nationalversammlung
    und
    http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Rinnthal


    Dann ist natürlich auch der Absender interessant, Konsul Gottfried Herrmann von Lutteroth,
    1808 Mühlhausen-1890 Reichenau,ein in Triest ansässiger Bankier, Freiherr und Konsul, der Herrn
    Professor Bethmann wohl in kaufmännischen Belangen behillich war.
    http://zeitbilder.von-alemann.…e/individual.php?pid=I990
    (Siehe Inhalt, es ging um die Erstattung eines Monatslohnes, für Zollgebühren, die für Tabak
    entstanden waren und die Konsul v. Lutteroth dem Herrn Professor Bethmann ersparte)


    Dann ist last but not least noch die weitergeleitete Adresse, nachdem der Herr Professor Bethmann
    von Frankfurt in die beschauliche Burg Rheineck, bei Coblenz (Preussen) umgezogen war, die er
    von einem ortsansässigen Architekten umbauen lies und wo er auch sein liter. Hauptwerk verfasste,
    , Zitat: ""Der Civilprozess des gemeinen Rechts in geschichtlicher Entwicklung, durch das er zu einem
    der bedeutendsten Vertreter der historischen Rechtsschule aufstieg, schuf er erst als Privatier in den
    Jahren 1863-1874 auf Burg Rheineck".Die Burg Rheineck wurde als touristisches Attraktion weltberühmt:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Rheineck
    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/78…ungDuncker7183f448jpg.jpg]


    So lieber Bayern Klassisch :P:P nun hoffe ich Du siehst den Sophie Aspekt des Briefes, wozu es noch
    vieles mehr zu berichten gäbe, nun mit etwas anderen Augen und ich darf mich nochmals sehr bedanken,
    dass der Brief den Weg in die passendere Sammlung gefunden hat :thumbup:


    Herzliche Grüsse von
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

    Einmal editiert, zuletzt von Bayern Social ()

  • Lieber Bayern Social,


    hervorragende Arbeit - aber jetzt muss ich mir erst einmal die vielen Links herein ziehen, damit ich auf Augenhöhe komme. :rolleyes:


    Das ist einer der 3 schönsten Briefe, die ich je von Österreich hatte und wenn er jetzt in deiner Sammlung ist, dann bleibt er das auch.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde


    Bei dieser Brief brauche ich etwas Hilfe.


    Der Brief lief von Verona in Österreich in März 1851, als vor der taxischen Eintritt im Postverein. Daher sind die Taxen für Österreich 12 Kreuzer, Transit Bayern 8 Kreuzer und Porto Taxis 5 Kreuzer ok, also zusammen 25 Kreuzer.
    Aber der Empfänger hat 31 Kreuzer bezahlt. Der eine Kreuzer Botenlohn abgezogen war es "postalisch" also 30 Kreuzer.
    Mit rote Tinte ist es 23 Vermekt, mit Rötel 7 und 30. Also wohl dann die 23 + 7 = 30 Kreuzer.


    Einige Ideen?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    gab es damals nicht das Gemeinschaftsporto? 12x CM plus 8x CM Zuschlag und 5x für die Schweiz im Transit (die zuerst fälschlich als "3" gelesen wurde = 25x CM = 30x rheinisch?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Nils,


    aber dein Brief hat 3 Taxen - daher dachte ich, es könnte einer über die Schweiz sein, womit die 3. Taxe erklärt wäre. Eine bessere Lösung habe ich leider nicht parat ... :S


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch


    Ich schliesse nicht Schweiz aus. Aber ich vermute dann den Weg über Vorarlberg und Schaffhausen weiter über Baden. Aber hier bin ich auch unsicher.


    Die falsche Lesung 25/23 finde ich etwas "komisch".


    Wenn es hier Kreuzer CM zuerst vermerkt war, muss du die Beschreibung bei erstem Brief ändern. Diese Beschreibung finde ich aber richtig.


    Unsicher, unsicher, unsicher. Vielleicht kennt liball etwas hierzu.


    Woher stammt die rote Tinte?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    wenn dein Brief ein paar Jahre älter wäre, würde ich Zürich sagen. So aber weiß ich es nicht.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Nils,


    ich grüble schon eine ganze Weile über deinen interessanten Brief. Doch zu einer Lösung bin ich auch nicht gekommen.


    Die rote Tinte ist in der Schweiz des öfteren zu beobachten. Ich habe mir auch den Postvertrag zwischen Graubünden und Thurn und Taxis angesehen, der 1843 in Kraft getreten ist. Danach konnten auch Briefe aus Österreich nach Taxis befördert werden. Diese liefen im geschlossenen Transit. Diese Pakete wurden gewechselt von Chur über Schaffhausen nach Frankfurt. Als Taxe für die Pakete sind für den Kurs über den Splügen 8 Kr. je Unze aufgeführt und über den Bernhardin 12 Kr. Aber das hilft bei der roten 23 nicht weiter. Sicher ist lediglich, dass die Taxierung in Verona in Convetionsmünze vorgenommen wurde. Vielleicht kam der Brief auch versehentlich auf diese Linie und in Chur wurde neu taxiert. Dies wäre möglich, da Graubünden sowohl mit Österreich als auch mit Taxis Abrechnungen vornahm.


    Ich habe auch einen Brief nach Darmstadt aus Bregenz vom 30.7.1846. Rückseitig wurde die Charge- und Retourrezepissegebühr von 18 Kr. C.M. (6/12) angeschrieben. Das gemeinschaftiche Porto von 12 und 8 Kr. C.M. steht auf der Vorderseite. In Hessen wurden die 20 Kr. C.M. in 24 Kr. umgerechnet. Dann wurde der Brief jedoch nachgesandt, vermutlich in das pfälzische Neustadt. Hierfür wurden weitere 4 Kr. belastet = 28 Kr. Auf der Rückseite wurden jedoch nochmals 5 Kr. hinzuaddiert, vermutlich Botengebühr (erscheint mir jedoch sehr hoch).


    Grüsse von liball

  • Hallo liball,


    dann machen wir die Beschreibung deines unglaublichen Briefes komplett:


    24x für TT plus 4x für TT bis zur Grenze, dann 5x für Bayern ab dort bis Neustadt a. H. (an der Haardt) waren die 33x Endgebühr.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bayern klassisch,


    vielen Dank für deine Hilfe. Manchmal denke ich viel zu kompliziert und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht.


    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo bk und liball


    Danke fürs Zeigen und Hilfe


    Aber im ernst bin ich nicht kluger geworden :( - ist ja öfters so (und es hängt meistens nur an mich ;) )


    Eine Frage, erkennt jemand woher der rote Stempel rückseitig stammt? Ist ja nicht sehr deutlich.


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    ich kann das Datum nicht lesen - wenn er vom 15. wäre, also nur einen Tag vor dem Distributionsstempel von Frankfurt, dann müsste es ein deutscher Stempel sein - so eine Type kenne ich aber nicht.


    Daher sollte es wohl eher der 13. sein - damit wäre das Rennen offen, denn es sollte dann ein österreichischer Stempel sein (die Schweizer Stempel, die ich kenne, sehen anders aus und beim geschlossenen Transit wären auch keine zu sehen).


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo bayern klassisch


    Ich habe in meine Gedanken Frankfurt gehabt, aber war unsicher - eben weil das Datum nicht sicher zu lesen war.


    Andersseits sollte ein Frankfurt Stempel für Kenner wie du eigentlich einfach sein. Also wohl nicht in Frankfurt abgestempelt.


    Meine zweite Gedanke war auch Milano. Ein Brief aus Verona über Milano finde ich aber aussergewöhnlich.


    Vielleicht meldet sich jemand hierzu.


    Viele Grüsse
    Nils

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball


    Ich denke dass es tatsächlich ein Milano Stempel ist. Ich habe mit einem anderen Brief der ich habe verglichen, und ich meine dass die ganz gleich sind. Danke für den PDF :)


    Wie soll man dann den Taxbaum verstehen?


    12 Kreuzer CM Österreich, 8 Kreuzer CM Schweiz, ist gleich die vermerkten 23 Kreuzer in Zürich
    Dann 5 Kreuzer CM für Taxis in 7 Kreuzer Rh reduziert.
    Zusammen macht es 30 Kreuzer Rh Porto.


    Also gleich bayern klassischs Lösung oben.


    Hat der Empfänger dann 1 Kreuzer gespart weil man in Zürich falsch reduziert hatte? Oder war es üblich so dort?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Schönen guten Sonntagmorgen zusammen,


    lt. einer Losbeschreibung handelt es sich bei diesem Stempel um einen aus Schleswig-Holstein, leider fehlen mir dazu die Unterlagen.
    Rückseitig befinden sich die Stempel von EISENACH und VACHA.
    Interessant wäre auch zu erfahren warum der Brief taxiert ist, und wer die Portoanteile bekommen hat.
    Die Taxierungen 4/1/4 würde ja bedeuten dass drei Postverwaltungen betroffen waren, und was könnten die Zahlen 12 (gestrichen) und 4 (unterstrichen) bedeuten?
    Vielleicht kann man sich so auch dem Aufgabeort, oder zumindest der Bahnlinie, nähern.
    Der Vermerk unten links auf der Vorderseite ist mir nicht klar, ebenso wie die Absenderangabe.


    In der Hoffnung einige Antworten zu bekommen wünsche ich allen einen nachdenklichen Volkstrauertag.