Portobriefe Frankreich - Bayern

  • Hallo bk,


    lassen wir den Theoriemodus einfach noch ein bischen eingeschaltet: Zunächst kann ich mir angesichts der o.a. Hintergrundinformationen jetzt gut vorstellen, warum es bei den Botengängen - so wie ich es irgendwo einmal ohne nähere Begründung zu lesen bekommen habe - z.T. heftige Diskussionen an der Haustüre gegeben hat.


    Wenn aber dann einmal eine Annahme druch den Empfänger (erfolgreich) verweigert wurde, was hatte der Bote, da er von der Abgabe-Postexpedition ja nichts mehr zu erwarten hatte (überhaupt noch) für einen Anlass, die Sendung - auf deren Kosten er sitzen blieb - wieder Retoure zu geben ? Dass ihm ansonsten eine Strafe gedroht hätte ?


    + Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    eine schlaue Frage - der Bote bekam die Sendung ja nur, weil er für einen Dritten (heute: Generalvertretungsvollmacht) einen Dienst besorgt und unterstellt, dass dieser diesen Dienst auch in dem individuellen Fall ausgeführt haben möchte. Er bekommt den Brief nicht, weil er gerade 6x im Sack hat, denn eine Zweckbindung gab es natürlich immer.


    Hätte er folglich irrig angenommen, einen Brief für seinen "Kunden" annehmen zu sollen, so hätte er den Brief der Post zurückgeben müssen, weil es andernfalls ein klarer Fall von Unterschlagung gewesen wäre, denn der Absender in Frankreich wollte ja keinem ihn unbekannten Landboten einen Brief schicken, sondern dem tatsächlichen Empfänger.


    Theoriemodus 2.0. Er ärgerte sich masslos, weil er mehrere Kilometer bei Sauwetter laufen musste, ohne seine 3x zu sehen und die verauslagten 6x waren eh beim Deibel. Daraufhin wirft er den Brief weg.


    Dann würde irgendwann einmal ein Nachfragebrief vom Absender aus Frankreich kommen. Den würde er nicht annehmen, weil es ja beim letzten Mal in die Hose gegangen ist und dieser Brief würde zurück laufen als Retourbrief (Porto von 2 Decimes für den Absender!).


    Sicher würde dann ein qualifizierter Brief kommen, also chargiert, um nachzufragen, warum die Briefe nicht beantwortet oder angenommen werden und danach dann ein Laufzettel. Ab 1872 hätte ein Nachfrageschreiben für nicht eingeschriebene Sendungen abgesandt werden können, aber zu diesem Zeitpunkt gab es keine Landboten mehr, sondern nur ab dem 1.10.1858 in der Pfalz die Landbriefträger, die aber Staatsbedienstete waren und somit auch keine Porti zu verauslagen hatten.


    Schon dieser kleine Exkurs zeigt, welche Möglichkeiten und Problematiken es gab, wenn die Post "Dritte" einschalten musste, um die Zustellung zu bewerkstelligen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bk,


    ich denke dieser Exkurs gehört zu denjenigen, deren Informationsgehalt durchaus nicht unterschätzt werden sollte. War lange nicht so eng an einem Thema dran !


    Sicher würde dann ein qualifizierter Brief kommen, also chargiert, um nachzufragen, warum die Briefe nicht beantwortet oder angenommen werden und danach dann ein Laufzettel.


    Dies ist ja nun wiederum ein rein postinternes Procedere, das die Abgabepost im o.a. Fall ja schon irgendwie droht ein kleines bischen in Verlegenheit zu bringen. Wenn sie den Brief an einen Boten verkauft hat, der ihn letztendlich nicht zustellen konnte und er ihn nicht wieder zu ihr zurück zur Retoure gebracht hat, dann kann sie ja (erst einmal) nicht wissen, was damit passiert ist.


    Insofern wird sie bei einer Nachforschung - selbst mit chargiertem Laufzettel - nur lapidar zurückmelden können, dass sie den Portobrief am Tag X an den Boten Y übergeben/verkauft hat. Über den Verbleib wird sie dann auf den Boten verweisen, der sich ja sehr wahrscheinlich die Übergabe (auch der 6 Kreuzer) von der Abgabpost quittieren lassen hat und umgekehrt. Also wird ihm eine evtl. Unterschlagung klar nachzuweisen (möglich) gewesen sein.


    Selbst wenn ihn das nun nicht beeindruckt haben sollte, dann kann man aber wiederum nicht übersehen, dass er in einer ökonomischen Dependence mit der Abgabepost gestanden hat, die bei sich wiederholender Unzuverlässigkeit des Boten sicherlich irgendwann einmal auf einen anderen zurück gegriffen hätte.


    Also wird ihm letztendlich in der Tat nichts anders übrig geblieben sein, als einen annahmeverweigerten Brief trotz schmerzlichen Verdienstsausfall/Verlustgeschäft wieder ordnungsgemäß bei der Abgabepost abzugeben, damit jener wieder Retoure gehen konnte. Und er wird insofern - wie Du schon gesagt hast - eben umso darauf zu achten gehabt haben...


    ...sich seinen Kundenkreis (Endempfänger) gut anzuschauen.

    Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    so ist es. Die bayer. Post brauchte Leute, die die Briefe auf dem "flachen Lande" bestellten. Man brauchte auch zuverlässige Leute.


    Diese Landboten, die ja von den Gemeinden ihrer Umgebung besoldet waren, waren kein Millionärsverein, sondern konnten Extrageld verdienen, wenn sie Privatbriefe vermittelten (2x bei der Aufgabe, 3x bei der Abgabe, wenn alles klappte). Daher hatten sie ein Interesse, diese Briefe von der PE vermittelt zu bekommen und gleichzeitig ihren Kundenkreis aufzubauen, der solvent und oft anzulaufen war.


    Die Empfänger weitab einer PE waren froh, einen Landboten zu kennen, der ihre Briefe auf- und ablieferte. Die 2 oder 3x waren auch nicht das Problem, sondern die Zuverlässigkeit des letzten Teils einer langen Kette.


    Insofern verwundert es nicht, dass Annahmeverweigerungen (mir) nicht bekannt sind, was Briefe aus Frankreich angeht, aber es mag das wohl auch mal gegeben haben. Fänden wir einen, könnten wir das damalige Procedere nachverfolgen - so bleibt es nur Theorie, aber eine spannende Theorie wenigstens. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    das leuchtet mir dann letztendlich alles ein. Wenn der Bote öfters mal (hier) in Geinsheim unterwegs war, dann hat er bei einem ihm dort bisher nicht bekannten Empfänger ja evtl. sogar "voranfragt", ob er denn (überhaupt) bereit wäre ein für ihn bei der Abgabepost liegenden Brief anzunehmen, um sein Geschäft mit dieser abzusichern.


    + Gruß !


    vom Pälzer

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  • Liebe Freunde,


    es kommt nicht oft vor, dass mir ein Frankreich - Brief nach Bayern Kopfzerbrechen bereitet, aber der hier schafft das locker.


    Leider ist kein Datum ersichtlich. Aber der Rayon Limitrophe Stempel kam erst mit dem 1.7.1847 zum Einsatz, womit der Postvertrag klar ist. Der Vermerk "per Carlsruhe" stammte von wem?


    Siegelseitig ist nur ein Fragment eines Ellinger HKS zu sehen - auch wertlos.


    Nach dem o. g. PV kosteten Briefe aus dem Nachbarbereich Bas Rhin 3x für Frankreich, die ich auch sehe und 9x für Bayern, wenn es nicht gerade die Pfalz war (war es hier nicht). Demnach wären das 12x (die ich hier auch sehe). Warum aber dann 15x? Augsburg hat mit rot nur noch 1847 und 1848 gestempelt, 1849 nicht mehr, so dass wir den Brief auf diese 2 Jahre eingrenzen können.


    Wozu dann 15x Auslage und 7x Inland? Zumal der Empfänger einer der höchsten Prominenten Bayerns war und eigentlich Portofreiheit genossen haben sollte? Unten links dann die Summe von 22x.


    Wer sich einen Reim drauf machen kann, bitte vortreten. :D Ich könnte mir nur vorstellen, dass in den Jahren der badischen Unruhe 1848/49 ein möglicher Einzeltransit höhere Kosten verursacht haben könnte, wenngleich das ein schwaches Argument darstellt, wenn es überhaupt eines ist, denn seit 1.8.1843 gab es ja den Gemeinschaftsvertrag Badens mit Bayern, der 12x für einfache Briefe über 15 Meilen als Taxe vorsah, die halbscheidig zu teilen war.

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    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Freunde,


    nachdem der vorher gezeigte Brief nicht nur mir Probleme zu bereiten scheint, hier ein "einfacher", den ich ganz adrett fand und der daher seinen Weg zu mir fand.


    In Strasbourg am 3.12.1843 schrieb die dortige Mairie (Brügermeisteramt) an das k. b. Landgericht zu Heidenheim in Mittelfranken (nicht das an der Brenz von Württemberg!) einen einfachen Portobrief.


    Frankreich setzte 20 Centimes oben links an bis zur Grenze bei Kehl in Baden. Über den Paketschluss Würzburg, wo man diese in 6x reduzierte und 16x Porto für die Strecke ab Kehl bis Heidenheim ansetzte, gelangte er zum Empfänger, der somit 22x zahlen durfte. Der C.F.1.R. = 1. Rayon aus Frankreich - Stempel war vorgeschrieben, aber auch ohne ihn hätte Bayern nur 6x an Frankreich vergütet.

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    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ... sehr seltener Brief im 2. Gewicht - ob es an den Mustern gelegen hat?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo,


    dieser Nachsendebrief aus Bethune vom 29.11.1817 wurde zunächst nach Bayreuth und dann nach Bamberg weitergesandt. Befördert mit dem direkten Paketschluss Straßburg-Nürnberg. Dort wurde das fremde Porto mit 20 Kr. in Auslage genommen. Auch für Bayern wurden 20 Kr. angesetzt. Dies erscheint mir viel zu hoch. 20 Kr. wären erst ab 2 Loth bei 18-24 Meilen angefallen.

    Wieso man vermutlich in Bayreuth abermals 20/20 angeschrieben hat ist mir auch nicht klar.

    Lese ich die Anschrift richtig:

    Monsieur le Baron de Malzer officier an 2. Regiment des Hussards de Baviere.


    Grüße von liball

  • Hallo Karl,


    wäre der Brief, wie du schreibst, im direkten Paketschluß nach Nürnberg gelaufen, hätte er nur die blaue 20 in der Auslage für Frankreich. Aber zuvor schrieb man schon mit Rötel 20x an, ehe die 20x für Frankreich von Nürnberg notiert wurden und Nürnberg danach für Bayern 20x ansetzte. Die Nachsendung war gratis, weil der Brief den Postenlauf nicht verlassen hatte (Baron von Malsen war der Empfänger).


    Damals hat FFM - Taxis gerne in Rötel die Taxen notiert - vlt. eine Fehlleitung?

    Liebe Grüsse vom Ralph



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