Portobriefe Frankreich - Bayern

  • Lieber VorphilaBayern,


    ein Brief, dessen Porto in 9 Kr. für Frankreich und 3 Kr. für Bayern (Sonderporto Pfalz) geteilt wurde.


    Der siegelseitige Bahnpoststempel für die Pfalz ist keine Massenware und so gut abgeschlagen noch weniger.


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber VorphilaBayern,


    Glückwunsch zu dem schönen Briefchen, dessen rückseitige Stempel den Laufweg sehr schön dokumentieren. Die Adresse ist auch interessant. Übersetzt lautet sie: "Herrn Fritz Volker (zur Weitergabe an Professor xxx Insektenkundler) in Annweiler nahe Landau, Rheinbayern". Ist der Stempel "D" im Kreis ein Landbriefträgerstempel?


    Beste Grüße


    HOS

  • Hallo alle,


    Ja, dieser Brief ist für Herr Volker, der ihn gewissem Professor Entomologist übergeben soll.
    Der Brief kommt nicht aus VERTUS her, sondern aus eine abhängende Landgemeinde vom Postamt VERTUS.
    Das Stempel "D" ist kein Briefträgerstempel, das ist ein Briefkastenstempel. Ein Briefträgerstemepl es ist ein Stempel das der Briefträger mit ihm mitnimmt. Hier ist das Stempel "D" im Briefkasten festgelegt.
    Den Inhalt des Briefes ansehend, kann man, aus welcher Gemeinde der Brief herkommt.
    Grüss aus Frankreich.
    Emmanuel.

  • Hallo VorphilaBayern,


    Hier ist eine kurze Zusammenfassung des Briefes.
    Herr Desjardins, der Spediteur, nimmt sich vor, als der Vermittler eines Insektenaustausches zwischen der Professor Triple X (das macht Spionage Film ein wenig :D ) und ein Junges französischer entomologist. Offensichtlich versteht der Professor XXX keine französisch und Herr Volker ist beauftragt, ihm den Brief zu übersetzen. Der Spediteur schlägt dem Professor vor, in Latein zu schreiben, weil er auf Grund dieser Tatsache, besser verstanden werden kann. Er schlägt einer anderer Lösung vor: es geht darum, daß Herr Volker fortsetzt, seine Briefe in französischer Sprache zu übersetzen.
    Wenn man des Briefkopfes liest, sieht man: " Chaudin, den 13. Mai 1854 ".
    Es gibt keine Gemeinde genannte "Chaudin" in Frankreich.
    Das könnte also in eine Sackgasse führen. Aber.........
    Herr Desjardins ist mit uns sehr sympathisch, weil er in der Mitte des Briefes seine vollständige Adresse angibt.
    " Monsieur Desjardins Fils , Ferme Chaudin près d' Aulnizeux par Vertus(Marne)" d.h. "Herr Desjardins Sohn, Bauernhof Chaudin nahe Aulnizeux, über Vertus (Departement Marne)
    Man sieht also daß, "Ferme Chaudin" nur ein Ort ist und daß, der Briefkasten in Aulnizeux sich findet.
    Es gaben 10 Bewohner in diesem Ort in 1876.Ich habe keine Informationen für 1854.


    Vile Grüsse.
    Emmanuel.

  • Lieber vals59,


    auch von mir vielen Dank für die Erläuterungen. Noch eine Frage: warum ist der Briefkastenstempel von Aulnizeux ein "D" und nicht etwa ein "A" ? Was heißt das "D" ?


    Beste Grüsse


    HOS

  • Liebre HOS,
    Wirklich hätte das Buchstaben-Stempel von Aulnizeux, "A" oder "M" zu sein. Tatsächlich kam die Austeilung das Buchstaben-Stempeln entsprechend der Landbriefträger Runden.
    Diese Runden konnten sich entsprechend der Öffnung neuer Postämter oder sogar der Reorganisation des Landpostbezirkes eines Postamtes verändern.Eben für das kann Aulnizeux das Buchstaben-Stempel "D" 1854 und der Buchstaben-Stempel "A" 1860 bekommen.
    Belgien, z. B. hat das dasselbe System wie in Frankreich benutzt, aber hat nicht die Buchstaben-Stempel zu ändern, wenn Landpostbezirk eines Postamtes reorganisiert war.Das französische System ist also erschwerter, um die Buchstaben-Stempeln einer Gemeinde zwischen 1830 und 1912 zu finden.
    In einer Landbriefträger Runde findet sich das Buchstaben-Stempel "A" in der Briefkasten des ersten Dorfes, das den Briefträger besucht, ist "B" in der 2. und so weiter. Man muß auch wissen, daß ein Postamt dessen Landpostbezirk viele Landgemeinden oder sehr entfernte Gemeinden umfasst, konnte(sollte) mehrere Landbriefträger Runden schaffen. Zum Beispiel eine Runde von "A" zu "L" und eine ander von "M" zu "S" mit 2 Briefträger.
    Es ist nicht selten, daß ein Landbriefträger mehr als 30 Km an einem Tag durchläuft. Es gab jedoch eine Regel, die die Postverwaltung zu achten versuchte: eine Gemeinde kann direkt von einem Postamt angeschlossen sein, wenn sie von weniger als 12 Km dieses Postamtes entfernt ist.
    Das Leben einen Landbriefträger war nicht sehr leicht.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Liebe Freunde,


    über die Qualitäten des Augsburger Postpersonals sich Gedanken zu machen, ist mühevoll, aber sinnlos. Den Beweis für diese These stellt ein Brief aus Paris vom 1.3.1839 nach Reuth dar.


    Frankreich stempelte korrekt für den 3. Rayon C.F.3.R. und Bayern hatte hierfür 20 Kr. für den einfachen Brief anzusetzen. Wegen der Degressivität wäre ein Brief der 2. Gewichtsstufe mit 38 statt 40 Kreuzer franz. Portoanteil anzusetzen gewesen.


    Hier hat ein Augsburger Genie nun 30 Kr. (!) für Frankreich angesetzt, also mit 1,5 gerechnet, aber für Bayern nur 20 Kr. als 1. Gewichtsstufe.


    Nun könnte der Oberschlauberger zu Recht bemerken, dass der Brief den Vermerk "Echantillon sans Valeur" und "Muster ohne Werth" aufweist. Das ist richtig - in ihm waren mehrere blaue Glaskügelchen, die ein franz. Händler in der Weise seiner Muster von dem bayer. Lieferanten hergestellt haben wollte (wofür die Stempelabschläge sensationell gut sind, denn sie haben diese Kügelchen mit ihrem Stempelgerät kaum getroffen).


    Aber die Musterkügelchen, heute leider nicht mehr vorhanden, lagen in dem Brief, was so zu lesen steht und sich von selbst versteht, weil sie außen anhängend sicher zerbrochen oder in anderer Weise beschädigt worden wären (Kutschenzeit) und bekanntlich gab es für inliegende Muster keine Portomoderation, von wem auch immer.


    Wenn einem einfällt, wieso die geforderten 50 Kr. korrekt sein sollten, bitte ich um Aufklärung.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Ralph,


    Es scheint daß der Brief für einen Brief in 2. frz Gewichtsstufe (> 7.5 g) aber in 1. bay. Gewichtsstufe (<8.75 g) gehalten gewesen ist. Komisch !
    Hier ist ein Dokument, das ich schon gezeigt habe und das das Porto oder Franco eines einfachen Briefes von Paris nach allen Europagroßstädten gibt. Dieses document ist 1833 herausgegeben gewesen.
    Ein Brief von Paris für Augsburg (über Straßburg) kostet 13 décimes, d.h. 39 Kr (21 für Frankreich, 18 für bayern).
    Die Anteil des französischen Portos scheint großer zu sein als die bayerische Anteil. In deinem Beispiel, wenn der Brief einfach gewesen war, waren die 2 Anteile identisch. Hast du eine Erklärung?
    Ich weiß, daß es nichts zu Postvretrag-Verrechnungssystem ändert, aber das ist seltsam, 2 Systeme von Portoberechnung (Die denselben Gesamtbetrag geben) von einerseits oder eine andere der Grenze seite zu haben.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    für Bayern war egal, woher der Brief kam. Strasbourg hatte ja einen eigenen Kartenschluß mit Augsburg. Alle Briefe eines Rayons wurde mit der Taxe nach ihrer Entfernung belegt. Briefe aus dem 3. Rayon kosteten 20x bis Strasbourg und ab Strasbourg wurde nach bayer. Gewicht und dem Tarif vom 1.12.1810 für das Inland gerechnet.


    Ich hatte mal ein Pärchen Briefe aus Paris nach München gezeigt, das auch über Strasbourg lief. Der 1. war einfach, der andere schwer. Man sieht an diesem Paar schön die Degression für Frankreich und der 1,5fach Anstieg bei Bayern.


    Vermutlich hat man so gedacht, dass Frankreich 1,5fach progressierte, was aber falsch war. Nach dem bayer. Tarif gab es auch keine 2. Gewichtsstufe, die 20x kostete, nur über 54 bis 60 Meilen gab es ein 20x Porto überhaupt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo zusammen,


    nachstehend ein kleiner Beitrag meinerseits zu diesem thread. Unfrankierter Brief der 1. Gewichtsstufe aufgegeben am 24.04.1847 in Paris im 3. Rayon > C.F.3.R. Grenzübergang am 25.04.1847 in Forbach (siehe Abschlag siegelseitig) und dann Ankunft in Kaiserslautern am 27.04.1847. Der Empfänger hatte hier 20 Kr Porto zu zahlen.


    Die vorderseitg in schwarz notierten 14 Kr müssten für 5 Decimen frz. Anteil stehen, die 6 Kr für den Anteil der innerbayerische Weiterleitung. Die Bedeutung des Halbkreisers Homburg vom 26.04.1847 macht mir aber noch Schwierigkeiten.


    Warum ist dieser eigentlich rot ? Wurden dort evtl. schon die Taxnotierungen 14/6 mit Rötelstift ausgestrichen und damit die 20 Kr Porto daneben gesetzt ? Oder geschah dies erst am Ankunftsort ?


    Schönen Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    hübsch!


    Der Paketschluß Paris - Forbach - Homburg war zu dieser Zeit der einzige für die Pfalz, wenn man die lokalen Briefe einmal weg läßt. Zwischen Forbach und Homburg lag ja Preußen - daher wurde je Loth Briefe von Bayern 2x an Preußen bezahlt, womit sich Preußen bereit erklärte, die Briefpakete zwischen Forbach und Homburg geschlossen über eigenes Territorium zu transportieren. Die französischen Briefpakete für die Pfalz wurden also in Forbach versiegelt und in Homburg geöffnet (umgekehrt von der Pfalz nach Frankreich).


    Homburg notierte (hier in blau, mir auch in schwarz bekannt) fast immer von der selben Hand die Taxen, die du völlig richtig erklärt hast. :)


    In Kaiserslautern wurden sie zum Endbetrag von 20x zusammen gefasst.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    ein Klasse Procedere, herzlichen Dank für die Eräuterung dessen ! Jetzt noch die Frage von was die 2 Kr an Preussen abgezogen wurden ? Etwa von den 6 Kr des bayerischen Weiterleitungsanteils ? Und hat Homburg deswegen siegelseitig in Rot abgeschlagen, weil es das die Auslandsbriefpakete eröffnende Grenzpostamt war ?


    Gruß !


    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,


    Zitat

    Jetzt noch die Frage von was die 2 Kr an Preussen abgezogen wurden ?


    von den 6x, die Bayern erhielt durch den Empfänger. Wenn der Brief 6g wog, gingen fast 3 Briefe auf das Loth. Also hätte man z. B. 3 mal 6 = 18x an Porto insgesamt kassiert, aber nur 2x davon an Preußen vergüten müssen. Blieben 16x für drei leichte Briefe ...


    Zitat

    Und hat Homburg deswegen siegelseitig in Rot abgeschlagen, weil es das die Auslandsbriefpakete eröffnende Grenzpostamt war ?


    Die Farbe hatte hier keine Bedeutung - wie immer bei Bayern in der Vormarkenzeit. Ab 31.1.1843 hatte auf Wunsch (Befehl) seiner kgl. Majestät jeder Brief Auf-, Transit- und Abgabestempel zu erhalten. Daher war jede Umspedition stempelmässig nachvollziehbar zu dokumentieren - genau das hat Homburg fast immer gemacht, allerdings auch fast immer schlecht!


    Wenn du also mal einen Frankreich - Pfalz - Brief vor dir hast, bei dem du siegelseitig nur Fragmente eines Halbkreisstempels (ab Ende 1849 in schwarz) erkennen kannst, dann darfst du immer auf Homburg schließen und wird stets recht behalten.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo bk,


    grandios ! Alles verstanden.


    Vielen Dank + Gruß !


    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo zusammen,


    das nachstehende Portobrieflein aus Beaumont-sur-Oise (nördl. Paris) hat`s mir von der Optik sehr angetan, als Pfalzsammler natürlich auch der Homburger Durchgangsstempel. Vom Ankunftsort Erlangen fehlt allerdings der AK-Abschlag. C.F.3.R. Grenzübergang am 13.06.1840 in Forbach = 20 Kr Porto für die innerfranzösische Beförderung ist klar, aber gehe ich richtig davon aus, dass hier eigentlich 18 Kr anstatt 20 Kr für die Weiterbeförderung in Bayern anzusetzen gewesen wäre ?


    Schönen Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    schöner Brief, bitte nicht wegwerfen. 8o:)


    Nur Homburg in der Pfalz hat mit Kohlestift in schwarz die Porti notiert - Auslagestempel gab es in der Pfalz ja nicht, daher musste er hier auch fehlen, auch wenn der Brief später über Würzburg und Nürnberg gelaufen war, wo es ja diese Stempel gab.


    Zu den 18x Porto kamen 2x Zuschlag, weil der Brief wegen des Transits durch Preußen (Saarbrücken) um eben diese teurer wurde.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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