Fahrpost Bayern - Preußen

  • Liebe Sammlerfreunde,


    ich erhielt gestern folgende Anfrage zu einer Auszahlungs-Anweisung (s. Anhang):


    1. Handelt es sich um ein bayer. Formular, das einem Bareinzahlungsbrief nach Preußen beigefügt oder angeheftet war?


    2. War dies das übliche Verfahren zwischen Bayern und Postvereinsstaaten seit 1852?


    3. Gibt es weitere bayer. Formulare für Bareinzahlungsbriefe zwischen 1852 und 1866?


    4. Bedeutete die Einführung der Postanweisung in Bayern ab 1.11.1866 das Ende dieses Verfahrens und dieser Formulare?


    Wer kennt sich mit der Fahrpost aus und kann obige Fragen beantworten?


    Gruss
    1870/71

  • Lieber 1870/71,


    auch wenn es dich wundert, dass ein dezidierter Nicht-Fahrpost-Sammler jetzt antwortet:


    Zu 1) JA.


    Zu 2) Ich kenne das erst seit 1861, also dem neuen Postvereinsvertrag. Davor wäre es mir völlig unbekannt.


    Zu 3) Mir keine bekannt - in Bayern gab es den sog. Erlanger Fund; da sind ein paar Dutzend dieser Vordrucke aufgetaucht, die normalerweise nach 5 / 10 Jahren zu vernichten waren.


    Zu 4) Das würde ich so sehen.


    Soll ich mal ein paar davon zeigen?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo in die Runde


    meineserachten handelt es sich nicht um eine Bareinzahlungsendung sondern um eine Post-Auslage (Nachnahme).
    Der Weg der Postauslage war, dass der in Auslage gebrachte Betrag beim Empfänger eingezogen werden sollte. Geschah dies, wurde die voschußleistende Postanstalt davon mittels Rückschein in Kenntnis gesetzt und diese informierte wiederum dem Auftraggeber. Erst jetzt sollte (konnte) der Postvorschuß-Betrag an dem Absender ausgezahlt werden.


    Allgemein konnte der Beamte der voschußleistenden Postanstalt den Betrag auch vorher auszahlen, jedoch haftete er im Falle der Nichteinlösung durch den Empfänger.


    Kurz noch zu Bareinzahlungen:
    Innerhalb des DÖPV war bis zum Ende zwischen den einzelnen Mitglieder nur die Form der Bareinzahlungsbelege möglich. Postanweisungen gab es hier erst ab dem 01.01.1868. Innerhalb einer Posthoheit war dies früher schon möglich.


    Theoretisch ist auch möglich, dass eine Bareinzahlung nicht ausgezahlt werden konnte und der Absender den eingezahlten Betrag zurück bekam.


    Sowohl Bareinzahlungen als auch Nachnahmesendungen waren mit dem 1. revidierten Postvertrag des DÖPV möglich.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo,


    auf diesem Fahrpostbrief (Nachnahme ?) des Landgerichtes Erlangen an das Stadtgericht Breslau vom 15.6.1853 wurde der seltene Herkunftsstempel "Aus Bayern" in rot abgeschlagen.
    Lt. dem Inhalt geht es um einen Betrag von 1 fl. 21 1/4 Kr.
    Vielleicht kann der Fahrpostspezialist Magdeburger oder ein anderes Forumsmitglied etwas zu den Taxierungen sagen.


    Grüsse von liball

  • Hallo liball


    ein interessanter Brief.
    Mit Hilfe der Stempel ist zumindestens der Laufweg von Erlangen nach Hof - Plauen - Görlitz nach Breslau sicher.
    Sehr schlecht ist beim Aufgabestempel "Mit 1 Florin 21 1/4 x baar" notiert worden - und somit ist es ein Wertbrief. Ursprünglich wurde er mit 3 Loth gewogen - darüber ist 2 1/4 Zollloth? notiert worden. Ist schon erheblich der Unterschied.


    Für die Berechnung der Taxen die Entfernung:
    Erlangen - Hof 14 Meilen + 2 Meilen Zuschlag = 16 Meilen für Bayern + Transit Sachsen 20 Meilen festgesetzt + Görlitz - Breslau knapp 20 Meilen für Preussen.


    Für Bayern fielen an:
    7 Kreuzer Mindestfahrposttarif + 2 Kreuzer Werttaxe = 2 3/4 Sgr.


    Für Sachsen
    2 Sgr. Mindestfahrposttarif + 1 Sgr. Werttaxe = 3 Sgr. Gesamt


    Für Preussen ergibt sich das gleiche Ergebnis wie für Sachsen.


    Damit müßten eigentlich 8 3/4 Sgr. insgesamt anfallen. Dies ist nirgends notiert.
    Notiert wurde ein 3 welche doppelt gestrichen wurde - also ungültig ist. Weiterhin ist 6 3/4 Sgr., wie es scheint auch nur als Porto angefallen. Wenn der Betrag ist Auslage genommen worden wäre, müßten alle Gebühren bis zu preussischen Gebühren sowie ggf. anfallende Kosten für Verpackungen, Neuversiegelungen o.ä. darin enthalten sein.


    Nach der Taxierung sind es 5 3/4 Sgr. Ein zusätzlicher Silbergroschen, für was auch immer, ist nicht erkennbar. Auch müßte er dann portofrei in Preussen sein, was irgendwie nicht dem Vertrag entspricht.


    Nun kann spekuliert werden:
    Wenn fälschlicherweise ausgegangen wäre, dass der Brief aus Sachsen stammt, kommt die "3" als Porto auch hin und damit ließe sich der Auslagestempel klären. Dies wurde jedoch schnell festgestellt.


    Wie auch immer, klären kann ich momentan nicht, warum 6 3/4 Sgr. und nicht 8 3/4 Sgr. taxiert worden ist. Möglicherweise wurde eine Werttaxe für Sachsen und Preussen nicht berechnet....
    Es bleiben also Fragen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Magdeburger,


    vielen Dank für die Erläuterungen.
    Als Fahrpostlaie noch eine Verständnisfrage.
    Galt bei der Fahrpost das Vereinsgebiet nicht als ein einheitliches Postgebiet, mit der Folge, dass bei Wertbriefen nur ein Gewichts- und ein Wertporto zum Ansatz kam. Hier also die Sätze über 20 Meilen. Dies wären hier jedoch nur 5 Sgr.


    Grüsse von liball

  • Hallo liball


    ein einheitliches Postgebiet für die Fahrpost im DÖPV gab es erst ab dem 01.07.1858.
    Davor wurde die Taxierung über Gränzpunkte geregelt.
    Bei dem oben gezeigten Wertbrief, waren drei verschiedene Länder involviert und zwar Bayern (Aufgabeland) - Sachsen (Transitland) und Preussen (Zielland).
    Zwischen zwei "Länder" wurden (Tax-) Gränzpunkte definiert sowie auch Transitlängen.
    Dabei wurden Gewichts- und Werttaxe für jedes involvierte Land, ProCura sowie Baareinzahlungstaxe nur im Aufgabeland erhoben.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf