Frankaturen der Übergangsperiode

  • Hallo,


    ein äusserst interessanter Abschnitt in der bayerischen Postgeschichte ist der Zeitraum vom offiziellen Ende der bayerischen Post (1.4.1920) bis zum Ende des offiziellen Aufbrauchszeitraumes für bayerische Marken (30.6.1920). Dass man dieses offizielle "Ende" nicht allzu ernst nahm, zeigen Frankaturen - insbesondere auf Paketkarten - die es auch noch nach dem 30.6. gibt.


    An dieser Stelle jedoch möchte ich einen Beleg aus dem "offiziellen" Zeitraum zeigen:


    Eilboten-Einschreiben von Passau 2 am 28. Mai 1920 nach Bad Oeynhausen. Portorichtig frankiert: 100 Pfg. Eilgebühr + 50 Pfg. Einschreiben + 40 Pfg. Briefgebühr für die 1. Gewichtsstufe bis 20 Gramm. Bemerkenswert erscheint dabei, dass eine eigentlich in Wien ansässige Firma ihre Post jenseits der Grenze aufgegeben hat. Doch das nur am Rande.


    Der Beleg zeichnet sich im Wesentlichen durch 2 Besonderheiten aus:


    1. Die Mischfrankatur zwischen Ludwig-Marken, Bayern-Abschied mit und ohne Aufdruck "Deutsches Reich" !


    2. Bei den Ludwigmarken handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Automatenmarken wie man aus der Zähnung - oder eigentlich dem Schnitt - der Marken erkennen kann.


    Ich glaube, man wird schwerlich einen zweiten Brief mit einer derartigen Kombination finden und es zeigt einmal mehr, wie spannend und facettenreich das Sammeln von Bayern-Briefen sein kann.
    Vielleicht regt dieser Beitrag ja an, dass mehr Frankaturen aus der Übergangsperiode hier gezeigt werden.


    Beste Grüße
    Postgeschichte-Kemser

  • Hallo Schorsch,


    frühes "Remailing", tolles Stück und echter Bedarf! Schade, dass die Schleife an der 2 von 20 nicht richtig aussieht ... ;) Wäre auch sonst der Oberhammer.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,

    ich will dieses Thema mal beleben und zeige eine Karte vom offiziellen Letzttag des Aufbrauchzeitraumes. Versandt von Partenkirchen nach Bad Gastein (in Österreich) am 30. Mai 1920 und mit dem auch für Österreich gültigen Inlandstarif von 30 Pfg. frankiert. 10 Pfg der bayerischen Abschiedsausgabe und 20 Pfg. Germaniamarke.



    Gruß Christian

  • Hallo,

    heute noch eine hübsche überduckte Bayernganzsache mit Zusatzfrankatur einer Bayrischen Marke vom 21. Mai 2020.

    Ein schönes Wochenende wünscht der

    Stempelfreund


  • Hallo,

    als äusserst tolerant darf der Postbeamte wohl gelten, der nachfolgende "extreme Spätverwendung" ohne Nachporto zulies:
    Fernkarte von München nach Burghausen vom 9. April 1922 (!) - Tarif 125 Pfg.
    Frankiert wurde mit 120 Pfg. Bergarbeiter - und - 15 Pfg. Bayern/Abschied.

    Ob den Postbeamten die großzüge Überfrankatur von 10 Pfg. oder das dem "Fräulein Josefine im Institut der englischen Fräulein" drohende Nachporto zu soviel Toleranz/Wohlwollen bewogen hat - wir werden es leider nie mehr erfahren....

    Beste Grüße
    Schorsch Kemser

  • Hallo Schorsch,

    das war doch die kurze Periode der Dreifachabwertung!

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Lieber Hermann,


    die Karte ist wirklich weit gereist, bevor sie benutzt wurde. Bei einem günstigen Preis hätte sogar ich das ausgefallene Stück mitgenommen. Richtig gemacht. :)


    liebe Grüße

    Dieter

  • Liebe Freunde,


    solche Preise gibt es nur auf unserer JHV - sonst kann man nur von so etwas träumen ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,


    als "offizielles Ende" der Verwendung Bayerischer Marken zur Frankatur wird im Michel, beim Sem

    und auch in diesem Thread immer wieder der 30.06.1920 angegeben. Doch woher stammt dieses

    von allen übereinstimmend genannte Datum ?


    In den Verordnungen, die ich zu diesem Thema gefunden habe, wird dagegen Ende Mai, also wohl

    der 31.05.1920 angegeben


    Verkehrsministerialblatt für Bayern Nr. 38 vom 01.04.1920


    Nachrichtenblatt Nr. 12 des Reichspostministeriums, Abteilung München vom 28.05.1920




    Daß auch nach diesem Datum genügend Belege für eine tolerierte Weiterverwendung

    Bayerischer Marken existieren (ein subversiver Akt gegen die feindliche Übernahme durch

    die Reichspost ???) ist unbestritten.


    Aber woher stammt die Angabe 30.06.1920 ???


    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Hallo Klaus,

    die Frage kann ich nicht beantworten, zumindest nicht mit Verordnungen belegen.

    Deine Verordnungen sind eigentlich eindeutig.

    Eduard Peschl war ein hochgeachteter und über viele Jahrzehnte prägender Philatelist der Infla-Zeit.

    Er veröffentlichte 1935 das Buch " Übergang der Bayrischen Post auf die Deutsche Reichspost"

    Dort schrieb er, das eine 3 monatige Aufbrauchfrist vereinbart wurde.

    Ohne Quellenangabe.

    Noch erstaunlicher, das aber Ganzsachen schon Ende April ungültig wurden.

    Woher er die Informationen hatte = ?.

    Beste Grüße Bernd

  • Lieber Bernd,


    Peschl war selbst Postbeamter, wenn ich nicht irre.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Bernd,


    danke für den Artikel von E. Peschl.

    Das ist schon mal der früheste Hinweis auf den ominösen 30.06.1920, wenn auch ohne weitere Quellenangabe und dieses Datum wurde dann vermutlich von den späteren Autoren einfach übernommen.

    Ich habe nochmals die Nachrichtenblätter des Reichspostministerium, Abteilung München für Juni - Mitte Juli (Nr. 13-35) durchgeschaut. Nirgends findet sich eine Änderung der Verordnung Nr. 80 vom 28.05.1920 (siehe #11), die das Gültigkeitsende auf Ende Mai festlegt.


    Für die Ganzsachen findet sich übrigen im Michel GS-Katalog ebenfalls der besagte 30.06.1920


    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Lieber Ralph,


    hauptberuflich Bierbrauer (aber die betrieben ja oft nebenher eine Postagentur), ansonsten nebenberuflich Briefmarkenprüfer und Sammler


    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !

  • Lieber Klaus,


    danke - dann habe ich das verwechselt, aber er hatte, das weiß ich sicher, zu den Passauer Postakten Zugang, wie man an der Auktion nach seiner Tätigkeit sehen konnte. Von daher denke ich, dass er auch das Wissen eines damaligen Postlers hatte. Hätte das sauberer formulieren sollten, sorry dafür.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    ich bin mir sicher das Hr. Winkelmann dazu Akten ausgegraben und in der zweiten Auflage (ca. 2005-2010) veröffentlicht hat, vielleicht hat jemand das Buch greifbar?

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


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  • Hallo,

    es gibt auch bei der Auswertung der neugefundenen Belege bei Winkelmann aus 1994 ein ganz besondere Erkenntnis für mich.

    15 Juni, bis dahin hatten alle bayrischen Marken einen Wert! Wenn ich eine Marke umtauschen oder gegen Geld zurückgeben kann, dann ist der Wert nicht weg. Es ist Schwachsinn, am 3 Juni aufs Postamt zu gehen und meine Bayrische Marke umzutauschen und die Reichsmarke auf die Ansichskarte zu verkleben. Bei Dienstmarken eine unvorstellbarer Aufwand.

    Nicht überraschend endete der Verbrauch der Abschiedsausgabe ohne Überdruck um dieses Datum ( auser OPD Speyer).

    Da wird es keine Anordnung gegeben haben, das wurde klugerweise so gehandhabt.

    Beste Grüße Bernd

    1994 von Herrn Winkelmann

    Einmal editiert, zuletzt von BaD ()

  • Hallo Bernd,

    hast du das Buch, da muss etwas aus den Akten erwähnt sein.

    Sonst muss ich am Wochenende nach sehen.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


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  • Hallo Ullrich,

    ich habe nur Infla-Band 35, darin hat Herr Winkelmann nur neue Erst- und Letztverwendungen in den Tabellen von Peschl aktualisiert.