Württemberg - Bayern - Österreich

  • Liebe Freunde,


    bis 30.6.1851 hatte Thurn und Taxis das württembergische Postregal verpachtet bekommen, aber am 1.7.1851 wurde alles verstaatlicht. Damit war der Weg frei für den Anschluß Württembergs an den Deutsch-Österreichischen-Post-Verein (DÖPV).

    Allerdings dauerte es noch bis zum 1.9.1851, bis man tatsächlich beitreten konnte.

    Wegen der zeitlichen Nähe, galt es nun auch Marken zu emittieren, die waren jedoch zum 1.9.1851 noch nicht vorhanden. Erst ab dem 15.10.1851 kamen die Freimarken Württembergs an die Schalter.

    Wir haben also 2 enge Phasen im Jahr 1851 vor uns:

    1) Die ab dem 1.7.1851 bis zum 31.8.1851, also die Vormarkenzeit unter der württembergischen Staatspost, und

    2) die Zeit ab dem 1.9.1851 bis zum 14.10.1851, als Württemberg zwar im DÖPV war, aber noch keine Marken hatte.

    Demzufolge sind frankierte Briefe der Klasse 2) notwendigerweise bar frankiert worden und man muss sie suchen (Franko-Vermerk und Frankobetrag siegelseitig notiert waren Pflicht) ... nur findet man kaum welche und wenn überhaupt, dann sind sie oft unattraktiv, weil sie die Sammler über 150 Jahre lang kaum beachteten, schlecht unterbrachten, oder gleich entsorgten.


    Heute kann ich den mit Abstand schönsten Brief aus dieser Zeitspanne zeigen: Verfasst am 30.9.1851 in Künzelsau mit Postaufgabe am selbigen Tag zahlte der Absender 9 Kreuzer siegelseitig in Rötel notiert bis zum Empfänger Voith in Steyr in Österreich, folglich unter 1 Loth und über 20 Meilen.

    Die Leitung württembergischer Briefe nach Österreich führte praktisch immer über Bayern, so auch hier, auch wenn der Brief in einem verschlossenen Briefbeutel Bayern transitierte und siegelseitige Stempel daher mangeln müssen.

    Man gehe einen Monat zurück und der Brief hätte eine ganz andere Tarifstruktur gehabt:

    13 Kreuzer Gemeinschaftstaxe Württemberg und Österreich (also je 6,5 Kreuzer) und 7 Kreuzer für Bayerns Transit (offen oder geschlossen) hätten dem Absender ein Franko von 20 Kreuzern abverlangt.

    Dank der segensreichen Entwicklung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kostete er jetzt nur 9 Kreuzer - und das Briefgewicht war auch erweitert worden, von zuvor 8,75g einfach auf jetzt 15,624g einfach, fast eine Verdoppelung also.

  • Lieber Ralph,


    nicht überragend schön der Brief, aber interessant. 1850 und 1851 mit Einführung des Postvereins, eine sehr spannende Zeit.


    LG

    Christian

  • Lieber Christian,


    im Rahmen dessen, was so ein Brief damals bieten konnte an Augenschmaus, ist er doch sehr hübsch (ungefaltet, Stempel Zweizeiler in blau perfekt, Taxe klar leserlich, Diagonalstrich von der Post Österreichs mal sauber und nicht verschmiert). 8)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch ()

  • Lieber Christian,


    ob es so viel innere Werte hat, weiß ich gar nicht, weil ich ihn erst heute bekommen und noch nicht gelesen habe, aber ich denke du meinst die von mir angesprochenen Besonderheiten hinsichtlich seiner postgeschichtlichen Entwicklung mit "inneren Werten" und die hat er allerdings. Kaufen kann man schwarze Einser zu Hunderten jedes Jahr (wenn Köhler seine Auktionen macht noch mehr), aber einen solchen muss man lange suchen.

    "By the way" - es gab selten Briefe, bei denen ich das Zwanzigfache des Ausrufs geboten habe und die ich dann zu aller Überraschung zum Ausruf bekam.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    außer dir kennen vermutlich nur wenige Spezialisten diese Besonderheiten in Württemberg im Jahr 1851. Ich hatte keine Ahnung von den Umständen in dieser Zeit. Mir war nur aufgefallen, daß Württemberg als relativ bedeutender Staat (Transit!!) erst spät dem DÖPV beitrat und Briefmarken noch später einführte. Wieder ein wenig schlauer.


    liebe Grüße

    Dieter

  • Hallo Ralph,


    ich habe eine Frage zu dem (österreichischen) Diagonalstrich. Ich kenne ihn unter der Bezeichnung "Halbfrankostrich", insbesondere auf Grenzfrankobriefen. Welche Bedeutung hat er hier?


    Beste Grüße

    Jürgen

  • Lieber Jürgen,


    liegende Franko-X konnten auf Teilfrankobriefen vor dem DÖPV vorkommen und waren streng genommen falsch, so wie Halbfrankostriche wie hier im DÖPV vorkamen und die auch falsch waren.


    Offenbar strich man einmal, oder mehrmals diagonal, was man geprüft hatte, eine Art Arbeitsnachweis. Besondere Bedeutung braucht man dem nicht beizumessen, weil es ein Relikt vergangener Zeiten war.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    ja, mit "innere Werte" meinte ich die postgeschichtliche Bedeutung...und am Kaufpreis sieht man, dass dies niemand ausser dir erkannt hat. Glückwunsch! :thumbup: :thumbup: :)


    LG

    Christian

  • :) :) :)


    Es wuirde schon erkannt, aber man hielt sich für mich netterweise zurück - nochmals danke dafür. :thumbup: :thumbup: :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammelfreunde


    nach dem schönen und interessanten Beleg von bayern klassisch kann ich noch einen Beleg vom 10.11.1867 aus Weinheim adressiert an die "Herren Gebrüder A. H. Elias (in) Wien".

    Siegelseitig ein württemberger Zugstempel, einen weiteren Streckenstempel ???-Gabel sowie Ankunft in Wien.

    Frankiert wurde er mit 9 Kreuzer tarifgerecht.

    Schön ist auch der Kopf im Inneren.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    dein netter Brief ist aber aus Baden, nicht von Württemberg ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ulf,


    das ist ein sehr interessanter Brief aus der Anfangszeit der noch heute bestehenden Freudenberg-Gruppe. Als Nachfahre eines Schuhfabrikanten verbindet mich besonders eine vor 90 Jahren begonnene Geschäftsaktivität mit dem Namen Freudenberg (zu der Zeit hauptsächlich Lederhersteller): die Übernahme der ehemaligen Elefanten-Schuh Gustav Hoffman in Kleve. Das war einstmals der größte Kinderschuh-Produzent Europas mit über 4300 Mitarbeitern in Deutschland (um 1970).

    https://www.freudenberg.com/fileadmin/downloads/deutsch/Freudenberg-Gruppe_Geschichtsbrosch%C3%BCre_DE.pdf

    Auf Seite 4 der Beginn der Firma Heintze & Freudenberg.

    Hoffmann - Elefanten Kinderschuhfabrik
    10.05.1872 Gustav Hoffmann wird als Sohn eines Händlers für Schuhmacherbedarf in Kleve geboren. Nach einer 3-jährigen kaufmännischen Ausbildung leistet er…
    www.klever-schuhmuseum.de


    viele Grüße

    Dieter