Hallo zusammen,
anbei eine Fortsetzung zum Thema Eisenbahnwesen, zunächst mit einer Depesche von der an der Grenze in Wissembourg tätigen Eisenbahn-Betriebs-Commission, welche die Auswirkungen der Geschehnisse auf feindlichem Boden für das rückwärtige Bahnbetriebswesen dokumentiert. Sie stammt vom 17. August 1870:
Weißenburg am 17ten August 1870 - 10.55 Uhr Vor-Mittags
An Direction (in Ludwigshafen)
Wie bereits mitgetheilt, können von morgens 9 Uhr bis Abends 9 Uhr Züge in Intervallen von 2 Stunden angenommen werden. Da neuerdings die in Betriebnahme der Strecke Vendenheim, Sarreburg, Lunnèville angeordnet ist, so kann der festgestelllte Fahrplan nicht in Kraft treten. Fahrplan für ganze Strecke wird in circa 6 Tagen eingeführt und Ihnen dann zugehen.
Betriebs-Commission - Dülberg.
Drei Tage zuvor, d.h. am 14. August hatte die dem im Elsass geschlagenen Corps Mac Mahon auf dem Fuß in Richtung Mosel folgende III. Armee unter Prinz Friedrich Wilhelm Karl die Festung Phalsbourg bombardiert. Auch wenn sie dadurch vorerst nicht eingenommen werden, sondern nur "in Schach gehalten" werden konnte, bemerkt das Kriegstagebuch hierzu: Die Anstrengungen rechtfertigen aber durchaus den Werth (...) Öffnung der Strassen Saverne - Saarburg, Saverne - Fenestrange und Saverne - Saar-Union für unsere Bewegung und Verpflegung, was umso wichtiger wäre, da unseren Armeen nur eine einzige Eisenbahn zur Verfügung steht, nämlich jene nahe südlich von Pfalzburg, welche das Deutsche Schienennetz mit Nancy verbindet.
Um genau diese Strecke geht es in der obenstehenden Depesche.
Schon am 15. August hatte man dann an deren Ende den Knotenpunkt mit der Strecke von Nancy nach Metz besetzt und war in Nancy einmarschiert. Im etwas weiter östlich liegenden Lunèville war die Intendantur der III. Armee auf ein enormes, völlig unberührt gebliebenes Proviantdepot der Franzosen gestoßen. Das kam in der Phase, als bei den Eilmärschen der III. Armee Richtung Mosel die ersten Versorgungsengpässe eintraten, genau richtig. Es hatte aber auch Auswirkungen auf das Nachschubwesen, bei dem jetzt auf den Bahnstrecken im Hinterland mehr Priorität auf Truppen- und Munitionstransporte gesetzt werden konnte, welche sich aus den gerade laufenden Schlachten um Metz (14.-18. August) ergeben hatte. Dies kommt dann an einer weiteren, wohl grundlegend bedeutungsvollen Depesche der Weißenburger Betriebs-Commission vom Folgetag zum Ausdruck:
Weißenburg am 18ten August 1870 - 8.45 Mittags
An Direction (in Ludwigshafen)
Von Winden nunmehr auf diesseitiger Anordnung der erste Truppenzug nach hier abgegangen. Bitte zu veranlassen, dass die rückliegenden Truppenzüge, welche allen anderen Zügen vorgehen folgen.
Betriebs-Commission
Das ist nun wirklich Geschichte pur. Die zivile Eisenbahn-Betriebs-Commission war übriges der vom Militär eingesetzten Linien-Commission (hier Nancy) in Bezug auf die von dort aus angemeldeten Bedarfe weisungsgebunden. Von daher war klar, wer hier wem was in Bezug auf die Art der Transporte zu sagen hatte und was auf den nicht ausreichend leistungsfähigen Bahnstrecken als erstes in Richtung Front zu rollen hatte. Das hat allerdings lange Zeit nicht reibungslos geklappt.
Viele Grüße
vom Pälzer