Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo Heribert,


    prima, o-zapft is ! :thumbup:


    Und natürlich ist es eine ganz besondere Ehre und Freude, die anbei aus der ex Wilfried Berger-Sammlung stammende, sehr frühe Feldpostkarte hier vorstellen zu dürfen. Das "sehr früh" läßt sich u.a. daran erkennen, dass die Karte schier unglaublicherweise noch am Tag der Aufgabe, dem 28. Juli 1870 den rd. 350 km langen Weg vom südpfälzischen Gleisweiler nach Coburg gefunden hat.


    Das war nur wenige Tage später dann vollkommen undenkbar. Der Verfasser, Seconde Lieutenant Wilhelm Sommer, welcher vom Landwehr Batallion Gotha zur 12. Kompanie des Füsilier Batallions im 6. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 95 (Stammgarnison Coburg) berufen wurde, schreibt an seine Angehörigen daheim:


    Feldpostbrief

    Lieutenant Sommer 95. Regiment


    Herrn Stadtcassier Friedrich Sommer

    Coburg - Metzgergasse


    Lieber Vater u. Schwester,

    Eurem Wunsch und meinem Bedürfnis folgend, theile ich Euch hierdurch mit, dass ich nach ununterbrochener Fahrt über Darmstadt, Mainz, Ludwigshafen, Worms, Landau mit den Waffengenossen in der bayerischen Pfalz glücklich angelangt bin. Die Begeisterung, mit der wir hier überall empfangen werden, die Fürsorge, die man uns erweist, die Opferbereitwilligkeit, welcher aller Orten sich bekundete, wirkte erhebend auf alle zum Kampf für deutsches Recht Berufenen. Mit Jubel begrüßten wir den schönen deutschen Rhein, den sie nicht haben sollen ! Fritz u. Peter befinden sich gut u. bitten die Ihrigen zu grüßen.

    Nun lebt wohl.

    Vertrauet auf Gott !

    Euer Wilhelm


    Das der 43. Brigade der 22. Division im 11. Armee-Cops der III. Armee unterstellte Regiment hatte am 16. Juli 1870 um 7.30 Uhr den Befehl zur planmäßigen Mobilisierung erhalten. Es gehörte zu jenen Einheiten, die damit der offiziellen Kriegserklärung Frankreichs drei Tage zuvorkamen, was sich wie man heute weiss als militärstrategisch vorteilhaft erwiesen hat.


    Ausschiffungspunkt war Landau in der Pfalz, das nach 45 Stunden Fahrt früh morgens am 27. Juli erreicht wurde. Die anfänglich in der Festung bezogenen Quartiere mussten kurz danach wieder verlassen und im Raum Hördt / Rülzheim ins Biwak gegangen werden. Bis zum 2. August wurde dort Angriffsübungen abgehalten, dann erfolgte der Vormarsch gegen Frankreich. Am 3. August marschierte man über Herxheim nach Insheim und bezog im offenem Feld ein letztes Mal auf deutschen Boden Biwak.


    Am 4. August um 3 Uhr früh brach man im strömenden Regen auf und ging über Steinweiler, Winden, Minfeld, Freckenfeld und Schaidt auf Wissembourg, musste dort am Nachmittag völlig erschöpft eingetroffen aber nicht mehr in das schon den ganzen Tag über laufende Gefecht eingreifen. Das war erst am 6. August in Woerth-Froeschwiller der Fall, wo heute noch ein Denkmal des Regiments steht.


    Viele Grüße

    Tim

  • Hallo Tim,


    danke - Bahnhofsverwaltung steht da, vorne ein bisserl abgekürzt.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ... Deutsches Recht Berufenen ... könnte es heißen.


    Tolles Stück, wie alles aus dem Juli 1870 sehr, sehr selten ist.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    die Beförderung zum Generalfeldtranscibator lässt so nicht mehr lange auf sich warten. :thumbup:


    Gruß !

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Abend zusammen,


    der folgende Beleg aus dem südpfälzischen Schaidt (an der Bahnstrecke Winden-Wissembourg), nur wenige Kilometer entfernt vor der französischen Grenze, kommt auf den ersten Blick etwas unscheinbar daher. Wie sich jedoch bei genauerer Betrachtung zeigt, handelt es sich um die klassisch-eierlegende WMS. Um ihn zu verstehen, aber erst einmal die Transcription:


    Feldpost-Correspondenzkarte


    An Herrn Obermedicinal-Rath Dr. M. Haussmann

    Stuttgart

    Schloßstraße 20


    Scheidt, bei Weissenburg 24. Oct.(ober) 1870


    Erste Nacht unter gänzlich gutem Schlaf bis Mühlacker, wo auch Prof. Herz aus Erlangen mit baierischen Spitalzug eintraf. Morgens mit Unterbrechung glücklich nach Carlsruhe und von dort nach Maxau, wo wir abends 4 Uhr liegen blieben. Besonders günstige Chancen gestatteten uns noch bis Scheidt zu gelangen, wo wir seit gestern Abend liegen und vielleicht noch einmal übernachten werden. Wetter sehr erfreulich, indem wir vom Himmel mit Wasser trefflich versorgt werden. Samstags Verpflegung vortrefflich und die ganze Gesellschaft sucht sich die Zeit möglichst wenig langweilig zu vertreiben. Bitte Herrn R. Knop für die trefflichen Cigarren in meinem Namen bestens zu danken.

    Herzlichen Gruß von Deinem


    Max H.


    Bereits in post496 hatte unser @bk den Unterzeichner mit einem für die württembergische Feldpost verwendeten Correspondenzkartenfomular vorgestellt, den Stuttgarter Obermedizinalrat Dr. Max(imilian) Haussmann, der um den 20. Dezember 1870 im 16. württemberigschen Spitalzug unterwegs war und aus Léroville (Département Meuse) seinen Vater Eberhard Haussmann nach Prag / Böhmen über die Situation in Frankreich berichtet:


    Der deutsch-französische Krieg 1870/71


    Die Schrift ist bei der Karte anbei ist eindeutig die gleiche, da hängt man sich wohl nicht zu weit mit aus dem Fenster. Jetzt haben wir allerdings das Problem, dass der Absender vorliegend auch der Adressat war. Vielleicht war es ein Schreiben an die Frau, es gab lt. Adressbuch Stuttgart 1870 jedenfalls so wie adressiert nur einen Herrn Obermedizinalrat Dr. Maximilian Haussman in der Schloßstraße 20. Vielleicht hat noch jemand eine bessere Erklärung.


    Wir haben es damit aber schon wieder mit einer mit der Feldpost portofrei beförderten Sendung eines Angehörigen des zivilen Saniätsdienstes zu tun, das scheint also kein großes Problem gewesen zu sein. Schönes weiteres Beispiel dazu also, das jedoch noch eine Person mit herausragendem Verdienst im Sanitätswesen des deutsch-französischen Krieges 1870/71 streift, den Erlanger Medizinprofessor Dr. Jakob Herz (1816-1871).



    Prof. Dr. Jakob Herz (1816-1871)


    Der nachstehenden Primärquelle zu Folge „führte Prof. Dr. Herz selbst einen Sanitätszug aus Frankreich nach Erlangen zurück", es ist also offenbar genau derjenige, mit dem sich jener des Obermedizinalrats Dr. Haussmann in Mühlacker getroffen hat. Leider aber hatten die Strapazen der Verwundetenpflege verheerende Folgen für seine Gesundheit. Diese war durch eine septische Erkrankung, die sich Herz im Jahre 1842 bei einer Obduktion zugezogen hatte, bereits stark vorgeschwächt.


    Trotz des Versuchs einer Erholung in Schliersee erlag er am 27. September 1871 um 13 Uhr seinem Leiden im Alter von nur 55 Jahren. Seine letzten Worte waren: „Das Leben flieht, Gott sei’s gedankt.“ Seine Beliebtheit als in Forschung Lehre verdienter Medinziner wurde besonders bei der Beerdigung am 3. Oktober 1871 durch rege Teil- und Anteilnahme der Bevölkerung und der Universität deutlich. Das Königreich Bayern zeichnete ihn im selben Jahr mit dem Verdienstkreuz aus.


    Viele Grüße

    vom Pälzer


    verwendete Quellen:

    https://books.google.de/books?…kob%20Herz%201870&f=false

    https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Herz

  • Hallo Sammlerfreunde,


    die Feldpostkarte anbei zeigt einen sehr gut getroffen und nicht gerade häufigen Aufgabe-Halbkreiser von Bobenheim, damals ein Fischerdorf nahe des Rheins im Landkommissariat Frankenthal südlich von Worms. Aufgabeort war allerdings nicht - wie der Pälzer sagt - "Bobr`m", sondern das der PE Bobenheim zugehörige "Großnidds`m" (= Großniedesheim), was etwa 3 km weiter westlich zu liegen kommt. Der Verfasser war Unteroffizier im Stab eines der wohl traditionsreichsten preussischen Infanterieregimenter, dem Kaiser Alexander-Garde-Grenadier-Regiment No. I auch "Alexandriner-" oder "Alexander-Regiment" genannt.


    Kaiser Alexander I. von Russland


    Nach dem allgemeinen Mobilmachungsbefehl des Kriegsministers von Roon vom 15. Juli 1870 war das unter dem Kommando von Oberst Karl Ludwig Barnim von Zeuner geführte Regiment am 28. Juli marschbereit. Am Freitag dem 29. standen das I. und II. Batallion sowie das Füsilierbatallion feldmarschmäßig im Kasernenhof bereit. Unter den Augen seiner Majestät König und Ihrer Majestät Königin erfolgte der Vorbeimarsch am Palais Unter den Linden zum Anhalter Bahnhof.


    Am späten Vormittag begann der Abtransport des I. und II. Batallions über die Strecke Berlin - Nordhausen - Gießen - Mannheim, das Füsilier-Batallion nahm den Weg mit gleichem Ziel über Erfurt. Über 44 Stunden saßen bei drückender Hitze rd. 40 Mann in einem einfachen Güterwaggon, es gab nur einmal eine warme Mahlzeit, aber an allen Bahnhöfen freudigen Empfang. Mannheim war dann am 31. Juli zwischen 7.30 - 8,30 Uhr erreicht, wo man ins Quartier ging. Teilweise musste auf öffentlichen Plätzen aber schon biwakiert werden.


    Früh morgens am 1. August überschritt man die Rheinbrücke nach Ludwigshafen und marschierte von dort dann ein Stück weiter nach Norden. Das I. Batallion kam nach Kleinniedesheim, das II. Batallion mit dem Regimentsstab nach Großniedesheim und das Füsilier-Batallion nach Heuchelheim. Am Vormittag den 2. und 3. August unternahm man Marsch- und Felddienstübungen, dabei vor allem den sprungweisen Schützenagriff und das Vorgehen in geöffneten Rotten.


    Aus dieser Phase entstammt die anbei abgebildete Feldpostkarte, wobei "auf`s Stengste" befohlen war, sich jeder Mitteilung über die Zusammensetzung der Truppen zu enthalten. Zur Kontrolle dieses Befehls durften vom Feldwebel abwärts nur offene Feldpostkarten verwendet werden. Am 4. August unternahm das der II. Armee (Prinz Friedrich Carl von Preussen) zugeordnete Regiment den Weitermarsch nach Kaiserslautern. Mittags in sengender Hitze erfolgte der Aufstieg am Haardtrand bei Neuleiningen, danach ging es mit einem regelrechten Gewaltmarsch bis in die Dunkelheit hinein weiter nach Standenbühl (westlich Kirchheimbolanden).


    Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment No.1


    Am 5. August ging es weiter über Langmeil nach Mehlingen, wo vor dem Marsch durch Kaiserslautern gerastet wurde. An der Vogelweh westlich der Stadt wurde im strömenden Regen Biwak bezogen. Am 6. August erfolgte der Marsch nach Mühlbach im Landstuhler Bruch, wo im Wald unter der Burg Sickingen Biwak bezogen wurde. Am Sonntag dem 7. passierte man Homburg und nahm in Mimbach bei Blieskastel letztmals auf deutschen Boden Biwak, die Grenze lag noch zwei Meilen entfernt. Früh morgens wurde diese dann auf den Höhen bei Uttweiler überschritten.


    Am 18. August 1870 verlor das Regiment in der Schlacht von St. Privat la Montagne (Dritte Schlacht von Metz) 13 Offiziere, 14 wurden verwundet, darunter zwei Bataillonskommandeure. Die Mannschaften erlitten ebenfalls heftige Ausfälle von rd. 820 Mann (Gefallene und Verletzte). Am 30. Oktober waren die "Alexandriner" bei der Eroberung von Le Bourget beteiligt und schließlich bis Mitte Januar 1871 bei der Belagerung von Paris, wo im Raum Le Bourget einige Ausfallversuche der französischen Verteidiger abgewehrt wurden. Text der Karte wie folgt:


    Feldpostbrief

    An Herren Stern & Walter

    Berlin Alexanderstraße No. 26


    Groß-Niedesheim 3/8/1870


    Liebe Freunde !


    Ich hoffe Euch bei Empfang dfs. wohl u. munter, was ich von mir bis jetzt auch sagen kann, bis auf die furchtbar drückende Hitze hier. Leider bedaure ich bis heute ohne jede Zeitung geblieben zu sein und will ich nicht hoffen, dass Euch Euer Versprechen heute schon leid geworden. Grüße an alle

    und vergesst Euer Versprechen nicht; es grüßt Euch

    Euer tr(euer) Freund

    Max ???


    Adresse:


    Feldpostbrief:

    Garde Corps

    2. Garde Infanterie-Division

    3. Garde Infanterie-Brigade

    Kaiser Alexander Garde-Gr(ena)d(ie)r-Regiment No. 1

    Unteroffizier Max ??? i(m) Regiments-Stab


    Bei Stern & Walter handelt es sich um lt. Adressbuch Berlin 1870 um ein Strumpf- und Garngeschäft en gros mit den Inhabern Julius Stern und Richard Walter. Tja, alles - schon recht mühsam - transcribiert und recherchiert, aber wenn mir jetzt noch jemand mit dem für mich leider nicht lesbaren Nachnamen vom "Max dem Verfasser" helfen könnte, wäre das natürlich Prämium.


    Viele Grüße

    vom Pälzer


    verwendete Quellen:

    https://books.google.de/books/…=uQQQAAAAYAAJ&redir_esc=y

    https://de.wikipedia.org/wiki/…-Grenadier-Regiment_Nr._1

  • Hallo Tim,


    feine Karte - der Stempel vom Bobenheim ist selten, egal worauf.


    Der Nachname sollte mit Un.... beginnen, mehr kann ich dieser Sauklaue auch nicht entlocken.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    und vielen Dank für das feedback!


    @Ralph; stimmt, den HK Bobenheim zur Kreuzerzeit sah ich eigentlich gar noch nie. So wundert man sich schon, dass es von manchen PE-Orten, wozu sogar noch wie hier weitere Orte im Landbestellbezirk gehörten, es nicht einmal ein Normalbrief zu finden gibt.


    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... da war nix los, Bauern und Dörfler - die allermeisten davon haben im 19. Jahrhundert außer Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunde praktisch nichts hinterlassen (wie bei meiner Familie leider auch).

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Ralph,


    ich hatte ja mal eine Abhandlung über die PG von Lambsheim gemacht, auch keine große PE, da gibt es immerhin aber schon einige Korrespondenzen an den Bürgermeister. Bei Bobenheim hätten wir mit Groß- und Kleinniedesheim sogar deren drei, aber weit und breit dennoch nicht einmal derartiges zu finden. Auch zur Pfennigzeit so gut wie nix. Schon bissel merkwürdig.


    LG

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo,

    beigefügt ein kleiner (11*7cm) Feldpostwertbrief über 40 Thaler. Abgestempelt am 27.5.(1871) vom I.PR.Armee - Postamt der 2.Armee. Rückseitig Ankunststempel Berlin 31.5.(1871).

    Abs:

    Saloman Hptm, a d. (?); Feld Telegr. Inspector

    Empfänger:

    An die Militär Effecten Fabrik von Mohr u. Speier

    Berlin, Friedrichstr. 172


    Die Militär Effecten Fabrik haben damals alles rund um die Uniformen und Ausstattung der jeweiligen Einheiten hergestellt. Salopp gesprochen der damalige 'Zalando' für den preussischen Offizier.
    Die 40 Thaler waren für damalige Verhältnisse ein ordentlicher Geldbetrag. Schätze das war damals ungefähr ein Wochenlohn. Was wurden damals eigentlich für Banknoten (oder deren Vorläufer) versendet? Wie oben links zu sehen war der Wertbrief ja nicht besonders schwer.

    Und noch eine Frage: Bei vielen Feldpostwertbriefen ist in Blaustift eine Zahl vermerkt, hier die 107. Welche Bedeutung hat diese?



    Grüße philast

  • Hallo philast,


    der Absender war Hauptmann a. d. Salomon, Feld-Telegraphen-Inspektor.


    Der Scan kommt recht klein daher - du kannst bis 1 MB hier hochladen bei mittlerer Komprimierung, dann sieht man schwer zu Lesendes viel besser.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Sammlerfreunde,


    der Beleg anbei ist durch Säurefraß etwas brüchig und deswegen in den Ecken etwas abgängig geworden, erfreut dennoch aufgrund einer nicht gerade häufig anzutreffenden Besonderheit: Dein Einzeiler-Aufgabeabschlag von Wissembourg. Leider gibt weder die BPP Signatur noch der zu dem Beleg von einem französischen Auktionshaus ausgestellten Fotobefund Auskunft über dessen Herkunft, Zweck und Verwendungszeit. Insofern jeder Hinweis dazu allerliebst willkommen.


    Aus deutscher Herstellung wird er wohl leidlich entstammen, bei französischen Briefbelegen kennt man ihn als begrenzt Sachkundigen auch nicht, so dass ich mal auf einen während der Kriegswirren erbeuteten Dienststempel tippe. Wissembourg wurde von dem Vorstoß der deutschen III. Armee am 4. August 1870 ja schon heftig überrascht, da wird man auch auf der Poststation einiges liegen gelassen haben. Als man diese provisorisch wieder eröffnete, wird damit eine gewisse Zeit lang Aufgabe gestempelt worden sein, bis dann bald die neuen Stempelgeräte für die Okkupationsgebiete ausgeliefert wurden.


    Weitergeleitet worden sein wird die Karte sehr wahrscheinlich über Landau, Ludwigshafen, Darmstadt, Frankfurt, Kassel. Absender war ein offenbar dem zivilen Sanitätswesen angehöriger Assistenzarzt A. Eisell (?), welcher aus dem Raum Kassel entstammen muss. Mit seiner "S...klaue" traue ich mich schon gar nicht mehr zu beschäftigen, vermute aber keine besonders wichtigen Nachrichten an Seinen Freund in Kassel, dem er am Schluss leb` wohl wünscht.


    Was in der Transcription lediglich hinzubekommen war ist, dass er froh war seinen Adressaten, den Herrn Techniker Fritz Wiegand wohl und munter zu wissen, der Rest ist typisches Medizinerlatein...ich hab`s nach 2 Tagen aufgegeben. Die c/o Adresse ist die Firma Schmidt und Keerl, welche lt. Adressbuch Kassel 1870 im Anwesen Frankfurter Chaussee 8 eine Fabrik für Möbel, Landmaschinen, Eisschränke unterhielt und in der Königs-Str. 7 eine Verkaufs- und Musterlager für Nähmaschinen hatte.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,


    recht späte Verwendung des franz. Innendienststempels Wissembourg, den die Franzosen (wie auch den Baviere - Wissembourg) haben liegen lassen, als sie Hals über Kopf Wissembourg verlassen haben. Diese Stempel kenne ich nur aus August 1870 bis November 1870. Wann neue (eigene) Stempel angeschafft wurden in Weißenburg weiß ich leider aus der Lameng nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph



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