Liebe Forumsfreunde,
heute möchte ich Euch vom Zusammenfinden zweier wunderbarer Belege zum 1870/71er-Krieg berichten, und was die Recherchen dann so daraus machten 😉
Den folgenden Brief habe ich erworben, weil er mir einfach gefiel. Ich hatte weder einen schönen FP-Beleg, noch einen FP-Chargé-Beleg. Also mal im Nachverkauf bei einem Auktionshaus in Mülheim spontan darauf geboten ….
Der Oberjäger Anton Kalkbrenner des 7. Jäger-Bataillons in Landsberg am Lech schrieb hier anscheinend an seine „Angebetete“ Fräulein Theresia Nagel, per Adresse Fräulein Tausch, Modisten, Landsberg am Lech. Wunderschön, bekam der Brief jetzt ein nachvollziehbares Gesicht…. !?
Modisten waren „Putzmacher“, also für Kopfbedeckungen und Brautsträuße etc. tätig. Für mich als „Alice im Wunderland“-Fan natürlich eine feine Sache.
Der Oberjäger Anton Kalkbrenner des 7. Königlich bayerischen Jägerbataillons war der IV. Infanterie-Brigade in der II. Infanterie-Division des I. Königlich Bayerischen Armee-Corps zugeordnet, welches die III. Armee im 1870/71er-Krieg unterstützte.
Man war an der Schlacht von Sedan am 2.9.1870 beteiligt, welche die Abdankung von Napoleon dem III. zur Folge hatte und nun auf dem Weg nach Paris, wo man sich dann ab dem 19.9.1870 der Belagerung anschloss.
Dem Oberjäger Anton Kalkbrenner war sein Schreiben an Theresia Nagel so wichtig, dass er es unter Chargé versandte, also trotz der kostenfreien Möglichkeit zur Nutzung der Feldpost 7 Kreuzer zahlte, damit sein Schreiben auch wirklich ankam.
Was enthielt dieses Schreiben? Seinen Wunsch auf Verlobung eventuell? Genau werden wir dies nicht klären können; aber es war ihm sehr wichtig!
Oberjäger Anton Kalkbrenner wurde gemäß den Verlustlisten zum Deutsch-Französischem Krieg von 1870/71 in der Schlacht bei Coulmiers am 09. November 1870 verwundet… er verteidigte dort mit seinem Bataillon ein Gehöft nahe Coulmiers.
Unser Sammlerkollege bayernjäger zeigt in #99 einen Beleg aus derselben Korrespondenz vom 24.02.1871; auch hier noch unter Chargé, vom Oberjäger an „Fräulein“….
Kalkbrenner hatte seine Verwundung nachweislich überlebt! Und er konnte wieder an seine Angebetete schreiben….
Dann bekam ich von unserem bayern klassisch einen Tipp zu einem weiteren FP-Brief und „wow“ aus derselben Korrespondenz!
Nun aber vom Feldwebel Anton Kalkbrenner an die Feldwebelgattin Theresia Kalkbrenner! Man hatte also geheiratet!
Laut dem Archiv der Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt in Landsberg am Lech fand folgende Trauung statt:
Tag der Trauung: 26.6.1872
Bräutigam: Anton Kalkbrenner, Feldwebel im 7. Jägerbataillon, kath., geb. am 3. Oktober 1834 in Welden
Braut: Theresia Nagel, Söldnerstochter, kath., geb. am 18.Mai 1834 in Achdorf
Aufgrund seiner Leistungen (und auch der Verluste im Krieg) wurde Kalkbrenner zum Feldwebel befördert. Er lag mit der seinerzeitigen Okkupations-Armee in den Ardennen, wie uns die Leitung seines, nun nicht mehr chargierten!, Briefes über das Königlich Preußische Feld-Post-Relais No. 28 zeigt. Der Brief wurde am 19.9.1872 aufgegeben, im September 1873 war das 7. Jägerbataillon bereits von der Okkupationsarmee abkommandiert.
Ich bin begeistert, wie hier die Belege zueinander fanden.
Mein besondere Dank gilt unseren Pälzer und bayern klassisch für Recherche-Unterstützung, als auch Frau Ingrid Daum, Leiterin des Pfarrarchives der Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt in Landsberg am Lech, welche die Traudaten heraussuchte
Adventliche Grüße
Andreas