Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Danke Klesammler, Wurstfinger und neue Tastatur = keine gute Kombi! ;)

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hat jemand eine Idee wie die Sendung mit 5 Gulden Ihren Empfänger erreichte?

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

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  • Liebe Sammelfreunde


    hier ein leider recht ramponierter Umschlag vom Lehrer Friedrich Ahrendts, Dessau (Anhalt), aufgegeben am 28.06.1871 und adressiert "An Herrn Feld-Assistenz Arzt Dr. Franz Ahrendts

    1stes Armeekorps

    1ste Division

    2te Infanterie Brigade

    6tes ostpreußische Infanterie Reg. No. 43

    2tes Bataillon (korrigiert auf I. Bataillon)"


    Leider fehlt die rückseitige Klappe, wo die vielleicht wichtigen Information zu wären.

    Auf die Schnelle habe ich nur gefunden, dass das 6tes ostpreußische Infanterie Reg. No. 43 am Frankreichfeldzug beteiligt war, jedoch nicht, wo es zum Zeitpunkt des Umschlages war.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Ulf,


    am 28. Juni 1871 waren die Kriegshandlungen in Frankreich zwar schon beendet, auch der Aufstand der Kommune im Vormonat Mai niedergeschlagen worden. Was aber noch in Frankreich blieb, ist die von General Edwin von Manteuffel vom 20. Juni 1871 - 19. September 1873 kommandierte Okkupationsarmee. Das 6. Ostpreussische Infanterie Regiment No. 43 „Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz“ war während der Kriegshandlungen verstärkt im Raum Metz, Mézières und schließlich ganz weit im Westen bei Amies eingesetzt. Es gehörte - wie es sehr hilfreich "durchdekliniert" auf der Adressierung steht - zur 1. Infanterie-Division. Deren Stab saß während der nachfolgenden Okkupationsphase in Compiegne, jener des ihm übergeordneten 1. Armeekorps in Amies. Die 1. Infanterie-Division okkupierte ab 20. Juni 1871 das bisher von der der 1. Armee besetzte Gebiet einschließlich des Départements Aisne, der Rückmarsch in die Heimat erfolgte am 22. Juli 1871.


    Viele Grüße

    Tim

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Minimarke:


    Die Königlich Württembergische Felddivision (drei Infanterie-Brigaden eine Kavalleriebrigade / Oberkommandierender General-Lieutenant von Obernitz) war am 6. August 1870 bei der Schlacht von Woehrt-Froeschwiller involiviert und zeichnete sich dabei durch ihren Vorstoß auf die Ortschaft Gunstett aus. Geldbriefe bis 100 Thaler / Gulden waren per Feldpost portofrei zu befördern, also auch der hier mit einem Wert von 5 Gulden ins Feld aufgegebene Brief. Der Absender hat sich aber für 2 Kr einen Schein darauf austellen lassen. Die Zustellung an die mobilen Einheiten war genau zu diesem Zeitpunkt enorm schwer, denn es gab aufgrund des unerwartet schnellen Vordringens auf französischen Boden dort noch (längst) kein Etappen-Postamt (später erst Wissembourg).


    Für die Leitung ins Unterelsass begann die Einrichtung eines Etappen-Postamtes erst am 7. August in Landau, bis dahin hatte sich Post in Massen angehäuft. Deren kaum mehr zu bewältigender Vertrieb an die mobile Truppe war zu diesem Zeitpunkt - bei weitem - noch nicht über die Eisenbahnstrecke Landau - Sulz möglich, so dass zum Abtransport über die Grenze an die mobilen Feldpost-Dienststellen requirierte Fuhrwerke eingesetzt werden mussten. Auch das aber war nicht einfach, denn Fuhrwerke wurden wiederum dringend zum Abtransport von Verwundeten benötigt und die damit vollzogene Feldpostbeförderung war u.a. auch überraschenden Angriffen von Franctireurs ausgesetzt.


    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    2 Mal editiert, zuletzt von Pälzer ()

  • Hallo @Pfälzer,:thumbup:


    vielen herzlichen Dank.


    Ich habe die letzten 4 Wochen versucht etwas Struktur in meine Fahrppostscheine zu bringen, dies war der einzige mit dem Vermerk Feldpost.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich


    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig

  • Hallo,

    anbei ein Telegramm aus dem Zeitraum der Mobilmachung, welches nicht durch die Post sondern durch die Staatseisenbahn übermittelt wurde.

    Göttingen --> Elze 24.7.1870 10:30 Telegrammaufgabe

    An das Bürgermeisteramt Elze

    Absender Commando des 56. Infanterieregiments

    Inhalt: Für den Transport von 165 Mann zum Bahnhof Elze werden 10...12 Leiterwagen benötigt für den Zug ab 14 Uhr.

    Das war zeitlich ziemlich ambitioniert.

    Grüße philast

  • Hallo Philast,


    das ist natürlich ein ganz hervorragend erhaltenes Stück und je früher, desto besser. Am 24. Juli sind wir erst 5 Tage nach der Kriegserklärung Frankreichs. Man muss allerdings schon alles aus der Depesche transcribieren und sich einem daraus entstehenden Verständnisproblem stellen:


    Bürgermeister-Amt Elze


    Das Bürgermeister-Amt Elze wolle Vorkehrung treffen, dass von heute Nachmittag 2 Uhr ab 165 Mann vom Bahnhof Elze nach Hameln per Wagen sofort befördert werden können. Es werden 10-12 Leiterwagen erforderlich sein.

    Commando des 56. Infanterie-Regiments


    Abgesehen davon, dass die um 10 Uhr 30 vormittags aufgegebene Depesche erst um 2 Uhr 25 nachmittags angekommen ist: Schwer verständlich ist, was das Commando des Königlich Preußischen Infanterie-Regiments "Vogel von Falckenstein" (7. Westfälisches) Nr. 56 da überhaupt für einen Truppentransportweg anleitete. Elze lag ja schön direkt an der Hannoverschen Südbahn, die über den Stammgarnisonsstandort des Regiments in Göttingen nach Kassel und Frankfurt Richtung Aufmarschgebiet führte.

    Warum transportierte man dann aber die paar Mann von der Stammgarnison weg in einen ganz andere Richtung nach Hameln an der Weser ? Möglicherweise war die Transportstrecke Hannover - Göttingen - Kassel - Frankfurt mit anderen, vor allem aus den östlichen Teilen Preussens stammenden Truppentransporten derart belegt, dass man auf die Eisenbahnstrecke über Minden - Dortmund - Köln - Koblenz ausweichen und dafür ab Hameln weserabwärts nach Minden verschiffen musste. Aber woher hatten die 165 Mann dann ihre Ausrüstung erhalten ?


    Alles in allem schon etwas merkwürdig, aber eine andere Erklärung habe ich da im Moment nicht.


    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer ()

  • ... in jedem Fall ein außergewöhnliches Dokument in perfekter Erhaltung, das schon allein dadurch massiv an Wert gewinnt, weil wir uns hier über Inhalt und Folgen mit ihm beschäftigen.

    Noch vor einem Krieg, das wäre heute nicht anders, herrscht immer ein mehr, oder weniger gut organisiertes Chaos. Fände man alle, oder zumindest zahlreiche dieser Depeschen, von denen es ohne Ende gegeben haben musste, könnte man sich ein genaueres Bild der Lage machen.


    So wird Tim wohl Recht haben - der Überlastung der einen Strecke folgte die steigende Belastung einer anderen. Wohl dem, der solches so früh zeigen kann (mir ist aus dem Raum Bayern nichts früheres bekannt!). :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    dann auch von hier aus wieder einmal eine Depesche. Am 13. April 1870 hatte man die Bahnstrecke Winden - Bergzabern eingeweiht...eingleisig. Wenige Wochen später wurde sie vom 23. Juli - 14. August 1870 in der Hochphase der grenznahen Gefechte des Krieges 70/71 für den Zivilverkehr zum Abtransport von Verwundeten gesperrt. Am 11. August ließ der in Bergzabern verantwortliche Bezirksarzt folgende Depesche an die für die Zugeinteilung zuständige Bandirektion in Ludwigshafen ergehen:


    Aufgegeben Bergzabern den 11. um 9.30 Vormittag - Angekommen Ludwigshafen 12.35 Nachmittag


    Bahndirektion Ludwigshafen


    In Carlsruhe stehen zwei zum Transport Verwundeter eingerichtete Züge. Bitte es möglich zu machen, dass dieselben nach Sulz gelangen gelangen. Bezirksamt Bergzabern Medicus


    Vielleicht ist der blaue Wachsstift-Haken dann die Bestätigung der Ausführung durch die Bahndirection gewesen.


    In Sulz (Soultz-sous-Forêts / Frankreich) war nach der Schlacht von Woerth-Froeschwiller ein großes, z.T. aber improvisiertes Feldlazareth angelegt worden, das mehr als genug Schwer- und Schwerstverwundete zu versorgen hatte. Auch das notwendige Sanitätspersonal und -material war dort nicht in ausreichenden Umfang vorhanden, so dass die hinlänglich zum Transport befähigten Verwundenten zur Entlastung der angespannten Lage so schnell wie möglich zurück geführt und auf weiter zurück liegende Spitäler verteilt werden mussten.


    Viele Grüße

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,


    ich denke auch, dass der Haken die Ausführung des Gewünschten bedeutete. Feines Stück!

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    jetzt mal was eher "goldiges" von der damaligen Eisenbahntechnik auf einem anderen Depeschenformular:


    Bahn-Depesche

    Abgangsstation Winden 8.8.1870 - 1 Uhr 55 Nachmittags


    An die Direction (in Ludwigshafen)


    Für den Fall, dass morgen die novartenden (~ neuartigen) Maschinen der Cöln-Mindener und Württemberger Bahn eintreffen, bitt ich dringend Herrn Braun zu beauftragen, mir einige unserer Gütermaschinen hierher zu senden, da ich nicht weiß, ob die novartenden Maschinen ebenfalls zu schwer sind, um der Schienenbrücke halber die Strecke Winden - Maxau befahren zu können. Die beiden Maxau-Ufer stehen voller Proviantwagen, ohne dass es mir bis jetzt möglich war, Maschinen zur Weiterbeförderung zu erhalten.


    Millet


    Klare Sache, angesprochen war die eingleisige, insgesamt 362 m lange Eisenbahn-Schiffsbrücke über den Rhein zwischen Maxau und Maximiliansau. Auch deren Tragfähigkeit war begrenzt. Der 240 m lange, auf 34 Pontons gestützte schwimmende Teil hatte eine Höchsttraglast von 101 Tonnen. Das erlaubte die Überfahrt mit einer nur leichten Lokomotive, 5 Waggons sowie 2 Lastwagen. Unter dem Gewicht senkten sich die Pontons ca. 20 cm tiefer in den Strom, so dass die Überfahrt wie auf einer Welle erfolgte. Ich hoffe das mit dem "novartend" richtig transcribiert zu haben, aber was anderes leuchtet mir im Moment nicht ein.


    Viele Grüße !

    Tim


    PS: Die sich erkennbar zuspitzende Problematik mit den Proviantzügen kommt in weiteren, mir vorliegenden Depeschen noch deutlicher zur Sprache.


    verwendete Quelle:

    http://www.pfortz-maximiliansa…uecke/Schiffsbruecke.html

  • Hallo Tim,


    hoch interessant, aber ich lese das auch so. Wird wohl 1870 "modernes " Deutsch gewesen sein ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Dieter,


    und ich staune immer, auf welch vielfältige Weise unsere "Geschichten live" auf die dazu dokumentierte passt. Und auch hallo an Ralph, ich komme dann anbei wie angekündigt zu dem Provianttransportproblem:


    Aufgegeben Germersheim den 12.08. um 11 Uhr Vormittag

    Angekommen Landau den 12.08. um 12.30 Vormittag


    Etappen-Hauptorts-Commando Germersheim des II. Armee-Corps an den Director der pfälzischen Eisenbahn Herrn Mahla in Landau: Der Transport auf den pfälzischen Bahnen ist derartig gestört, dass Proviantsendungen für die bayerische Armee eine Unmöglichkeit darauf sind. Ich stelle das Ersuchen, alle irgend möglichen Mittel anzuwenden diesen Übelstand abzuhelfen.


    A.b. von Kramer Oberlieutenant Adjudant


    b.m. vom Hl. Präsident Mahla dem gehors. Unterzeichneten übergeben worden, im Abzuge per Drahth mitgetheilt. Original unter Couvert. 12.VIII.70 - DieBahnhofsverwaltung -Pnachl



    Wenn man nun bedenkt, dass nicht nur das bayerische II. Armeekorps auf weitere Proviantlieferungen angewiesen war, sondern auch die badischen, preussischen und württembergischen Einheiten der III. Armee, dass jenen auch über immer weitere Strecken hinweg Waffen, Ausrüstung, Pferde und Munition etc. nachgeliefert und zwischen alledem permanent Verwundetentransporte abgewickelt werden mussten, dann kann man sich denken, was das insbesondere auf den eingleisigen Strecken für ein Chaos war.


    Proviant zu entladen war dabei besonders arbeits- und zeitaufwändig, es fehlte an den im Wesentlichen nur für den zivilen Personentransport und für einen lokalen = überschaubaren Gütertransport ausgebauten Bahnhöfen vielfach an Nebengleisen. Insofern blockierten Proviantzüge bis zu ihrer Entladung teilweise sogar die Hauptstrecken, waren also Fluch und Segen zugleich.


    Das Militär scherte sich teilweise nicht, um selbst mal beim Ein- und Ausladen oder beim Gleisausbau anzupacken, meinte aber über alles allein das Kommando führen zu dürfen. Aber auch da bestand oft genug Uneinigkeit. Vielfach verdarb die Ware, weil sich andere Militärtransporte mit dahinter stehend höherer Befehlsgewalt und Dringlichkeit durchsetzen konnten.


    Dies geschah manchmal auch im Sinne der Sache, vielfach aber auch nicht. Moltke sprach dazu zwar dann einmal ein Machtwort, welches besagte, dass letztendlich immer allein das Militär an der Front zu entscheiden habe, für welche Transporte die zuständige Eisenbahndirektion die Priorität zu setzen hatte. Aber auch das hat noch länger gebraucht, bis es in der Tat gegriffen hat. Die Infrastruktur gab es anfangs schlicht nicht her.


    Viele Grüße

    Tim

  • Hallo Tim,


    könntest du die Stelle mit dem nicht lesbaren Wort vergrößert hier zeigen?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.