Leitwege und Leitwegsangaben im DÖPV

  • Liebe Freunde,


    die Nachverfolgung der Laufwege unserer Briefe ist eine der Hauptaufgaben der klassischen Postgeschichte. Erleichtert wird diese üblicherweise durch die Dokumentation der Transitstempel bzw. Ankunftsstempel. Fehlen diese, wird es schon etwas schwieriger. Dies zur normativen Kraft des Faktischen.


    Wie stand es aber mit der Folgewilligkeit der Postverwaltungen selbst, wenn es die Wahl gab? Waren Leitwegvorgaben, wenn ihnen keine Gebührenmodifikation zugrunde lag, bindend? Oder waren sie grundsätzich im Postverein zu ignorieren?


    Für Bayern galt, dass diese Vorgaben irrelevant waren. Die Post schrieb vor, nach wohin zu kartieren war. Aber es gab auch Fälle, in denen sich das handelnde Personal kurzfristig umentschied, ja umzuentscheiden hatte, weil die vorgegebenen Routen nicht mehr gangbar waren (Krieg, Unwetter, Unfälle bei den Eisenbahnen, neue Anschlüsse usw.) und daher Briefe existieren, deren Laufweg zumindest verwundert.


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    Beginnen möchte ich mit einem 9 Kr. Brief aus Nürnberg vom 25.2.1852 nach Bremen, der den sinnlosen Vermerk "cito! für "schnell" trug, was die Eisenbahn aber nicht wirklich schneller fahren ließ.


    Wichtiger erscheint mir in diesem Zusammenhang der Vermerk "via Leipzig", wodurch er die Leitung per Bahn über Sachsen und Preußen beauftragt haben wollte. Folgte die bayerische Post diesem Wunsch, dann wären 1852 sicher sächsische und preußische Bahnpoststempel siegelseitig zu gewärtigen. Statt dessen: Fehlanzeige. Allein der alte Stempel von Taxis in Bremen "T.T. 27. Febr." ziert die Rückseite.


    Die Frage wäre nun: Lief er - entgegen belegbarer Stempelungen - doch wie vom Absender gewünscht über Sachsen und Preußen und erhielt nur, warum auch immer, den TT - Stempel im Bremen, oder ignorierte die bayer. Post sein Begehren und sandte ihn nicht Sachsen und Preußen, sondern der fürstlichen Thurn und Taxischen Postverwaltung im geschlossenen Briefpaket zu?


    Für jedewede Ansichten, Meinungen und Belege bedankt sich schon jetzt euer bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch


    im Laufe des Jahre 1851 gab es eine vollständige Eisenbahnverbindung von Nürnberg nach Bremen und diese führte über Leipzig. Erst im Laufe des Jahres 1854 gabe es einen anderen Weg.
    Bei der Kürze der Laufzeit, würde ich schon denken, dass er den Leitweg nahm.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    hab Dank für deine Meinung - ich sehe es ähnlich. Aber warum gab es bei den stempelfreudigen Sachsen und Preußen keinen Abschlag der Bahnpoststempel? Das ist für 1852 doch recht ungewöhnlich und deutet, wenn man diesen Laufweg unterstellt, auf eine geschlossene Versendung hin.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Bayern Klassisch


    ich denke wie Du an einen geschlossenen Transit. Auch müssten die An- und Ankunftzeiten u.U. in der Nacht erfolgt sein.


    Ich stelle mal die beiden Jahre 1852 und 1853 der Ab- und Ankunftszeiten von Magdeburg hier zur Verfügung. Die Leitung wäre über Hof - Leipzig - Magdeburg Richtung Cöln, vielleicht bis Wunstdorf und dann nach Bremen.
    Eventuell gibt es noch mehr Angaben zu den Zeiten und Orten und wir hätten die Möglichkeit zu schauen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Magdeburger,


    vielen Dank - wird gleich ausgedruckt. :)


    Mal sehen, was ich noch so an Transiten nach Bremen finde - stelle es dann hier ein, auch wenn es keine Leitwegsvorgaben mehr gibt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber bk,


    daß der Brief über Hof durch Sachsen spediert worden ist, halte ich für nahezu sicher. Im Jahre 1852 bestand in Sachsen auch die zwingende Vorschrift, bei der Bahnpost bearbeitete (=kartierte) Sendungen mit dem Coursstempel zu versehen. Da es aus diesem Zeitraum eine Reihe von Briefen gibt, die von Nürnberg nach Berlin liefen und keinen sächsischen Coursstempel tragen, dürfte es einen direkten Kartenschluß zwischen Nürnberg und einem preußischen Postamt gegeben haben. Diese Briefe passierten Sachsen dann im geschlossenen Paket.


    Liebe Grüße


    Altsax

  • Lieber Altsax,


    danke für die Bestätigung unserer Ansichten. Die Leitung früher DÖPV - Briefe ist ein spannendes Thema, ging sie doch Hand in Hand mit dem Eisenbahnausbau.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Der nachfolgend gezeigte Brief hätte zwar wenig Chancen, mit Erfolg an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen, ist aber gleichwohl postgeschichtlich interessant:


    Vom Absender wurde Leitung über Leipzig gefordert und von der Post auch durchgeführt. Zwischen Prag und Leipzig existierte zum Beförderungszeitpunkt ein direkter Briefkartenschluß, sodaß sich trotz mehrfachen Bahncourswechsels keine Stempel von Zwischenstationen auf dem Brief befinden. Geleitet wurde er über Bodenbach und Dresden nach Leipzig.


    Schwer zu erklären ist der Abschlag des Leipziger Stadtpoststempels. Üblicherweise wurde im Leipziger Oberpostamt auf die preußische Bahnpost des Courses Leipzig - Magdeburg kartiert. Möglicherweise ist der Brief versehentlich dem Stadtpostamt überstellt und von dort direkt zum Leipziger Magdeburger Bahnhof spediert worden.


    Die Leitung über Leipzig ist insofern von Bedeutung, als man den Speditionsweg über Sachsen und damit zusätzliche Transitgebühren hätte vermeiden können, es aber zugunsten der Beförderungsbeschleunigung unterließ.


    Altsax

  • Der nachfolgend gezeigte Brief bereitet mir hinsichtlich der Leitung einige Schwierigkeiten:


    Üblicherweise wurden Briefe von Leipzig nach Asch über die Bahnlinien Leipzig - Hof und Reichenbach - Eger bis Franzensbad spediert. Vorliegend ist vom Absender ausdrücklich "Via Hof" verlangt worden. Der siegelseitig abgeschlagene Einkreiser von franzensbad spricht dafür, daß der Leitwunsch ignoriert und doch über die Linie Reichenbach - Eger spediert worden ist.


    Nicht erklären kann ich mir aber das Stempelfragment mit dem lesbaren Teil "... No. Z...?". Kennt jemand den zugehörigen Stempel und läßt dieser Rückschlüsse auf den Speditionsweg zu?


    Altsax

  • Lieber Altsax


    Nicht erklären kann ich mir aber das Stempelfragment mit dem lesbaren Teil "... No. Z...?". Kennt jemand den zugehörigen Stempel und läßt dieser Rückschlüsse auf den Speditionsweg zu?


    ...den Stempel kennst auch Du!


    Das Fragment habe ich gespiegelt und mit dem Leipziger Stempel verglichen und es ist ein Abklatsch. Der Gedanke kam mir sehr schnell, da er wie abgeschnitten wirkte und beim genaueren Hinsehen erkennt man dies auch an der "1".


    Dazu nachfolgend ein 200 Prozent- und ein 100-Prozent-Bild. Bis zur Perfektion habe ich es nun nicht getrieben...


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Ulf,


    ...und dafür habe ich mir mein Resthirn zermartert!


    Vielen Dank für die wirklich überzeugende Lösung zumindest des Stempelproblems. Ich denke, daß man nunmehr von einer Spedition über die Regelroute Richtung Eger ausgehen kann, wobei der üblicherweise angebrachte Abschlag des Coursstempels des Fahrenden Postamts Nr. 5 ausnahmsweise fehlt.


    Liebe Grüße


    Altsax

  • Hallo,

    habe eine Frage zur Behandlung der Briefpost für den Leitweg Köln-Wien Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts.

    Wenn man von der Leitung Köln-Frankfurt-Würzburg-Passau-Wien ausgeht, wie wurde kartiert und wo sollte man einen Durchgangsstempel auf dem Brief erwarten? Hat Köln direkt mit Wien kartiert, sodass alles im geschlossenen Transit ohne weitere Stempel (durch TuT und Bayern) erfolgte?

    Oder wurde der für Wien bestimmte Postbeutel nach Übergabe in Frankfurt geöffnet, durchgangsgestempelt und ab da geschlossen nach Wien befördert?

    Wenn dies letztere der Fall sein sollte - hat Frankfurt häufiger mal keinen Durchgangsstempel abgeschlagen?

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,


    das ist kein leicht zu beantwortende Frage. Zuerst einmal müssten unsere Preussen heraus finden, ob es überhaupt einen direkten Kartenschluß Köln - Wien gab.


    Gab es ihn, konnte Köln sein Briefepaket mit einer Beutelfahne FFM verschließen und daneben noch ein weiteres Paket mit Beutelfahne Wien anlegen.


    Ersteres wäre in FFM geöffnet und die darin befindlichen Briefe gestempelt worden, zweiteres nicht. Man würde also bei Briefen dieses Pakets nicht erkennen können, wie sie von Köln nach Wien gelaufen waren.


    Die Kenntnis über die tatsächlichen Laufwege erlangt man nur a) anhand der Verordnungsblätter, in denen Einführungen von Kursen bzw. Änderungen dargestellt wurden und, besser noch, das Lesen in b) Laufzetteln, die entsprechende Strecken durchliefen und in deren Inneren und Äußeren man sehen kann, wer wem wann was zukartiert hat. Leider sind nicht so viele Laufzettel erhalten, als dass man daraus ein ganzes Bild formen könnte und auf der anderen Seite müsste man viele Tausend Seiten jedes betroffenen Postgebietes durchlesen, um herauszufinden, wer wann wem was zukartiert hatte, oder zukartieren sollte. Daher sind Stempel aus bekannten Korrespondenzen wichtig und hilfriech, aber das Nichtvorhandensein von Stempeln sagt nicht zwangsläufig aus, dass es bei diesen Fällen anders war.


    Der Imponderabilien sind viele ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.