Bayern - Fahrpostaufgabescheine

  • Hallo Filigrana


    für den 1. DÖPV-Vertrag vereinbarten die Postverwaltungen unter anderem untereinander, wie sie bei der Fahrpost vorgehen wollen. Dazu gehörte, was sind die Austauschpostämter (Grenzpostämter), welche Transitlängen gelten, usw.


    Laut dem Vertrag galt eine Gewichtstaxe von 2 Pfennige (bei 1 Sgr. = 12 Pfennige) = 0,5 Kreuzer C.M. (Österreich) = 7/12 Kreuzer rheinisch je angefangenes Pfund von 5 zu 5 Meilen.Im Gegensatz zur Briefpost stand auch der Postverwaltung die Gebühr zu, welche auch in ihrer Posthoheit anfiel.
    Die Assekuranzgebühr und auch die entsprechnende Gewichtstaxe fiel in jeder involvierten Posthoheit an. Die Berechnung war (und ist) auch in der Währung durchzuführen, welche in der Posthoheit galt.
    ProCura für Nachnahmen standen nur der aufgebenden Posthoheit zu.
    Die Gebühr für baare Einzahlungen bezieht immer die auszahlende Postanstalt (ab 01.04.1852 - 1. revidierter Postvertrag)


    Diese Regelungen blieben bis zum in Kraft treten des 2. Nachtrag zum revidierten Postvertrag gültig ( bis 30.06.1858 ) bestehen.
    Erst mit der Gültiigkeit des Vertrag zum 01.07.1858 änderte sich die Gewichtstaxe, jetzt von 4 zu 4 Meilen - Einführung der Taxquadrate. Die Assekuranzgebühr wurde jetzt nur noch für die gesamte Entfernung innerhalb des DÖPV bestimmt. Die Verteilung der Gesamteinnahmen wurde prozentual aufgeteilt.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Guten Abend Magdeburger,
    es wehre von meine Seite eine Lüge, wenn ich jetzt glatt geantwortet hätte: Danke schön, jetzt ist mir alles klar..
    Sagen wir mal so: Danke schön, es ist mir jetzt ein bisschen verständlicher.. :)
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Filigrana


    ich weis, das dies alles recht kompliziert ist. Leider kann ich es nicht leicht verständlich erklären.
    Im Anhang habe ich mal die beiden Paragraphen 51 bis 58 der 1. Postvertrages des DÖPV angehangen. Im §58 ist insoweit interessant, dass bei der Taxierung die jeweilige Landeswährung zu nutzen ist (4.Zeile)


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Filigrana


    da der Postschein von Bayern nach Östwerreich lief, hier die Paragraphen 19 bis 26 des dazugehörigen Postvertrages zwischen Bayern und Österreich.


    Vielleicht wird es noch etwas verständlicher - oder gar verwirrender...


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Ulf,
    ja schwierig aber interessant..danke schön! :)
    Ich schreib dir in Anfang paar meine Vorschläge, falls ich falsch liege sag mir bitte Bescheid ...
    1. Ist ein Franko Betrag – also bis Bestimmung Ort. (?)
    Wenn - ja:
    2. Paket Gebühr: Bayern Rechnet bis Postalische Grenze für sich ab Grenze für Österreich mit (hier muss die Erhöhung wegen höheren Gewicht ab Grenze für Ö. auch in Kreuzer r. umgerechnet werden)
    3. Werttaxe: Angegeben sind 25 000 Thaler, für Bayern in Gulden 43750 – wir runden auf 43800, wegen angefangene 100.


    - was mir unklar ist: falls Bayern rechnet für die gesamte Strecke, aber wie? Du hast 2x bis 50 Meilen (Grenze) gerechnet. Ist die Werttaxe nur bis Grenze verrechnet? Und dann noch mals fürs Österreich?
    Diese Betrag 20 fl. 12 kr scheint mir dann nicht das ganz Franko bis der Absender reichend.
    (vermutlich hab ich was nicht richtig verstanden..)
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Filigrana


    da laut Vertrag auch eine Frankierung bis zur Bayerisch-österreichischen Grenze möglich gewesen wäre, könnte anfangs entweder bis zur Grenze oder bis zum Bestimmungsort gegeben gewesen sein. Bis zur Grenze ist ausschließbar, da der bezahlte Betrag dann deutlich zu hoch ist. Somit mußte ausgehen, dass er bis zum Bestimmungsort frankiert wurde.


    Als Wertbetrag steht : Zwanzig fünf tausend Staats Obligationen. In welcher Währung steht nicht dabei. Normalerweise ist dieser in der Währung der Aufgabepostanstalt. Ansonsten hätte dies genauer angegeben werden müssen. Bspw. Wert in 24Guldenfuß oder in Preussisch Courant. Da hier nur der Schein vorliegt, jedoch nicht der Brief (darauf hätte es auf jeden Fall stehen müssen) habe ich alle Währungen betrachtet.


    Bayern berechnete seine eigene Gebühr bis zur Grenze Bayern-Österreich, genauer gesagt bis zum laut Vertrag festgelegten bayrischen Grenztaxpunkt. In Falle der vollständigen Frankierung muß auch das Franko für Österreich, also ab Grenze bis zum Bestimmungsort bestimmt werden. Jedes Franko ist in der entsprechenden Landeswährung durchzuführen.


    Bayern also in rheinische Kreuzer (24 1/2 Guldenfuß) und für Österreich in Kreuzer C.M. (21 Guldenfuß). Da in Bayern das Franco erstmal komplett eingenommen wird, ist der österreichische Anteil in rheinische Kreuzer zu reduzieren und zum bayrischen Anteil zu addieren. In festgelegten Zeiträumen sind diese gegenseitig abzurechnen und entsprechend auszugleichen.


    Die Werttaxe wird für jede Posthoheit bestimmt, einmal für Bayern und einmal für Österreich. Da keine der beiden Teilstrecken länger als 50 Meilen sind, galt 2 Kreuzer je volle 100 Gulden.


    Zur Klärung habe ich erstmal rückwärts gerechnet und versucht herauszubekommen, wie hoch den der Wertbetrag hätte sein müssen, wenn die Wertangabe in rheinischer Währung wäre. Im Ergebnis erhielt ich ein deutlich höheren Betrag!


    Dann habe ich unterstellt, er ist in Österreichischer Währung, also im 21 Guldenfuß und kam im Ergebnis dem Franko-Betrag nahe.


    In Thalerwährung hätte deutlich mehr Franko bezahlt werden müssen! Jede Reduzierung in einer der beiden Guldenwährungen ist deutlich höher als in der Rückwärtsrechnung, aber nicht hoch genug für eine Grenzfrankierung..


    Momentan habe ich keine Idee, wie man auf den ausgewiesenen FrankoBetrag kommt.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Guten Abend,
    Michael beschreibt sein Schein: „enthielt Staats Obligationen im Wert von 25.000 Talern „ - deswegen bin ich da von ausgegangen das diese Summe in Talern ins...
    In Forum hab ich eine ähnliche Diskussion gefunden, falls du dir es zum Vergleich einschauen möchtest:
    Fahrpostsendungen innerhalb des DÖPV bis 30.06.1858
    LG F

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Filigrana


    danke für das Verlinken des Scheines!
    Ich habe jetzt noch einmal alle beiden Scheine überdacht und bin zu einer möglichen Lösung des von Michael gezeigten Scheines gekommen.


    Bei dem von Erdinger gezeigten Scheines, wurde zuerst 10 Gulden 27 Kreuzer - dann 20 Gulden 54 Kreuzer notiert. Der Beamte hat also für beide Posthoheiten die gleiche Taxe unterstellt.
    Auch sind die dort angegebenen Grenzpostämter richtig, also für Bayern Neuhaus (am Inn) und für Österreich Schärding.


    Jetzt also der Versuch der Klärung, wenn ich hier ebenfalls unterstelle, dass für beide Posthoheiten die gleiche Taxe angenommen wurde.
    Dazu vorher ein paar Anmerkungen:
    Hier gilt der Mindestfahrposttarif für das Paket, also 9 Kreuzer C.M. = 10,5 Kreuzer rheinisch.
    Alle Angaben sind jetzt in rheinischer Währung!


    Auf dem Schein sind 20 Gulden 12 Kreuzer vermerkt wurden. Da dies für Bayern und Österreich ist, ergibt sich jeweils 10 Gulden 6 Kreuzer für jeden von beiden. 10 Gulden 6 Kreuzer sind 606 Kreuzer. Davon wird erstmal die Assekuranzgebühr (Wertgebühr) abgezogen, also 500 Kreuzer. Somit verbleibt ein Rest von 106 Kreuzer.


    Für das Paket kann nur 11 Kreuzer angerechnet werden. Die entscheidene Frage, wie schwer war der Begleitbrief. Für Bayern habe ich nichts gefunden, wie bei einem solchen Brief zu taxieren ist, jedoch im PV zwischen Preussen und Hannover.
    Danach kann die Brieftaxe bei bis excl. 4 Loth zur Anwendung, ab incl. 4 Loth aufwärts jedoch nur die Mindestfahrposttaxe.
    Übetrage ich dies auf hier, ergibt sich bei einem Begleitbrief ab 3 bis excl. 4 Loth die 4fache Taxe, also 10,5 * 4 = 42 Kreuzer.


    Addiert man jetzt das Paket von 11 und die eben ermittelten 42 Kreuzer, erhält man 53 Kreuzer, was wiederum die Hälfte von den 106 Kreuzer Restbetrag sind.


    Mit diesem Ergebnis kommt man zu folgenden falschen Vorgehen:
    Der Postbeamte errechnete für den Begleitbrief 42 Kreuzer + 11 Kreuzer für das Paket = 53 Kreuzer für Bayern - da auch gleiches für Österreich (unterstellt von mir) dazu kommt = 106 Kreuzer.
    Jetzt kommt die Assekuranzgebühr von 500 Kreuzer für Bayern = 606 Kreuzer (für Bayern, der Postbeamte hat schon vergessen, dass er für Österreich Paket + Brief berechnet hat) - jetzt doppelt, für Österreich mit = 1212 Kreuzer, was auch tatsächlich 20 Gulden 12 Kreuzer sind.


    Ich weiß, dies klingt sehr abenteuerlich...ein weiterer Schein wäre jetz mal interessant!


    Im Anhang der Auszug aus dem PV Hannover - Preussen zur Taxierung von Begleitbriefen


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf
    P.S. Leider ist meine erste Antwort ins Nirwana entschwunden, da ich zulange getippt habe!

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Freunde,


    hier ein Aufgabeschein für ein Paket mit einem Wert von 1 Gulden 22 kr. von Ansbach nach Feuchtwangen aus dem Jahre 1828.



    Der Absender bezahlte 5 Kr. Franko (Paketgebühr 1-2 Pfd. bei 3-4 Meilen Entfenrung, keine Werttaxe?) und 4 Kr. Scheingebühr.


    @Ulf: Wenn auch spät, so doch noch einen herzlichen Dank für deine Berechnung des vorigen Scheins! :thumbup:


    Gruß
    Michael

  • Hallo,


    ich habe hier einen Fahrpost-Aufgabeschein aus dem Jahr 1870 von Scheinfeld.

    Dazu meine Fragen: ab wann waren diese "neuen" Formulare denn überhaupt im Umlauf ?

    Im Januar 1869 wurden zumindest in Scheinfeld noch die alten Formulare verwendet.


    Ist der von Minimarke im ersten Beitrag gezeigte Beleg überhaupt ein Fahrpostschein?

    Man kann ja nichts lesen, da mit Stempelmarken überklebt und unten steht nur Postexpedition.


    Grüße aus Mittelfranken,

    Siegfried

  • Hallo Siegfried,


    hier sind wir zwar im falschen Thema, aber so viel kann ich sagen: Im Loseblattwerk von Max Joël werden die frühesten Scheine im Hochformat tatsächlich auf 1870 datiert.


    Weil auf dem Schein von [user='127']Minimarke[/user, hier] eine Wertangabe eingetragen ist, handelt es sich um einen Schein für einen Fahrpostgegenstand. Die Unterscheidung nach Scheinen für Brief- und Fahrpost entfällt um 1879 – danach heißt es nur noch neutral »Post-Aufgabeschein«.

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

    Einmal editiert, zuletzt von Erdinger () aus folgendem Grund: Querverweis nachgetragen, weil der Eintrag nach dem redaktionellen Verschieben nicht mehr ganz verständlich ist. Aber danke an @Michael für das rasche Umheben.

  • Hallo Siegfried,

    zu deinem Fahrpostschein aus 1869 hätte ich eine Frage.

    Wurde in Scheinfeld auf jedem Fahrpostschein der Mühlradstempel abgeschlagen?

    Weiss da wer was?


    3 Beiträge redaktionell verschoben

    2 Mal editiert, zuletzt von Michael ()

  • Hallo Siegfried,


    hier sind wir zwar im falschen Thema, aber so viel kann ich sagen: Im Loseblattwerk von Max Joël werden die frühesten Scheine im Hochformat tatsächlich auf 1870 datiert.


    Weil auf dem Schein von Minimarke eine Wertangabe eingetragen ist, handelt es sich um einen Schein für einen Fahrpostgegenstand. Die Unterscheidung nach Scheinen für Brief- und Fahrpost entfällt um 1879 – danach heißt es nur noch neutral »Post-Aufgabeschein«.

    In meinen Loseblattwerk von Max Joel ist der Schein bei Scheinfeld überhaupt nicht aufgeführt, da endet es bei 1868.

  • .....im Joel ist der Schein unter Nummer 5A mit Mühlradstempel 2,5-mal so hoch bewertet, wie ohne Mühlradstempel, vielleicht ist er doch nicht so häufig.

    ....und die beiden zuletzt von mir gezeigten müssten eigentlich die Nummer 6A haben, die stehen im Joel überhaupt nicht drin.

  • ... die Scheine wurden gegen die Vorschrift mit dem Mühlradstempel "vorabgestempelt" in einer ruhigen Schalterphase, so dass man später, wenn es mal stressiger war, nicht so lange brauchte, um die Scheine zu stempeln und auszufüllen. Mühlradstempel hatten auf Postscheinen nichts zu suchen.


    Es gibt sie nur vereinzelt, aber von Scheinfeld sind recht viele erhalten - bei Brief- und Fahrpostscheinen, wobei Mühlradstempel Marken entwerten sollten und die Fahrpost bis 31.1.1874 mit Marken gar nicht frankierbar war.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • In meinen Loseblattwerk von Max Joel ist der Schein bei Scheinfeld überhaupt nicht aufgeführt, da endet es bei 1868.

    Hallo Siegfried,


    wir Heimatsammler hängen eben zu sehr an unseren Orten … ich habe auch Scheine, die im Joël unter Erding nicht aufgeführt sind. Auch dieser Großsammler konnte nicht jeden Ort lückenlos belegen.


    Ich schaue immer im Einleitungsteil nach, in dem die verschiedenen Scheintypen klassifiziert werden. Den habe ich mir einmal kopiert und schon oft nützliche Informationen darin gefunden. Naturgemäß werden die Früh- und Spätdaten nur ungefähr angegeben, aber das ist noch immer weitaus besser als gar nichts.

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • ...übrigens, zur leichteren Unterscheidung von Fahrpost-und Briefpostscheinen wurden nur die Fahrpostscheine mit dem zusätzlichen Mühlradstempel versehen. Briefpostscheine mit Mühlradstempel von Scheinfeld gibt es nicht.

    Das hat mir heute ein Scheinfeld-Spezialist als Erklärung gesagt.