Napoleonische Zeit Allgemeinfragen

  • Eine seriöse Frage ans Forum:


    Vals schreibt befördert mit der FR Feldpost. Mich würde interessieren ab wo ein Brief in den Verteilerkreis der Grande Armée kam? Dies geschah ja nun nicht unbedingt ab dem Ausgangsort - womöglich ein kleines Provinznest mitten in Frankreich oder anderswo noch dazu ohne Poststelle. Ein Teil des Weges wurde doch wohl unweigerlich von der Zivilen Post gehandelt ...


    So dann auch in umgekehrter Richtung. Der Soldat auf Streife schrieb an seine Familie und gab seinen Brief bei der Feldpost auf. Ab wo kam der Brief in den Verteilerkreis der zivilen Post?

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Hallo Lulu,
    Der Revolution bis zu 1809 war die Post aus Frankreich, bis zu einem Grenzübergang-Punkt mit der zivil Post befördert. Daher die Feldpost brachte die Post zum Hauptquartier der Armee und dann in den Armeekorps. Ein Feldpost Unteroffizier (vaguemestre) verteilte die Post in jedem Regiment. Die Post eines Soldaten an der Front ging denselben Weg, aber im umgekehrten Richtung.
    Ab 1809 war die Post aus Frankreich, bis zu einem Grenzpostamt einer Armee (vom Großen Hauptquartier zugeteilt) mit der zivil Post versandt. Dieses Postamt war, der Grenze nah, gelegt. Es spielte die Rolle eines Grenzübergangspostamtes. Daher war die Post mit der Feldpost zu den Armeekorps und- Divisionen Postämtern geleitet.
    Die Post, die aus einer Division oder einem Armeekorps herkam sollte unbedingt das Postamt des Großen Hauptquartiers durchqueren, weil diese Division und- Armeekorps Postämtern keine unmittelbare Verbindung mit Frankreich hatten.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • vals59


    ich danke dir sehr für deine Erläuterungen. Ich habe allerdings noch andere Fragen die ich aber noch gebührend einpacken muss ehe ich sie hier poste. Also Fortsetzung folgt

    Phila-Gruß


    Lulu

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Freunde


    Nachdem ich diese Zeit zwischen 1789 und 1815 getreten habe, habe ich herausgefunden dass die Postgeschichte in dieser Zeit nicht so einfach in die normalen Ländereinteilungen passen konnte. Es waren so grosse Veränderungen dass es nicht sinnvoll ist Briefe aus dieser Zeit in die nachher kommende politische Einteilungen hinein zu passen.


    Was es hieraus kommen will weiss ja niemand, aber ich soll versuchen etwas licht im dunkeln zu machen (obwohl dass mehr als ein Lebenslaufsaufgabe ist, es alles klar zu machen).


    Dieser Thread will dann also nachher mehr als ein allgemein Thread sein, als es bisher war.


    Ob ich Verschiebungen von anderen Themenordner machen will, weiss ich noch nicht ausser wenn es besonders gewünscht wäre.
    Aber den unter Frankreich gestellte "Dep. Conquis" will ich sofort verschieben.


    Viele Grüsse
    Nils

  • Liebe Kollegen


    Ich hatte mir vor einiger Zeit ein Buch gekauft weil ich mehr über den Postvertrieb der Grande Armée wissen wollte. Ich kann nicht leugnen dass ich dem gelesenen kritisch gegenüber stehe. Es hat mir mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben. Der Autor schreibt (ich habe die Passage gescannt)


    Zitat 1 :
    Entgegen den Zonen der französischen Staatspost, die bei einem Abstand vom Aufgabeort bis zum Empfangsort von 50 Kilometer beginnend über 100 Kilometer breite Zonen bis zu einem Abstand von 200 Km ansteigen, waren die Entfernungszonen für die Feldpostbriefe in Frankreich jeweils 150 Km breit.


    War dem wirklich so? Im Thread wurde bestätigt dass Briefe durchaus nur teils mit der Feldpost befördert wurden und ein Teil des Weges durch die Zivile Post befördert wurde. Was wäre der Nutzen einer solchen Zonen Einteilung? Und wie wäre das Porto verrechnet worden mit 2 verschiedenen Distanztabellen.


    Zitat 2 :
    Die Zone 1 begann im östlichen Frankreich und setzte sich bis zur 6. Zone im westlichen Frankreich an die Atlantikküste fort.


    Diese Zoneneinteilung hat der Autor anhand von 400 gesichteten Briefen erstellt. Ich habe die dazu gehörige Karte gescannt.


    Zitat 3 :


    Eine 2 Zoneneinteilung ergab sich in den besetzten Gebieten Deutschlands. Hier gab es keine generelle Entfernungseinteilung…….alle Briefe aus dem besetzten Bayern mit zusätzlich 1 Decime gegenüber der fr. Zoneneinteilung belastet waren. Als 2 Zone sind die Gebiete des weiteren Rheinbundes bis inklusive dem Königreich Westphalen mit einer Erhöhung des Portos um 2 Decimes zusehen. Preußen und Sachsen kamen als 3 Zone innerhalb Deutschlands hinzu. Hier wurden die innerhalb Frankreichs geltenden Gebühren nochmals um 3 Decimes erhöht.


    Diese Zoneneinteilung und Portorechnung verwirrt mich. Frankreich hat doch seine Portosätze ab der Grenze des Reiches bis zum Bestimmungsort innerhalb Frankreichs auf dem kürzesten Weg von Büro zu Büro berechnet und umgekehrt. Mit den hinzugewonnen Gebieten haben sich diese Grenzen verlagert und somit auch die Grenzübergangsbüros, die Distanzen wurden somit länger. Die Portotabellen wurden diesbezüglich ergänzt. Der Autor scheint die GÜ und die dementsprechende Entfernung nicht wirklich zu berücksichtigen. Zum Beispiel ein Brief aus Bayern nach Paris trat nicht an gleicher Stelle über die Grenze wie ein Brief aus Berlin nach Paris


    Nun wollte ich eure Meinung dazu hören.

  • Hallo Lulu,


    ich kenne die franz. Post auch nur als sehr effizient und wohl organisiert. Eine tarifliche Trennung von Privatbriefen zu Militärbriefen hat es wohl gegeben, aber sicher nicht über verschiedene Distanzmaße, weil das ja das permanente Gegenrechnen bedeutet hätte.


    Ich meine, dass man diese Aussage verifizieren oder falsifizieren kann, indem man Briefe der Armeeangehörigen nach beiden Methoden berechnet. Von einer geringen Fehlerquote abgesehen, wird man dann empirisch die richtige Lösung finden.


    Evtl. weiß der liebe Emmanual hierzu mehr.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • @Bk


    ich habe (fast) alle Briefe nach gerechnet , bei manchen komme ich mit meiner Methode ab Grenze zum gleichen Portosatz . Bei einigen Briefen im Buch hat der Verfasser sich total verzettelt. Es gibt aber auch Briefe - fast immer nach Paris - egal wie ich rechne - es gibt eine Differenz von 1 Decime .


    Was mich bei dieser Analyse wurmt ( sorry) der gute Mann hat die Ausdehnungen des Reiches nicht mit einbezogen und gliedert Frankreich einfach in immer die gleichen 6 Zonen ein egal ab wo ein Brief über die Grenze ging.


    Wie du sagst Emmanuel kann vielleich weiter helfen. Mich würde Französische Literatur zum Thema interessieren, meine Suche blieb bis jetzt erfolglos. Konnte nur Literatur in Bezug auf die Departement Conquis auftreiben


    auf bald

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Hallo Lulu,
    Die Argumentation dieses Autors ruht nur auf Feststellungen und gar nicht auf Postverordnungen der Epoche. Seit dem Posterlass vom 29. Oktober 1792, das Porto für briefe von Soldaten die zum Kriegsdienst einberuft gewesen sind nur seit dem Grenzpostamt ihrer Armee bis zu Bestimmung berechnet war. Die Berechnung kam nach denselben Regeln wie dem französischen Inlandstarif. Dieses Prinzip war in der Folge niemals gezweifelt.
    Die Armeegrenzpostämter waren nicht immer an der französischen Grenze eingerichtet.
    Zum Beispiel, ein Posterlass von 3. fructidor Jahr VIII zeigt an, daß das Grenzpostamt der “Armee de Hollande” fand sich in Antwerpen und Mainz;


    Viele Grüsse.
    Emmanuel;

  • Hallo Emmanuel


    das Problem bei solchen Büchern ist dass andere Sammler sie als Referenz nutzen.


    Frage : finde ich etwaige Postinstruktionen aus der Napoleonischen Zeit bei der Französischen National Bibliothek unter décret et lois ?

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Hallo Lulu,
    Ich fürchte, daß du über die Feldposttarife auf der Website Gallica nicht viel finden kannst.
    Trotzdem ist das ein Dokument, das dich interessieren könnte (sieh Seite 9)
    http://gallica.bnf.fr/ark:/121…+1790+%C3%A0+1874+.langFR


    Die Feldposttarife erscheinen im allgemeinen in der Sammlung der Gesetze und der Dekrete nicht.
    Du wirst trotzdem Informationen bezüglich der Post im allgemeinen durch diese Links finden können (Bulletin annoté des lois et décrets). Die Gesetze und die Dekrete sind dort erklärt.
    https://archive.org/search.php…ND%20collection%3Atoronto


    Ja, diese Buchart ist ein Problem für Sammler, die sich auf die Postverordnungen- und Erlasse nicht stützen.
    Wenn du sehr gute Bücher über der französischen Postgeschichte suchst, hier also einigen (nicht billig):
    - Introduction à l'histoire postale des origines à 1849. Michèle Chauvet. Band 1 und 2.
    - Introduction à l'histoire postale 1848-1878. Michèle Chauvet.


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    Die Seiten habe ich schon mal durch gelesen. Band 2 habe ich übrigens auch. Mein Problem ist nicht das Porto selbst. Ich scanne einmal Seite 378 um mein Anliegen besser zu verdeutlichen:


    Die eingefügte Tabelle scheint mir unvollständig. Sind das wirklich alle Truppen und Bureau frontière der Armée? und auf welche Zeit datiert sie? Mir scheint als seien die Napoleonischen ‚Streifzüge‘ nicht inbegriffen.


    Nun hänge ich noch eine Postinstruktion vom 20.12.1806 an, unterschrieben von Lavalette. Sie besagt: dass Briefe und Pakete von/nach Preußen und den Russischen Staaten die bis da über Maseyck und Wesel ab dem 1 Januar 1808 über Neuss/Düsseldorf vertrieben werden.


    Galt diese Postinstruktion etwa exklusiv für die zivile Post? Nur Mainz wird in M Chauvet Tabelle erwähnt. Gab es in Neuss z.b keinen Armeeposten? Und wie war es mit Köln?


    Ich bin Laie auf diesem Gebiet und schlussfolgere wahrscheinlich falsch (oder bin ich etwa doch blond ?). Ich würde es nur gerne verstehen auch wenn es nicht mein Sammelgebiet ist. Wir beide müssen das irgendwann wohl mündlich ausdiskutieren. So eine philatelistische Fernbeziehung hat dann doch ihre Grenzen.

  • Hallo Lulu,


    Da ich es Dir im post #48 gesagt habe, fand sich diese Tabelle in einem Posterlass von 3. fructidor Jahr VIII. Er ist für die ganze Periode des Reiches nicht rechtsgültig.
    Die Instruktion, die Du uns hier zeigst, betrifft nur die Zivilpost.
    Wenn Du andere Informationen (auf Französisch) brauchst, kannst Du mit mir mit email kontaktieren (über meine Website )
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hier in etwa der Schriftzug. Nicht alles kann man Wort genau übersetzen, deshalb klingt das Ganze wohl etwas holprig aber der Wortlaut war so. Einige Worte konnte ich allerdings nicht entziffern.


    ..................................................


    Ich habe heute den Brief erhalten den sie mir, die Ehre erboten haben, am 20 dieses Monats geschrieben haben.


    Wissen sie die Kriegserklärung wird uns sicherlich noch viele solche Briefe für Deutschland bescheren. Wir verschicken heute die Depeschen des Ministers für Hannover über Ostende, die wenigen vor dem Krieg liefen über Holland.


    Der erste Brief des Königs wird die gleiche Route nehmen, er wird sich vermutlich an Sie wenden Monsieur, um zu wissen welche die beste, die kürzeste und die sicherste ist, er darf nicht Holländisches Territorium berühren.


    Dieser Krieg kann uns vielleicht auch noch t Briefe für den Norden bescheren, ich bitte sie, Monsieur, mir so schnell wie möglich die Bestimmung der Route für Briefe aus England nach diesem Land und umgekehrt zu geben, + die Tage ihrer Ankunft und ihrer Abfahrt.


    Sie wissen dass die Briefe aus England Dienstag und Freitags Morgen in Brüssel ankommen, manchmal aber auch nachts also nach dem Abgang ihrer Post. Sollten diese Briefe Mittwochs in Brüssel ankommen, werden sie sich um einen Tag verspäten, falls Freitags um drei Tage. Wäre es nicht möglich dies zu beeinflussen, etwa durch einen Versand Dienstags oder Freitags per Kurier, alle diejenigen die über diese Route laufen sollen, oder die Route über Wesel oder die über Hamburg.


    Ich hatte an Ratisbonne geschrieben, man versprach mir eine Antwort, aber wie man weiss muss ich mich hier vor dem Versand der Briefe erklären. Herr de Wrintz (?)….hat mich notiert


    Sollten sich die Karten mit Holland verhärten; folgendes Verfahren alles nach Brüssel schicken mit Anordnung über Maseyck per Kurier. Lassen sie Herrn de Lilien den Rest tun. Punktanordnung vorneweg – 4 Wochen Kurierdienst werden den Prinz nicht ruinieren, alles für Hamburg und den Norden wird abgesondert und direkt nach Maseyck oder wenigstens zu Händen von Herrn de Lilien der Arrrangements in Düsseldorf trifft. Die Briefe für Hannover laufen über unsere Strecke bis Nürnberg von wo aus die Briefe fürs Elektorat von Hamburg direkt an ihr Ziel gelangen. Schreiben sie an Mr de Lilien der sehr aktiv und intelligent ist, er wird sie in solch einem Moment aus der Klemme ziehen. Ich richte mich an Sie, Monsieur, mit Vertrauen und hoffe im Vorfeld dass sie mich aufklären über …….. sollte die Sache erfolgen, und vermerken sie was die Briefe auf dem Hinweg kosten und ……die Tage ihrer Ankunft respektiv Abfahrt.


    Die Frage wird sich vielleicht nicht stellen, aber da ich gegebenenfalls antworten muss, ist es besser dies im Vorfeld geklärt zu wissen


    ................................................


    ich frage mich wer diesen Brief verfasst hat ?

    Phila-Gruß


    Lulu

  • Meinen herzlichen dank für diese Hilfestellung.


    Der Test stammt wohl von einem der Vrints Brüder, entweder Vrints Berberich in Frankfurt oder Vrints Treuenfeld in Bremen.
    Wer sich übrigens einmal in diese Strukturen der Taxis Post einarbeiten will, dem sei die ausgezeichnete DIssertation von Grillmeier empfohlen: Habsburgs Diener in Post und Politik. Man lernt daraus sehr viel über die Zeit zwischen 1745 und 1867 und natürlich auch viel über die wichtigen Protagonisten.
    Verlag Ph. v. Zabern Mainz. 2005.


    Nochmals vielen Dank.