Beiträge von mikrokern

    Hallo Peik,

    die Eisenbahn (Odenwaldbahn) von Heidelberg nach Würzburg war im Juli 1866 noch nicht durchgängig fahrbar. Die Strecke Heidelberg - Würzburg ist am 1.11.1866 mit der Inbetriebnahme des letzten Teilstückes Osterburken - Königshofen - Würzburg fertiggestellt worden. Eine Postwagenverbindung hat das fehlende Stück in der Zwischenzeit überbrückt.

    Eben: Heilbronn (oder Jagstfeld) - Ansbach-Nürnberg erscheint da wohl am sichersten...

    Hallo,

    der Ausfall der Verbindung Würzburg-Nürnberg dürfte ca. eine Woche betragen haben, nämlich zwischen Beschießung der Festung Marienberg (27.7.66) bis 4.8.66. Eine genaue Datierung der Sistierung der Eisenbahn Ende Juli für diese Verbindung kann ich leider nicht liefern.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand den Brief von Offenbach durch den Spessart über Würzburg nach Nürnberg gebracht haben soll - durchs Aufmarschgebiet von Tausenden von Soldaten und Gefechten bei Tauberbischofsheim, Werbach, Helmstadt, Uettingen, Rossbrunn, Gerchsheim zwischen dem 24. und 27.7.66.

    Ich halte den Weg von Offenbach nach Süden (Heidelberg) und dann nach Osten für am wahrscheinlichsten. Ist halt spekulativ...

    J. Priem und C. Braunstein: Die Besetzung Nürnbergs durch die Preußen. Zur Erinnerung an die Tage vom 31. Juli bis 16. September 1866. Verlag von R. Koenecke, 1866 : „Mit dem 4. August trat der Eisenbahnverkehr wieder theilweise ins Leben. Von München und Würzburg trafen die Post- und Kurierzüge zur gewohnten Stunde ein, und der Zug nach Bamberg ging ebenfalls zur festgesetzten Zeit ab….“

    Hallo Tim,

    dass die Zuhilfenahme einer anderen Privatperson für die Postbeförderung illegal war, ist unstrittig und von mir auch nicht angezweifelt worden. Nur die Bezeichnung "Schmuggelbrief" erscheint mir in dem Kontext etwas vollmundig; man gewinnt da leicht den Eindruck, dass die Kriegsverhältnisse den Absender zum Schmuggel durch feindliche Linien zwangen. Dass es eben nicht so war, sondern dass diese (illegale) Art der Postbeförderung auch vor und nach dem Krieg immer wieder genutzt wurde, war meine Aussage.

    Die damaligen Tageszeitungen berichteten über die Ereignisse in kurzen Texten und übernahmen oft Meldungen von anderen Zeitungen. Offizielle Meldungen (z.B. der Post und Verbindungs-Unterbrechungen) finden sich nicht so häufig. So bleibt leider vieles bei Vermutungen und Annahmen, aber das Briefe geschmuggelt wurden - ich weiß nicht?

    Hallo,

    die Bezeichnung "Schmuggelbrief" suggeriert vielleicht eine etwas abenteuerliche und höchst verwegene Beförderung. In diesem Fall handelt es sich um einen "Güte"-Brief, der - in der Regel zwecks Portoersparnis - von einem Reisenden in die Nähe der Destination mitgenommen wurde. Das gab es damals häufig, und man hätte bei passender Gelegenheit vor und nach dem Krieg genauso verfahren, um 6 Kr. zu sparen.

    Hallo,

    diesen jüngst von bayern klassisch erworbenen Brief aus Offenbach nach Riedenburg, der die schwierige Situation Ende Juli 1866, was die Verkehrsverbindungen und daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Postbeförderung betrifft, möchte ich hier vorstellen.

    Geschäftsbrief vom 24.7.1866 aus Offenbach an das Handelshaus Romanino im bayerischen Riedenburg (29.7.1866)
    Der Brief mit Anmahnung einer Guthabens-Auszahlung wurde am 24.7.66 im hessischen Offenbach geschrieben, als kurz nach dem Einzug der Preußen in Frankfurt am 16.7.1866 keinerlei Eisenbahnverbindungen von Offenbach und Frankfurt nach Süden mehr offen waren. Der Standardweg über Frankfurt und Würzburg per Eisenbahn war nach der Niederlage der Bayern bei Kissingen und Hammelburg (10.7.66) durch Unterbruch der Eisenbahn seit dem 11.7. ausgefallen; ebenso war die Verbindung von Frankfurt nach Darmstadt nach dem 17.7. sistiert; Darmstadt wurde am 18.7. besetzt. Nach dem Abzug des VIII. Bundeskorps aus Frankfurt am 15.7. und der Verfolgung durch die Preußen kam es zwischen dem 24. und 28.7.66 zu mehreren Gefechten im Raum Tauberbischofsheim/Würzburg.

    Daher blieben dem Absender nur entweder Abwarten und Hoffen auf bessere Zeiten (mit Wiederaufnahme der etablierten Verbindungen), oder aber Überantwortung des – offensichtlich wichtigen - Briefes an einen Reisenden nach Bayern, um den Brief dort in sicherem Gebiet aufzugeben. So hat man hier auch verfahren; der Brief wurde in den nächsten Tagen persönlich nach Nürnberg gebracht und dort am 28.7.1866 mit 3 Kr. frankiert innerbayerisch aufgegeben und einen Tag später zugestellt.

    Aufgrund der Portoersparnis von 6 Kr. gegenüber einem regulären Postvereinsbrief von Offenbach nach Riedenburg für 9 Kr. hätte man bei entsprechender Mitnahme-Gelegenheit in Friedenszeiten wohl genauso verfahren, weshalb die gezeigte Beförderung nicht ausschließlich kriegsbedingt ist. Jedoch hatte es in diesen letzten Juli-Tagen keine gangbare Beförderungsalternative gegeben.


    Herrn Ant. Romanino

    Riedenburg a/d Altmühl (baier. Oberpfalz) Offenbach, d. 24.Juli 1866

    Ich nehme Bezug an mein Ergebenes vom 28. v.M. womit ich Sie an die Berichtigung meines Guthabens vom 29. März von f. 38. 22x schon seit 29. Mai verfallen, erinnerte.

    Da ich bis heute ohne Ihre Anschaffung geblieben bin, so erlaube ich mir Sie wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß ich ein längeres Ziel als zwei Monate nicht zu gestatten vermag, und sehe daher der ungesäumten Regulierung meines fälligen Guthabens entgegen.

    Ergebenst zeichnet

    C. Naumann

    Guten Tag Wilfried,

    hast Du eine Aufstellung aller Einheiten des II. Reserve Armeecorps ? Ich habe nur eine - nicht gerade so präzise - englische Version gefunden. Das Corps war ganz schön bunt zusammengewürfelt. Es unterstand ja dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und sein Generalarzt Dr. Stoerzel war schon seit 1843 Militärarzt. Aber selbst den findet man nicht in der preuss. Offiziersrangliste 1866. Hinzu kommt, dass die mecklenburgische Brigade von 1866 erst mit den zum 1. Oktober 1867 gebildeten Mecklenburgischen Grenadier-Regiment No. 89 und dem Mecklenburgischen Füsilier-Regiment No. 90 in der preuss. Offiziersrangliste auftaucht. Einen Stabsarzt Dr. Behm finde ich in der Offiziersrangliste 1868 beim Reserve-Landwehr-Bataillon No. 34 Stettin:

    https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10594906?page=560,561

    Das gehörte aber nicht mehr zum Militär des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin und findet sich auch nicht in der Liste des II. Reserve-Armeecorps 1866...nicht einfach, aber sauberer Beleg zum Ausgang des Konflikts wohl aus dem Nürnberger Raum.

    Schönen Gruß

    Hallo Tim,

    jetzt erste gesehen - vielen Dank für deine Ausführungen!

    Ja, ich habe die Originalausgabe des Generalstabswekes von 1866, mit allen Ordres de bataille und Truppengliederungen, inkl. II. Preuß. ResAC.

    Ich würde den Dr. Behm (Behn) nicht unbedingt den Mecklenburgern zuordnen; er könnte zur preuß. Division Horn gehört haben, wofür der Einkreis-Stempel der FPE (die ab der zweiten Augusthälfte eher im Raum Bayreuth anzusiedeln ist) ein Indiz wäre, da die Mehrzahl der preußischen Truppen dort stationiert war. Ist aber natürlich kein Beweis.

    Den Hinweis auf Dr Behm als Angehörigen eines preuß. Reserve-Landwehr-Bataillons finde ich interessant, da viele Einheiten der preuß. Division im II. ResAC aus Reservisten und Landwehrmännern bestanden, und dies noch mehr für Ärzte galt, die als Reservisten oder sogar Zivilärzte Dienst taten. Dass das genannte Landwehr-Bataillon nicht 1866 in Franken zum Einsatz kam, bedeutet keinesfalls, dass der Dr. Behm nicht der gesuchte sein könnte...

    Hallo,

    hier ein weiteres ungetrenntes Postscheinpaar vom 4.8.66, einmal für eine Geldsendung von 131 fl. an das 2. Infanterie-Regiment, und dann für 36 fl. 39 Kr. an das 8. IR. Die württembergische Division befand sich zu diesem Zeitpunkt - nach Abschluss des allgemeinen Waffenstillstands - in der Gegend von Rothenburg o.d. Tauber auf dem Heimweg.

    Ein anderes zusammenhängendes Postscheinpaar hatte ich unter post #1137 vorgestellt, und im Nachgang wurde dort das deutlich häufigere Vorkommen württembergischer Postscheine, die über die Feldpost liefen, diskutiert. In der Zwischenzeit habe ich mehrere solcher Scheine gesehen und auch erwerben können. Dieses jüngste Paar macht es noch plausibler, dass (nur!) bei der württemb. Feldpost von der zivilen Post eingehende Wertsendungen mittels Ausstellung eines neuen Postscheins "umgeschrieben" wurden. Von keiner anderen Postverwaltung ist mir ein derartiges Procedere bekannt.

    Hallo Hermann,

    tolles Dokument!! Zwei Tage vorher, am 4.7.66, hatte es noch Gefechte zwischen bayerischen und preußischen Truppen in der Rhön (Dermbach, Wiesenthal, Roßdorf) gegeben, worauf sich die Bayern danach nach Süden zurückzogen, wo es am 10.7. in Kissingen und Hammelburg zu weit schwereren Kämpfen kommen sollte. Am selben Tag (6.7.) besetzten die Preußen dann auch Fulda.

    Wenn Du diese Depesche nicht mehr brauchen solltest, würde ich sie sehr gerne erwerben :)

    Hallo,

    dieser Geschäftsbrief von Hamburg (8.7.1866) nach Bayreuth (Ankunft 11.7.66) ist gleich aus drei Gründen besonders.

    Zum ersten handelt es sich um einen Postwechselbrief, der zunächst im Briefkasten der Hamburger Stadtpost gelandet ist (rückseitiger blauer Stempel des Briefträgers), und dann zum für den Postversand nach Bayern zuständigen Thurn und Taxis-Postamt in Hamburg gebracht und dort vorderseitig gestempelt wurde. Zweitens erfolgte die Frankatur von 3 Silbergroschen (Postverein über 20 Meilen) mit einem Ausschnitt aus einem TuT-Ganzsachenumschlag.

    Und drittens - und dies für mich natürlich ausschlaggebend - wurde der Brief mitten in der heißen Phase des 66er Krieges verschickt, wobei die Standardleitwege nach Süddeutschland über Hannover-Kassel-Eisenach bzw. Magdeburg-Leipzig-Hof Anfang Juli nicht zur Verfügung standen, weshalb der Weg über Köln-Bingerbrück-Neunkirchen-Ludwigshafen-Stuttgart-Nürnberg gewählt werden musste, was die dreitägige Beförderungsdauer erklärt (gut ersichtlich aus dem Empfängervermerk, der den Brief offensichtlich am 12.7.66 beantwortet hat).

    Hallo,

    mir sind einige Briefe aus dem 66er Krieg bekannt, die als Feldpostbriefe bei einer zivilen PE eingeliefert und anstandslos befördert wurden. Und dies sogar ohne Truppenstempel!

    Exemplarisch verweise ich da auf den in post #1018 gezeigten Brief vom 11.8.66 von Kolmberg nach Remlingen. Sogar Briefe von Verbündeten wurden als FP-Brief - ohne Truppenstempel - von zivilen Posteinrichtungen abgefertigt, wie der Brief eines württemberg. Soldaten, aufgegeben bei der PA Randesacker am 29.7.66 (s. post #69), zeigt.

    In der Verordnung No. 21,967 vom 21.6.66 heißt es "Die von Militärs und Militärbeamten nach Bayern abgehenden Briefe etc. können vorerst bei jeder bayerischen Postanstalt aufgegeben werden...".

    Eine Beschränkung der Annahme von Feldpostbriefen auf Feldpostexpeditionen hat also sicher nicht stattgefunden. Hier ist die Formulierung im von Luitpold zitierten Passus aus der VO No. 23,083 vom 30.6.66 etwas missverständlich.

    Wohl hätte man Briefe von Gemeinen ohne Truppenstempel den Vorschriften entsprechend zurückweisen müssen, aber das war bei der Masse der anfallenden Post und den Umständen in diesen Tagen weder opportun noch möglich. Ich glaube, dass die persönliche Aufgabe eines Briefes durch einen Uniformierten - entweder Schreiber selbst oder Ordonnanz mit der gesammelten Post der Einheit - als Legitimation für die portofreie Beförderung per Feldpost ausgereicht hat; und falls aus der "boite" - da sollte der Brief zum Nachweis der portobefreiten Militärpost dann wirklich einen Truppenstempel getragen haben.

    Die Verkehrslage in Würzburg hat m.E. nach Ende der Kampfhandlungen keine Rolle gespielt, was Aufgabe und Abfertigung von Briefpost betraf. Schörgs Brief aus Würzburg vom 29.7. ist ja fast identisch mit dem aus Augsburg vom 4.9.66. Dort hat es nie Kampfhandlungen, lokales Chaos oder andere direkte Kriegsauswirkungen gegeben.

    Warum Schörg seine beiden Brief ohne Truppenstempel frankiert aufgab oder aufgeben ließ, bleibt. offen. Ich glaube aber, dass es individuelle Gründe (Unkenntnis der FP-Vorschriften oder Aushändigung an eine Zivilperson zwecks Auflieferung) waren.

    Hallo Luitpold,

    Schörgs 2. IR hielt sich wenigstens 3 Tage in/um Würzburg auf, erst am 31.7. war mit der 1. ID Abzug. Kampfhandlungen hatten in diesen Tagen keine mehr stattgefunden, damit war am 27.7. Schluss.

    Und natürlich durften auch einfache Soldaten -regelkonform und dienstplanmäßig - in die Stadt; die Truppe war ja kein Gefangenenlager.

    Lieber Ralph,

    wie geschrieben - ich glaube eher, dass der Schreiber davon ausgegangen ist, dass nur die Einlieferung bei der FPE Portofreiheit gewährte. Eine zweitklassige oder "schlechtere" Behandlung von Feldpostbriefen kenne ich nicht, die wurden an den Sammelstellen ja auch der zivilen Post (Eisenbahn) zur Weiterbeförderung übergeben.

    Eine Aufgabe eines Feldpostbriefs bei einer zivilen Posteinrichtung (Würzburg oder Augsburg) wäre ja auch portofrei gewesen, da hätte er keine Marke gebraucht.