K.B. Fahr-Post-Expedition Weissenburg a.d.L. = Wissembourg in Frankreich (Franco-Zettel mit Paketnummernzettel)

  • Hallo Sammlerfreunde,


    dieser Tage ist mir ein interessanter Beleg in die Hände gefallen: Ein Franco-Zettel aus Weissenburg a.d.L. mit Absenderangabe der dortigen K.B. Fahr-Post-Expedition. Auf dem Franco-Zettel befindet sich ein Paketnummernzettel mit Inschrift Weißnbrg a.L. der 2. Ausgabe mit kleiner Taxquadratnummer -Verwendungszeit ab ca. 1860 bis 1868-.


    Weissenburg a.d.L.?????


    Moment, Weissenburg an der Lauter, das liegt doch in Frankreich. Die Franzosen schreiben es Wissembourg.


    Am 25.11.1856 wurde in Weissenburg eine bayerische Fahrpostexpedition auf französischem Territorium eröffnet. Über diese sollte Fahrpostverkehr mit Frankreich abgewickelt werden. Der Postvereinsvertrag von 1858 sah dann unter anderem vor, den Fahrpostverkehr in das Postvereinsausland über sog. Taxgrenzpunkte abzuwickeln. Bis zu diesen Taxgrenzpunkten wurden die Gebührensätze des Postvereins angewandt, von dort dann die der ausländischen Postverwaltungen. Gleiches galt auch in umgekehrter Richtung. Weissenburg war zu dieser Zeit die einzige bayerische Postanstalt im Ausland, die diese Funktion erfüllte und lag im Taxquadrat 685. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurde die bayerische Fahrpostexpedition Weissenburg, dann gelegen im Reichsland Elsaß-Lothringen, eine preußische Postexpedition.


    Bayerische Poststempel sind von Weissenburg nicht bekannt. Umso mehr war ich erstaunt, als ich jetzt den Paketnummernzettel sah.


    Kommen wir nochmals zum Franco-Zettel. Es handelt sich um ein unverschlossenes Briefkuvert ohne Inhalt adressiert an die Fahrpost-Expedition Frankenthal und wieder umadressiert an das Bürgermeisteramt Lambsheim. Leider ist kein Datum vermerkt, so dass ich versuche eine Brücke zu bilden. Die Paketnummernzettel mit kleiner Taxquadratnummer wurden ab ca. 1860 in Verkehr gebracht. Der Franco-Zettel wurde zunächst nach Frankenthal adressiert, so nehme ich an, er fällt in die Zeit bevor in Lambsheim am 1.4.1864 eine Post- und Fahrpostexpedition eröffnet wurde.


    Was den Zweck des Franco-Zettels betrifft kann ich allerdings nur spekulieren. Die Verwendung würde meiner Meinung nach nur Sinn machen, wenn es sich um einen Fahrpostgegenstand gehandelt hat, der über den Taxgrenzpunkt Weissenburg in das Ausland (wohl Frankreich) verschickt wurde. Franco-Zettel wurden in der Regel verwendet, wenn die Auslandsgebühren nicht genau bekannt waren, der Absender seinen Fahrpostgegenstand aber Franco verschicken wollte. Der Franco-Zettel ging dann an den Absender zurück, der dann die fällige Gesamttaxe zahlen musste.
    In Kombination mit einem Paketnummernzettel habe ich Franco-Zettel allerdings noch nicht gesehen.


    Gerne lese ich hier aber auch andere Interpretationen.


    Gruß
    bayernjäger



    PS: Literatur zu diesem Thema findet sich bei „Taxquadrat und Gebührenfeld“ von Werner Münzberg und in der Bibel der Pfälzer Postgeschichte dem „Englram“ (einen Auszug stellte mir HOS zur Verfügung, vielen Dank dafür)

  • Hallo Bayernjäger


    erstmal Glückwunsch zu diesem Beleg.


    Wie sich die Taxe von 2 Gulden 18 Kreuzer zusammensetzt, kann ich sicherlich nicht ermitteln, da hierzu alle wichtigen Angaben fehlen. Die Entfernung ist gerade mal 59 km. Die Mindestfahrposttaxe ab 1858 war 7 Kreuzer rheinisch.


    Sicher bin ich mir dass er von Weissenburg nach Lambsheim laufen sollte. Zu Frankenthal hast Du das wesentliche gesagt, wird also das übergeordnete Postamt sein.


    Dieser Frankozettel ist sicherlich dem Begleitbrief beigelegt wurden und möglicherweise ist dadurch der Paketzettel "unabsichtlich" auf diesen Franco-Zettel gekommen, anstatt auf dem Begleitbrief.


    Wie Du schon schriebst, hatte man vielleicht nicht die Zeit oder die Unterlagen zur Taxierung gehabt und holte sich so die Summe des Francos ein.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

    Einmal editiert, zuletzt von Magdeburger ()

  • Hallo bayernjäger,


    als Pfälzer suche ich so einen Beleg (oder irgend einen anderen) seit über 30 Jahren, habe aber zuvor noch nie einen gesehen. Das Stück dürfte m. M. nach einmalig sein und dann noch ein Francozettel ... da fehlen einem die Worte. :P:P:P


    Diese Fahrpostexpedition saß in dem französischen Postamt und nahm nur Sendungen von Frankreich nach Deutschland an. Die genauen Daten gebe ich später bekannt - jedenfalls war sie nicht sehr erfolgreich, denn das OPA Speyer musste regelmässig melden, dass die Einahmen die Ausgaben nicht deckten, so dass sie nach wenigen Jahren geschlossen werden musste. Wann genau, werde ich noch eruieren.


    Als im August 1870 die deutschen (bayerischen) Truppen Wissembourg einnahmen, war jedenfalls kein bayerisches Stempelwerkzeug mehr dort vorhanden, so dass man auf die französischen Stempel zurück greifen musste.


    Wie hier schon richtig gesagt wurde, lag einer Sendung (Wert, Paket oder was auch immer) dieser Francozettel bei, weil der franz. Absender zwar zahlen wollte, aber nicht konnte bzw. wußte, was seine Sendung einmal kosten würde. Die Weiterleitung von der Fahrpostexpedition Frankenthal nach Lambsheim deutet auch für mich darauf hin, dass der Empfänger in Lambsheim ansässig war und dort die Quittierung über die richtig angefallene Gebührenhöhe bestätigt wurde, ehe der Zettel wieder nach Wissembourg zurück lief.


    Phantastischer Beleg, leider ohne Inhalt, aber zur Datierung versuche ich noch eine Einschränkung zu erreichen.


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber HOS,


    ein Traumbrief - Glückwunsch zu dieser Rosine! :P:P


    Ist die Entwertung von Schaidt gesichert?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber HOS,


    ich hatte mich auch schon gewundert, dass man ihn von Wissembourg nach Schaidt, also etwa 13 km Fußweg, getragen hätte. Aber bei deinen unglaublichen Briefen zwischen der Pfalz und Frankreich hätte mich das auch nicht mehr gewundert.


    Danke für die kleine Korrektur und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Sammlerfreunde,


    vor einigen Wochen wurde nachfolgende Begleitadresse über ein Auktionshaus verkauft.
    Ausruf 35 Euro, Zuschlag 250 Euro, und das für eine Begleitadresse, da war ich platt.
    Das Auktionshaus hat leider nur die die linke Hälfte der Begleitadresse abgebildet.


    Die Begleitadresse stammt aus Weißenburg an der Lauter und trägt einen Nummernzettel der Fahrpost.
    Dieser Zettel weicht jedoch in der Schreibweise von dem in post 1 gezeigten Zettel ab.
    post 1: Weißnbrg a. L.
    hier: Weißnbg. a. L.


    Jetzt gibt es Belege mit diesen Zetteln schon so gut wie gar nicht und jetzt existieren zwei verschiedene Ausführungen.
    Was könnte der Grund dafür gewesen sein?


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,


    die Zettel wurden in Bogen gedruckt. Das heißt, man braucht für jedes Bogenfeld (großer Paketzettel, kleiner Abstoßzettel für die Begleitadresse) einen Text. Nehmen wir an, dass 50 Kombinationen großer/kleiner Zettel auf einen Foliobogen passen (nur mal so ins Unreine gesprochen), dann brauchst du 50-mal Text nur schon für die kleinen Zettel.
    Da kann es dann schon mal passieren (wie bei Aufdruckplatten für Briefmarken in Notzeiten), dass sich irgendwo beim Handsatz eine Abweichung einschleicht. Fällt in der Gesamtheit nicht weiter auf und schränkt den Gebrauchswert nicht ein.


    Es könnte auch sein, dass man den Text nur einige Male gesetzt, für die spätere Platzierung in einer Bogenzeile ausgerichtet und dann über Gipsmatrizen Bleiabgüsse der Gruppe gemacht hat, um sich die mühselige und monotone Arbeit des Handsatzes zu ersparen. Dann käme die Abweichung sogar mehrmals im Bogen vor. Sehr einleuchtend wird dieses Prinzip in dem Aufsatz von Kurt Karl Doberer über die ersten bayerischen Portomarken im Archiv für Postgeschichte in Bayern erklärt.


    Alternativ hat man wirklich alle Einzeltexte von Hand gesetzt, die dann nach dem Druck der Auflage wieder aufgelöst wurden. Dann wären sogar noch weitere textliche Abweichungen innerhalb eines Bogens denkbar.


    Als sogenannten Stehsatz hat man zur Arbeitserleichterung vermutlich nur die immer wieder gebrauchten Formen für den Rotdruck mit den aufeinander folgenden Zettelnummern aufbewahrt.


    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!