Der besondere Brief - Das besondere Poststück

  • Hallo Pälzer,


    vielen Dank für die Aufklärung - tut bei mir immer Not, wenn ich so von einem Brief hingerissen bin. :)


    Von der Pfalz kenne ich solche Briefe gar nicht - da wusste man halt noch, dass "dä Parrä mid dä Paiff in die Kärsch gehd und aach wu des war". :D

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • nicht im Oberlehrermodus daherkommend gemeint, aber da jetzt schon mehrfach Seybottenreuth verfasst wurde: Es heißt Seybothenreuth..

    Hallo Pälzer,
    Oberlehrer meldet sich zu Wort: man hat damals durchaus auch von "Seybottenreuth" gesprochen. In T. Fontane's "Der deutsche Krieg von 1866" wird sogar durchgängig "Seubottenreuth" verwendet. Viele (Laut-)Schreibweisen für einen kleinen Ort...

    Beste Grüsse vom
    µkern


  • Aber wenn man der Pfarre in Weißenstadt etwas mitzuteilen gehabt hätte, hätte man doch wohl kaum "Birk" notiert ...


    Lieber bayern klassisch,
    man hat Birk adressiert, ja, aber das war verkehrt. Das muss aus dem Inhalt hervorgegangen sein.


    Aber man findet in den Ortsbeschreibungen zu Birk (1867) gehörte zum Ort "Franken": Birk, pr. Pf. Weißenstadt, 172 Einw., 41 Geb., Schule (also keine Kirche?!).
    Deshalb vermute ich, dass der Absender (dem Siegel nach eine höere Stelle - 2 Wappen) inhaltlich etwas zu Birks protestantische Gemeinde mitteilte und davon ausging das nach Birk zu adressieren. Auf dem Umschlag ist Weißenstadt mit Blaustift unterstrichen (könnte also auch die neue Anschrift sein - Postler strichen nicht immer alles aus, sie kannten sich ja aus und wußten wem der Brief zu geben war).
    Ohne den inliegenden Brief werden wir nicht weiterkommen aber der Umschlag zeigt (zumindest für mich) vor allem die nicht so häufige postamtliche Siegelung (zum Glück für mich nicht vom Oberpostamt Wü) :)


    Da es aber DEIN BRIEF ist kannst du damit machen was du für richtig hälst (geht mich gar nie nichts an ;) ). Mich reizt es einfach zu sehen, was man aus dem WWW so herausfiltern kann.
    In diesem Sinne ein schönes Wochenende


    Luitpold
    PS Auch ich bin kein Oberlehrer (aber gern Lernender) und deshalb sind mir Schreibfehler gestattet :thumbup:

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,


    möglich wäre es, dass der Herr Pfarrer in Birk gewohnt hat, auch wenn das nur eine dünne Vermutung ist - ich fürchte, wir werden das trotz WWW niemals mehr erfahren, denn der Brief hat leider keinen Inhalt mehr.


    Es ist aber immer wieder schön und sehr lehrreich, wie viele Mosaiksteinchen bei solch einem Brief zusammen kommen, ehe man ihn zumindest grob umfassend beschreiben kann. Dafür sei jedem hier im Forum Dank! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo mk,
    .

    Oberlehrer meldet sich zu Wort: man hat damals durchaus auch von "Seybottenreuth" gesprochen.

    .


    ...hatte ich auch nirgends angezweifelt. Wenn ich (hier) eine Belegbeschreibung mache, dann nehme ich a priori das, was auf dem Stempel steht, nicht das was man mal gesprochen hat.


    + Gruß !
    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • In T. Fontane's "Der deutsche Krieg von 1866" wird sogar durchgängig "Seubottenreuth" verwendet. Viele (Laut-)Schreibweisen für einen kleinen Ort...


    Nur mal so zum Thema 1866 - Der Krieg und seine Folgen (oder so). Dann könnte das Briefchen auch in so eine Sammlung gehören. Denn der Pfarrer von Birk (bei Seybothenreuth):
    "29. Juli (1868 ). Gestern fand bei Seybothenreuth die Einweihung des Denkmals statt, welches zum Andenken an den gleichen Tag des Jahres 1866 und an die bei jenem Rencontre gegen Preußen und Mecklenburger gefallenen Bayern gesetzt worden ist ... Aus dem nahen Dorfe kam ein kleiner Zug, die Schuljugend an der Spitze mit dem Geistlichen, Pfarrer Heinz von dem benachbarten Dorfe Birk ..."
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Hallo Sammlerfreunde,


    heute ist aus London, nach 2 Tagen Postlaufzeit (alle Achtung!!), dieser ungewöhnliche Brief bei mir eingetroffen.
    Er muss nur noch etwas hergerichtet werden, bevor er in die Sammlung wandert.


    Mit einer Länge von 34 cm wohl einer der größten Expressbriefe aus der Quadratkreuzerzeit. Der Brief ist komplett und nicht beschnitten. Die Rückseite ist zudem auch noch vollständig erhalten.


    Frankiert mit 6 Kreuzer für einen Brief der 2. Gewichtsstufe (über 1 - 15 Loth) innerhalb Bayerns ging er am 7.7.1866 von Nördlingen auf die Reise nach Donauwörth. Ankunft ebenfalls am 7.7.1866.


    Der Absender vermerkte "Noch heute den 5. Juli 1866 durch einen Expressen zu bestellen!!"
    Allerdings hat sich der Absender wohl im Datum geirrt, da der Brief erst am Samstag, den 7.7.1866, zur Post gegeben wurde.
    Bei der Postaufgabe wurde dies bemerkt, das Datum neben dem Expressvermerk mit einem Fragezeichen versehen und "den 7 ten" mit Blaustift vermerkt. Zudem wurde von der Post "Express" hinzugefügt.


    Der Brief wurde gegen Schein aufgegeben und unten mittig bei der Postaufgabe ein violetter Chargé-Stempel angebracht. Eine Reconummer befindet sich nicht auf dem Brief.


    Die Expressgebühr von 9 Kreuzer wurde vom Absender offensichtlich nicht bezahlt, da ein Weiterfrancovermerk fehlt.


    Gruß
    bayernjäger

  • Hallo bayernjäger,


    vermutlich hat der Advokat einen seiner eigenen Scheine vorgelegt und diesen verwendet, keinen Postschein also. Es kam vor, dass sich dann einige Expeditoren weigerten, eine "Nummer" zu ziehen bzw. keine auf den Brief notierten.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bayern klassisch,


    könnte schon möglich sein, dass der Advocat Model bei seinem sicher nicht unerheblichem Postaufkommen eigene Scheine verwendete.
    Hast du einen solchen Schein schon gesehen oder wie muss ich mir den vorstellen?


    Gruß
    bayernjäger

  • ... so einen suche ich seit über 30 Jahren - so lange kenne ich die Vorschrift hierüber - gesehen habe ich keinen, aber es muss davon Tausende gegeben haben - jedes Jahr ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ... in den Anzeige- und VO - Blättern gab es mehrere Hinweise darauf, dass verschiedene Expeditoren sich weigerten, diese Advokaten - Scheine auszufertigen. Die Oberbehörde in München hat sie immer wieder angewiesen, dies zu tun. Damit einher ging natürlich der Verlust von 4, 6 bzw. 7 Kreuzer Umsatz für jeden einzelnen Postschein, weswegen die Expeditoren das nicht gerne machten.


    Eine genaue Fundstelle kann ich aber aus der Hüfte nicht angeben ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    jahrelang gesucht, nun bei Köhler endlich gefunden:


    Brief mit privatem Taxstempel "6" aus Immenstadt vom 18.8.1851 nach Kaufbeuren an Gerhauser.


    Diese privaten Taxstempel machten erst dann Sinn, als die innerbayerischen Regulative so normiert waren, dass 6 und 9 Kreuzer Porti regelmäßig vorkamen, so dass die Anschaffung eines solchen, nicht dienstlich gelieferten Stempel überhaupt Sinn machten.


    Mit dem Regulativ vom 1.7.1849 gab es ja die Vereinfachungen von Gebühren (Porto und Franko 3, 6 oder 12 Kreuzer), so dass eine "6" schon Sinn machte.


    Ab 1.7.1850 gab es Portobriefe für 3 Kreuzer (Ortsbriefe), 6 Kreuzer (bis 12 Meilen) und über 12 Meilen (9 Kreuzer). Da unfreie Ortsbriefe von Immenstadt Raritäten waren, vielen diese nicht ins Gewicht.


    Aber die Masse der Briefe waren Portobriefe zu 6 und 9 Kreuzern, und so konnte man durch drehen des Stempels beide Gebührenstufen bedienen.


    Für meine Minisammlung "1851" ist das ein sehr schönes Stück - danke Köhler!

  • Liebe Freunde,


    wenn man sich durch die Massen der Angebote bei eBay, Delcampe et altera klickt, droht einem oft das Besondere zu entgehen, Wichtiges zu Unwichtigem zu werden und überhaupt der Blick für die zahlreichen Besonderheiten unseres geliebten Sammelgebietes hin und wieder abhanden zu kommen. Doch manchmal hält auch die Genetik des Jägers und Sammlers selbst diesen Angebotsmassen stand, und das geschulte Auge erkennt auf im fremden Jagdterrain von Pixel + Bytes die ein oder andere Beute, auf deren Jagd zu gehen sich allemal lohnt.


    Ein Brief aus Hanau (Thurn und Taxis) nach Dachau (Bayern) vom 10.2.1851 ist sicher nicht, wonach sich die philatelistsiche Weltpresse verzehrt - und doch wurde ich stutzig, denn der Absender war nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, eine Behörde in/bei Hanau, sondern das 1. Infanterie Regiment König - und das sagte mir erst einmal nichts, gar nichts. Dann aber las ich unten links "R.S." für Regierungs - Sache und diese Franchise war nun ganz sicher keine von Hanau bzw. hessischen Landen, sondern eine rein bayerische, die aber im schnell herbeigeführten Schriftvergleich sicher dem Absender zugewiesen werden konnte. Damit war auch klar, dass diese Militäreinheit eine aus Bayern sein musste, denn eine andere kannte diese Abkürzung gar nicht erst - und so war es dann auch.


    Obwohl der Absender nichts von einer gewünschten Recommandation vermerkt hatte, zeigt der Brief einen großen, roten CHARGÉ - Stempel, wobei ich jedoch nicht weiß, ob dies einer von Hanau ist, oder einer von einer bayerischen Poststelle. Das rote Gekrakel vorn deute ich als Relikt einstiger Nota Bene - Vermerke für recommandirte Briefe und da 1851 in Bayern keine rote Tinte verwendet wurde, muss dieses N. B. in Hanau auf den Brief gekommen sein.


    Der Inhalt ist ein Protocoll in Erschafts- und Immobilienangelegenheiten des Soldaten Peter Lang, bei dessen Namen sich weitere Nachforschungen im Internet wohl verbieten.


    Bei wikipedia habe ich folgendes zum Regiment gefunden, was mich aber nicht wirklich weiter bringt:


    https://de.wikipedia.org/wiki/…%80%9EK%C3%B6nig%E2%80%9C


    Ebenda steht unter "Hanau" auch das Folgende:


    "Zur zwangsweisen Durchsetzung der Konterrevolution in Kurhessen wurde Hanau am 1. November 1850 von Bundesinterventionstruppen aus Bayern und Österreich besetzt; diese sogenannten Strafbayern wurden erst im Sommer 1851 wieder abgezogen."


    Unter "Strafbayern" finden wir ebenda auch etwas für unseren Brief:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Strafbayern


    Liest man sich diese Passagen durch, stellt man fest, dass jetzt auf einmal alles passt, da die bayer. Truppen erst im Sommer 1851 aus Hanau/Kurhessen abgezogen wurden und ein Krieg, wie er 1866 folgte, damals um ein Haar vermieden werden konnte.


    Zwar hatte ich rudimentäre Kenntnisse dieser Zeit und der politischen Abläufe, aber solch ein Brief tut dann doch sehr gut, wenn es um das Verstehen der tatsächlichen militärischen und hier auch postalischen Umstände geht.


    Auf einen zweiten werde ich wohl noch lange warten müssen ...

  • Liebe Freunde,


    das Pfarramte Rohr bei Abensberg, ca. 5 km südöstlich von Abensberg gelegen, gab eine Parteisache zum katholischen Pfarramte Hofendorf Post Neufahrn bei Markt Ergoltsbach auf. Die portopflichtige Parteisache war wichtig, also notierte man unten links artik: "Frei gegen Schein". Doch dann scheinen, als es darum ging, 7 Kreuzer zusätzlich zu bezahlen, Zweifel gekommen zu sein, ob man auch wirklich recommandiren müsste und letztlich hat man sich dann dagegen entschieden.


    In Fällen, in denen die Recommandation auf dem Brief korrekt ausgedrückt worden war (gegen Schein, recommandirt, eingeschrieben, Chargé, besonders empfohlen usw.) war dieser Passus vom Absender selbst (niemals von einem Postbediensteten, weil das als eine verbotene Korrektur der Adresse galt) zu streichen. War der Brief aber in der Boite eingeworfen worden, so hatte die Aufgabepost den Vermerk daneben zu setzen: "Wurde kein Schein gelöst". Allein dadurch war jedem kenntlich, dass das Poststück unrecommandirt anzunehmen und auszufertigen war.


    Hier war man aber praktisch - statt den Vermerkt mühsam mit Tinte und/oder Lineal zu streichen, klebte man einfach eine sehr breitrandige Marke über jenen, so dass davon fast nichts mehr zu sehen war und schrieb nur "frei" daneben, was ja reichts.


    Zum Inhalt: Man übersandte die festgesetzte, vierteljährlichen 50 Gulden per Post gegen Quittung. Ich denke aber, dass diese 50 Gulden nicht im Brief selbst lagen, sondern per Postanweisung abgegangen waren und nur hiermit bestätigt werden sollten ...


    Vielen Briefe mit dieser Technik kenne ich allerdings nicht. Ein Zweiter in der Bucht ist wegen eines übergeschnappten Routers leider an mir vorüber gezogen ...

  • ... ja, das war er - ist wegen IT - Problemen nicht bei mir gelandet. Gibst du ihn her?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bayern klassisch,


    den hab ich für meine Hassfurt-Sammlung gekauft.
    Noch ist er in den Fängen der Post.
    Ich muss erstmal lesen, was der Inhalt hergibt.


    Gruß
    bayernjäger

  • Liebe Freunde,


    in Nürnberg war man am 29.10.1825 spät dran für seinen Chargébrief an Herrn Rechtsanwalt Grimmer in Ansbach. Bei Chargébriefen musste man mindestens 1/2 Stunde vor Postabgang erschienen sein und das war hier nicht der Fall, weswegen die Aufgabepost den schnuckeligen Verzögerungsstempel "Nach Abg" abschlug, so dass er wohl erst am 30.10. auf seine Reise gehen konnte.


    Unter der Reco - Nr. 1 (nach einer solchen hatte ich auch lange gesucht) ging er mit schwarzem CHARGÉ - Stempel Richtung Ansbach ab und 4 Kreuzer hatte Nürnberg als zutreffendes Porto notiert.


    Wann er ankam, wissen wir nicht, aber ich vermute dass Ansbach ihn mit rotem CHARGÉ - Stempel in anderer Type nachgestempelt hat, sicherheitshalber.


    Die Überraschung für mich war aber, als ich den Brief öffnete und irgendeinen gerichtlichen Inhalt erwartete, was nicht der Fall war. Statt dessen stellte ich fest, dass es eine Umfaltung war, die als neue Adresse folgendes zeigt:


    An den Kgl. Adv(ocaten) H(errn) Greiner durch H(errn) v(on) ??igsthal zu Ansbach Citissime


    Offenbar hatte jemand den Brief von Ansbach wieder nach Ansbach verschickt, aber einen Adligen als Boten gedungen, der ihn schnellstens auszutragen hatte, ohne die Post zu involvieren. Dergleichen Praxis habe ich noch nicht gesehen und für Kommentare aller Art bin ich offen und dankbar.