Dienstbriefe mit Besonderheiten

  • Ab ging die Dienstpost am ?? 1848 in Auerbach bei Deggendorf nach Pegnitz. Einen Aufgabestempel erhielt er nicht, warum auch immer. In Pegnitz kam der portofreie Dienstbrief an, wurde bearbeitet und schön umadressiert. Die erneute Postaufgabe wurde durch den Fingerhutstempel von Pegnitz am 5.2.1848 dokumentiert und der Ankunftsstempel am 7.2. abgeschlagen.


    Ich habe den thread eben erst für mich entdeckt. Bist Du Dir sicher, dass es sich um das Auerbach bei Deggendorf handelt? Das nächstgelegene Auerbach ist nur 10 km von Pegnitz entfernt, erhielt seine Poststelle erst 1851 und wurde vermutlich vorher von Pegnitz aus versorgt. Meiner Meinung nach müßte bei einem weiter entfernt gelegenen Auerbach eine nähere Ortsbezeichnung vorhanden sein.


    Gruß


    wuerttemberger

  • Hallo wuerttemberger,


    vermutlich hast du Recht - mir hat google.maps das nahe Auerbach bei der Beschreibung leider nicht angezeigt - man soll halt im guten, alten Hass schauen, ehe man loslegt. ;)


    Danke für die Korrektur und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Sicher sehen wir hier noch mehr "langweilige Dienstbriefe", bei denen nicht alles glatt gelaufen ist. :thumbup: Liebe Grüsse von bayern klassisch


    Briefe mit Besonderheiten – das ist das Thema? Besonders schön beschrifteteter Brief, ist das nichts Besonderes? Ist bei diesem Brief „alles glatt gelaufen?“
    Der Absender hat mit großer Sorgfalt den Brief beschriftet und ihn als D.S. – und jetzt die Frage: mit der Brief- oder Fahrpost - befördern lassen?
    Wo liegt denn Würgau – warum kein Poststempel, sondern handschriftlicher Postort-Vermerk?
    Wo liegt Hollfeld und von wann ist der Brief?
    Wenn auf einer Briefmarkenbörse, einem Tauschtag oder anderer Gelegenheit ein solcher Brief „gesichtet“ wird, dann schießen diese Fragen in Sekunden durch den Kopf. Sie münden dann in ein Ergebnis und spätestens beim Umdrehen des Briefes und der Betrachtung der Rückseite sucht man eine Preisnotierung. Jetzt entscheidet man blind, denn die Fragen lassen sich ohne Recherche nicht beantworten. Zumindest ein gutes Gefühl ist es, den vollständigen Faltbrief zu öffnen, innen auf dem bräunlichen Büttenpapier die schöne deutsche Schrift lesen zu können und so eine Datierung auf das Jahr 1811 zu finden. Die Rückseite zeigt leider nur einLacksiegel-Rest.
    Irgendwie ist der Brief - obwohl oftmals angeschaut, keiner detaillierten Betrachtung unterzogen worden - bis heute.


    Recherche-Ergebnisse (bisher):
    Würgau lag damals 4 ½ Poststunden von Hollfeld entfernt. Beide Orte hatten Postexpeditionen und unterstanden dem Oberpostamt Nürnberg. Würgau hatte ca. 185 Einwohner!
    Das Versenden eines Amtsbriefes war 1808 vorgeschrieben mit der Bezeichnung Causum domini.
    In einer Verordnung von 1814 wurde nachdrücklich die Bezeichnung K.D.S. angemahnt!
    In einer Verordnung von 1806 zur Portofreiheit auf den Postwagen wird darauf hingewiesen, dass sich diese nicht auf die Versendung baren Geldes u. d. Effekten erstreckt.
    In einer anderen VO dieser Zeit: Geldsendungen, wenn sie mit der Briefpost befördert werden, wird von der Postanstalt keine Haftung übernommen.


    Wer mithelfen möchte den Brief postalisch zu beschreiben - so lese ich die Angaben:
    Nro. 2 – interne Registriernummer oder Fahrpost-Nr. ?
    Von Würgau (kein Poststempel) – Gewichtsangabe 18 ½ Loth (kein Pfund!)
    mit 18 fl. 6 Kr. ?


    Wer auch an dem Inhalt Interesse hat, den Briefinhalt habe ich noch nicht recherchiert, bin aber dabei. Wie wichtig der Inhalt – neben dem Entstehungsjahr – ist, zeigt, dass der Brief in Burgellern geschrieben wurde. Der kleine Kartenausschnitt soll die damalige geographische Lage zeigen (ca. bei Bamberg).


    Die Grußformel des Schreibers Josef S. (Lehrer), ist einfach schön – oder?
    … vollkommenster Hochachtung verharre …gehorsamer Diener


    Luitpold

  • Lieber Luitpold,


    ein hübsches Briefchen. :P


    Mit Geld beschwert war es ein Fahrpostbrief, wofür die Manualnummer spricht und dass bei Fahrpoststücken oft in der frühen Zeit wie hier kein Aufgabestempel benutzt wurde.


    Wie man an den Siegelresten sehen kann, hing ihm ein Päckchen mit Bargeld an. Briefe über 4 bis 32 Loth waren nicht mit der Briefpost zu versenden, sondern mit der Fahrpost, von schweren Dienstbriefen abgesehen.


    Der Terminus D.S. für Dienst - Sache war in den 1810er Jahren geläufig und man hat ihn hier wohl anerkannt, um die Portofreiheit zu gewähren.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Der Terminus D.S. für Dienst - Sache war in den 1810er Jahren geläufig und man hat ihn hier wohl anerkannt, um die Portofreiheit zu gewähren. bayern klassisch



    Lieber bayern klassisch,


    die Postverordnung sagt aber: In einer Verordnung von 1806 zur Portofreiheit auf den Postwagen wird darauf hingewiesen, dass sich diese nicht auf die Versendung baren Geldes u. d. Effekten erstreckt.
    Und auch die Angabe D.S. war gegen die Vorschrift.
    Doch da von einem Expeditor zum nächsten der Brief geschickt wurde, hatte keine Aufsicht (z.B. Oberpostamt) diesen Brief je gesehen. Auch könnte es zu einer Beförderung mit der Reitpost gekommen sein. Denn zumindest Aktensendungen bis 1 Pfund waren erlaubt (in Kulanz sogar noch mehr) Wissen wir's? - Beweisen kann es niemand!
    Zudem warum kam denn der Brief nach Würgau und nicht nach Schlessnitz (war doch auch eine Postexpedition) private Aufgabe bzw. Beförderung).


    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,


    wäre der Brief mit der Briefpost befördert worden, hätte er keine Manualnummer. ;)


    Bis 1 Pfund Dienst - Briefpost war ja korrekt, aber das beinhaltete eben keine Valorensendungen wie hier. Was hätte man wohl gesagt, wenn die Sendung verloren gegangen wäre und man hätte keinen Schein gezogen, um den Versand nachweisen zu können?


    Bei der Briefpost gab es auch keine vorderseitigen Siegelungen (von Muster - Versendungen abgesehen) - ich glaube, dass wir hier die Briefpost 100% streichen können.


    Nicht jede Expedition war für Brief- und Fahrpostgegenstände vorgesehen, es waren ja zwei Dienste. Wenn man D.S. akzeptierte, dann hat der Expeditor der Abgabepost auch nichts mehr dagegen unternommen. Die Anzahl der Contraventionen der VMZ dürfte die der Markenzeit noch eher übertreffen. Aber es ist ja immer schön, so etwas zeigen zu können.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Nicht jede Expedition war für Brief- und Fahrpostgegenstände vorgesehen, es waren ja zwei Dienste. Wenn man D.S. akzeptierte, dann hat der Expeditor der Abgabepost auch nichts mehr dagegen unternommen. Die Anzahl der Contraventionen der VMZ dürfte die der Markenzeit noch eher übertreffen. Aber es ist ja immer schön, so etwas zeigen zu können. bayern klassisch



    Lieber bayern klassisch,


    zunächst nochmal Danke für deine geduldvollen Antworten. Ich hoffe noch auf andere Spezialisten, die noch zu diesen interessanten Brief etwas sagen.


    Den Kartenausschnitt habe ich absichtlich dazugestellt. Denn der Brief wurde in einer politisch hektischen Zeit geschrieben. So findet sich Bayern (Nordbayern) noch nicht komplett in Wittelsbacher Hand, da Napoleon noch das Sagen hatte (siehe Würzburg, Ansbach, Baireuth).


    Die Herren Postexpeditoren könnten gewesen sein (1812): Gottfried Hoffmann in Würgau und Fr. Sponsel in Hollfeld - und jetzt kommts - zugehörig dem Oberpostamt Baireuth *!
    Beide Postexpeditionen wurden als Posthalterei bezeichnet und die Orte lagen auf der Route Bamberg - Baireuth (wie man es damals schrieb).


    Warum ich überhaupt diesen Brief zeigte ist, dass wir anhand dieser Schreiben uns in das 19. Jahrhundert zurückversetzen können und das ohne großen Aufwand, am Schreibtisch, jetzt im wann wir mögen. Wer konnte früher ohne großen Aufwand historische "Forschung" betreiben?


    Beste Grüße
    Luitpold


    *
    1810 entstand das Oberpostamt in Bayreuth und wurde bereits im Jahre 1814 wieder aufgelöst.

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,


    sehr schöner Fahrpostbrief vom kleinen Ort Würgau, von dem man wenig Belege findet.


    Habe folgendes herausgesucht:
    Feuser Katalog – Deutsche Vorphilatrlie:
    Hollfeld und Würgau ab 1802 zu Bayern. (sie gehörten nie zum Fürstentum Bayreuth).
    Hollfeld PE ab 1.10.1811 aufgehoben und nach Thurnau verlegt. Am 1.7.1816 wiedereröffnet.
    Würgau PE ab 12.7.1847 aufgehoben.
    Die Postexpeditionen Würgau und Hollfeld lagen an der Poststraße Bamberg – Bayreuth.
    Schesslitz bekam erst ab 1.4.1840 eine Postexpedition.


    Postscheinhandbuch von Bayern Max Joel:
    Hollfeld ab 1791 Posthalter Georg Franz Sponsel
    ab 1816 Expeditor Johann Prechtel
    von Würgau ist kein Postschein abgebildet und auch nichts vermerkt.


    Werde mal bei Gelegenheit im Archiv für Postgeschichte in Bayern nachlesen, ob ich etwas finde.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hollfeld und Würgau ab 1802 zu Bayern. (sie gehörten nie zum Fürstentum Bayreuth).
    Schesslitz bekam erst ab 1.4.1840 eine Postexpedition.VorphilaBayern



    Lieber VorphilaBayern,


    vielen Dank für deine Ausführungen und Arbeit, die Daten herauszuschreiben.


    Was ich mit dem Oberpostamt Bayreuth meinte ist, dass dieses Oberpostamt nur ein paar Jahre bestand und Würgau und Hollfeld dann bei der Neugliederung der bayerischen Post dem Oberpostamt Nürnberg unterstanden. Aber hier bewege ich mich auf fremden (Sammel-) Gebiet.


    Warum nur bekam Scheßlitz (immerhin eine Stadt mit ca. 1.000 Einwohnern und einem Rentamt) so spät eine Postexpedition? Damit wäre aber immerhin erklärt, warum die Postaufgabe in Würgau erfolgte.
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    Hier noch zum Fürstentum Bayreut (aus 1794!):
    Am Schlusse meiner Briefe muss ich Ihnen auch einen Begriff von dem Postwesen im Lande geben. . ,. .
    Im Fürstenthum Bayreuth sind zwölf Thurn- und Taxische Posten, und in Hof ein Chursächsisches Grenzpostamt. Ob diese nicht gegen preußische Posten vertauscht werden, das steht zu erwarten.
    Diese Postämter befinden sich zu Hof, Münchberg, Bernek, Bayreuth, Truppach, Streitbach, Erlang, Emskirchen, Creußen, Culmbach, Weisenstadt und Thiersheim.
    Man wird auf diesen Postämtern gut bedienet, doch aber sind sie nicht unverbesserlich. Selbst hier erhalte ich meine Briefe immer schon, wenn die Post, mit der ich wieder antworten könnte, abgegangen ist. Die Zeitungen werden von den Postämtern ebenfalls ausgegeben und das geschieht immer erst, wenn die Briefe expediert sind, worüber unser brave R. für Ungeduld gewiß das Podagra bekäme.


    Das Postfuhrwesen steht auf einen weit bessern Fuß als in Sachsen und die guten Wege erleichtern es sehr.
    Marggraf Alexander ließ den Chauseebau im Lande sehr verbessern und unerachtet das Materiale bei der Hand liegt; so kostet er doch seit 1762 mehr als 150000. Fl.
    Verdammt sei aber der Weg von Streitberg nach Erlang, wo er durch das Bambergische geht. Man reist diese Straße nicht nur äußerst unbequem, sondern sogar lebensgefährlich.
    Ich würde ihrem Könige bei dem sogenannten Rumpelwehr— ein Ort an der Straße unweit Kircherebach, wo schon Menschen mit Chaisen und Pferden gleichsam verschwanden — eine Ehrensäule veranstalten, wenn er den Bischoffen vom Bamberg, in dessen Gebiet der Platz ist, dazu vermöget, hier den Weg weniger gefährlich machen zu lassen.
    Es gibt übrigens in Bayreuth noch einige Fuhrleute, die unter dem Hofmarschallamte stehen und Landkurscher genannt werden. Diese Fahren mit Fracht-Wägen und Chaisen wöchentlich einmal nach Erlang, Nürnberg, Wunsiedel und Hof, es geht aber so langsam, dass man füglich dabei schlafen kann.
    Ich werde mich freuen, wenn Sie zwischen, meinen Briefen und diesen Kutschen keine Ähnlichkeit finden, und empfehle mich Ihrer Freundschaft.


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    Beste Grüße
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber VorphilaBayern,


    wie immer ein Schmankerl von dir - klasse!


    So etwas tolles kann ich heute nicht zeigen, aber eine kleine Besonderheit zeigt auch dieser Brief.


    Er wurde vom Bürgermeisteramt Dürkheim, "k. Baier. Pfalz", heute: Bad Dürkheim abgesandt am 4.6.1844 in das württembergische Mergentheim.


    Die Siegelseite ist blank, bis auf den Verschluss durch das Dienstsiegel der Absenderbehörde. Jene notierte auch korrekt R.S. für Regierungssache, aber sie hatte keine Expeditionsnummer vergeben, was die Vorschrift war. Der Grund ist einfach: Im Brief selbst teilt man nur dem katholischen Pfarramt mit, dass eine Landestochter einen Pfälzer in Dürkheim geehelicht hatte. Man wollte also keinen großen Schrift-verkehr, sondern einfach eine Meldung pflichtbewusst weiter geben in der Hoffnung, dass dieses Schreiben dort abgelegt wird.


    Der Versand erfolgte portofrei in allen drei involvierten Ländern Bayern, Baden (kein Transit!) und Württemberg.


    Hätte die Aufgabepost ihren Job richtig gemacht, hätte sie den Brief als reinen Portobrief ablassen müssen, wodurch sein Porto im zweistelligen Bereich anzusiedeln gewesen wäre. Aber darauf hin hätten ihn die Württemberg erst gar nicht angenommen, denn die Schwaben waren schon damals sehr sparsam und das gute Stück wäre wieder zurück gekommen, was viel Arbeit und Korrekturen an den Briefkarten bedeutet hätte. Da war die normative Kraft des Faktischen doch stark genug, ihn zu lassen, wie er war.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    bisher dachte ich, dass Empfangscheine nur in den 1860er Jahren genutzt wurden, um gerichtsverwertbare Zustellungen belegen zu können. Dieses Exemplar beweist das Gegenteil.


    Am 10.1.1847 wurde der Empfangschein von einem Herrn Wenzel gegen gezeichnet. Von Au aus ging es dann nach Würzburg, wo der Schein in der Hinterlassenschaftssache von 22.12.1846 des verlebten Pfarrers Peter Schmitt zu Gauretters dringend benötigt wurde.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Lieber bayern klassisch,


    da waren sich Aufgabe- und Abgabepost einig und stempelten beide rot - herrlich!
    Die frühesten gedruckten Empfangscheine aus dem Einzugsbereich des Kreis- und Stadtgerichts Würzburg, die ich bisher gesehen habe, datieren von 1842.
    Dem vorhandenen Material nach zu schließen war Würzburg entweder ein Vorreiter auf diesem Gebiet oder die Gerichtsarchive wurden nachhaltiger philatelistisch ausgewertet als andernorts.


    Viele Grüße aus Erding!

    Viele Grüße aus Erding!


    Achter Kontich wonen er ook mensen!

  • Lieber Erdinger,


    danke für die Info - hätte ich nicht gedacht.


    Seien wir froh, dass wir Würzburg auswerten dürfen - wenn du mal in Regensburg bist, sag mir bitte Bescheid, damit ich einen Lkw organisiere ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    eine kleine Besonderheit kann ich heute zeigen, und zwar einen Dienstbrief aus Würzburg nach Aub unter Chargé. Der am 10.9.1844 aufgegebene Brief trägt aber keine Reconummer, was ganz unüblich war und ist. Dafür den bereits vorgedruckten Vermerk "dringend", welcher damals Expresscharakter hatte. Warum? Nun ja, die Absenderbehörde war die k. b. Staats- Schulden- Tilgungs- Special - Cassa in Würzburg und mehrere Bankrotte des Staates Bayern hatten ihr übriges getan, daher ging es auch lt. Inhalt um zwei bescheiden "Haft - Scheine" im Wert von 45.600 und 24.700 Gulden. Nur zum Vergleich: Ein Poststallmeister verdiente 500 Gulden damals im Jahr!


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • eine kleine Besonderheit kann ich heute zeigen, und zwar einen Dienstbrief aus Würzburg nach Aub unter Chargé. Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Hallo bayern klassisch,


    wieder ein Brief von wahrscheinlich vielen weiteren Briefen aus bekannter Auber-Aktenausscheidung, wobei hier die Chargé-Nr. zu Deiner Freude einmal fehlt. Die Post-Kartierung erfolgte jedoch mit Chargé-Nr.?


    Ist es auch eine kleine Besonderheit wenn auf einen mit Marke frankierten Brief vom Stadtgericht an einen kgl. Notar der Vermerk PS bzw. frei fehlt (wird auch immer mal wieder vorkommen)?


    Wo ich noch unsicher bin, warum der Brief von einer Behörde an einen königlichen Notar mit Marke frankiert ist.


    Offensichtlich, da es nicht um eine Dienstangelegenheit im Sinne des Staates, sondern um eine Privatangelegenheit eines Ehepaares und deren Kinder (Rücksendung einer Urkunde) geht, hat der Notar die Briefgebühr vorausbezahlt zusammen mit den Gebühren für die Beurkundung. Deshalb konnte dann das Stadtgericht auch nicht als RS (war keine Regierungssache) oder PS ohne Markenfrankatur den Brief zurücksenden.


    Aber warum schickte die Behörde das Schreiben (kein Stempelpapier) nicht einfach als Postvorschuss bzw. Nachnahme, da der Empfänger zahlungsfähig war (königlicher Notar!) und zog so die Briefgebühr (6 Kreuzer) ein? Warum musste der kgl. Notar im Voraus die Briefgebühr bezahlen?
    Vielleicht gibt es belegbarere Antworten, als "war zu aufwendig" oder "war Vorschrift"?


    Besten Dank.
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,


    Zitat

    Wo ich noch unsicher bin, warum der Brief von einer Behörde an einen königlichen Notar mit Marke frankiert ist.


    weil Geld (Depositum) vorhanden war, oder zugesicherter Besitz. Dann hatte man kein Risiko.


    Zitat

    Aber warum schickte die Behörde das Schreiben (kein Stempelpapier) nicht einfach als Postvorschuss bzw. Nachnahme, da der Empfänger zahlungsfähig war (königlicher Notar!) und zog so die Briefgebühr (6 Kreuzer) ein? Warum musste der kgl. Notar im Voraus die Briefgebühr bezahlen?
    Vielleicht gibt es belegbarere Antworten, als "war zu aufwendig" oder "war Vorschrift"?


    Da müsste man vollständige Akteneinsicht haben, um diese Fragen zu beantworten.


    Im übrigen hat man damals gemacht, was gerade opportun war. Die Fälle, wo sich Behörden mit Behörden oder Notaren stritten, sind Legion. Man muss heute nach 130 oder 170 Jahren auch nicht alles zu verstehen versuchen, jedenfalls ich für meinen Teil habe mich davon getrennt zu glauben, alles müsste erklärbar sein.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Brief trägt aber keine Reconummer, was ganz unüblich war und ist. Dafür den bereits vorgedruckten Vermerk "dringend", welcher damals Expresscharakter hatte. Warum? Nun ja, die Absenderbehörde war die k. b. Staats- Schulden- Tilgungs- Special - Cassa in Würzburg und mehrere Bankrotte des Staates Bayern hatten ihr übriges getan, daher ging es auch lt. Inhalt um zwei bescheiden "Haft - Scheine" im Wert von 45.600 und 24.700 Gulden. Nur zum Vergleich: Ein Poststallmeister verdiente 500 Gulden damals im Jahr!


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Hallo bayern klassisch,


    gestern abend habe ich mal nachgesehen und mir liegt ein Reco-Brief der Staatschulden-Tilgungskasse Würzburg vor, wo ebenfalls eine gesonderte Reco-Nr. nicht angegeben ist. Kann nicht die Brief-Nr. als Reco-Nr. gedient haben (also nicht die übliche Akten-Nr., die auf Dienstschreiben üblich war). Wäre schon merkwürdig, wenn unsere beiden Briefe eine Ausnahme, Versehen wäre und keine Reco-Nr. angegeben worden wäre.


    Etwas anderes dazu: Kannst Du bitte den Ihnalt einscannen? Bei meinem Brief handelt es sich um die Zusendung einer Quittung für eine Einzahlung. So wie ich das sehe wickelte die Staatsschulden-Tilgungskasse die Ausgabe der Staatspapiere (Ogligationen) ab und war auch für Zinszahlungen zuständig. Deshalb gibt es von der Kasse natürlich auch Fahrpostbriefe. Denn Geld- bzw. Wertbriefe wurden der Fahrpost übergeben. Der Fall war so: Das Stadtgericht hatte Obligationen im Wert von ca. 40.000 Gulden und erhielt dafür Zinsen. Diese Zinscoupons schickte sie an die Kasse und diese schickte per Fahrpost das Geld an das Stadtgericht. So gesehen passen beide Briefe wegen dem Vorgang zusammen bzw. ergänzen sich. Daher wäre auch der Inhalt von Deinem Brief von Interesse. Es könnte sein, dass es nur ein Teil ist, bei meinem fehlt die Hälfte! Leider haben die Sammler die Doppelbogen oft halbiert, damit sie besser im Album Platz fanden. Bei den Schreiben handelt es sich in der Regel um Schreiben auf denen das Anschreiben (vom Stadtgericht) vermerkt ist und die Antwort der Staatsschulden-Tilgungskasse. Da es damals noch keine andere Möglichkeit der Vervielfältigung gab musste jedes Schreiben abgeschrieben werden, bevor man es mit der Antwort zurückschickte. Der Begriff "Schreiber" war damals wörtlich zu nehmen.
    Also, zeigst Du mir den Ihnalt - bitte?


    Beste Grüße
    Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Lieber Luitpold,


    dein Wunsch ist mir Befehl! Ich habe hier den kompletten Inhalt gescannt und noch als letztes Bild die Randleiste, an der man noch die Originalschnüre sehen kann.


    Das hast du fein eruiert mit den Kassen und so wird es wohl gewesen sein.


    Zum Brief selbst hast du eine PN. ;)


    LIebe Grüsse von bayern klassisch