Einfache Belege Sachsen VMZ

  • Hallo zusammen,


    diesen Brief, der mir optisch gut gefiel, konnte ich günstig bekommen. Aufgegeben wurde der Brief am 16.Aug.(18 )20 im sächsischen FREIBERG. Gerichtet war war das Schreiben


    An
    Ein Königl Sächs Wohllöbl
    Justiz-Amt
    zu
    Nossen


    1 Tlr 7 gGr Postvorlage


    Das entsprach 31 gGr. Da ich die Taxen von Sachsen nicht kenne, rate ich mal:
    1½ gGr für Porto ins nahe Nossen und 2x ½ gGr Prokura = 33½ (gGr) in der unteren Rötel-Taxe.
    Diese wurde gestrichen und 34 (gGr) angeschrieben. ½ gGr für die Zustellung?


    Was sagen die Experten?


    Dieter

  • Hallo Dieter,
    33 1/2 = 31 gGr Auslage plus 2 1/2 gGr pro Cura bzw Ablöse wie hier geschrieben.


    34 gGr= plus das Porto von 1/2 gGr. Seit ca 1790 wurde auf vielen Postcoursen für eine Station ( Freiberg- Nossen war eine Station, Siebenlehn dazwischen wurde erst 1828 Poststation) das Porto für den einfachen Brief( Briefe mit Vorschuß waren einfache Briefe) auf 1/2 gGr. festgelegt. Dies ist ganz unterschiedlich pro Cours und wurde auch mal wieder gestrichen.
    Nossen war nicht groß, da holte das Amt die Briefe meist selbst ab. Der Botenlohn bei beschwerten Briefen betrug 6 Pf., er wurde manchmal extra vermerkt.
    Meist findet man ihn erst im Inhalt des Briefes, wenn der Empfänger seine Kosten notierte.
    Anhang. 1797 wurde das Porto von Dresden nach Pirna, Radeberg und Pulsnitz entgegen der Postordnung halbiert, nur noch 1/2 gGr. für den einfachen Brief.


    Solches macht dem Sammler die Klärung der Taxierung schwer, aber noch einfach gegenüber der Postordung 1824. Da gabe es von manchen Ort 3 verschiedene Taxierungsmöglichkeiten.
    Beste Grüße Bernd

  • Hallo Bernd,


    wie kam man auf 2½ gGr Procura?
    Deiner Beschreibung nach war das ja noch verwirrender als in Preußen vor dem Regulativ von 1824.


    beste Grüße


    Dieter

  • Hallo Dieter,
    das pro Cura betrug 2 1/2 gGr., weil der Postmeister in Freiberg soviel haben wollte. Es war sein persönliches Geld, hatte mit einer Postordnung nichts zu tun.


    Es sind bis 1841 in Sachsen keinerlei Regularien bekannt, wo die pro Cura irgendwie festgeschrieben wurde.
    Von 1824 bis 1841 haben die hervorragenden Sachsenkenner Stefan und Sven Kolditz nur anhand von Belegen festgestellt, das Unterbehörden bei 1-5 Talern Vorschuß je Taler 2 Groschen pro cura zahlen mussten. Oberbehörden nur 1 Groschen. Bei Groschenbeträgen beim Vorschuß war offensichtlich, jeder Postmeister berechnete sie anders.
    Beste Grüße Bernd

  • Hallo Sachsenkenner,

    ich habe letzte Woche einen Brief bekommen, den ich leider mangels Kenntnisse nicht ganz verstehe.

    Geschrieben am 19. Mai 1821, gestempelt in Dresden am 7.Juni!

    Adressiert an Unseren lieben getreuen ???? in ??? Kann leider den Ort nicht lesen, bin leider länger außer Übung.

    Postvorlage sind wohl 18 gGr und 6 Pf ---ich dachte erst 18 Thaler und 6 gGr, da würde aber dann die angeschriebenen 19 1/2 bzw 21 1/2 gGr Taxe nicht passen. Wenn es also 18 gGr und 6 Pf sind, dann sind wohl die Differenz von 1 gGr bzw 2 gGr pro cura und Porto?

    Vielen Dank im Vorraus für eure Hilfe, egal ob sie dieses Jahr oder erst nächstes Jahr kommt;)

    Torsten

  • Hallo Torsten,

    ein schöner Vorschußbrief.

    Über dem Vorschuß oder Auslage kann man in roter Farbe 1pc erkennen, das war die Procura des Dresdner Postmeisters. Er erhielt diese, weil er den Betrag sofort an den Einlieferer auszahlte, ohne auf die Begleichung durch den Adressaten zu warten. Dresden notierte in Rötel 19 1/2 Groschen , das wollten sie haben. Bei Postexpeditionen war das nicht so, da war der erste Rötel vom nächten Postamt ( Umkartierung) schon die Summe Auslage plus Procura plus erstes Porto. Aber zurück zu deinem Brief. Eigentlich gehörte Börln zur 1816 eröffneten Postexpedition Luppe ( später Luppa), aber der Absender wies an , im weiter entfernten Oschatz an Hern Berger den Brief auszuliefern. Es gab zu dieser Zeit keinerlei Landzustellung, alles was fernab der Postrouten lag wurde nur mit Privatboten erreicht ( Börln war tiefstes Hinterland). Ob Herr Berger den Transport nach Börln organisierte oder die Freyherrlich Pfisterschen Gerichte in Oschatz ihren Sitz hatten werden wir nicht erfahren.

    Oschatz strich den Betrag von Dresden und notierte 21 1/2 Groschen, somit war das Porto 2 Groschen. Das ist für den einfachen Bogen des Briefes eigentlich viel, vielleicht gab es eine Einlage. Vorschußbriefe wurden in Sachsen zum Normalbrieftarif befördert, im Gegensatz zu anderen Postgebieten.

    Beste Grüße Bernd

  • Hallo,

    da der Versuch absehbar gescheitert ist, in meine zusammengetragenen Belege ( ich habe keine Sammlung und keinerlei Notizen zu einen Beleg) irgendeine Ordnung hereinzubringen, werde ich ein paar Belege Sachsens ungeordnet hier einstellen.

    Brief des Hofmarschalls Siegmund im Namen des Churfürsten an den Mühlenvogt zu Dresden von 1612.

    Erst 7 Tage nach Erstellung präsentiert. An der Dresdner Hofpost kann es nicht gelegen haben, der max. Weg in Dresden war 1 km.

    Hofpost klingt gut, aber es war ein Botenamt. 1574 ernannte der Churfürst den Postreiter Salomon Felgenhauer zum Postmeister, deshalb wohl " Post".

    Das viel größere und wichtigere Botenamt befand sich in Leipzig. Dort enstand 1608 eine Botenordnung, die Ordnung ins Botenwesen brachte.

    anbei ein Auszug dieser:


    Noch etwas: Bis ca. 1712 ( erst da wurde die Post in Sachsen Landessache) war nicht klar, ob Sachsen und Brandenburg dem kaiserliche Druck aus Wien standhalten würde und somit Thurn und Taxis von ihren Ländern fernzuhalten.

    Beste Grüße Bernd


    ].

    Einmal editiert, zuletzt von BaD ()

  • Hallo Bernd,


    ein schöner Brief. Allerdings kann ich nur das Datum lesen. :(


    beste Grüße


    Dieter


    PS: ich habe ein fast so antikes Stück von Kleve aus dem Jahr 1629.

  • Hallo Dieter,

    der Schiffsmüller von Kotiz? hatte wohl den Churfürsten gebeten, die 5 Scheffel Pachtkorn nicht zahlen zu müssen.

    In dem Brief wurde der Mühlenvogt angewiesen zu erkunden, ob der Müller wirlich nicht zahlen kann.

    Das hatte er dann dem Churfürsten zu berichten.

    Beste Grüße Bernd

  • Obiger Brief stammt vom Churfürsten Johann Georg.

    Etwas problematisch für Sammler wenn ein Brief nicht datiert ist.

    Denn von 1611 bis 1694 gab es 4 Churfürsten mit diesen Namen.

    Manchmal wurde etwas in der Anschrift erwähnt, wobei Das "Johann Georg dem Dritten" auf dem Brief von 1690 ungewöhnlich ist.

    Anbei Briefe von 1660 an Johann Georg den anderen ( II ) und 1690 an Johann Georg dem Dritten.

    Einen Brief an den vierten ( 1691- 1694) habe ich nicht, er verstarb zeitig an Blattern.

    Der Brief von 1690 zeige ich auch innen. Wie alle damaligen Briefe noch ohne viel Schnörkelei.

    Georg Ludwig von Lüttichau schrieb von seinen Alterssitz in Stauchitz an den Churfürsten.

    Leider kann ich den Inhalt nicht richtig verstehen, er hatte jedoch Angst das er des Unfleißes bezichtigt werden könnte.

  • er verstarb zeitig an Blattern.

    Hallo Bernd,


    ein schöner Satz mit dem "zeitig". Man sieht, dass auch die Prominenz nicht vor Seuchen sicher war.


    Schöne Briefe zeigst du da - bitte weiter machen. :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Noch einer.

    Eine Insinuation an mehrere Empfänger konnte nur ein vereidigter Amtsbote durchführen. Dieser Brief von 1683 wurde von diesen von Eilenburg nach Schmiedeberg gebracht und die Empfänger hatten den Boten zu bezahlen. Ein kleiner Hinweis unten auf der Vorderseite sagte es ihnen.

    Das besondere an an dem Brief ist aber nicht postalisch.

    Auf der ersten Seite ist links oben ein Impoststempel.

    1682 standen die Türken vor Wien und alle Herrscher Europas versuchten Geld für deren Abwehr einzusammeln. Churfürst Johann Georg der Dritte ordnete am 22 März 1682 an, das alle Schreiben von Gerichten und Notaren anlaßbedingt für eine Notzeit bis 31.12.1683 auf 1 Groschen Stempelpapier ( auf Pergamentpapier 2 Groschen) geschrieben werden sollten. Briefe mit diesem Stempel sind sehr selten. Anscheinend wurde das Dekret schon eher aufgehoben, den ab Mitte 1683 sind keine mehr bekannt.

    Stempelpapiere gab es schon länger, bis 1682 in 39 Ländern und Gebieten. Erster war der Stadtstaat Venedig 1608.

    Beste Grüße Bernd

  • Lieber Bernd,

    Der Brief hat ein wunderschönes Schriftbild, Glückwunsch dazu.

    Kleine Berichtigung: du hast als Datum angegeben 22 März 1882 , meintest aber sicher 22 März 1682 .

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo,

    ich hatte gestern geschrieben , erst ab1712 Landessache. Nicht ganz richtig.

    In der Zeit der Botenämter war wenig Geld damit zu verdienen. Privatleute, Lohnkutscher und Kaufleute beförderten das meiste. Die Botenämter waren eigentlich frei,die Leipziger richteten 1616 den Botenkurs nach Frankfurt ein und 1625 lief 2 mal die Woche ein Bote nach Dresden und zweimal die Woche lief ein Bote nach Peterswalde und tauschte mit dem Prager Boten die Post aus. Beim Prager Kurs schoß der Kurfürst ausnahmsweise je 120 Florin jährlich für den Leipziger und Prager Postmeister zu , sonst lohnte er nicht. Dann kam der 30jährige Krieg, und es ging abwärts. Für Leipzig kam es ganz schlimm, 1631 -1650 gab es dort ein Schwedisches Postamt. Das schickt z.b. Freitags 16 Uhr einen Boten nach Venedig, das dieser nach 12 Tagen erreichte. Nach dem Krieg ging es aufwärts, 1652 wurde Leipzig-Dresden zur Reitpost. Aber immer noch 2 Groschen für den Brief, etwas anderes nahm die Reitpost nie mit.

    1661 erklärte der Kurfürst das Postwesen zum landesherrlichen Regal und stärkte sie ungemein.

    Aufsicht über das Postwesen hatte allein der Leipziger Postmeister und privater Transport von Briefen auf Strecken wo ein Postcours verlief wurde verboten.

    1683 wurde Leipzig-Dresden Fahrpost mit der Postkutsche. Zu den Briefen kam: Pro Fahrgast= 2 Taler 15 Gr, ein Paket zu 6 Pfund =12 Groschen. Das klingt schon besser.

    Das wussten auch die Churfürsten. War die Pacht für die Post anfangs 400 Taler ,zahlte der Leipziger Postmeister Kees für 1691 5000 Taler und für 1696 schon 12000 Taler an den Churfürsten.

    Die Post wurde immer lukrativer und 1712 übernahm Sachsen die Post in eigene Regie und die Pachtzeiten waren vorbei.

    Ich finde diese Zeit hochinteressant.

    Vielleicht sollte man den Titel des Themas ändern in : Schöne Belege und etwas Postgeschichte

    Beste Grüße Bernd

  • Wenigstens noch einen Brief nach dem vielen Text.

    Brief von Leipzig nach Weißenfels von 1660.

    Sehr einfach gehalten und datiert mit dem alten Namen Lipzigk ( offiziell Leipzig ab 1790)

    Mitten im Text alle Besitzungen und Ämter einer Person aufzuführen ist ungewöhnlich,

    aber schlimmer, ich weis nicht um wen es geht. Von Churfürst lese ich nichts. Und einen Administrator brauchte im Churfürstentum 1660 auch keiner.

    Beste Grüße Bernd

  • Hallo,


    der Genannte im Brief war Prinz August, der zweitälteste Sohn von Churfürst Johann Georg I. Dieser übergab den Nachgeborenen Söhnen schon 4 Jahre vor seinem Tod Gebiete, wo diese eigene Fürsten-oder Herzogstümer bildeten. Prinz August erhielt u.a. das Amt Weißenfels und war Aministrator des Erzstiftes Magdeburg. Das wurde nach seinem Tod 1680 Brandenburgisch.


    Aus dem Buch von Renate und Christian Springer über das Oberlausitzer Postsystem ( ein phantastisches Buch) möchte ich etwas zeigen.

    Das Problem jeder Post gegenüber einem Boten war die Antwort. In der Leipziger Botenordnung 1612

    ( s.o.) war aufgeführt, 2 Groschen 6 Pf. für Stillager pro Tag, das bedeutet der Bote wartete auf die Antwort. Sollte er nicht warten, erhielt er eine Recepisse, einen Zettel das er das Schriftstück abgeliefert hatte.

    Die Oberlausitz hatte ein eigenen Postsystem, es war ab 1635 ein vom Kaiser übergebenes erbliches Lehen Böhmens an Sachsen. Deshalb eröffnete der Prinz für den Churfürsten 1678 die Postroute.

    Unglaublich wie man den Ablauf der Woche plante, ohne zeitnahe Antwort hatte die Post gegenüber Einzelboten keine Chance.

    Beste Grüße Bernd

    P.S. Kaysergroschen waren wohl angelehnt ans Bömische 7 Pf, genaues ist nicht zu finden