TT - Frankreich

  • Hallo Andreas,


    schön, dass du auf Leitungen Wert legst - das zeichnet dich ohne Zweifel aus, auch wenn das viele nicht sonderlich interessiert.


    Da ich über 15 Jahre lang für einen lieben Sammlerfreund eine Transitsammlung "Baden 1851-71" aufgebaut habe, kenne ich mich ein bisserl bei den badischen Transiten aus.


    Von TT aus waren mehrere Leitungen möglich nach Frankreich, vor allem deshalb, weil TT ja eigene Verträge mit Frankreich hatte, deren Vorzug es war, dass die deutschen Transitdienstleister geschlossene Briefepakete durch ihre Territorien passieren ließen und gleichzeitig die Post aus und über Frankreich nach TT ebenso geschlossen akzeptierten, so dass die jeweiligen Postgebiete (Baden, Preußen) nicht als Aufgabepost im DÖPV fungierten und ihnen daher auch kein DÖPV - Franko/Porto zustande, sondern nur ein geringer Teil desselben, den sie mit TT ausgemacht hatten.


    Hatte TT kurz vor einem Postabgang nach Frankreich viel Post in den Süden Frankreichs, gab man auch Briefe nach Paris bei, weil das schneller war, als einen halben oder ganzen Tag zu warten, bis eine Verbindung via Forbach an der Reihe war.


    Die Leitung von Kriegsbriefen, und deiner aus Jan. 1866 hatte Null mit dem Krieg zu tun, war über Forbach immer möglich, wenn sie der Pfälzer Bahnpost zuspediert wurden (Ludwigshafen). Prinzipiell war im 66er Krieg natürlich jede Leitung via Baden und Strasbourg möglich - auch hierfür galt die Tageszeit, wann Briefe aufgeliefert wurden und welche Hauptdestination sie hatten (also eher Nord-, oder Südfrankreich, oder ins Elsaß).


    Hoffentlich habe ich jetzt keine Frage zu beantworten vergessen, wenn nicht, einfach nochmal stellen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph


    vielen Dank fuer Deine ausfuehrliche Antwort, ich denke sie laesst keine Frage offen. Nur schade, dass ich den Brief nun nicht wie geplant im Zusammenhang des Krieges 1866 einordnen kann. Da bleibt erst mal eine Luecke. Aber es gibt einen interessanten Einblick wie im praktischen Sinne das Postwesen funktioniert (hat).
    Den Worten Sem's folgend, waere aber dennoch ein solcher Leitweg ungewoehnlich? Oder muss man sich hier wenig Gedanken machen, da dieser Aspekt, wie Du schreibst, von vielen nicht beachtet wird und dementsprechend quantitiv nicht bewertet werden kann?


    Vielen Dank
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    grundsätzlich waren ja verschiedene Leitungen nach Paris (Nordfrankreich) möglich: Strasbourg, Forbach, Erquellines usw.. Es ist sicher eine nicht häufige Leitung, aber etwas Großes würde ich als Aussteller nicht daraus machen wollen. Vlt. suchst du mal die beiden anderen Leitungen und machst dir eine schöne Seite zusammen? Kostet ja nicht die Welt und wenn du eine nette Karte bei der Hand hast und die 3 Leitungen farblich unterschiedlich punktierst, ist das sicherlich ein Hingucker.


    Von daher würde ich realwertmäßig von einer Notierung Abstand nehmen wollen.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Alles klar, vielen Dank. Hatte auch schon an so etwas gedacht, um in diesem Sinne denn die Varianten aufzuzeigen. Mal sehen, was es hergibt und wie es aussieht.


    Viele Gruesse
    Andreas

  • Liebe Freunde,


    folgendes Auktionsstück konnte ich mir schnappen und es ist ein postgeschichtlich ganz Besonderes ...


    Das Polizei - Commissariat in Mainz sandte am 2.5.1865 einen Dienstbrief (D.S. = Dienst - Sache) portofrei an den kaiserlichen Unterpräfekten nach Wissembourg im Elsaß. Thurn und Taxis hatte in seinem Postvertrag mit Frankreich keine Kennzeichnungspflicht für Dienstbriefe eingeführt.


    Die Austauschpoststellen Frankreichs für TT waren Forbach und Strasbourg, wenn diese Briefe aus dem Süden des TT - Postbezirks kamen und, aber nur dann, wenn sie nach Wissembourg und der näheren Umgebung spediert werden sollten, auch der eigentlich lokale Paketschluß Wissembourg. Da TT kein Interesse hatte, seine Postsendungen im offenen Transit durch die Pfalz zu leiten, griff das übliche Verfahren, die taxische Korrespondenz in geschlossenen Briefpaketen nach Wissembourg, Forbach bzw. Strasbourg zu leiten, was man regelmäßig am Fehlen jeglicher Transitstempel leicht ersehen kann.


    Aber wenn den so war, und davon dürfen wir getrost ausgehen, wie kamen dann 2 Abschläge des bayerischen Stempels B.S.P. = Baviére Service Public = Bayern Dienstsache auf diesen Brief, den bayer. Postbedienstete nie gesehen haben?


    Meine Vermutung ist die, dass in Wissembourg solche Stempel nicht zur Nachstempelung verfügbar waren und beiden Postverwaltungen war viel daran gelegen, diese Briefe nicht mit Porto belegen zu lassen.


    Aber die Farbe des Aufgabestempels von Mainz und der B.S.P. - Stempel sieht verdächtig ähnlich aus, ja fast identisch. Wäre es also möglich, dass für Dienstbriefe aus Mainz und Umgebung die taxische Post einen bayerischen Stempel führte? In Bayern hatten nur Poststellen einen B.S.P. - Stempel, die in unmittelbarem Austausch mit franz. Eingangsämtern standen, also Bergzabern, Landau, Neustadt an der Weinstraße, Zweibrücken usw..


    Ausweislich der Siegelseite sehen wir einen geschlossenen Transit von Mainz - Worms quer über die Pfalz nach Wissembourg, wo man keinen Ankunftsstempel anbrachte, wenn der Brief in Wissembourg selbst verblieb, weil man annahm, dass dafür der Vertragsstempel Bavière - Wissembourg dienen sollte.


    Gerne lese ich Meinungen zu diesem Stück und attestiert von Herrn Sem ist es auch.

  • Hallo,

    aus gegebenem Anlass - nämlich die Frage nach Herkunft/Ort des "P.D"-Stempelabschlags - stelle ich hier nochmals die Beschreibung meines Briefes von Hildburghausen nach Paris vom Juli 1866 ein (post #1469 im thread Deutscher Krieg 1866).

    Der P.D-Stempel ähnelt doch schon sehr denen aus post #10 und #13 in diesem thread (Briefe aus Worms bzw. Pfeddersheim nach Frankreich).

    Kann man jetzt - nachdem dieser Stempel offensichtlich auf dem Weg Ludwigshafen-Saarbrücken abgeschlagen wurde - eine genaue Festlegung der Herkunft machen?


    ... hier ein mit 12 Kr. frankierter Brief von Hildburghausen im Herzogtum Sachsen-Meiningen vom 10.7.1866 nach Paris (Ankunft 16. oder 17.7.1866, rückseitig weder Durchgangs- noch Ankunftsstempel, nur der Abklatsch des roten Forbacher Grenzübergangsstempel).

    Aufgrund der Kriegsereignisse im Sommer 1866 konnte die Werrabahn, an der Hildburghausen liegt und die Eisenach mit Coburg verbindet, nicht genutzt werden. Sie war schon am 20.6. stillgelegt und in der Folgezeit mehrfach durch bayerische Truppen beschädigt worden. Eisenach, zum Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gehörend, das am 14. Juni 1866 im Bundestag gegen den österreichischen Antrag gestimmt hatte und nach der Schlacht bei Königgrätz am 5. Juli dem preußischen Bundesreformprojekt beigetreten war, war am 1.7. von preußischen Truppen besetzt worden. Coburg am anderen Ende der Werrabahn war mit dem Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha von Anfang an auf preußischer Seite. Dazwischen lag Hildburghausen, mit dem Herzogtum Sachsen-Meiningen auf österreichisch/süddeutscher Seite, womit die Voraussetzungen für eine schnelle Briefbeförderung von dort nach Paris nicht eben günstig waren.


    Der Brief dürfte daher mittels Postwagen von Hildburghausen über die alte Postroute Mellrichstadt-Schweinfurt befördert worden sein. Nun hatten am 10.7., dem Absendetag des Briefes, die Gefechte von Kissingen und Hammelburg stattgefunden mit entsprechenden Truppenbewegungen im Raum Kissingen/Schweinfurt in den Tagen danach. Die bayerische Armee hatte sich am 11.7. bei Schweinfurt versammelt, um einen vermuteten preußischen Angriff abzuwehren. Post- und Gütertransporte haben es an diesem und auch dem nächsten Tag schwer gehabt, schnell nach Schweinfurt durchzukommen. Erst als sich die preußische Main-Armee am Abend des 11.7. von den Bayern löste und mainabwärts auf Frankfurt zog, begann sich die Lage etwas zu entkrampfen.


    Vermutlich hat der Brief aus Hildburghausen frühestens am 12.7. Würzburg erreicht. Die in Friedenszeiten normale Weiterbeförderung von hier nach Frankfurt oder Darmstadt per Eisenbahn war zwischenzeitlich jedoch unmöglich geworden, da man den preußischen Marsch auf Frankfurt nicht mit einer intakten Infrastruktur unterstützen wollte:


    Neue Würzburger Zeitung (12.7.66): „(Würzburg 11.Juli) Zwischen Lohr und Partenstein haben die württembergischen Truppen die Schienen aufgerissen“.


    Somit musste die Weiterbeförderung von Würzburg über Osterburken nach Mosbach per „Post-Omnibus“ erfolgen, da im Sommer 1866 noch keine Eisenbahnanbindung von Würzburg nach Mosbach existierte. Erst von dort konnte die Bahn nach Heidelberg, und ab da via Mannheim-Ludwigshafen-Forbach nach Frankreich spediert werden.


    Mit diesen kriegsbedingten Verzögerungen dürfte die sechstägige Transportdauer des Briefes von Hildburghausen nach Forbach erklärt werden.

  • Lieber Hermann,


    toller Nebenstempel "Boite Affranchissement Insuffisant" - sicher gab es den nicht häufig.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    ich vermute mal, daß dieser Stempel ein T&T-Gerät ist. Verglichen mit den Geräten aus Preußen sicher selten.

    Die Freimachung mit 3 Sgr war sehr optimistisch. Als Firma (Stempel!) hätte man das besser wissen müssen.


    beste Grüße

    Dieter

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    der Boite-Stempel wurde gemäß Stempel-Handbuch der Arge S-H vom Hamburger T&T-Oberpostamt in der Zeit von 1862-66 verwendet. Er ist auf Post nach Österreich und Frankreich belegt.


    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • Hello Rob


    when you can show us a TT-letter with the French borderhandstamp of Wissembourg, you are my hero. :thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • ... as nobody knows that secret, you may have luck one day!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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