• liebe Sammlerfreunde,
    ich konnte bei ebay folgenden Brief günstig ersteigern. Eigentlich nichts Besonderes, eine Ganzsache zu 2Sgr. an ein Fräulein Anna Rahn in Zellin a/O, abgesandt aus Anclam. Die Entfernung betrug knapp 11 Meilen, das Porto ist somit für die zweite Entfernungsstufe korrekt.
    Was mir aber aufgefallen ist, ist der Hinweis "eigenhändig". Das habe ich bisher nur selten und wenn, dann bei Einschreiben gesehen. Ob sich der Postbote an den Wunsch des Absenders gehalten hat?
    beste Grüße
    preussen_ fan
    Erwin W.

    • Offizieller Beitrag

    Lieber Erwin,


    Zitat

    Ob sich der Postbote an den Wunsch des Absenders gehalten hat?


    eine interessante Frage!
    Laut Reglement war die Übergabe an Dritte (Personen im selben Haushalt, in der Firma) nur in 3 Fällen untersagt:
    - bei Einschreiben
    - Begleitbriefe von Paketen
    - Formulare zu Ablieferungsscheinen (Wertbriefe/-pakete)
    siehe § 30 des Post-Reglements von 1856.


    Meiner Meinung nach fällt ein solcher "Eigenhändig"-Vermerk in die gleiche Kategorie wie die "Cito"-Vermerke: Postalisch irrelevant, für den Empfänger (ihn selber, sein Haushalt, seine Firma) bestimmt.


    Gruß
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • liebe Sammlerfreunde,

    hier habe ich noch einen weiteren "Eigenhändig"- Beleg ergattern können. Die Ganzsache der ersten Ausgabe ging von Stettin nach Berlin. Für die 17 Meilen waren 2 Sgr. in der zweiten Entfernungsstufe erforderlich.

    Als Aufgabestempel kommt der Stempel mit der Allgemeinen Uhrzeitangabe "NACH 8 U. ABS" zur Verwendung.


    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Verehrte Sammlerfreunde,


    der Beleg anbei - auch optisch einigermaßen ansprechend - lief mit dem schönen Verschlussetikett des Schmuck- und Schreibwarengeschäfts C.L. Strack / Frankfurt a.M. erfreulicherweise mit dem Zusatzvermerk "eigenhändig" ins pfälzische Hambach bei Neustadt a.d.Haardt. Adressat war der Weinhändler Simon Baader, welcher u.a. Mitorganisator des Hambacher Fests Ende Mai 1832 war.


    Ähnlich wie Michael schon in post2 vom § 50 des preussischen Post-Reglements von 1852 festgehalten hat, hat man in § 32 des Reglements zum Postgesetz 1868 des Norddeutschen Postbezirks festgelegt, dass die Behändigung an Dritte bei Einschreiben, Post- und Depeschenanweisungen sowie von Formularen zu Ablieferungsscheinen an Dritte unzulässig ist.


    Ansonsten erfolgte die Bestellung der gewöhnlichen Briefe, Drucksachen und Waarenproben an einen Haus- oder Comtoir-Beamten, an ein erwachsenes Familienmitglied oder sonstigen Angehörigen oder an einen Dienstboten des Adressaten beziehungsweise des Bevollmächtigten desselben, oder an den Portier des Hauses. Wird niemand angetroffen, an den hiernach die Bestellung geschehen kann, so erfolgt dieselbe an den Hauswirth oder an den Miether einer Wohnung im Hause.


    Nun lief der Brief vorliegend nach Bayern, aber dort war das auch nicht wesentlich anders geregelt, dort durften an Dritte Einschreiben, Postaufträge, Postanweisungen, Geldbriefe oder Pakete mit Wertangabe nicht ausgehändigt werden. Empfangsberechtigt für Drucksachen, gewöhnliche Briefe und Pakete sowie Warenproben waren Dienstboten, sonstige Haus- und Geschäftsangehörige des Adressaten und falls vermerkt auch Gast- oder Hauswirte. Darüber hinaus durften auch Postkarten in am Haus angebrachte Briefkästen abgelegt werden.


    Wie hat nun der Briefträger, der von der Neustadter Postexpedition immerhin rd. 3 km nach Hambach zu laufen hatte, bei dem Zusatzvermerk "eigenhändig" gehandelt ? Ich nehme einmal an, er hat seine Aufgabe erfüllt und für eine schnellstmögliche Zustellung gesorgt. Dies bedeutet, dass falls er den Brief nicht an den Adressaten eigenhändig hat ausliefern können, er ihn an einen der o.g. Empfangsberechtigten abzugeben hatte.


    Denn es gab, wie Michael schon geschrieben hat, keinerlei Verpflichtung der Post, dem Zusatzvermerk "eigenhändig" nachzukommen. Das war eine rein hausinterne Angelegenheit, genauso wie heute bei einen Brief mit dem Zusatzvermerk "persönlich". Heuer besteht jedoch die Möglichkeit bei der Zusatzleistung Übergabeeinschreiben (2,50 EUR) on top die Zusatzleistung "eigenhändig" zu wählen, was dann gegenwärtig mit saftigen 4,70 EUR zu Buche schlägt (die entsprechende Briefgebühr noch dazu),.


    Viele Grüße

    vom Pälzer


    verwendete Quelle: Adressbuch Frankfurt a.M. 1871

  • Liebe Freunde,


    ein interessantes Thema und feine Briefe werden hier gezeigt. Weil ich da auch ein bisserl was (sogar aus Preussen!) habe, zeige ich diese 4 mal ohne großartige Beschreibung, denn es kommt ja nur auf die Vermerke "eigenhändig" bzw. "privatim" für die gehobenen Schichten an.


    Ich denke auch, dass diese Vermerke eher interner Art waren, also die Abwicklung nach Aushändigung der Poststücke betreffen sollte. Bei Firmenbriefen denke ich mir, sollte nicht das Geschäftszimmer die Briefe öffnen, wie bei reinen Geschäftsbriefen üblich, sondern wohl nur der Genannte, also i. d. R. wohl der Chef, weil es ja auch zur Verquickung von Privatem und Geschäftlichem kommen konnte und es ist nur logisch, dass die Absender die privaten Nachrichten nicht vorher von Fremden gelesen haben wollten.


    Auch wenn ihre postgeschichtliche Relevanz damit (fast) im Nirwana verschwindet, finde ich solche Vermerke interessant und sammelwürdig - sie sind auch von der Anzahl her sehr spärlich und allein von daher Besonderheiten, die man beim zeigen seiner Sammlung(en) gerne unwissenden Sammlern gegenüber kommentieren darf.

  • :love::love:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgende Briefhülle (links verkürzt) als Ortsbrief (Siegel Kgl. Baier. Post Commission Nürnberg) an den Polizei Direktor Wurm in Nürnberg. Christian Heinrich Clemens Wurm war von 1806 bis 1818 Polizeikommissär der Stadt Nürnberg und gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Nürnberg. Nürnberg kam am 15. September 1806 zum Königreich Bayern. Interessant ist der handschriftliche Zusatz "zu eigenhändiger Erbrechung".

    Zu Christian Heinrich Clemens Wurm folgender Link:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Wurm


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    ein tolles Stück in jeder Beziehung - wer hat schon so einen frühen Ortsbrief, noch dazu mit diesem Zusatz?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • "zu eigenhändiger Erbrechung".


    ...ein Schelm wer da...^^


    Spaß bei Seite, das ist dann wohl der älteste Beleg dieser Art in diesem thread. Da kommt ja wirklich hochinteressantes Material zusammen.


    Vielen Dank für`zeigen !


    LG

    Tim :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Zitat

    ...ein Schelm wer da...

    die alten Römer sollen zu diesem Zweck Pfauenfedern verwendet haben


    (eines der wenigen mnemotechnischen Highlights dank großem Latrinum)


    Gruß Klaus

    Wer später bremst,
    ist länger schnell !